Internet Statement 2001/41


Ein  historischer  Einschnitt,  ja - hin  zu willkürlichem  Kriegsterror  und  innerer Unterdrückung!

Zu dem Bereitstellungsbeschluß der Bundesregierung

Der Beschluß der Bundesregierung, für den Krieg in Afghanistan und demnächst auch in anderen, noch nicht genau benannten Ländern 3900 Soldaten verschiedener Waffengattungen bereitzustellen, wird allgemein und auch von ihr selbst zurecht als „historischer Einschnitt" bezeichnet. Und was ist konkret das Neue, das durch diesen Beschluß entstanden ist?

Dieses Land befindet sich damit heute selbst als aktive Partei in einem Krieg, der alle Kennzeichen wild gewordener reaktionärer imperialistischer Globalstrategie trägt und der, wenn darüber auch nur zum Teil in den Massenmedien aufgeklärt würde, nur von einer ganz geringen Minderheit der Bevölkerung noch unterstützt würde.

Bei der Entstehung und Ausrufung dieses Krieges hatte die deutsche Bevölkerung nicht die geringste Chance auf Mitentscheidung. Die Schröder-Fischer Regierung hat, wie die gesamte NATO, von vornherein mit Zustimmung auf die unerhört anmaßende Bekanntgabe der USA reagiert, daß alle Staaten, die sie nicht nach ihrem Maßstab aktiv unterstützen, als Freund und Förderer des sog. internationalen Terrorismus betrachtet werden - und damit sogar selbst den Krieg erklärt bekommen können. Die Strategie, ein dubioses angebliches internationales Terrornetzwerk, das in Wirklichkeit von vornherein nach CIA roch, für die Anschläge des 11. September verantwortlich zu machen und zu dessen angeblicher Bekämpfung zunächst Afghanistan, aber bald auch andere Länder anzugreifen, wurde von den USA diktiert. Und obwohl die deutsche Regierung weder die Verwicklungen des Afghanistankrieges selbst noch die möglichen Ausweitungen des Krieges und die Auswirkungen auf das eigenen Land auch nur absehen kann, von Mitentscheidung gar nicht zu reden, drängelt sie in auffälliger Weise darauf, daß deutsches Militär in die Kriegshandlungen eingebunden werden soll, und daß im eigenen Lande die entsprechenden Beschlüsse zustande kommen. Auf der anderen Seite versucht Schröder die Bestürzung über den Bereitstellungsbeschluß zu dämpfen mit der Behauptung, daß eine Bereitstellung ja noch keine Entsendung sei, und daß die deutsche Regierung, man höre, die „souveräne Entscheidung" in jeder einzelnen weiteren Phase sich vorbehalte.

Es ist auch ein zutiefst ungerechter, mit eine Welle faschistoider neuer innerer Gesetze in den kriegführenden Ländern selbst von vornherein unweigerlich verbundener, und ein letztlich aussichtsloser Krieg. Wer ist es also, der ihn trotzdem fordert, und welche Interessen stehen dahinter?

Die Interventionskriegsstrategie der NATO wurde bereits im Krieg gegen Jugoslawien 1999 praktiziert und von der deutschen Regierung im folgenden Jahr zur eigenen militärpolitischen Leitlinie erhoben. Sie wurde mit der ausdrücklichen Begründung verfochten, es gehe um die wirtschaftliche Stellung Deutschlands wie auch der westlichen reichen Staaten insgesamt in der Welt. Diese müsse gesichert werden, indem z.B. Gefährdungen der internationalen Ströme von Rohstoffen, und von Waren überhaupt, mit militärischen Interventionen abgewehrt würden. Bei diesen Begründung wurde allerdings der wesentliche Punkt vergessen, daß diese heutige Weltwirtschaftsordnung eine der extremen Ungleichheit, Ungerechtigkeit und der Ausbeutung bis zum Ruin ist. In ihr lebt eine kleine Zahl privilegierter Länder auf Kosten der Mehrzahl der Länder und der großen Mehrzahl der Weltbevölkerung, die aus ihrer großen und teilweise absoluten Armut sich nicht herausarbeiten können, weil diese Ordnung es verhindert. Ein großer Teil der Weltproduktion, gerade an Rohstoffen und Konsumgütern, wird heute für Länder wie die USA und Deutschland usf. unter solchen extremen sozialen Bedingungen hergestellt.
Die Interventionskriegsstrategie zielt auf die militärische Verteidigung genau dieser ungerechten Verhältnisse, nicht etwa irgendwelcher Wirtschaftsverbindungen als solcher (die dies wohl auch kaum nötig hätten). Sie besagt in ihrer Konsequenz: wenn Deutschland sich nicht in der kriminellen Weise, wie wir das jetzt sehen, der einzigen Macht, die militärisch wirklich zu Interventionen großen Stils fähig ist, den USA, zu- und unterordnet, unterminiert es diese Elemente seiner eigenen Gesellschaftsordnung. Es ist das Interesse an der Aufrechterhaltung dieser Art von Reichtum und Privilegien in dieser Gesellschaft und im Westen überhaupt, das diese Politik motiviert und auch in einer ganzen Reihe weiterer Länder zum Tragen kommt.

Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 und die deutsche Beteiligung daran wurden bereits von uns und auch von anderen als das Vorspiel, als Generalprobe gesehen für viel größere militärische Vorstöße der USA und des NATO-Bündnisses vor allem in asiatische Zielgebiete, genau das, was jetzt bereits, vielleicht rascher als erwartet, eingetreten ist.
Diese Politik führt in eine gefährliche und letztlich ausweglose Situation, wie heute zunehmend deutlich wird. Deutschland nimmt an einem verbrecherischen Krieg gegen Afghanistan und das afghanische Volk - und erklärtermaßen wahrscheinlich bald gegen weitere Völker - teil, der seine internationale Stellung bei der Mehrheit der Weltbevölkerung weiter in entscheidendem Maße diskreditieren wird. Es könnte auch durchaus im weiteren Verlauf Gegenschlägen ausgesetzt werden und wird dann kein politisches Recht und keine politische Sympathie auf der Welt in diesem Fall für sich mobilisieren können.

Die Politik der deutschen Regierung und auch der CDU/CSU- und FDP-Opposition, die alles dieses heute uneingeschränkt fördert und sogar anstachelt, die die übelsten neuen Geheimdienstgesetze gegen das eigene Volk ausdrücklich beklatscht, kann man nur als grundsätzlich gegen die Interessen der großen Mehrheit dieses Landes gerichtet beschreiben. Der Gegensatz zwischen dem Wirtschaftssystem, das hier gestützt auf die internationale Ausbeutung besteht, zwischen den davon abhängigen privilegierten Schichten und den parlamentarischen Parteien als ihren Vertretungen auf der einen Seite, und den Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung und des Landes überhaupt spitzt sich zu.


Die absurde Selbstrechtfertigung der deutschen Regierung

Im folgenden eine paar Punkte zur Verdeutlichung, in welchem Maße die Bundesregierung zu Absurditäten greifen muß, wenn sie die Rechtfertigung des Bereitstellungsbeschlusses vor der Bevölkerung versucht.
Diese Propaganda ist dermaßen abseits der Realität, daß unweigerlich Zweifel an der Fähigkeit dieser Regierung aufkommen müssen, selbst von ihren eigenen Interessen aus die Lage einigermaßen zu analysieren und handlungsfähig zu bleiben.

In dem Bereitstellungsbeschluß der Bundesregierung v. 7. 11. 01 heißt es beispielhaft zu seiner Rechtfertigung:

„Deutschland beteiligt sich an einer Koalition aus zahlreichen Staaten der Welt, die dem Aufruf des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gefolgt sind. Zur Bekämpfung des Terrorismus müssen die Staaten dieser Koalition in einem langfristigen, strategischen Ansatz mit politischen Instrumenten die Bereitschaft beseitigen, das unheilvolle Wirken solcher Terrorgruppierungen zu unterstützen. Die Grundlagen für die Vorbereitung und Durchführung von terroristischen
Handlungen im wirtschaftlichen Bereich, auf den Finanzmärkten, beim internationalen Verkehr und bei illegalem Handel mit Waffen, Drogen und auch mit Menschen, müssen entzogen werden. Der Einsatz militärischer Mittel ist unverzichtbar, um die terroristische Bedrohung zu bekämpfen und eine Wiederholung von Angriffen wie am 11. September 2001 nach Möglichkeit auszuschließen."

1.
Wie heißt es?

„Der Einsatz militärischer Mittel ist unverzichtbar, um die terroristische Bedrohung zu bekämpfen und eine Wiederholung von Angriffen wie am 11. September 2001 nach Möglichkeit auszuschließen." - ???

