--   Dokumente der Studenten- und revolutionären Jugendbewegung von 1966 bis 1972  --

 

 

RESOLUTION

verabschiedet von der versammelten Studentenschaft der Freien Universität Berlin
auf dem Sit-in am 22./23. Juni 1966
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P r ä a m b e l

Wir kämpfen nicht, nur um das Recht, längere Zeit zu studieren und unsere Meinung stärker äußern zu können. Das ist nur die halbe Sache. Es geht uns vielmehr darum, daß Entscheidungen, die die Studenten betreffen, demokratisch nur unter Mitwirkung der Studenten getroffen werden.

Was hier in Berlin vor sich geht, ist ebenso wie in der Gesellschaft ein Konflikt, dessen Zentralgegenstand weder längeres Studium noch mehr Urlaub ist, sondern der Abbau oligarchischer Herrschaft und die Verwirklichung demokratischer Freiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Wir wenden uns gegen alle, die den Geist der Verfassung, gleich in welcher Art, mißachten, auch wenn sie vorgeben, auf dem Boden der Verfassung zu stehen.

Es gilt, die Freiheit in der Universität als Problem zu sehen, das über den Rahmen der Universität hinausweist. Aus diesem Grunde sieht die Studentenschaft die Notwendigkeit, mit allen demokratischen Organisationen in der Gesellschaft zusammenzuarbeiten, um ihre Forderungen durchzusetzen.

 

Die versammelte Studentenschaft erklärt die Beschlüsse der Vollversammlung aller Fakultäten vom 21. Juni 1966 zum Bestandteil dieser Resolution.

l. Die Vollversammlung aller Fakultäten stellt fest, daß die Mehrheit der Studenten Herrn Professor Dr. Bettermann in seiner Eigenschaft als Zulassungsprofessor kein Vertrauen mehr entgegenbringen kann. Sie nimmt mit großem Bedauern zur Kenntnis, daß er in der Verhandlung des Verwaltungsgerichtes am 20. Juni 1966 sinngemäß äußerte, er wäre sich darüber im klaren gewesen, daß die Zulassungsbeschränkung an der Juristischen Fakultät, die als Mitverwaltungsangelegenheit verstanden wird, gegen den eindeutigen Willen der Studenten durchgeführt werden würde. Die Vollversammlung bittet Herrn Professor Bettermann, sein Amt zur Verfügung zu stellen, und damit zum Arbeitsfrieden an der Freien Universität Berlin beizutragen.

2. Die Studentenschaft der freien Universität Berlin appelliert an die Parteien, die die Freie Universität mitbegründet haben, endlich einmal dazu Stellung zu nehmen, daß in den letzten drei Jahren der Inhalt der Satzung ausgehöhlt wird, obwohl diese Satzung der politische Wille der Bevölkerung Berlins war.

3. Der Rektor möge seine Anschuldigungen gegenüber dem 1.AStA-Vorsitzenden Nevermann auf der lmmatrikulationsfeier offiziell zurücknehmen oder vor einer weiteren Vollversammlung aller Fakultäten seine Anschuldigungen begründen.

 

Die versammelten Studenten fordern:

1.) Abschaffung der befristeten Zulassung und Zwangsexmatrikulation an unserer Universität

2.) Paritätisch aus Professoren, Assistenten und Studenten besetzte Ausschüsse zur Planung und Durchführung einer umfassenden Studienreform. Vertreter der Öffentlichkeit, insbesondere des Senators für Wissenschaft und Kunst, sollen hinzugezogen werden.

3.) Öffentliche Diskussion über alle anstehenden Probleme mit dem Rektor und dem Akademischen Senat.

4.) Zurückberufung von Dr.Krippendorff in seine frühere akademische Stellung.

5.) Wiedereinsetzung von Professor Sontheimer als Senatsbeauftragter für politische Bildungsarbeit.

6.) vom Senator für Wissenschaft und Kunst:
a) Er möge im Wege der Rechtsaufsicht die Rechtmäßigkeit der Zwangsexmatrikulation überprüfen und sie einstweilen aufheben
b) Er möge sein politisches Gewicht dafür einsetzen, daß paritätische Ausschüsse zur Studienreform eingesetzt werden.

 

 

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