Internet Statement 2001-36



Die Welt am Rande des Krieges

Die Welt ist nach dem 20. September 2001 erfüllt von lautem Kriegsgeschrei. Seit vielen Tagen nun wird alltäglich diese Politik in fast allen Medien und Presseorganen rund um die Uhr wiederholt. Am 11. September 2001 rammten zwei gekaperte große Passagiermaschinen die Türme des World Trade Center. Mit grenzenlosem Zynismus wurden sie mitsamt den Passagieren als Teil des Geschosses in diese Hochhäuser gejagt, in denen sich Tausende von Menschen befanden. Dieser Anlaß wurde von vielen von Anfang an so eingeschätzt, daß er zur Rechtfertigung jetzt von kriegerischen Handlungen und Repression in der Welt dient, wer immer die Urheber waren, was zum Zeitpunkt der ersten Tage noch auf keinen Fall klar war. Und kaum einen Tag nach dem Anschlag, obwohl noch nichts bewiesen war oder die Urheber klar waren, wurde bereits der Bündnisfall der NATO ausgerufen, zum ersten Mal in ihrer über 50-jährigen Geschichte. Zu Recht wurde damals die Frage gestellt, was denn wäre, wenn es sich um innere Kräfte der USA handelte, die diesen Anschlag organisiert haben. Gegen wen richtet sich eigentlich dieser Bündnisfall? Kann man einen Bündnisfall ausrufen, wenn der Feind noch gar nicht bekannt ist? Es wurde dann alsbald die Vermutung geäußert, daß das Terrornetz des Osama bin Laden, das allerdings den westlichen Geheimdiensten, wie wir noch sehen werden, einschlägig bekannt ist, hinter diesem Anschlag steckt.

In dem Durcheinander der ersten Stunden kam es auch zu recht zahlreichen spontanen Äußerungen, deren Weise, dieses Ereignis zu interpretieren, zum Denken Anlaß gibt. So erklärte der israelische Außenminister Peres, daß dieser Anschlag "zeige, daß es gegen diesen unsichtbaren Gegner kein Mittel gibt." Andere Vorwürfe richteten sich dagegen, daß die USA sich zu wenig im Mittleren Osten engagieren würden (!) und daß darin die Ursache zu sehen sei. Ein Vertreter des israelischen Nachrichtendienstes erklärte am 12. September in Berlin, dieser Anschlag habe die Supermacht ins Herz getroffen. An vielen Punkten brachte die Presse durch namhafte Autoren zum Ausdruck, "dieses Verbrechen hat die Welt verändert". Mehrere dieser Äußerungen zollen eigentlich den Attentätern eine gewisse Bewunderung. Diese indirekte oder zum Teil auch offene Anerkennung dieses Anschlages muß eigentlich auch als eine Ermunterung zu derartigen Taten gewertet werden. Natürlich ist das falsch, wenn so etwas gesagt wird, es hat nicht die Welt verändert, sondern ist selbst Ausdruck der Spannungen in dieser Welt. Es gab auch andere Stimmen unter den Offiziellen Amerikas. So sagte der New Yorker Bürgermeister Giuliani sinngemäß, daß das die Grundlagen der Gesellschaft nicht erschüttert. In der Tat kann ein solcher Anschlag auch an den politischen Konstellationen nichts Wesentliches verändern.

