USA und Atomkraft - Einige Angaben zur US-Reaktorindustrie

Internet Statement 2000-16

USA und Atomkraft - Einige Angaben zur US-Reaktorindustrie

Zwei persönliche Statements von Walter Grobe.

Diese beiden Texte wurdem am 1. bzw. 2.7.2000 als Diskussionsbeiträge in die Newsgroup de.talk.tagesgeschehen gepostet, wo sich nach dem sog. Kernenergiekonsens zwischen der rot-grünen Regierung und den KKW-Betreibern vom 15.6.2000 eine rege Diskussion darüber entwickelt hat.

Subject: Das Ende der Atomkraft?

In article <m2n1k3w7mp.fsf@kat.pangea.invalid>, Erich Pfennig <erich@alternativ.net> wrote:

> Luitbert Schindhelm <Luitbert@t-online.de> writes:
>
> > > Die amerikanisch dominierte Atomindustrie in der Welt wird es RotGrün
> > > danken.
> >
> > Nun vielleicht interressiert es dich daß die Amerikaner schon seit
> > Jahrzehnten kein Kernkraftwerk mehr gebaut haben. (Die Deutschen
> > übrigens auch nicht!)
> >
> > Wo siehst du da die Dominanz der Amerikaner?
>
> Bei der Atomphysik und den Atomwaffen. Die Amerikaner haben zu keinem
> Zeitpunkt den Ausstieg aus der Atomindustrie beschlossen. Du kannst
> mir glauben, daß das was Amerika auf diesem Gebiet veranstaltet keinen
> Weg in die Weltpresse findet.
>
> Erich

Nicht nur bei der Atomphysik und den Atomwaffen, sondern auch in der zivilen Nutzung der Kernenergie werden die USA umso dominanter, je mehr solche politischen Kräfte wie die rot/grüne Koalition in Deutschland, aber auch entsprechende Parteien, z.B. in England und Frankreich, wo auch massive Dinge gegen die Schnellbrütertechnik und die Wiederaufbereitung laufen, regieren können und die Öffentlichkeit durch den größten Teil der Medien in diesem Sinn desinformiert und gegen die Kernenergie aufgehetzt wird.

Es ist mir noch nie gelungen, einen Grünen zu einer Stellungnahme zu bewegen, wieso seine Partei mehr oder weniger direkt an der atomaren Dominanz der USA sowohl im zivilen wie im wissenschaftlichen wie im waffentechnischen Bereich arbeitet. Vielleicht versuchst Du es mal.

Walter Grobe 1.7.2000

Subject: Das Ende der Atomkraft?

In article <m2n1k3w7mp.fsf@kat.pangea.invalid>, Erich Pfennig <erich@alternativ.net> wrote:

Luitbert Schindhelm irrt auch bezüglich der Dominanz der USA in der Reaktortechnik.

Behauptungen, ähnlich wie in Deutschland sei auch in den USA "seit langem kein KKW mehr in Betrieb gegangen", sind nur viertelwahr.

Der genauere Vergleich ergibt:

In den neunziger Jahren gingen drei kommerzielle Anlagen in den Betrieb,

Comanche Peak Unit 1, DWR, 1150 MW el., Texas, erste Kritikalität 4/90

Comanche Peak Unit 2, DWR, 1150 MW el., Texas, Beginn der Produktion für das Netz 3/93

Watts Bar Nuclear Plant Unit 2, DWR, 1165 MW el., Tenessee, erste Kritikalität 2/96

In den achtziger Jahren, während in Deutschland bereits kein KKW mehr gebaut wurde, waren in den USA nicht weniger als 38 Kernkraftwerksblöcke mit einer Gesamtkapazität von über 40.000 MW in Betrieb gegangen..

Im Bau befinden sich derzeit 3 Reaktorblöcke, deren Weiterbau allerdings unterbrochen ist.

Diese Angaben sind enthalten in einer Veröffentlichung "Reactors and Facilities Operable, Being Built, or Planned" des Dep. of Energy der US-Regierung (Angaben für 1998) (www.NE.doe.gov, Rubrik Public Imformation, Documents)

Die in den USA betriebenen kommerziellen KKW beziffert die IAEA für 1997 auf 107 mit fast 100.000 MW.

Im Falle der KKW-Technik der USA ist es sicher interessant, daß sehr viele Reaktoren für Kriegsschiffe entwickelt und betrieben werden. Die Liste des Dep. of Energy weist 85 Unterwasserschiffe mit Reaktorantrieb und 9 Flugzeugträger mit Reaktorantrieb auf. Darunter sind viele Neubauten. Hier liegt für die USA ein Feld der Praxis und der Weiterentwicklung, das es in D. überhaupt nicht gibt, und in anderen Staaten vielleicht noch in Resten.

Die Zahl der von USA-Kernkraftwerksbauern im Ausland (Belgien, Brasilien, Indien, Japan, Südkorea, Mexiko, Slowenien, Spanien, Schweden, Schweiz, China-Taiwan) gebauten KKWs beträgt allein 54.

Walter Grobe 2.7.2000