Extrablatt Nr.60
Ein konzentrierter Angriff gegen die Arbeiter und Angestellten, gegen hier noch vorhandene sozialer Rechte - das ist es, was das vorgelegte Konzept, die Pläne und Vorschläge der Hartz-Kommission, darstellt. Und über diese Richtung des Kapitals hin zu einer Verschärfung der Ausbeutung, darin scheinen sich die diversen herrschenden bürgerlichen Kräfte und Cliquen, einschließlich der Spitzen der Gewerkschaftsführung mit dem Kapital einig. Wir rufen alle Arbeiter und Angestellten, Gewerkschafter, linken Organisationen und Gruppen sowie alle fortschrittlichen Kräfte auf, diese Pläne, diese ganze Richtung entschieden anzugreifen und sich im Kampf dagegen zusammenzuschließen. Das Kapital verstärkt, gestützt auf die internationale Ausbeutung, auch hier seinen Druck gegen Arbeiter und Angestellten. Vorstände aus Konzernen, Banken und Unternehmensverbände legen sich ins Zeug, um mit ihren Forderungen durch zu kommen. So titelte z.B. "Die Welt" am 7. Juli: "Wut der Wirtschaft wächst - Die deutsche Wirtschaft geht aufs Ganze und fordert eine Rosskur für den Standort D - innerhalb eines halben Jahres". Und weiter wurde berichtet: "Jetzt, knapp zehn Wochen vor dem Wahltermin, geht die Wirtschaft aufs Ganze. Fordert Reformen an Haupt und Gliedern. Die nächste Regierung - egal wer das Rennen macht - solle was tun."...."Immerhin wittern die Wirtschaftsfürsten erste Reformen durch die Arbeit der Hartz-Kommission. Martin Kannegiesser erzählt: Meine erste Reaktion auf das Hartz-Papier war: Jetzt kommt endlich was in Bewegung." Von den Parteien hätte die FDP, allen voran, die Pläne der
Hartz-Kommission am liebsten gleich umgesetzt. Und Schröder hat sich
und seine SPD als die Kraft bei der Umsetzung angeboten,
die als Einzige in der Lage sei, diese Pläne ohne politischen Bruch
umzusetzen. Überhaupt war es die Sozialdemokratie, die die Hartz-Kommission
ins Leben gerufen und beauftragt hat, in diese Richtung zu arbeiten. Die
Gewerkschaftsführer, nach ihrer Unterredung mit Schröder über
das Hartz-Papier, und eh in ihrer Propaganda auf die Wiederwahl der SPD
orientierend, unterstrichen Schröders Aussage mit ihrer beflissentlichen
Zustimmung zu der Richtung der Hartz-Vorschläge. Der DGB-Vorsitzende
Sommer sagte, daß die Gewerkschaften die Vorschläge der Hartz-Kommission
"positiv aufnehmen" und, daß sie "in die
richtige Richtung" gehen. Oder IGM-Vorsitzender Zwickel: "Ich
sage Ja zu den von der Hartz-Kommission vorgeschlagenen Personal-Service-Agenturen." Kritik, die aus der CDU/CSU kommt, betrifft bestimmte Punkte. Auch sie
haben sich zustimmend zur grundsätzlichen Linie des Abbaus geäußert,
versuchen aber zur eigenen Profilierung noch ein eigenes Konzept dazu
nachzuschieben. "Seehofer: Wir werden dagegen unser Stoiber-Regierungsprogramm
mit den Reformen des Arbeitsmarktes nach der Wahl sofort umsetzen: Am
wichtigsten ist die Schaffung von Jobs im Niedriglohnbereich, die dann
auch angenommen werden müssen." Stoiber selbst äußerte
zum Konzept der Hartz-Kommission, daß dieses eine Reihe von "vernünftigen
Reformschritten" enthalte, und hob dabei Kernpunkte wie Förderung
des Niedriglohnsektors und die Einrichtung von Job-Centern hervor. Auf die Kritik der PDS an den Hartz-Plänen kann man wenig geben, denn sie hat bereits bekundet, sogar eine SPD/Grüne Minderheitsregierung zu tolerieren und stützt so die Vorantreiber dieser Pläne und ihre Umsetzung letztlich doch.