Die Widersprüche zwischen der großen Zahl von Staaten, die faktisch auf der ausgebeuteten Seite stehen und deren Bevölkerung einen riesigen Tribut zahlt, um dieses heutige ökonomische System am Leben zu erhalten, und der kleinen Zahl von Nutznießerstaaten, innerhalb derer wiederum eine Minderheit den größten Teil des Reichtums konzentriert, wird ein solcher Akt nicht im Geringsten ändern. Die Machtstrukturen in den USA wird ein solcher Anschlag auch nicht ändern. Die Widersprüche zwischen Europa und den USA, die gerade in den letzten Wochen etwas lauter vernehmbar geworden waren, kann ein solcher Anschlag ebensowenig ändern, auch wenn sich die europäischen Staaten erst einmal in Treuebekundungen überschlagen. Und die viele Male vorher von uns festgestellte Tatsache, daß die "Pax Americana" tiefe Risse aufweist, wird ein solcher Anschlag auch nicht ändern. Schließlich wird die ökonomische Krise, die sich in den letzten zwei Monaten extrem beschleunigt hat, weder wesentlich verschärft, noch wird sie gar hervorgerufen noch wesentlich beeinflußt durch ein solches Ereignis. Dieser Anschlag zeigt nur, daß es Kräfte gibt, die mit aller Gewalt vielleicht bestimmten Militärpotentialen zur Anwendung verhelfen wollen, welche aber vorher schon längst existiert haben. Er zeigt nur, daß es innerhalb der Gesellschaft Spannungen gibt, die bestimmte Kreise meinen mit einem solchen Anschlag in eine bestimmte Richtung lenken zu können.
Was sich heute abspielt, nämlich daß die USA planen, Afghanistan zu besetzen und offensichtlich dort längerwierig sich "aufzuhalten", ist schon lange vorbereitet worden und wurde beobachtet im Zusammenhang mit der Diskussion über den Kaukasuskrieg, über die Expansion, die die NATO gerade in Richtung Kaukasus und darüber hinaus unternimmt, in deren Verlängerung ja genau Afghanistan liegt. Der Widerstand, den große Staaten wie Rußland, China, aber auch Indien und Pakistan den USA in der Welt entgegensetzten, was immer auch die Regime dieser Länder im Inneren sein mögen, zählte noch zu den Faktoren, die der Macht der USA Grenzen setzten. Eine Besetzung Afghanistans muß als ein Versuch gewertet werden, auf diesen Umstand Einfluß zu nehmen und ihn zumindestens versuchsweise zu eliminieren. Afghanistan steht schon lange im Brennpunkt der USA. Seit 1979 spätestens haben sie dort die islamischen Fundamentalisten gestärkt, mit diesen zusammengearbeitet und dort ein Regime errichtet, das von Anfang an beispiellos reaktionär war, und dabei erfolgreich die andere Supermacht, die Sowjetunion, aus dem Lande geschlagen und zum Zusammenbruch geführt. Wenn die USA ihren Griff dahin ausrichten, so ist das nicht neu.

Von Anfang an stellten sich eine Fülle von Fragen, wie dieses Ereignis überhaupt möglich war, Fragen, die zunächst einmal auf die Untersuchung der Verhältnisse in den USA selbst gerichtet sein müssen. Wie konnte es passieren, daß vier Maschinen faktisch gleichzeitig aufstiegen und ohne Eingreifen der amerikanischen Luftabwehr in drei Fällen zu ihren Zielen geführt werden konnten? Im vierten Fall war es der Widerstand der Passagiere, der dies verhinderte. Wie konnte es passieren, daß, obwohl die terroristischen Netzwerke, die so etwas betreiben, bekannt sind, sie so etwas in den USA an den Flughäfen und im Flugbetrieb organisieren? Wie konnte man die Maschinen überhaupt mit 800 km/h so gezielt mit engen Flugmanövern in die Türme jagen? Es gab dazu die Überzeugung von erfahrenen Fliegern der Bundeswehr: nur Profi-Piloten können so etwas. Die Entführer schalteten die Transponder der Maschinen ab. Wenn das bei vier Maschinen ungefähr gleichzeitig geschieht, wäre höchster Alarm in den Behörden angezeigt gewesen, aber die getroffenen Maßnahmen blieben weit hinter den Notwendigkeiten zurück. Es hieß später, daß Osama bin Laden vor drei Wochen schon einen schweren Anschlag angekündigt habe, was man als Begründung für den sofortigen Verdacht anführte. Aber wenn das der Fall gewesen war, warum war man dann nicht besonders vorsichtig, wo er doch schon mehrere Anschläge mit Massenopfern auf Einrichtungen der USA verübt hatte? Auch von den Sachpunkten der Anschläge selbst her ist deshalb die Frage auf die USA selbst gerichtet. Darüber hinaus konnten wir in einem Flugblatt am folgenden Tag feststellen, daß die ganzen Erfahrungen, die innerhalb Deutschlands und Italiens mit Terrorkampagnen existieren, auf die Verbindung mit staatlichen Einrichtungen selbst verweisen. Und die Umstände hier in diesem Fall lieferten viele Hinweise, gerade dieser Fragestellung nachzugehen. Dies wurde aber nicht getan.

