Extrablatt Nr.39   vom   20.12.1999
     
    Fakten, die nicht länger
    verdrängt werden dürfen:
    Die Realität der Bevölkerungsentwicklung
 
    -Ursachen und Verantwortlichkeiten
     
    Die Frage der Bevölkerungsentwicklung der Bundesrepublik
    Deutschland mit ihren exorbitanten ökonomischen, politischen
    und kulturellen Folgen läßt sich schon seit langem
    nicht mehr verschweigen, es kommt darauf an, sie in ihrer ganzen
    Konsequenz zu erfassen und Ursachen und Verantwortlichkeiten
    zu benennen. 
    Diese Entwicklung konzentriert tiefgreifendste gesellschaftliche
    Veränderungen dieses Landes. Sie ist einerseits Ergebnis
    einer Politik, die solche Veränderungen in Kauf nimmt oder
    vielmehr sogar beabsichtigt, andererseits sind hier im Verlauf
    von drei Jahrzehnten demographische Fakten geschaffen worden,
    die eine enorme Hypothek für sämtliche Entwicklungsmöglichkeiten
    des Landes und darüber hinaus für seine Nachbarn darstellen.
    Sie scheinen das Land in eine ganz bestimmte Entwicklungsrichtung
    zu zwingen. 
    Die staatlichen Statistiken der Bevölkerungsentwicklung
    und die staatlichen Prognosen für die kommenden Jahrzehnte
    lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: 
    Die Bevölkerungsentwicklung der BRD wird schon seit 1972
    durch ein permanentes Geburtendefizit geprägt, anders ausgedrückt:
    es sterben erheblich mehr Menschen in diesem Lande als geboren
    werden. 
    Die offiziellen Prognosen der weiteren Bevölkerungsentwicklung
    laufen auf die Permanenz des gegenwärtigen starken Sterbeüberschusses
    hinaus. Nach Überzeugung des Statistischen Bundesamtes sowie
    auch der Bundestags- Enquête-Kommission "Demographischer
    Wandel" (Bericht v. 14. 6. 1994) wird Deutschland von der
    angeblichen Gesetzmäßigkeit beherrscht, daß
    die Geburtenzahlen innerhalb der Bevölkerung - einschließlich
    aller mittlerweile hier lebenden Menschen, die rechtlich Ausländer
    sind - so gering sind, daß jede nachfolgende Generation
    sich auf etwa 2/3 der Elterngeneration reduziert. 
    Für den deutschen Teil der Bevölkerung ist der Wert
    noch geringer. 
    Selbst wenn dieser Unterschied nicht gemacht wird, führt
    diese Entwicklung in der Hochrechnung über 4 Generationen
    zu einem Schwund der Bevölkerung von jetzt 82 auf
    etwa 16 Mio. 
     
    Dieselbe Entwicklung führt zu einer rasch fortschreitenden
    Alterung der Bevölkerung. Es wurde errechnet, daß
    bereits im Jahre 2020 auf ein Kind bzw. Jugendlichen im Alter
    bis zu 20 Jahren zwei ältere Menschen von 60 und mehr Jahren
    entfallen werden. Diese Seite der Prognose sollte man sich in
    ihren sozialen Auswirkungen einmal vorzustellen versuchen. Sie
    ist noch viel krasser als der relativ häufig öffentlich
    verwendete Rentenschocker, demzufolge dann auf einen Erwerbstätigen
    mindestens ein Rentner kommen werde, den er würde unterhalten
    müssen. 
    Wenn diese Berechnungen auch nur annähernd Wirklichkeit
    würden, würde sich die Verminderung und die Alterung
    der Bevölkerung nach dem Jahrzehnt 2030-40 noch erheblich
    beschleunigen. 
     