Die veröffentlichten Papiere aus der Kommission sind sehr umfangreich, sie umfassen mit den Kommissionsberichten der Teilprojekte, Hunderte von Seiten, so daß kaum in einer ersten oder einzigen Stellungnahme alles genügend behandelt werden kann. Wir wollen hier mit einigen wichtigen Punkten beginnen. Die angeführten Zitate stammen aus der Hartz-Präsentation "Moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt - Vorschläge der Kommission zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit", sowie aus den Kommissionsberichten der Teilprojekte.
Das Arbeitsamt wird darauf ausgerichtet, "gekündigte Arbeitnehmer übergangslos in Leiharbeitsverhältnisse zu übernehmen...., dass Entlassungen nicht in die Arbeitslosigkeit führen, sondern in Zeitarbeit überführt werden." Und um das durchzusetzen, wird den Arbeitern einiges diktiert und werden die Leistungen an sie stark runtergesetzt. Die Arbeitsämter vermitteln die Arbeitslosen an diese "Personal-Service-Agenturen" und ähnliche Verleih- und Zeitarbeitsfirmen. Diese wiederum verleihen sie weiter an die Unternehmen, von denen sie womöglich vorher auf die Straße geschmissen worden sind. Teilweise sogar kostenlos um "die Möglichkeit, zukünftige Arbeitnehmer kennen zu lernen und ggf. ohne rechtliche Probleme auszutauschen." Die Arbeitsverträge in den "Personal-Service-Agenturen" sollen auf 12 Monate befristet werden. Über die Entlohnung wird gesagt: "Der Teilnehmer erhält ein gleichbleibendes Gehalt, das sich nach ortsüblichen Bedingungen ausrichtet." Die schlechten Bedingungen und Praktiken der existierenden Verleihfirmen für Arbeitskräfte sind vielen schon bekannt. Da die PSA's des Arbeitsamtes nicht in Konkurrenz zu diesen treten sollen bzw. werden - es werden ja auch "joint ventures" des Arbeitsamtes mit diesen Verleihfirmen angestrebt - muß man davon ausgehen, daß deren Niedrigsentlohnung und deren Praktiken auch der Maßstab für die PSA's sein werden. Arbeitern, denen gekündigt wurde, will man unter Androhung von Kürzungen beim Arbeitslosengeld zur "Meldepflicht" beim Arbeitsamt zwingen. Sie sollen sich unverzüglich nach der ausgesprochenen Kündigung beim Arbeitsamt melden. Die Kommission empfiehlt dazu "dass Arbeitnehmer, die ihre Kündigung nicht spätestens am Tage der Kündigung dem Arbeitsamt mitteilen, Kürzungen der Anspruchsdauer von mindestens 6 Wochen erfahren" Im Gegenzug dazu wird gegenüber den Firmen, die die Entlassungen aussprechen, geradezu eine perverse Kulanz an den Tag gelegt: "der Arbeitgeber erhält bei Meldung Zugang zu Leistungen der PSA." Das heißt nichts anderes, als daß gerade die Firma, die die Entlassung vorgenommen hat, sofortigen Anspruch auf billigere Arbeitskräfte, Anspruch auf Leiharbeiter bekommt. An so einem Punkt zeigt sich auch, wie diese Kräfte in der Sache zusammenspielen. Die Firmen werden geradezu ermuntert danach zu sehen, wo noch entlassen werden kann. "Faktisch führt die verstärkte Einschaltung der Zeitarbeitsfirmen und PSA's aus Sicht der Unternehmen zu einer Neutralisierung des Kündigungsschutzes" heißt es bei der Hartz-Kommission selbst.
