Internet Statement 2001/23
 
 

Gegen die erneute Verschärfung der NATO-Intervention auf dem Balkan, gegen die Kriegstreiberei der Regierung!


 


Kaum sind die Kriegslügen von gestern von der Wirklichkeit widerlegt, da setzen NATO und deutsche Regierung zu neuen militärischen Vorstößen und Irreführungen an. Wie hatte die Rechtfertigung für den Krieg gegen Jugoslawien gelautet? 'Einzig und allein Milosevic's Unterdrückungspolitik gegen die Albaner zwingt die NATO zum Krieg.' Jetzt ist Milosevic längst politisch ausgeschaltet, aber der nächste Krieg hat schon begonnen, und wer unternimmt ihn? Die UCK, die von -zigtausenden von Bomben gegen Jugoslawien in ihren großalbanischen Ambitionen massiv gestärkt wurde. Der Kosovo ist unter ihrer Herrschaft erst recht ein Dorado und ein europäisches Hauptquartier schlimmster Verbrecherringe geworden, die dort unter den Augen der KFOR operieren. Vom Aufbau ziviler Strukturen, den die NATO dort angeblich durchsetzt, können nur Befehlsempfänger oder Witzbolde reden. Jetzt werden wir Zeugen, wie die UCK unter dem Vorwand, die Rechte der Albaner in Mazedonien könnten nur so gewahrt werden, nach einer Föderalisierung das Landes ruft, d.h. nach der Vorbereitung der Abtrennung von Teilen Mazedoniens, um sie ganz diesem Regime anzuschließen.

Kann daraus die Konsequenz gezogen werden, daß die NATO nun auch nach Mazedonien interveniert? Wieso sollte ausgerechnet die NATO, die für die Aktivitäten der UCK in Mazedonien in hohem Maße mit verantwortlich ist, ein Konzept für eine Lösung vorlegen, außer auch dorthin weitere -zigtausende von Soldaten hinzuschicken, die gewaltsam den Deckel auf dem Topf halten wie in Bosnien? Gibt es irgendeine akzeptable politische Perspektive der NATO, die ihre Politik, sich ggf. massiv in den Bürgerkrieg dort einzumischen, rechtfertigen könnte? Nein, die Gründe für die erneuten Interventionsforderungen müssen in der hintergründigen Agenda der NATO gesucht werden und nicht in den Lügen für die Öffentlichkeit.

Schröder und Fischer machen sich erneut schwer schuldig, wenn sie der Öffentlichkeit zunächst etwas vormachen wie, es gehe nur um das 'Einsammeln von UCK-Waffen', und dann im Nachsatz durchblicken lassen, daß in Wirklichkeit ein langwierigerer und "robusterer" Einsatz schon in der Planung ist. Ein Wort, das inzwischen schon zum Lieblingsausdruck der sanften PazifistInnen von den Grünen wie Angelika Beer und Kerstin Müller geworden ist, und das nichts anderes als die harte Realität eines Interventionskriegs unter Beteiligung deutscher Kontingente in den mazedonischen Bergen beschreibt. Vielleicht ist das konkrete Training für ganz andere Kriege auch ein wichtiges Motiv. Wie will denn die NATO Mazedonien den Frieden bringen? Durch Unterstützung der mazedonischen Regierung im Kampf gegen die faktische Abtrennung ihrer Gebiete, wo die Albaner relativ zahlreich sind? Das würde Krieg gegen die UCK bedeuten, die gerade von den USA und Deutschland richtig auf die Beine gebracht worden ist, mannigfache Verbindungen in die NATO hinein besitzt und mit dem Kosovo und dem Staat Albanien selbst erhebliche Reserveräume hat. Ein solcher Krieg würde beträchtliche Opfer und Verwicklungen nach sich ziehen, ohne irgendetwas lösen zu können. Oder will die NATO die UCK in ihrem neuen Sezessionskrieg erneut unterstützen? Das würde andere Kräfte zum Gegenkrieg aufrufen. Oder will sie ein sog. entschiedenes Dazwischentreten? Da fragt sich, wem das letztlich nützen soll. Entweder es führt zum Kampf mit beiden Seiten, oder zu einer Verschleppung.