In Deutschland führten die Ereignisse bereits am 12. und 13. September zu so eindeutigen und weitgehenden Unterstützungsbekundungen, daß man sich fragen mußte, ob dies alles nur spontan aufgrund eines einzelnen, wenn auch gravierenden und spektakulären Ereignisses passierte. Die Politiker aller Parteien im Bundestag (mit Ausnahme der PDS) erklärten sich mit dem Bündnisfall einverstanden. Neben dem Bundeskanzler Schröder erklärte zum Beispiel die grüne Verbraucherministerin Künast am 13. 9.: "Der Verteidigungsfall ist gegeben." Und Schröder sprach von der "bedingungslosen Unterstützung" für die USA. Von den Kommentatoren wurde darüber gesprochen, daß man sich demnächst auf viele unschuldige Tote einzurichten habe und daß man die Bundeswehr ungehindert in einen Krieg mit solchen Erscheinungen ziehen lassen müsse. Dies weckte eine ganz beträchtliche Unruhe. An dem besagten 13.9. versuchte der Verteidigungsminister Scharping zurück zu rudern und sagte, Bündnisfall sei nicht Verteidigungsfall. Mit einem Krieg brauche man nicht zu rechnen. Man versuchte die Bevölkerung mit relativierenden Bemerkungen zu beschwichtigen. Gleichzeitig aber liefen in der Praxis die Vorbereitungen für einen von den USA zu beginnenden Krieg an.
Es war sehr erstaunlich. Binnen zwei Tagen nur befand sich dieser Staat im Vorstadium eines Kriegszustandes, und das wegen eines Ereignisses, bei dem man den Urheber noch nicht einmal kannte. Allein schon die Postulierung, daß das NATO-Bündnis, das die größten industrialisierten Staaten mit Ausnahme Japans umfaßt, speziell einer Einzelperson, die in den afghanischen Bergen sitzt, und dem dieser Person unterstehenden Terrornetz den Krieg erklärt, muß doch schon viele Fragezeichen aufwerfen. Der Parlamentarismus unseres Landes aber steht unter Druck, er unterwirft sich verbal sofort diesem Bündnisverlangen.

In den Medien hören wir seitdem unentwegt: "Die USA sind angegriffen worden, wir müssen uns wehren!" " Die ganze zivilisierte Welt ist angegriffen worden und sie muß sich wehren!" Jede Stunde in Dutzenden von Sendern, wie auch im Rundfunk und wie auch in der Presse geht das so. Und bei dem Charakter der monströsen Anschläge von Washington und New York sind viele Menschen auch geneigt, nach Schutz zu rufen. Irgendwelche Konsequenzen müssen ja auch daraus gezogen werden. Deshalb spielt die Aufdeckung des politischen Rahmens dieser ganzen Vorgänge eine grundlegende Rolle.
Aufgrund der jahrelangen Beobachtungen konnte unsere Gruppe noch in der Nacht nach dem Ereignis einen Aufruf herausbringen, der auf die Beziehungen der USA mit den terroristischen Organisationen, mit den neoislamischen Kräften und auch mit Osama bin Laden, der zeitweilig engste Verbindungen zu Geheimdiensten der USA unterhalten hat, verwies. Trotz des großenteils einhelligen Kanons ließen sich auch in den Medien im weiteren diese Tatsachen nicht völlig verbergen. Sie wurden zu einem Diskussionspunkt, der seitdem die Öffentlichkeit zunehmend beschäftigt. Und in der Tat ist es lohnend, hier auf die Einzelheiten weitergehend einzugehen.


