Internet Statement 2001-45

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Nein zu dem absoluten Schnüffelgesetz!

14.12.2001
Im Bundestag wurde im Eilverfahren ein Gesetz durchgedrückt unter Ausnutzung der Ereignisse vom 11. September und der nachfolgenden Kriegsereignisse, das für die innere Struktur der Bundesrepublik, für die gesamte Bevölkerung von größter Bedeutung ist. Unter dem Deckmantel angeblichen "Kampfes gegen Terrorismus" wurden Gesetze geschaffen, die vor allem die Bürger dieses Landes, die Arbeiter und Angestellten, die gewerkschaftlichen Organisationen, die Intellektuellen, aber auch die Unternehmen betreffen. Dieses Schilysche Gesetz stellt eine Ungeheuerlichkeit dar, ist Ausdruck, wie sich die machthabenden Monopolgruppen und Inhaber bürokratischer Macht die unglaublichsten Rechte gegenüber dem Bürger anmaßen. Dieses Gesetz wurde Freitag, den 14.12. beschlossen, und es bestand von Anfang an kein Zweifel, daß es kurzerhand durchgesetzt wird. Die Auseinandersetzung darum aber ist noch lange nicht zu Ende.

Kern der gesamten Gesetzesinitiative ist, zu einer ganz neuen, höheren Stufe der polizeilichen, geheimdienstlichen Erfassung der Aktivitäten des Bürgers zu kommen. Es wird angestrebt, lückenlose Information über sein gesamtes Finanzgebaren, lückenlose Information über seine Telefongespräche und seine elektronische Kommunikation zu erhalten; es wird angestrebt, alle möglichen bisher getrennten Datensammlungen, z.B. die der Sozialbehörden und die der verschiedenen Geheimdienste, zusammenzuführen und so viel mehr an Erkenntnissen über den Einzelnen zu gewinnen. Bei diesem höheren Niveau der Bespitzelung ist damit zu rechnen, daß man damit auch zu viel mehr Möglichkeiten der Unterdrucksetzung und Erpressung gegenüber solchen Bürgern kommt, denen gegenüber der Staat das für nötig hält,
- gegen Bestrebungen Einzelner
- gegen Bestrebungen von Gruppen, Bewegungen und Parteien
- gegen politisch mißliebige Regungen überhaupt.
Dabei muß aber der Staat keineswegs immer gleich aktiv werden, er kann es sich vorbehalten, Daten zu sammeln, im Hintergrund aktiv zu sein, und wenn er es für nötig hält, zuzuschlagen.

Bundestag und Gesetzesänderungen

Es handelt sich um eine ganze Flut von Gesetzesänderungen, die auch in einer sehr bezeichnenden Form durchgezogen werden. Es wurde ein derartiger Zeitdruck aufgebaut, daß man mit Fug davon ausgehen kann, daß vielleicht 80% der Parlamentarier, die am 14.12. mit Ja gestimmt haben, nicht einmal genau wissen, was da alles drinsteht. Geschweige denn konnte die Bevölkerung das wissen, die Öffentlichkeit, die die Entwürfe in gültiger Form allenfalls wenige Tage vor der Beschlußfassung in die Hand bekam.