    Diese Berechnungen spiegeln eine Entwicklung wider, die sich
    in ca. 35 Jahren der Existenz der BRD, seit etwa Mitte der 60er
    Jahre, vor aller Augen abgespielt hat, eine Entwicklung der Bevölkerung,
    deren Negativität selbst in Europa einzig dasteht, und deren
    inzwischen eingetretene Ergebnisse, so wie sie von ihren Ermittlern
    dargestellt werden, dazu führen, daß das, was noch
    heute als deutsche Nation bezeichnet wird, sich im eigenen Land
    zu einer Minderheit zurückbilden würde, im Zeitraum
    der nächsten 50-100 Jahre. Anschließend wäre
    deren endgültiges Verschwinden zu erwarten, innerhalb eines
    historisch relativ knappen Zeitraumes von insgesamt 100 bis 150
    Jahren, von heute an gerechnet. 
    Selbstverständlich sind dies bloß Hochrechnungen,
    die eine relativ gleichmäßige geschichtliche Weiterexistenz
    unterstellen, ohne größere Umwälzungen oder auch
    Katastrophen - was jedenfalls eine sehr fragwürdige Annahme
    ist. Aber es sind Hochrechnungen, die Realität würden,
    wenn die gesellschaftlichen Trends, die sich in ihnen ausdrücken,
    nicht gebrochen werden. Und zu dieser Entwicklung, die - wie
    immer auch zu bewerten - in ihrer Radikalität absolut einzigartig
    dasteht, bekennen sich sämtliche Parteien des parlamentarischen
    politischen Systems der BRD. Sie kritisieren nicht die Faktoren
    und Entscheidungen - es waren die ihren - die in der Vergangenheit
    zu dieser Entwicklung geführt haben, und machen keine Versuche,
    dieser Entwicklung in Zukunft etwas entgegenzusetzen. Außer
    dem Konzept: weitere Einwanderung vieler Millionen, um den Absturz
    der Bevölkerungszahlen etwas abzumildern und auf eine mittlere
    Frist noch mit einer gewissen Zahl von arbeitsfähigen Menschen
    rechnen zu können, haben sie keines. Wie diese eingewanderten
    Nationalitäten jedoch mit der absterbenden deutschen in
    Zukunft hier zusammenleben sollen, was für eine Gesellschaft
    daraus entstehen soll, darüber gibt es aus diesen Kreisen
    keine Konzepte oder überhaupt nur ernsthafte Diskussionen. 
    Man muß daraus den Schluß ziehen, daß diese
    gesamte Entwicklung von den verantwortlichen Kreisen bejaht wird.
    Mit anderen Worten: das vorausgesagte Verschwinden der eigenen
    Nation entspricht dem politischen Willen dieser Kreise. 
     
    Einige Einzelheiten:
    Das Statistische Bundesamt schreibt 1998: 
    
      "Nach dem drastischen Geburtenrückgang der 70er
      Jahre, der im früheren Bundesgebiet mit 576 000 Geburten
      im Jahre 1978 seinen tiefsten Punkt erreichte (Anfang der 60er
      Jahre haben im früheren Bundesgebiet jährlich noch
      über eine Million Kinder das Licht der Welt erblickt), hat
      es nur wenige - hauptsächlich durch den Altersaufbau der
      Bevölkerung bedingte - Veränderungen gegeben. (Änderung
      der Geburtenzahl durch Schwankung der Zahl der Frauen im gebärfähigen
      Alter). Die Geburtenzahl bewegt sich seit dieser Zeit im früheren
      Bundesgebiet zwischen knapp 600 000 und gut 700 000. Gemessen
      an der Kinderzahl, die 1 000 Frauen unter jeweils gegebenen Verhältnissen
      in ihrem Leben bekommen würden, hatten wir im früheren
      Bundesgebiet viele Jahre das niedrigste Geburtenniveau der Welt.
      Heute werden wir in den alten Bundesländern bei einem Durchschnitt
      von knapp 1 400 (d.h. 1,4 Kinder je Frau) nur noch von Italien
      und Spanien und einigen osteuropäischen Ländern (Bulgarien,
      Tschechien und Lettland) unterboten. Dort werden nach den gegenwärtigen
      Verhältnissen nur noch 1,2 Kinder je Frau geboren. Deutlich
      niedriger liegen ferner die neuen Bundesländer." 
     