Die lange Spur des Bündnisses

Wer die politischen Ereignisse kennt, der weiß, daß es zwischen den USA und dem islamischen Fundamentalismus seit langem eine innige Beziehung gibt. Schon 1965 wurde der Umsturz in Indonesien mittels der islamischen Religion und des islamischen Fanatismus durchgesetzt. Die Gefühle dieser Religion wurden in den Menschen angeheizt, vorhandene mystische und fatalistische Neigungen, sich den Herrschenden zu ergeben, wurden gefördert und auf die Kommunisten, weil sie an diesem Glauben nicht teilnehmen, mit dem Finger gezeigt bis hin zum Mord an 1,5 Millionen Menschen. Die USA haben schon damals diesen Umsturz geschürt, und schon damals haben Militärs, die selbst gar nicht im Mittelpunkt dieser religiösen Bestrebungen standen, wie der General Suharto und sein Umfeld, diesen konterrevolutionären Umsturz betrieben und sich dabei der Religion bedient. In Saudi-Arabien gibt es eine Macht, die seit Jahrzehnten mit dem Ölmonopol der USA und mit der Politik der USA in engster Verbindung steht und die von ihrer ganzen Substanz her fundamentalistisch ist. Aus ihren Reihen ist auch jener Osama bin Laden hervorgegangen. Weitere Beispiele sind Afghanistan und der Iran, wo die USA in beiden Fällen den Umsturz in Richtung Neoislam unterstützten, wobei sie gerne in Kauf nahmen, daß diese religiösen Vertreter auf öffentlichen Kundgebungen "Tod den amerikanischen Teufeln!" oder ähnliches riefen, die sie gleichzeitig aber trotzdem sponsorten, weil sie mit entsprechenden Mitteln die Unterdrückung im eigenen Land bewirkten und z.B. die Ablenkung der Revolution gegen den persischen Schah in eine theokratische Herrschaft bewirkten. Und allen islamisch-fundamentalistischen, religiös- fanatischen Organisationen ist der Haß auf die moderne Gesellschaft, auf Bildung, auf Verbindungen, auf moderne Kommunikationsmittel und Informationen gemein. Die massenschlächterischen Handlungen haben schon längst ihre Vorläufer gefunden in Überfällen auf Busse, bei denen mit Maschinenpistolen auf Touristen geschossen wird, wie auch überhaupt in der Methode der Geiselnahme von Passagieren von Zivilflugzeugen eine entsprechende Verachtung herauskommt.
Die USA, die sich als aufgeklärt und modern geben, haben also über lange Dauer hin ihr Bündnis mit islamisch- fundamentalistischen Kräften. Noch viel krasser aber ist es, daß sie auch mit den extremsten Vertretern dieses menschenfeindlichen religiösen Fanatismus enge Verbindungen haben und noch bis vor kurzem mit jener Organisation des Osama bin Laden im Kosovo und im albanischen Gebiet wie auch in Bosnien zusammenarbeiteten. Die gegenwärtige Haltung der deutschen Regierung und ihre Unterwürfigkeit gegenüber den USA wie auch die Anpassung der Medien und die durchgehende Dauerpropaganda in puncto Kriegshandlungen werden angesichts dieser Verbindungen lächerlich. Bei der NATO-Intervention in Jugoslawien waren diese Kräfte direkte Bündnispartner der UCK, die mit USA-Fahnen durch die Lande zog. Das ist, wie gesagt, keine überraschende Reaktion, denn Osama bin Laden ist ja auch früher auch als engster Partner der USA, als Kämpfer gegen die Sowjetunion, gegen die sowjetische Herrschaft in Afghanistan hervorgetreten. Eine Scheu, solch eine Politik zu betreiben, haben diese Leute gar nicht.

Es sind nicht nur die USA, die diese Kräfte unterstützen. Die Bundesrepublik hat im Inneren ein langes Bündnis mit islamisch fundamentalistischen Kräften, die hier eine große Freiheit genossen und auf die türkischen Mitbürger sogar einen relativ viel größeren Einfluß ausüben als in der Türkei selbst. Und die Sowjetunion und verschiedene Nachfolgestaaten der Sowjetunion, sie begrüßten seinerzeit den Umsturz im Iran zur Theokratie hin ebenfalls als einen Befreiungsschlag und als eine angebliche nationale Revolution, und einige ihrer Vertreter waren nicht selten mit der Behauptung bei der Hand, diese Völker müßten quasi notwendigerweise durch eine Phase dieser Reaktion gehen. Und im mittelasiatischen Bereich, in dem es viele kleine Staaten gibt, die einen Gürtel zwischen Rußland, Kasachstan, China und Iran bilden, hat das heutige China keine Hemmungen, mit dem iranischen Mullahregime zusammen zu arbeiten, obwohl islamische Fundamentalisten auch innerhalb Chinas versuchen, ihre reaktionäre Unruhe zu stiften.

