Internet-Statement 2000/5


Der 1. Mai - ein Tag der Provokationen in Deutschland

Der 1. Mai war schon in der Vergangenheit in gewisser Weise der Tag für Provokationen. Aber dieses Mal werden sie viel stärker als zuvor sein.

An erster Stelle gibt es die Provokation einer Neonazi-Kundgebung in Berlin, die von der Justiz erlaubt worden ist. Es ist wirklich zu viel, daß diesen Organisationen und Gruppen, die in die Fußtapfen derer treten, die eine unbeschreibliche Verantwortung für Blutvergießen, für reaktionäre Absichten und fanatischen Rassismus auf sich geladen haben, erlaubt wird, in dieser Weise in Berlin zu demonstrieren. Insbesondere sind die hohen Gerichte und Behörden dafür verantwortlich, daß diese Kundgebung trotz verschiedener Anträge, sie zu verhindern, sie nicht zuzulassen, erlaubt wurde.

Eine weitere Provokation sind die Aufrufe und Erklärungen der Autonomen-Szene, die zum Teil "gegen" die Neonazi-Demonstration auftreten. Einige Teile dieser Demonstration führen Parolen wie "Deutschland abschalten" oder, wie es früher hieß, "Deutschland muß sterben, damit wir leben können". Diese Provokateure exerzieren einen umgekehrten Rassismus und Anarchismus und eine wirkliche Verachtung der eigenen Nation. Sie versuchen, Wasser auf die Mühlen der Neonazis zu leiten. Sie versuchen nicht, die Quelle der Irreführung unter Jugendlichen zu bekämpfen, die bis jetzt noch in Ausnahmen auftritt, die aber durch solch eine Propaganda und solch ein Auftreten sich vermehren könnte.
Die sog. autonomen Demonstranten wie z.B. die der sog. "Antifa" haben Aufrufe veröffentlicht, die dem Marxismus und der revolutionären Dialektik zutiefst feindlich sind, sie versuchen, das revolutionäre Denken, das sich auf den Weltmaßstab beziehen muß, auszulöschen.

Eine weitere Demonstration ist die der RIM und anderer, die Idealismus und Anti-Materialismus propagiert, oder im besten Fall den Sozialismus als einen Wunschtraum. Von "großen Sehnsüchten nach dem Ziel" ist die Rede, vom "Kampf aller Unterdrückten", nur nicht mehr von materiellen Kräften, die den Sozialismus durchsetzen können. In der ganzen Tendenz findet sich der gleiche umgekehrte Rassismus wie bei den Vorgenannten.

Schließlich gibt es noch so etwas wie die sog. "Unabhängige Antifa", die in allem noch viel radikaler ist und sich im Sumpf der imperialistischen Perversion und Degeneration befindet. 

Alle diese Kräfte können niemals ernsthafte Gegner sowohl der heute dominanten staatlichen Ordnung noch etwa des faschistischen Phänomens sein.

Und was die Demonstration der offiziellen Gewerkschaften betrifft, die am 1. Mai stattfindet, so ist sie dadurch gekennzeichnet, daß sie unverhohlen die Regierung in ihren Maßnahmen der Umverteilung unterstützt, eine Regierung, die angetreten ist unter der Losung "Umverteilung von unten nach oben beenden" und in Wirklichkeit eine Umverteilung von ganz unten (und aus der Mitte) nach ganz, ganz oben betreibt, die auch die Auflösung der Arbeiterklasse vorantreibt, die den Abbau der Industrie vorantreibt und am liebsten nur noch eine "Dienstleistungsgesellschaft" machen möchte. Die Allianz-Gruppe, die größte Finanzgruppe in diesem Land, ist ein regelrechter Fan der sog. rot-grünen Koalition. Sie vertritt reaktionärste Politik in der Substanz. Man braucht sich nicht zu wundern, daß andere reaktionäre Erscheinungen durch diese Parteienkoalition sogar besonders aufblühen. 

Es ist das Potential dieses Staates, dass er immer noch imstande ist, den 1. Mai unter seinem Deckel zu halten. Dazu gehören verschiedene Kräfte: Faschisten, offizielle Regierungsdemonstrationen und sog. Autonome, die in Berlin ein Potential von mehreren Zehntausend Menschen ausmachen und die für höchst zweifelhafte Politiken auch schon in der Vergangenheit parat gestanden haben. Bei den früheren Anti-AKW-Bewegungen z.B. bildete das Berliner Kontingent für viele Jahre die entscheidendste Stoßkraft. Das setzt seine Tradition bis heute fort und hängt mit der besonderen Ausgehaltenheit des früheren Westberlin und dem Fluß staatlicher Gelder in die sog. Linke zusammen. Der charakteristische Ausdruck für diese Vielfalt subkultureller Erscheinungen ist "Szene". Sie sind stets bemüht, ihren antikommunistischen Charakter zu verdecken.

Offen gesagt, unserer Ansicht nach sind die 1.Mai-Demonstrationen nicht entscheidend. Nach dem 1. Mai werden die gleichen sozialen Probleme existieren wie vor dem 1. Mai, und es wird der Kampf darum in der ganzen konkreten Realität weitergehen. Mag sein, daß solche Kräfte den 1. Mai beherrschen können; auf den Gang der Dinge wird das letztlich keinen wesentlichen Einfluß nehmen.

Redaktion Neue Einheit
30.4.2000

- zuerst in englischer Sprache erschienen -