Seit fünf Wochen ist die Welt Zeuge dieses Einsatzes militärischer Mittel. Sie ist Zeuge, wie mit diesen die afghanische Bevölkerung terrorisiert wird, wie mit der Zerstörung der letzten primitiven Versorgungsmöglichkeiten Millionen von Menschen, Frauen und Kinder dem Hunger- und Kältetod entgegengetrieben werden. Sie ist Zeuge, wie die USA und ihre Verbündeten offensichtlich dazu ansetzen, die letzte Widerstandskraft dieses Volkes zu zerreiben, um endlich sich selbst in Afghanistan militärisch festsetzen zu können und von da aus andere Staaten wie China, Indien und Rußland bedrohen zu können. Ob dabei Osama bin Laden und seine Leute getroffen werden oder nicht, ist angesichts der Offenbarung der wirklichen Ziele dieses Krieges, des verbrecherischen Charakters dieser Ziele und daher auch seiner Methoden überhaupt nicht wichtig.
Dieser Krieg wird den fundamentalistischen Terrorismus nicht schwächen, eher stärken. Weitere Anschläge werden damit sogar wahrscheinlicher. Man kann nicht einmal ausschließen, daß sie in der US-Strategie als nützliche Elemente betrachtet werden, um die Kriegshysterie aufrechtzuerhalten, um die verstärkte Unterdrückung in den USA und die Erpressung aller Völker fortzusetzen, und auch um störrisch werdende Verbündete zu bedrohen.
Wir verlangen die Aufdeckung der wirklichen Motive, warum diese Regierung trotz des verbrecherischen Charakters und des Widerspruchs zwischen den angeblichen und den tatsächlichen Zielen dieses Krieges die Beteiligung betreibt.

Die Bundesregierung und alle Parteien, die dies unterstützen, machen sich mitschuldig an monströsen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, denen gegenüber selbst die Anschläge von New York klein zu werden beginnen.
Die Bundesregierung macht sich vor dem eigenen Volk schuldig, ihre Soldaten zum Sterben für verbrecherische Ziele zu entsenden.
Deutsche Truppen gehören weder nach Afghanistan noch in den Irak noch nach Afrika. Eine derartige Politik zieht das Desaster auf dieses Land. Die Erbärmlichkeit der völligen Unterordnung unter die strategischen Interessen der USA wird sich rächen. Schwache Hilfs-Staaten, die nicht einmal dann „Nein" sagen können, wenn ihnen selbst die Schlinge um den Hals gelegt wird, sind die ersten, die abgestraft werden, wenn der Oberherr Mißerfolge hat; aber auch, wenn er Erfolge hat.

2.
Wie heißt es außerdem?

„Die Grundlagen für die Vorbereitung und Durchführung von terroristischen Handlungen im wirtschaftlichen Bereich, auf den Finanzmärkten, beim internationalen Verkehr und bei illegalem Handel mit Waffen, Drogen und auch mit Menschen, müssen entzogen werden."

Auch das ist eine Verlautbarung der Bundesregierung, die einer Selbstanklage gleichkommt.

Daß ein enormer Teil der internationalen Finanzströme aus dem Drogen-, Menschen- und Waffenhandel herrührt, geht nicht auf einen Terrorismus eines Osama bin Laden oder anderer zurück. Vielmehr sind diese gigantischen Gelder Resultat der monströsen Entwicklung dieser Verbrechen im heutigen internationalen kapitalistischen System unter Führung der USA und der westlichen Staaten, dessen wahrer räuberischer und menschenvernichtender Charakter immer deutlicher zu Tage tritt.. Sie sind immer mehr zu einem festen Bestandteil des internationalen Kapitalismus geworden.

Und dieser Grundlage will nun die Bundesregierung zu Leibe rücken?
Nichts als Heuchelei! Ist die Bundesrepublik doch Bestandteil dieses Systems, profitieren doch der Staat selbst und hiesige Banken und Konzerne nicht unwesentlich von der internationalen Ausbeutung und den kriminellen weltweiten Machenschaften.
Hat nicht der Frauen- und Kinderhandel aus Osteuropa, Asien usw. zwecks deren Versklavung zur Prostitution hierzulande in den letzten Jahren massiv zugenommen? Was wird dagegen unternommen? Nichts! Im Gegenteil, die Prostitution wurde gerade eben legalisiert, den Zuhältern und Menschenhändlern ihr kriminelles Handwerk damit noch erleichtert! Werden hierzulande nicht auch die Drogen immer mehr legalisiert? Wuchert nicht auch die Korruption ungebremst weiter (s. Berliner Bankgesellschaft)? Um nur einige Beispiele zu nennen.