Es gibt sehr viele Beiträge, wie die von dem kanadischen Professor Chossudovsky, und von vielen Organisationen, die auf die Zusammenarbeit der CIA mit den Taliban und deren Vorläufern in Afghanistan hinweisen, auf das Rauschgiftregime, das in engster Verbindung mit den USA stand, auf das pakistanische islamistische Regime, von dem aus diese ultrareaktionäre Welle nach Afghanistan auch gefördert worden ist, und zwar auch mit Hilfe der USA. Auch in Pakistan wütet ein Fundamentalismus, der von den USA gedeckt worden ist. Die Verbindungen der USA zu den Fundamentalisten in Kosovo und Bosnien sind ebenfalls ein Thema, das schon hundertfältig beleuchtet worden ist. (Anm.1)
Zahlreiche Kommentatoren heben hervor, daß die CIA mit den Fundamentalisten in Afghanistan eng zusammengearbeitet, ja sie mit kreiert hat, um die Sowjetunion aus Afghanistan herauszuschlagen, nachdem sich diese bei ihrer Intervention gründlich verkalkuliert hatte. Im Kosovo arbeiten die USA ebenso gerne mit diesen Terroristen zusammen, um den muslimischen Einfluß auszuweiten. Noch nach den Anschlägen auf die ostafrikanischen Botschaften, denen Hunderte von Menschen zum Opfer fielen, blieb diese Zusammenarbeit mit den Islamisten bestehen.

Aber das ist nicht alles, es gibt sogar einen noch wichtigeren Aspekt. Als die USA mit dem Fundamentalismus zusammenarbeiteten, da arbeiteten sie auch gegen das afghanische Volk selbst. Sie nutzten die Religion und die Abgeschiedenheit, um dem Volk von Afghanistan jede moderne Entwicklung zu vermauern und es zur Unterordnung unter die Milizen, das Militärwesen und eine Rauschgiftökonomie zu verdammen, denn Afghanistan wurde in dieser Phase endgültig zu einem der größten Rauschgiftproduzenten der Welt.
Heute sind die Taliban, diese schon ans Absurde grenzenden Islamisten, mit den Fundamentalisten des Iran tief verfeindet. Die Taliban konnten an der Zersetzung der Ökonomie, die schon in den ganzen 80er Jahren eingesetzt hatte, an dem Aufbau einer Rauschgiftkultur anknüpfen und ihr für moderne Zeiten unglaubliches Regime der Entrechtung der Bevölkerung und insbesondere der Frauen errichten. Ohne die Unterstützung der USA sind sie gar nicht denkbar. Die Opposition in Afghanistan hat absolut recht, wenn sie von den Taliban als einem von außen aufgezwungenen Regime spricht. Ihr Regime, das keine höher entwickelte Ökonomie zu bieten hat, könnte im Iran, in dem es immerhin eine moderne Industrie gibt, keinen Bestand haben. Die schiitischen Mullahs müssen sich wenigstens den Anschein der Anpassung an die Moderne geben. Aber sie wurden genauso von den USA am Anfang lanciert. Eine Monarchie, die des Schah, wurde Ende 1978/Anfang 79 durch eine Theokratie ersetzt. Der Schah, jahrzehntelang ein Gefolgsmann der USA und Großbritanniens, nahm sich in den siebziger Jahren heraus, einige Forderungen gegenüber diesen zu stellen, und zumindest in einigen Punkten Selbständigkeit zu demonstrieren. Dabei wurde er bis Mitte der siebziger Jahre auch von dem revolutionären China ermuntert. 1975 schlossen der Irak und der Iran ein Abkommen über den Schatt-el-Arab (Mündung des Euphrat), ein lebenswichtiges Abkommen, das beide Seiten gegenüber den USA, aber auch der Sowjetunion stärkte. Aber das aristokratische und absolutistische Regime des Schah hatte selbst seine unerbittlichen Widersprüche gegenüber der Moderne, die Landwirtschaft lag in einer ausweglos erscheinenden Krise. Die Medien in seinem Land standen unter Kontrolle der USA, zahlreiche Intellektuelle haßten sein Regime wegen der Unterdrückung, achteten aber nicht darauf, daß die USA und die europäischen Länder, in denen viele von ihnen studierten, noch andere Eisen im Feuer hatten, und unter anderem sich auch mit den Islamisten arrangieren konnten.

Von Mitte 1978 an begann im Iran eine Kampagne für den Neoislam und gegen den Schah, die im Februar 1979 zum Erfolg führte, ohne daß es überhaupt einen nennenswerten Widerstand der angeblichen kommunistischen Parteien und der Intelligenz gab.