    Die Enquête-Kommission "Demographischer Wandel"
    des deutschen Bundestages, die 1994 einen Bericht vorgelegt hat,
    schreibt darin u.a.. 
    
      "Die Bundesrepublik Deutschland war von 1972 bis 1985
      weltweit das Land mit der niedrigsten Fertilität."
      (S.25) 
      "Das Minimum wurde 1985 mit einer zusammengefaßten
      Geburtenrate von 1,28 erreicht. Die Nettoreproduktionsrate betrug
      0,6. Bis 1989 stieg die zusammengefaßte Geburtenrate wieder
      auf 1,39 an, was im wesentlichen auf einen starken Anstieg der
      in Deutschland registrierten Geburten ausländischer Staatsangehöriger
      zurückzuführen ist." (S. 25) 
      "Bliebe das generative Verhalten unverändert
      und die Nettoreproduktionsrate auf dem heutigen Niveau von 0.66
      konstant, würde die Bevölkerung ohne Wanderungen in
      jeweils etwa 28 Jahren (=durchschnittlicher Abstand zwischen
      Eltern- und Kindergeneration) um 34 v.H. abnehmen: von 1990 etwa
      80 Mio. bis 2018 auf etwa 52,8 Mio., bis 2046 auf etwa 34,8 Mio.,
      bis 2074 auf etwa 23 Mio. (Birg, 1993 b, 59)." ( S.
      32) 
      "Nach Birg summiert sich die Zahl der Zuwanderinnen
      und Zuwanderer, die für die Aufrechterhaltung des Bevölkerungsstandes
      von 1990 erforderlich ist, bei Annahme einer leicht steigenden
      Fertilität der deutschen Bevölkerung bis 2050 auf etwa
      16,9 Mio. Unter Berücksichtigung des Sekundäreffekts
      von Wanderungen (junge Altersstruktur und höhere 
      Fertilität der Zuwandernden) beträgt die kumulierte
      Zahl der bis 2050 Zuwandernden und ihrer Kinder 24,1 Mio. Dies
      bedeutete - nach derzeitigem Staatsbürgerschaftsrecht -
      einen Ausländeranteil von 37,7 v.H., wobei der jetzt schon
      hier lebende Anteil der Ausländerinnen und Ausländer
      an der Wohnbevölkerung von 8,6 v.H. noch nicht berücksichtigt
      ist (Birg 1993b, 77)." (S. 32) 
     
      
    Die Überalterung der Bevölkerung
    Nach einer Grafik der Zeitschrift "focus" 33/93
    wird im Jahre 2030 die Zahl der bis zu 20-Jährigen, die
    im Jahre 1980 etwa 20 Mio. betrug, gefallen sein auf knapp über
    10 Mio., die Zahl der 20-60-Jährigen von etwa 40 Mio. auf
    ca.32, und die Zahl der über 60-Jährigen gestiegen
    von 15 Mio. auf annähernd 30 Mio. 
    Hierin liegt u.a. die Prognose eines Verhältnisses 1
    Erwerbstätiger : 1 Rentner, die häufig so stark herausgestellt
    wird, wenn man vom Zusammenbruch des bisherigen Rentensystems
    redet und für die sog. private Altersvorsorge Reklame macht.
    Dieses Verhältnis soll nach manchen Aussagen schon im Jahre
    2020 annähernd Wirklichkeit sein. 
    Wie die Rentenfrage geregelt wird, ist aber nur ein Teil des
    Problems, und zwar ein untergeordneter. Die Hauptfrage ist: was
    soll das für eine Gesellschaft werden, in der die Menschen
    im (heutigen) Rentenalter von 60 Jahren und mehr fast die Hälfte
    der Bevölkerung stellen, und die Jugend unter 20 Jahren
    nur noch ein Siebentel bis ein Sechstel? Selbst wenn man davon
    ausgeht, daß - unter günstigen Bedingungen - im Jahre
    2020 oder 2030 ein 60-Jähriger biologisch und kulturell
    jünger ist als heute, vielleicht um 3 bis 5 Jahre, und ein
    Teil der über 60-Jährigen noch arbeiten wird, ist dies
    eine Gesellschaft, die ganz eindeutig vom Alter dominiert wird
    und in der das jugendliche Element zur gesuchten Seltenheit werden
    wird. 
     
