Internet Statement 2000-24
 

Die jugoslawischen Wahlen und der Westen

Der Krieg gegen Jugoslawien vom Jahre 1999 ist vom Auftreten des Westens und seiner Selbstgerechtigkeit her wirklich einmalig in der Geschichte. Einmalig ist, wie hier eine Aggression und ein Terrorbombardement gegen einen Staat gerechtfertigt wurden, und hernach die Bevormundung und Drohung als "demokratische Politik" verkauft wurde. Ein derart dreistes und unverhohlenes Auftreten hat selbst den arrogantesten Gebärden eines Hitler in nichts nachgestanden. Die seinerzeitigen Breschnewschen Doktrinen über die "begrenzte Souveränität" wirken wie wahre Kleinigkeiten gegenüber dem, wie der Westen heute mit der ganzen Welt umspringt und sich anmaßt, Wahlergebnisse in verschiedenen Ländern vorweg zu bestimmen. Es ist schon eine Standardformel geworden, wenn Ms. Albright, Außenministerin der USA, gegenüber einem Staatschef erklärt, daß es "Ärger geben wird", wenn die Wahl nicht so ausfällt, wie es den USA paßt. Derartige Einmischungen hätten früher zu Aufschreien geführt, jeder andere Staat wäre auf das härteste verurteilt worden.

All das wird aber noch überboten durch das, was derzeit mit Jugoslawien geschieht.

Die heutige Regierung hat zweifellos ihre Schwächen und Angriffspunkte. Aber sie hat unzweifelhaft die Fahne der serbischen Unabhängigkeit seit 1995 hochgehalten und versucht, sich auch gegen die Großmächte zu behaupten. In einer Zeit, in der sich fast alle Staatsmänner, vor allem in Europa, durch unglaubliche Liebedienerei und Kriecherei vor dem USA-Imperialismus auszeichnen, ist das als etwas Besonderes und Wertvolles zu betrachten.

Schon vor der Wahl wurde gewarnt, daß alle Ergebnisse, die nicht zur absoluten Mehrheit von Kostunica führen, als Fälschung betrachtet werden. Und als die Wahlauszählung noch lief, erklärten die westlichen Medien und Staatsmänner Kostunica ihrerseits kurzerhand zum Sieger, obwohl außer ihren eigenen angeblichen "Hochrechnungen" noch überhaupt keine Zahlen vorgelegen haben und selbst die Anhänger Kostunicas noch keine Zahlen vorgelegt hatten. Es liegen noch keine nennenswerten Zahlen vor, da verkündet Gerhard Schröder schon, es kristallisiere sich immer deutlicher heraus, daß die sog. Opposition einen Wahlsieg errungen habe. Woher weiß dies denn der Bundeskanzler Schröder?

Noch vor einigen Wochen waren selbst die Hintermänner dieser sogenannten Opposition im Außenministerium in Washington oder bei Josef Fischer oder bei anderen sehr skeptisch über die zersplitterte Bewegung, und zweifelten daran, daß sie bei den Wahlen wirklich ein Bein auf die Erde bekommen würde.

Schon verschiedene Male wurde vom Westen aus versucht, eine Opposition in Serbien aufzubauen, 1997 und dann später wieder, und immer ist es fehlgeschlagen. Während des Krieges 1999 stand das serbische Volk wahrscheinlich zu 95% hinter der eigenen Regierung und hat die Terrorangriffe der NATO verurteilt.

Die Hauptfiguren dieser sog. Opposition wie Zoran Djindjic sind in Serbien verrufen und diskreditiert. Sie hatten angesichts ihres verachtenswerten Verhaltens und ihrer direkten Parteinahme für diejenigen, die Bomben auf Jugoslawien geworfen haben, nahezu jegliche Glaubwürdigkeit verloren Die Diskreditierung gilt auch für die höchst zweifelhafte Figur des Vuk Draskovic, der einerseits ebenfalls mit dem Westen paktiert und andererseits extremen serbischen Chauvinismus vertreten hat, insbesondere auch zu der Zeit, als der serbische Name durch die Handlungen serbischer Chauvinisten in Bosnien, aber auch in einigen anderen Konfliktzonen tief mit Unrecht verbunden worden ist, was den Vorwand 1999 und 2000 abgeben soll.