Heute gibt sich der Islamismus im Iran im Vergleich zu den Taliban als aufgeklärter und "solider" Geschäftspartner westlicher Banken und Firmen. Aber in Wirklichkeit bedeutet seine Unterdrückung auch die Steinigung der Frauen im Inneren und die Unterdrückung jeden selbständigen Denkens, die Entrechtung der gesamten arbeitenden Bevölkerung. Den Völkern des Iran und Afghanistans sind beide durch den Islam ungeheure Leiden zugefügt worden, und beide Regime wären nicht ohne die Aktivitäten der USA und deren enger Verbündeter an die Macht gekommen und an der Macht geblieben. Ähnliches gilt auch für Pakistan. Und der Islamismus, der sich gern als gottesfürchtig und streng gibt, ist absolut nicht gefeit gegen Korruption und Verbrechen, das haben diese Nationen längst erfahren. Die jetzigen Kriegsdrohungen der USA sind auch in der Hinsicht auf die inneren Verhältnisse dieser Staaten komplett schädlich, weil sie die Islamisten erneut an die Front bringen, und ihrer Demagogie als Verteidiger der Unabhängigkeit Auftrieb gegeben wird.
Afghanistan hat also erst den Bürgerkrieg bekommen, unter aktiver Mithilfe der USA und der damaligen Sowjetunion, dann das Regime der Rauschgiftkönige und schließlich das der Taliban, und soll jetzt auch noch Opfer für die Taliban sein, für die Folgen der Politik, die sich die USA selbst zuzuschreiben haben, denn wer solche Regime an die Macht bringt, ist auch verantwortlich für die Taten , die daraus resultieren.

Es wird öfters die Frage gestellt. Gibt es einen Krieg der Kulturen?
Ja, den gibt es tatsächlich, und zwar in der Hinsicht, daß der Islam von der modernen Gesellschaft bedroht ist. Die moderne Kommunikation, Schulwissen, Wissenschaften sind der Tod des Islam wie überhaupt jeder größeren Religion. Die Verbreitung der Entwicklungstheorie über die menschliche Entwicklung kann nicht auf die Dauer mit einem sog. Wort Gottes koexistieren, das angeblich in bestimmten Büchern geschrieben ist. Die Kommunikation durchbricht die Schranken dieser Religionen, geht in die Dörfer hinein und zerstört damit ihre Basis. Insofern ist es keineswegs überraschend, daß die islamischen fanatischen Kräfte einerseits die moderne Technik nutzen und versuchen, sich selbst da hineinzusetzen, und auf der anderen Seit ihre eigene Bevölkerung in der brutalsten Mittelalterlichkeit zurückhalten. Sie führen einen Krieg gegen die Kultur, weil diese moderne Entwicklung, sprich die moderne Kultur in diesen Ländern sie zerstört. Und wenn hier Stimmen laut werden, der Islam sei nicht so wie die Terroristen, so darf man zwar nicht den Islam nicht mit den islamischen faschistischen Kräften gleichsetzen, aber von der Tendenz bringt er auf Grund dieser Bedrohung seiner Überlebtheit diesen Fanatismus hervor. Der Sache der Unabhängigkeit der Nationen ist er abträglich, und nun soll er von den USA zur Erreichung fundamentaler hegemonistischer Vorteile genutzt werden, wenn sie sich mit seinem Vorwand in Zentralasien festsetzen.


II. Die terroristische Basis kann sich nicht nur außerhalb der USA befinden

Die Widersprüche bei den behaupteten terroristischen Urhebern liegen auf der Hand, viele Menschen in den USA selbst sehen sie. Daß ausgerechnet aus dem vom CIA selbst gedüngten Boden des Islamismus dieser Terrorismus kommt, ist schon für sich schon ein Punkt, den niemand außer Acht lassen darf. Aber genügt dies bei der Untersuchung? Kann man sich vorstellen, daß es ein internationales Netzwerk gibt, das ausgehend von den islamischen Ländern so weit in die Strukturen der USA eingreift, daß Anschläge von diesem Ausmaß möglich sind? Wir meinen, daß eine solche Analyse unvollständig ist.