Statt aber all diese Erscheinungen des Systems zu bekämpfen, wie sie ja selbst vorgibt tun zu wollen, flüchtet sich die rot-grüne Regierung mit freundlicher Unterstützung der Opposition nun in militärische Abenteuer. Statt die Kriminellen, Korrupten und Parasiten an der Gesellschaft zu verfolgen und unschädlich zu machen, die allerdings in der Tat gerade auch in den eigenen Reihen zu suchen sind, werden kurzerhand alle Bürger zu potentiellen Kriminellen abgestempelt! Das sog. Anti-Terror-Paket des Innenministers Schily richtet sich weder gegen die Kriminellen noch gegen die Terroristen, es richtet sich gegen das eigene Volk. Es soll auf Schritt und Tritt überwacht werden! Nicht in den Kriminellen sieht dieser Staat den Feind. Nein, die Bevölkerung scheint der Hauptfeind Nr.1 dieses Staates zu sein.

3.
Und schließlich: ausgerechnet diese Regierung will "die Bereitschaft beseitigen, das unheilvolle Wirken solcher Terrorgruppierungen zu unterstützen"?

Dann müßte sie zuallererst ihre eigene Bereitschaft beseitigen, dem islamistischen Fundamentalismus mitsamt seinen terroristischen und kriminellen Verästelungen in Deutschland den idealen Boden für den Aufbau seiner Organisationen zu bieten, für den Schutz vor der Strafverfolgung aus betroffenen Staaten wie der Türkei und Ägypten, und für seine internationalen terroristischen Kontakte. Sie müßte mit ihrer bald dreißigjährigen schmutzigen Vergangenheit in dieser Hinsicht abrechnen. Die Ausweisung sämtlicher islamisch-fundamentalistisch Aktiven aus Deutschland wäre hierbei ein erster notwendiger Schritt.

Zweitens müßte sie Rechenschaft von den USA fordern, der entscheidenden Stütze bei der weltweiten „Renaissance" eines fundamentalistischen Islam, und ganz speziell bei der internationalen Organisierung jener „Islamkämpfer", ursprünglich im Zusammenhang mit der US-Strategie in Afghanistan, die heute unter der Marke Osama bin Laden und anderen als die Weltbedrohung hochstilisiert werden.
Es wurde gerade durch französische Journalisten enthüllt, daß die Person Osama bin Laden noch zwei Monate vor dem September 2001 im Amerikanischen Krankenhaus in Dubai zur Behandlung geweilt und dort mit einem CIA-Agenten Kontakt hatte. Das bedeutet faktisch, daß zu einem Zeitpunkt, wo seine Leute in den USA und anderswo, nach der offiziellen Darstellung der US-Regierung, schon in der Endphase ihrer Vorbereitungen für die Anschläge des 11. Sept. gesteckt haben, wo Osama bin Laden selbst schon seit Jahren als der internationale Topterrorist und Ankündiger weiterer gravierender Anschläge auf die USA angeblich intensivst gesucht wurde, dieser Mensch sich das erlauben konnte ohne befürchten zu müssen, daß ihm etwas seitens der USA geschieht. Entweder trifft es nicht zu, daß er der Hauptverantwortliche für die Anschläge ist, oder solche Anschläge wurden vom CIA selbst in ihrer politischen Kalkulation gewünscht. In beiden Fällen entfällt jede Rechtfertigung der USA und ihrer enthirnten Hilfstruppen vom Schlage der deutschen Regierung für diesen Krieg und die übrigen Maßnahmen, wie die Verschärfung der Geheimdienstvollmachten gegen die Bevölkerung.

Es ist zu begrüßen, daß bereits größere Demonstrationen gegen den Krieg und den Beschluß der Bundesregierung stattgefunden haben, und zu hoffen, daß es noch viel mehr werden.

Nein zum Massenmord in Afghanistan!

Nein zum sogenannten „Krieg gegen den Terror" der USA!

Nein zu jeder deutschen Beteiligung daran!

Nein zum Regime Schröder/Fischer, das in der Belügung der eigenen Bevölkerung, in dem Mißbrauch der Kräfte und Ressourcen dieses Landes für imperialistische Interessen alle bisherigen Maßstäbe schlägt!

Nein zu einer „Opposition", die diese Regierung auch noch anstachelt!

Dem islamischen Fundamentalismus endlich wirklich entgegentreten!

Weg mit den neuen Polizei- und Geheimdienstvollmachten gegen den Bürger!


Es ist an der Zeit, daß man sich mit der Tiefe der gesellschaftlichen Krise auseinandersetzt, die unsere westlichen Regierungen zu einer derartig rechtsextremen und im Grund wahnwitzigen Politik treibt.

W. Grobe
12.11.2001