In diesem Zusammenhang ist es auch sehr bezeichnend, daß eine der Figuren, die an der jüngsten unrühmlichen Tradition gewisser serbischer Kräfte großen Anteil haben, nämlich Seselj - Rechtsradikaler und während des Krieges bis 1995 Verbindungsmann der bosnischen Serben - in der jetzigen Situation der Milosevic-Regierung in den Rücken fällt und der sog. Opposition in die Hände arbeitet. Und dies wird vom Westen begrüßt. Auch der berüchtigte Schlächter Arkan, der kürzlich bei einem Anschlag ums Leben gekommen ist, hatte connections in den USA. Und ist nicht ihr und der deutschen Regierung willigstes Werkzeug in Serbien, ihr heutiger "Vorzeige-Demokrat" Djindjic noch 1995, als das offizielle Serbien sich schon von Karadzic mehr und mehr distanziert hatte, demonstrativ nach Pale gegangen und hat sich mit Karadzic solidarisiert, der bekanntermaßen die Verantwortung für unzählige Kriegsverbrechen von Seiten gewisser bosnischen Serben trägt? Mit welchen Maßstäben wird denn hier gemessen? Und die gleichen Leute erheben den moralischen Anspruch, über Serbien zu richten, es mit Bombenterror zu überziehen und geben angesichts der jetzigen Wahlen sogar vor, die Interessen des serbischen Volkes zu vertreten!

Die Ernennung Kostunicas zum Präsidentschaftskandidaten ist der Versuch, mit einer neuen Figur scheinbar einen Ausweg für Serbien zu zeigen, um in Wirklichkeit das Portal zu öffnen für diejenigen, die Serbien völlig unter die Knute und in den Griff nehmen wollen, ein Trick, um das Diktat dieser Kräfte aus den USA im Bunde mit anderen Kapitalisten in Europa über Serbien zu vollenden.

Wer ist jener Vojislav Kostunica, der dieser sog. Opposition zumindest einen relativen Wahlerfolg beschert hat?

Nach allem, was bisher bekannt ist, ist Kostunica ein verhältnismäßig unbeschriebenes Blatt, der sich bisher mehr im Hintergrund gehalten hat. Er ist nicht mit dem Makel des offenen Parteigängertums mit der NATO behaftet, wie das bei Djindjic der Fall ist. Er gibt sich als Patriot, erkennt Kosovo als Teil Serbiens an und hat die Bombenangriffe der USA und NATO verurteilt. In mehreren Interviews der letzten Zeit entlarvt er sich allerdings als prinzipieller Bewunderer von USA und EG und kritisiert die USA nur wegen ihrer zu offenen Unterstützung der sog. Opposition, weil dies sie vor dem serbischen Volk vollends diskreditieren würde. Er geht sogar soweit, die erpresserische Politik der EU zu unterstützen, das Embargo nur für von der sog. Opposition regierte Städte aufzuheben und Öl und Lebensmittel zu liefern.
[siehe dazu auch: "Who is Vojislav Kostunica" unter http://www.neue-einheit.com/is/is2000-23e.htm ]

Das Verhalten des Westens bezüglich der Wahl in Jugoslawien kann man nicht mehr nur als Einmischung bezeichnen. Das wäre entschieden untertrieben. Es ist von Anfang an von Erpressung beherrscht. Bereits im Juli 1999, nachdem der Krieg im wesentlichen vorüber war, erklärte Clinton, daß es wirtschaftliche Hilfe für das von den NATO-Bomben zerstörte Land nur dann gibt, wenn Milosevic verschwindet. (Anmerkung) Eine unmittelbarere Einmischung kann man sich gar nicht vorstellen. Und diese Leute, die eine derartige Sprache führen, kommen hier an und behaupten nun, sie wollten für Korrektheit bei den Wahlen sorgen.