Wenn wir den Kernpunkt der Betrachtungen zusammenfassen, stoßen wir immer wieder auf eine Notwendigkeit: es muß in den USA selbst eine Entsprechung dieser Umtriebe geben, die diese ganze politische Richtung der Verschärfung in einem ganz bestimmten Sinne mitträgt, es muß eine Gruppierung im Kapital geben, die diese Sache mitträgt. Dabei ist es nicht notwendig, daß diese Hinterleute und die unmittelbar terroristisch Agierenden und Ausführenden identisch sind. Diese Gruppierung, egal ob sie nun mit Bush zusammenhängt oder nicht, kann darauf kalkulieren, daß durch die Reaktion der USA eine entsprechende imperialistische Politik eingeleitet wird, die sie auch mit beabsichtigen. Ohne eine solche Gruppierung ist es nicht vorstellbar, daß das ganze konspirative Netz in den USA trägt, sich gegen den riesigen amerikanischen Geheimdienst behauptet. Für diese Kräfte sind diese Anschläge, so schlimm sie immer einzelne Städte oder Regionen treffen mögen, Teil ihres politischen Kalküls.

Alle Erfahrungen mit dieser Sorte von Terrorismus insbesondere in Deutschland und Italien zeigen, daß dieser Terrorismus sowohl in dem Land selbst, in den staatlichen Strukturen wie im Falle der der Bundesrepublik Deutschland in den kulturellen Institutionen wie den Medien aber auch den Kirchen seine Mitverankerung hatte, oder aber wie im Falle von Italien völlig einwandfrei bewiesen, auch direkt von ausländischen Kräften gesponsort wurde. Bei der deutschen sog. "RAF" war ja auch eine Verbindung zum sowjetischen Revisionismus, und später zum DDR-Geheimdienst offenkundig, wie die organisierte, dauerhafte Unterbringung dieser Leute in der früheren DDR beweist, die zumindest von den westdeutschen Geheimdiensten abgesegnet wenn nicht organisiert worden ist. D.h., es sind sowohl inländische wie ausländische Kräfte, die einen solchen Terrorismus mittragen, und es gibt keinen Grund zur Annahme, daß diese Strukturen bei diesem neuen großangelegten Terrorismus anders aussehen. Es macht keinen Sinn, daß diese terroristischen Strukturen nur in anderen Ländern ihre Verankerung haben sollen, sondern sie werden sie auch in den USA selbst haben.

Der Journalist Jürgen Elsässer, der der "konkret", der DKP usw. nahesteht, behauptet, daß bin-Laden-Leute zusammen mit gewissen albanischen Leuten speziell auch mit dem deutschen Imperialismus im Kosovo paktiert hätten. Das ist durchaus möglich. In Deutschland gibt es die Verbindung mit dem islamischen Fundamentalismus und seiner Reaktion ja in frappierender Weise, sie geht so weit, daß die islamischen Fundamentalisten in den Moscheen seit Jahrzehnten schmutzigste Haßtiraden gegen die Mehrheitsbevölkerung in deren eigenem Lande singen können und dabei die faktischen Deckung des bundesdeutschen Staates haben. Dieser Fakt, wohlbekannt in der Bundesrepublik Deutschland und immer weggeschoben, auch u.a. mit der sog. Kampagne gegen Fremdenfeindlichkeit, zeigt auf, wie sehr dieses ganze Treiben gedeckt wird, und erst jetzt, wo die Dinge vorgefallen sind, fällt den bundesdeutschen Behörden ein, das sog. Religionsprivileg wegzunehmen und erstmalig größere Maßnahmen gegen die islamischen Fundamentalisten einzuleiten, nachdem sie dreißig Jahre mit ihnen zusammengearbeitet haben.

Im übrigen hat sich die deutsche Bevölkerung zurecht gegenüber diesen Faschisten und ihrem arroganten Gehabe im Lande aufgeregt, diese Leute machen einen beträchtlichen Teil der moslemischen Bevölkerung in Deutschland aus. Sie tyrannisieren auch die moslemische Bevölkerung, insbesondere die Jugend, um sie in ihrem reaktionären Griff zu behalten.
Auch an den inneren deutschen Strukturen wird deutlich, wie eng die Verzahnung zwischen islamischer verbrecherischer faschistischer Reaktion und westlichen staatlichen Behörden ist.

