Antrag des Aktionsrates an die Vollversammlung und
so angenommen von der VV der HU am 3.12.03
Gemeinsame Forderungen der streikenden Berliner
Universitäten
Präambel
Wir, die Studierenden der Freien - , Humboldt- und Technischen Universität
Berlin, wenden uns vehement gegen die geplanten Vorhaben des Berliner Senats
bzw. der Bundesregierung, in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur massive
Einschnitte durchzuführen.
Dabei begreifen wir die hochschulpolitischen Pläne als Teil einer gesamtgesellschaftlichen
Tendenz, die sich in flächendeckenden Kürzungen in allen öffentlichen
und sozialen Sektoren ausdrückt. Die Behauptung, dass es sich bei den Einschnitten
im bildungspolitischen Bereich um singuläre Angelegenheiten ohne tiefergreifenden
gesellschaftlichen Kontext handelt, weisen wir deshalb zurück. Es geht
uns in der aktuellen Situation vor allem darum, als politische Akteure an der
notwendigen Strukturdebatte teilzuhaben und neue Aspekte in eine Diskussion
zu tragen, welche gegenwärtig inhaltlicher Perspektiven entbehrt. Die Kürzungen
werden in allen Bereichen der Stadt und an den Hochschulen für einen Umbau
benutzt, durch den genau die Politik forciert wird, welche die Kürzungen
überhaupt erst verursacht hat.
Der Streik der Studierenden ist Teil der berlin-, bundes- und europaweiten Bewegung
gegen Kürzungen in Bildung, Sozialem und Kultur. Diese Bereiche sind das
eigentliche Entwicklungspotential und stellen Chance und Prämisse für
den Aufbau einer sozial gerechten Wissensgesellschaft dar.
Wir fordern daher eine Auseinandersetzung über die nötigen bildungspolitischen
Veränderungen, die an den Hochschulen mit angemessener Teilhabe der Studierenden
als zahlenmäßig grösster Statusgruppe geführt werden müssen.
Auch wenn sich unser Forderungskatalog auf uns als Studierende direkt betreffende
Aspekte beschränkt, solidarisieren wir uns dennoch mit allen von den bundes-
und senatspolitischen Kürzungsplänen Betroffenen.
Wir fordern von der
akademischen Selbstverwaltung:
Den Wiedereintritt der Universitäten in den Arbeitgeberverband und in den
Flächentarifvertrag;
die Neuverhandlung der Hochschulverträge unter aktiver Teilhabe der universitären
Gremien;
die Orientierung der grundlegenden Strukturdebatte an den Auffassungen aller
Mitglieder der akademischen Selbstverwaltung;
die Abschaffung des Numerus Clausus und
die Abschaffung repressiver Massnahmen im Studium, die zur Zwangsexmatrikulation
führen können.
Wir fordern vom Berliner
Senat:
Die Ausfinanzierung der Studienplätze der tatsächlich Immatrikulierten
(zur Zeit 135.000) und die grundsätzliche Bemessung der ausfinanzierten
Studienplätze anhand der Zahl der BewerberInnen;
die ersatzlose Rücknahme des Studienkontenmodells von Wissenschaftssenator
Flierl und eine Gesetzesinitiative des Berliner Senats im Bundesrat zur Festschreibung
des generellen Verbots von Studiengebühren jeglicher Form und
die Rücknahme der geplanten Kürzungen im Rahmen der notwendigen Neuverhandlung
des für verfassungswidrig erklärten Berliner Haushaltes; die Haushaltskonsolidierung
mittels bisher unberücksichtigter Einnahmequellen, z.B. Vermögenssteuer
und eines zu erarbeitenden Konzeptes zur kommunalen Einkommenssteuer und der
Abschaffung der Profitgarantien für privatisierte Einrichtungen und Unternehmen,
u.a. für die Berliner Bankgesellschaft und die Wasserwerke.
Wir fordern im Rahmen
der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes:
Die Neuverhandlung der Hochschulverträge, wobei den universitären
Gremien eine aktive Teilhabe an den Verhandlungen zukommen muß;
Viertelparität für alle universitären Gremien;
die Festschreibung des politischen Mandats für die verfasste Studierendenschaft
der Hochschulen und
die Überführung des ProfessorInnenstatus in ein Angestelltenverhältnis,
um die Hochschulen von den hohen Pensionskosten zu entlasten.
Wir fordern die Anerkennung der streikenden Studierenden als politische Akteure
und verlangen Redezeit bei der Anhörung der PDS-Fraktion am 5. Dezember
2003.
Der festgesetzte Termin zum Abschluss der Strukturplanung bis zum 30.6.2004
schließt eine notwendige Grundsatzdebatte um eine zukunftsfähige
Struktur der Berliner Hochschulen aus. Daher fordern wir die Ansetzung von Terminen
und Fristen in Absprache mit den Gremien der Hochschulen.
Die Debatte um die Zukunft der Hochschulen muss sich am Leitbild einer offenen,
der Gesellschaft verpflichteten Hochschule orientieren.
Wir verlangen die Entgegennahme und Umsetzung unserer Forderungen. Für
den Fall, dass diesen nicht entsprochen wird, sehen wir in der Verhinderung
des Zustandeskommens von Beschlüssen, die den Hochschulen langfristig Schaden
zufügen, unsere einzige Handlungsoption. Dabei werden wir weiterhin die
politisch Verantwortlichen bei ihrer Arbeit und in der Öffentlichkeit zur
Rede stellen.