Ob es dort Wahlfäschungen gegeben hat, können wir von hier aus nicht beurteilen. Wenn es welche von seiten der Administration oder einzelner Teile derselben gegeben haben sollte, muß das im Detail untersucht werden und zu den entsprechenden Konsequenzen führen. Aber auch das ist im Verhältnis zur Gesamtlage zu sehen. Eines steht ganz sicher fest: Einem Land die wirtschafliche Lebensgrundlage zu zerbomben, mit dem erklärten Ziel, Not und Hunger zu schaffen, damit die Bevölkerung dann unter erpresserischem Druck die vom Westen ausgesuchte Regierung akzeptiert, um Öl- und Nahrungslieferungen zu erhalten, stellt wohl die härteste Variante der Wahlverfälschung dar.

Was immer der gegenwärtigen Administration im einzelnen vorgeworfen werden kann, so steht es diesem Westen, diesen Bombenterroristen, diesen schurkischen Politikern in keiner Weise zu, derartige moralische Anklagen zu erheben. Ihre ganze Sache ist Erpressung und Einmischung von vorne bis hinten. Serbien hätte sogar das Recht, jeden Politiker, der sich mit dem Westen verbündet, und das ist auch bei Kostunica faktisch der Fall, in Serbien auf den Boden der Illegalität zu stellen, denn ein Land hat das Recht, gegen Landesverräter vorzugehen.

Die Bombardierer und Erpresser von Serbien kommen nun mit der Logik, daß Belgrad den "Willen des serbischen Volkes" - und sie nehmen sich heraus zu bestimmen, was das ist - anerkennen soll, damit es zu "keiner Eskalation der Gewalt" kommt.

Wir hoffen, daß das serbische Volk da aufhorcht und das hört, und daß möglichst viele dieser Erpressungen auch öffentlich verdeutlicht und angeprangert werden.

Aber selbst wenn nun diejenigen an die Macht kommen sollten, die mit diesen Verbrechern und Erpressern paktieren und unter einer Decke stecken, dann wird es in Serbien überhaupt keine Demokratie geben, egal was für Wahlmechanismen eingerichtet werden. Dann wird die unverhohlene und brutale Diktatur des internationalen Kapitals in Serbien die Folge sein, so daß von vornherein jede Regung nationaler Unabhängigkeit und Selbständigkeit - und die ist Voraussetzung für Demokratie in Serbien und Jugoslawien - unmöglich wird.
 

Wir möchten noch einige Worte zu den Hoffnungen sagen, die, wie es von hier aus den Anschein hat, von der Propaganda der sog. Opposition geweckt werden. Es werden dem serbischen Volk Öffnung und Modernisierung versprochen, Teilhabe an den internationalen progressiven Entwicklungen, wahrscheinlich auch bessere und interessantere Arbeitsmöglichkeiten usf. Wir sehen solche Wünsche als berechtigt an, in der Tat muß in dieser Hinsicht vieles Neue geschehen, nicht nur in Serbien und Jugoslawien. Diese Hoffnungen allerdings mit einem Regierungswechsel zu der vom Westen aufgebauten Opposition zu verbinden, muß hinterfragt werden. Der Westen hatte auch Rußland die Öffnung versprochen, verwirklicht wurde unter der Regierung der vom Westen unterstützten und kontrollierten Kräfte ein solches Desaster, daß inzwischen viele Millionen Russen, bis zu 40 oder 50 Millionen, aus dem Land gegangen sind.

Insbesondere die von Leuten wie Kostunica versprochene Eingliederung in die EU wird nur dann erfüllt werden, wenn Serbien den völligen inneren Kotau vor der heutigen westlichen politischen Ordnung macht, bis hin zur Selbstverleugnung.