Auch auf dem Gebiet der sog. Linken gibt es solche Verbindungen. Z.B. ist bekannt, daß die islamischen fundamentalistischen Führer diejenigen Türken, die Wahlrecht in Deutschland haben, aufrufen, die "Grünen" zu wählen. Es sind Kräfte, die sogar offen sagen, daß sie dieses Land verstärkt über die Vermehrung ihres Bevölkerungsanteils in den Griff nehmen wollen. Diese Gruppierungen mit ihrem erzrechten und autoritären Strukturen standen in der Politik innerhalb der Parteienlandschaft hinter den Grünen, die die Bevölkerungsreduzierung und ähnliches fast schon zum Programm erhoben haben. Leute, die selber die strengsten religiös-moralischen Maßstäbe bei ihrer eigenen Bevölkerung an den Tagen legen, fördern innerhalb der deutschen Bevölkerung solche, die den Bevölkerungsrückgang auf die Fahnen schrieben. Und die Sache steigert sich noch mehr: die deutschen Rechten, NPD und Konsorten unterhalten zu einem nicht unerheblichen Teil gute Beziehungen zu eben diesen islamischen Fundamentalisten.
Man kann also sehen, daß faktisch jede Art von Reaktion, von sog. Linken bis hin zu Rechten, selbstverständlich auch die sog. Mittelparteien, mit diesem reaktionären ultrarechten Schmutz paktiert hat.

So richtig es ist, auf die Verbindung der deutschen Strategie mit den islamischen Fundamentalisten im Kosovo oder im Iran hinzuweisen, so ist es allerdings auch notwendig, auf die jahrelangen Verbindungen dieser innerhalb unseres Landes hinzuweisen, wie auch auf das Schweigen der überwiegenden Mehrheit von angeblichen Sozialisten zu diesem Punkt.


Dies alles kann aber zugleich nicht die Dominanz der USA auch in diesem Punkte in Frage stellen. Denn in der ganzen internationalen Strategie, in puncto Zentralasien, Afghanistan, Saudi-Arabien, Indonesien, überall nimmt der USA-Imperialismus eine zentrale Kettengliedstellung ein. Wenn man unterstellt, daß die Deutschen die Urheber der ganzen Bin-Laden-Geschichte sind, dann lenkt man gefährlich von dem Kriegsstreben der USA ab, die sich dieser Sache bedienen. Das strategische Interesse richtet sich in diesem Fall auf China, Indien und Rußland.

Wir müssen also davon ausgehen, daß es solche staatlichen Verbindungen gibt, und es ist undenkbar, daß das System so ist, daß überall solche Verbindungen existieren, in den USA aber nicht. Im Gegenteil, dieses System, das diesen Terrorismus begünstigt, nämlich die Verknüpfung mit Staatsapparaten, muß auch seine Entsprechung in den USA haben.
Um einen Vergleich aus der Astronomie heranzuziehen: Wenn man Planeten feststellen kann, die im Kreise um einen Fixstern fliegen, wenn man ein planetarisches System hat, das eindeutig beweist, daß irgendwo ein Gravitationszentrum existieren muß, das alles zusammenhält, dann existiert ein solches, auch wenn man es noch nicht sehen kann.

Ziehen wir also noch einmal zusammen:

Was diese ganze Propaganda gern unterstellen möchte, ist Folgendes:
Die Welt ist nicht mehr von den Widersprüchen bestimmt, die Unlösbarkeit der kapitalistischen Konflikte, die sich gerade in den letzten Wochen und Monaten wieder abgezeichnet haben, verschwindet im Nichts. Der Zusammenbruch der Versprechungen, die mit dem "Turbokapitalismus" verbunden waren, findet keine Beachtung mehr. Es sind nicht mehr die sachlichen Aufgaben, vor denen die Gesellschaft steht, die Lösung der Widersprüche, sondern es ist ein ominöses Netzwerk, ein "allmächtiger Feind", mit dem sich jetzt alle, nämlich von der Spitze der USA, den Finanzkapitalisten bis hin zu den ärmsten Leuten der Dritten Welt gemeinsam beschäftigen müssen. Die ganze Menschheit also nicht mehr in der Auseinandersetzung um ihre Widersprüche, sondern nur noch gegen einen ominösen Netzwerkfeind. Man braucht das eigentlich nur so auf den Begriff zu bringen, dann weiß man schon, was wirklich vorgeht, und kann erahnen, woher dieses Phänomen des alles gefährdenden Terrorismus kommt.

21.September 2001

Redaktion Neue Einheit
-ks

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Anm.1: Wir möchten hierzu eine Reihe von Schriften empfehlen, die man unter anderem auf unserer Homepage findet, oder über die man sich mit weiteren verbinden kann.

 

(korrigierte Fassung  30.09.01)