Generell sollen das Arbeitslosengeld und die Dauer des Bezuges überhaupt
stark reduziert werden. Sogar eine Zusammenlegung von Arbeitslosengeld
und Arbeitslosenhilfe soll stattfinden. Nach 24 Monaten läuft das Arbeitslosengeld grundsätzlich aus, danach wird Sozialgeld gezahlt (entspricht der heutigen Sozialhilfe)" Dies ist natürlich eine weitere Herunterstufung für die Arbeitslosen,
was viele Betroffenen und ihre Familien an die Existenzgrenzen drücken
wird, und darunter. In Zukunft soll der arbeitslose Arbeiter derjenige sein, der beweisen muß, in wieweit eine Arbeit für ihn zumutbar ist oder nicht. "Um die Umsetzbarkeit der Zumutbarkeitskriterien zu gewährleisten, ist die Beweislast umzukehren, d.h. der Arbeitslose muss beweisen, dass eine Stelle die er abgelehnt hat, nicht zumutbar ist." Hier geht es im Grunde darum, dem Arbeitslosen jede Bedingung, unter der er arbeiten muß, diktieren zu können. Denn die Kriterien, was zumutbar ist, wird das Arbeitsamt festlegen - und zwar neu. Eine "hohe Mobilität", sprich Einsetzbarkeit, in der ganzen Bundesrepublik als Kriterium wurde schon eingebracht. Davon hängt übrigens auch die Höhe des Arbeitslosengeldes in den ersten 6 Monaten ab ("Pauschalleistungen mit drei Tagessätzen (Heimatklasse, Landesklasse, Bundesklasse; kostenneutrale Festlegung)"). Wobei über die Kosten für Umzug, Reise usw. nichts vorgeschlagen wurde, so daß man davon ausgehen kann, daß der Arbeitslose das auch noch zu tragen hat. Aber es kommt noch schärfer. Die Pläne gehen hin zur einer weitgehenden Offenbarung, die der Arbeitslose über seine Verhältnisse leisten muß. Es heißt: "Ein ganzheitlicher Finanz- und Familienstatus der Arbeitslosen muss erfasst werden." Welcher Banker, welcher Manager, welcher Politiker würde sich das bieten lassen? Aber der Arbeiter, wenn er entlassen und arbeitslos ist, dem wird diktiert, sich weitgehend zu offenbaren! Das ist ein ganz und gar unerhörter Punkt, der aber die wirklichen Verhältnisse, die in diesem Staat herrschen - wer hier unter wessen Diktat steht - deutlich macht.
Diese sog. "Moderne Dienstleistung am Arbeitsmarktes", wie die Hartz-Kommission die Vorhaben überschrieben hat, wird dem Kapital weitere Millionen arbeitsloser und gekündigter Arbeiter und Angestellte, zu niedrigem Lohn, als Leih- und Zeitarbeiter billig zur Verfügung stellen, auf einem "Arbeitsmarkt", wo der Produktionsabbau weiter geht und keine neuen nennenswerten Produktionen und Industrien entstehen. Ein Pool mit einem Millionenkontingent an Arbeitskräften wird zur Verfügung stehen, ohne auch nur auf annähernd entsprechende neue Arbeitsplätze zu treffen. Daß dies einen enormen Druck auf alle Arbeitsverhältnisse und Löhne hier ausüben wird, sollte wohl klar sein. Dem muß entschiedener Widerstand entgegen gesetzt werden. In den Plänen der Hartz-Kommission kommt auch deutlich
der wirkliche Charakter dieses Systems, das Erpresserische, Diktatorische,
Ausbeuterische gegenüber den Arbeitern und Angestellten zum Ausdruck,
was noch brutaler gegenüber den Arbeitern in anderen Ländern
und Nationen praktiziert wird. Diesem eigentlichen Kern der Sache muß
man sich stellen, und werden sich die Arbeiter und Angestellten stellen
müssen. Klas Ber Zuerst als Internet-Statement 2002-18 erschienen
weiter auf www.neue-einheit.com Rubrik Vorschläge der Hartz-Kommission
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