Die innere Entwicklung der europäischen Länder weist nicht nur positive Signale auf. Eine fragwürdige Auslöschung von großen Teilen der eigenen Produktionsbasis, der Verwerfung von Teilen der eigenen Bevölkerung und die Auslöschung der Selbstidentität führen zu erheblichen sozialen Problemen, die sich bereits zeigen und die sich in der ganzen Folge noch zeigen werden. Als ein Negativbeispiel kann man auch Deutschland nehmen, mit einer Bevölkerungsentwicklung der eigenen Nation bis hin zur Selbstauslöschung, der Zerstörung des Willens zur Eigenständigkeit und zur Zukunft bis an eine gefährliche Grenze, eine Entwicklung, wie sie insbesondere innerhalb der letzten 25 Jahre stattgefunden hat. Vieles ist hier Fassade, und die EU steckt im Grunde selbst in einer tiefen Krise.


Wir können aufgrund all dieser Punkte, die hier genannt sind, in gar keiner Weise mit der sog. Opposition, die in Wirklichkeit vollauf käuflich ist, sympathisieren oder auch nur annähernd ihren Sieg herbeiwünschen. Ganz sicher gibt es in Serbien soziale Konflikte und Probleme zu lösen. Dies aber muß das serbische und jugoslawische Volk im eigenen Rahmen, ohne jede Einmischung von außen klären. Hier aber sind Kräfte am Werke, die die völlige Okkupation Serbiens durch die NATO, die USA, Frankreich, Groß-Britanien und die Bundesrepublik betreiben und die zur Ablenkung von dieser Tatsache jemanden ausgesucht haben, der zwar auf nationale Phrasen, nationale Unabhängigkeit usw. macht, der aber nur dazu dienen soll, diese Kräfte, allen voran einen Zoran Djindjic, an die Macht zu bringen.

Wir können eine Prognose wagen: selbst wenn diese Kräfte erfolgreich sein sollten - die USA und die übrigen NATO-Staaten haben keine Lösung. Wie wollen sie die Kosovofrage in ihrem Sinne lösen, wenn ihre Bundesgenossen von gestern, die Albaner, auf die völlige Separierung drängen? Die neue Regierung wird ihr Gesicht wahren müssen. Es könnte von daher zu bürgerkriegsähnlichen Erscheinungen im Kosovo kommen. Die Widersprüche, die heute in Jugoslawien existieren, werden vom Westen durch diese Art von Lakaien nicht gelöst werden. Viele der Versprechungen werden sich in Luft auflösen. Das Kapital kommt mit solchen Korrumpierungsversuchen nicht umsonst.

Wenn die Kräfte, die für die nationale Unabhängigkeit Serbiens eintreten, wirklich noch eine Chance wahrnehmen wollen, dann werden sie in vollem Umfange das erbärmliche Wesen dieser sog. Opposition angreifen müssen und allerdings in Zukunft Privilegien, Mißwirtschaft, Korruption und andere Dinge innerhalb des bürokratischen Staatsapparates entschieden bekämpfen müssen. Das wird eine Voraussetzung sein. Eine Erneuerung des Staates muß her, aber wie und unter welchem Vorzeichen sie stattfindet, ist das Entscheidende.

Wir möchten der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß das serbische Volk der infiltrativen Methode ebenso widersteht, wie es dem Krieg und den militärischen Drohungen widerstanden hat.

Ganz Europa ist aufgefordert, die Sanktionen gegen Jugoslawien sofort aufzuheben!

Redaktion Neue Einheit
4.10.2000
 

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Anmerkung:
Im Juni dieses Jahres wurden von den USA und der EU auf einem Treffen des sog. Balkan-Stabilitätspakts den teilnehmenden Vertretern der sog. Opposition dann konkrete Summen für das "post-Milosevic Serbia" genannt: 4 Mrd. Dollar.