    Es stellen sich gleichzeitig auch grundlegende ökonomische
    Fragen. Wovon wird diese Gesellschaft leben? Von der eigenen
    Produktivität oder von der Arbeit anderer Menschen in der
    globalen Ökonomie? Wird eine solche Gesellschaft ökonomisch
    leistungsfähig genug sein, um in der internationalen Konkurrenz
    mitzuhalten, oder wird es sich bei diesem Deutschland zunehmend
    um einen "Rentnerstaat" handeln, dessen Bevölkerung
    im unmittelbaren Wortsinne großenteils aus Menschen im
    Rentenalter besteht, der aber auch seine ökonomische Basis
    weit mehr noch als heute in den Profiten hat, die viele Millionen
    Arbeitender in anderen Teilen der Welt an ihn abführen müssen?
    Wird diese Gesellschaft kreativ und revolutionär sein? 
     
    Eine andere, von manchen Kräften bereits recht konkret ins
    Auge gefaßte Perspektive: 
    In einem Buch von Hans Mohl , "Die Altersexplosion. Droht
    uns ein Krieg der Generationen?" Kreuz-Verlag, Stgt. 1993
    heißt es S. 34, das Stat. Bundesamt habe errechnet, daß
    bereits im Jahre 2010 die über 65-Jährigen 12,7 Mio.,
    d.h. 20,8% der Bevölkerung ausmachen werden. 
    Das empfindet Mohl als Legitimation, bspw. für "rationierte"
    Medizinleistungen für Ältere zu plädieren. Bestimmte
    kostspielige Heilverfahren sollten ab einem bestimmten Alter
    nicht mehr angewendet werden. (S. 65f.) 
    Wie Mohl S. 71 ff. berichtet, hat die von ihm geleitete Sendereihe
    des ZDF "Gesundheitsmagazin Praxis" bereits eine englische
    Fernsehsendung gezeigt, in der ganz offen die Selektion praktiziert
    wurde. Das im Studio versammelte "Publikum" sollte
    entscheiden, wem von zwei konkurrierend präsentierten Patienten
    es unter Kostengesichtspunkten Leben oder Tod zuerkennt. Es hat
    im Sinne des Fernsehens funktioniert und die Selektion durchgeführt.
    Mohl selbst bekennt sich ausdrücklich zu dieser barbarischen
    Perspektive: 
    
      "So wie im Studio dürfte die Diskussion auch
      in Politik und Gesellschaft ausgehen. Nicht Lebensverlängerung
      um jeden Preis wird das Ziel sein, sondern Lebensqualität
      wird den Vorrang vor Lebensverlängerung erhalten. Konsequenterweise
      wird dies in seinen praktischen Auswirkungen die Lebens-Chancen
      alter Menschen beschränken, wird das auch auf Kosten der
      Interessen alter Menschen gehen." ( S. 73) 
     
    Man sollte sich also keineswegs nur mit den Verbrechen der
    Vergangenheit befassen, sondern auch und gerade mit denen, die
    sich hier für die Zukunft ankündigen. 
    
  
    Redaktion Neue Einheit  
    -wgr-  
    20. Dez. 1999
    Zuerst als Internet-Statement 24/99
    erschienen.
    
  
 
          Lesen Sie den ausführlichen 
          Artikel "Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognosen 
          / Eine Zusammenstellung schlagender statistischer Angaben", der 
          soeben in der Zeitschrift 
          NEUE EINHEIT, Ausgabe 1999/2 erschienen ist. 
 
    Er enthält u.a. eine ausführliche Präsentation
    und Erörterung der offiziellen statistischen Darlegungen
    sowie zahlreiche für sich selbst sprechende politische Zitate. |