Es ist nicht unbegründet, wenn sogar bürgerliche Kommentare angesichts der Tatsache, daß die NATO nun aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Bürgerkrieg Partei werden wird, warnend an Vietnam erinnern. Ferner ist der neue Krieg in Mazedonien durchaus dazu geeignet, auch andere ungelöste Teilungsfragen auf dem Balkan erneut anzuzünden. Mehr noch: die völlige politische Verfahrenheit der Situation wird Spannungen zwischen den beteiligten NATO-Staaten selbst verschärfen und kann sogar zu schweren Auseinandersetzungen unter ihnen selbst führen, natürlich mit ihrem Oberherrn als lachendem Dritten.

Alles das kann nur ganz bestimmten - den wahrhaft extremistischen - Kräften nützen: den USA sowie den entsprechenden Kräften des Establishments in den anderen NATO-Staaten, die überhaupt auf Krieg setzen, um den großen Krisen des ganzen Systems zu entkommen, die sich ankündigen. Und Joseph Fischer, der Ex-Autonome und grüne Pazifist, steht vor dem Bundestag und fordert von der CDU/CSU die Aufgabe jedes Vorbehalts, obwohl die selbst nur ganz marginale Bedenken anmeldet!

Ein US-Kommentator verwies stolz darauf, daß die Balkan-Verwicklungen seit 1991 den USA - und natürlich auch ihren unbedingten Gefolgsleuten, die sich auch in anderen Ländern finden - bisher schon entscheidend geholfen haben, die politische Debatte von der Frage: "Wozu noch die NATO?" zu verschieben auf die Frage: "Soll die NATO erweitert werden?". Konkret haben sie dazu verholfen, die USA militärisch auf dem Balkan zu etablieren und die europäischen Staaten in die NATO wieder einzubinden, was um 1991 durchaus in Frage gestellt wurde. Dazu gehört u.a. auch der Aufbau von politischen und militärischen Positionen der NATO für Vorstöße in Richtung Osten. Und in dem Maße wie die reaktionärsten Kräfte bei verschiedenen Balkanvölkern durch diese Politik gestärkt worden sind und immer größere politische Dilemmata aufgebaut wurden, wie in Bosnien, haben die obersten Kriegstreiber auch immer mehr Material für Provokationen in die Hand bekommen, die sich durchaus auch für die Schwächung ihrer Verbündeten eignen, sollten die nicht gut mitspielen.

Die meisten linken Organisationen in Deutschland lassen erneut ernsthafte Arbeit gegen die jetzige verschärfte militaristische Abenteuerlichkeit bei NATO und deutscher Regierung vermissen. Bei ihnen und den Autonomen dominiert wieder untergründig die politische Bindung an SPD und Grüne, sie sind fast still und nehmen faktisch Partei auf seiten der zugespitzten imperialistischen Aggressivität.

Wir können nur auffordern, jede Selbstberuhigung abzulegen und sich mit diesen neuen politisch-militärischen Schritten auseinanderzusetzen mit einem Ernst, der ihrer Bedrohlichkeit entspricht. Es ist Zeit, die Auflösung der NATO zu fordern und damit auch das Ende ihrer Balkanabenteuer. Eine neue Konzeption muß erarbeitet werden, die die europäischen Staaten auf eine rein defensive Militärpolitik festlegt und gleichzeitig durch ein neues Bündnis zwischen ihnen den Gefahren vorbeugt, daß sie untereinander ausgespielt und in Kriege gegeneinander verwickelt werden.

W. Grobe (Mitglied der Redaktion Neue Einheit)

13.7.2001