Die Änderungen, die von den Fraktionen der SPD und der Grünen am 11. Dezember abends zugänglich gemacht wurden, ganze zweieinhalb Tage vor der geplanten endgültigen Beschlußfassung im Bundestag, und vermutlich denjenigen Text darstellen, der jetzt beschlossen worden ist, enthalten zwar auf dem Papier ein paar Einschränkungen gegenüber den früheren Entwürfen, ändern jedoch an Geist und politischer Wirkung der Gesetze garnichts.
Es wird genau das gemacht, was als "Polizeistaats-Gesetzgebung immer offiziell abgelehnt wurde: daß die Behörden Vollmachten bekommen, die die Beschnüffelung in jeden Bereich hinein ermöglichen. Die Erfahrung aus Staaten, in denen solche Systeme existieren, besagt, daß das Parlament erst recht ein Befehlsempfänger der reaktionären Strukturen im Lande ist. Denn Behörden mit solchen Vollmachten können aufgrund ihrer Machtzentralisation alle möglichen Personen unter Druck setzen, einschließlich der Parlamentsabgeordneten. Der Druck wird auch auf Personen ausgerichtet, die bspw. auf regionaler Ebene diese Parteien mittragen, die überall zurechtgestoßen werden können, wo sie auch nur irgendwo abweichen gegenüber dem, was von oben gesagt wird. Beispiel: die Türkei.
Dieses System wird auch zu starken Rivalitäten führen. Am Hebel eines solchen Apparates zu sitzen bedeutet, eine enorme zentralisierte Macht zu übernehmen. Verschiedene Gruppierungen unter den Herrschenden werden sich also auch verstärkt diese Schaltstellen streitig machen.
Jedenfalls sind sie dabei, das Gegenteil von dem zu tun, was angeblich getan werden muß: "Deregulierung", "freie Marktwirtschaft", "mehr Freiheit für den Bürger, damit er sich entfalten kann" - so lauten die alltäglichen Phrasen. Aber es ist wohl klar, daß diese Maßnahmen genau die Bürokratisierung und Gängelung stärken werden.
Die CDU/ CSU war voll mit dabei, diese Dinge zu beschließen, obwohl sie ständig von der Freiheit für den Bürger schwätzt. Daran kann man wieder einmal sehen, daß der ganze Parteienapparat im Fall einer Zuspitzung an einem Strang zieht und etwa die bedingungslose Bündnispflicht gegenüber den USA auch mit völlig antidemokratischen Mitteln zu verteidigen bereit ist. Diese innere Gesetzgebung der Bundesrepublik ist eine Widerspiegelung der reaktionären Welle, die von den Ereignissen des 11. September ausgeht, nicht weniger als ihre neuesten militärischen Auslandseinsätze. Damit wird noch einmal der Gehalt der Anschläge von New York und des Afghanistankrieges deutlich, die offensichtlich in Szene gesetzt worden sind, um weltweit reaktionärste Brandstiftertätigkeit auszuüben.
Das bürokratische System, das hier schon existiert, wird damit auf einer höheren Stufe fortgesetzt und um seiner selbst Willen verteidigt. Wenn ein politischer oder ökonomischer Bankrott eintritt, wollen sie weiterhin ihre vergewaltigende Regierung nach innen aufrechterhalten. Es liegt in der Logik der Sache, daß immer weitere Abenteuer folgen müssen.
Schon jetzt ist es so, daß das Volk 53% des gesamten Bruttosozialprodukts in den staatlichen Steuer- und Abgabenapparat abführen muß, und dieser Staat ist nicht fähig, Schwimmbäder zu erhalten und elementare Leistungen zu garantieren, und hat obendrein noch Anleihen bei der Rentenversicherung und anderen Sozialinstitutionen genommen, wo jetzt das Geld fehlt. Er hat Schecks auf die Zukunft gezogen, indem er auf Jahrzehnte eine kinderfeindliche Politik betrieben hat, was sich in seiner ganzen Tragweite erst noch auswirken wird. Dies alles hat sich das politische System der Bundesrepublik schon herausgenommen, und jetzt will der bürokratische Apparat zur vollständigen Kontrolle übergehen, weil ihm das Ganze zu entgleiten droht.

Zu dem Vorwand, man müsse um jeden Preis den Terrorismus bekämpfen

Dieser Staat, der das alles macht, ist auch nicht fähig, terroristische reaktionäre Umtriebe von der Art der Islamisten wirksam zu unterbinden. Vielmehr hat er im Gegenteil mit solchen Kräften, die solche Taten begangen haben, gute Beziehungen unterhalten, und diese Gesetze sind nach übereinstimmender Meinung der Experten, die dazu gehört wurden, ungeeignet, den Schutz der Bürger vor dieser Art Terrorismus zu verbessern. Die Terroristen vom Schlag des Iran haben ihre wohlgefällige Unterstützung durch Organe der Bundesrepublik erhalten. Seit Jahren leben Oppositionelle aus islamisch terrorisierten Ländern in Angst, weil sie auf dem Boden der innenpolitisch hochgerüsteten Bundesrepublik befürchten müssen, dem Terror dieser Kräfte zum Opfer zu fallen. Dabei lag es nicht an den mangelnden Gesetzen, diese Kräfte zu bekämpfen, sondern an der willentlichen Komplizenschaft staatlicher Organe mit Verbrechern. Der gleiche Staat, der all dies zu verantworten hat, kommt jetzt mit noch viel schärferen Gesetzen - natürlich "zum Schutze der Bürger", in Wirklichkeit gegen die Bürger.
Es sind Gesetze zur Unterdrückung der Bevölkerung im großen Stil und nicht etwa zur Bekämpfung von Terroristen, wie von Schily vorgegeben. Gegen das Verbot einer solchen Vereinigung wie des "Kölner Kalifatsstaats" ist nichts zu sagen. Aber wesentlich ist auch hier, daß dieser sog. Kalifatsstaat mit seinem Terror vor allem gegenüber muslimischen Mitbürgern zwanzig Jahre lang als terroristische Vereinigung gegenüber der sonst in pcto. Terror hysterischen Staatsmacht hat ungehindert wirken können.

Fingerabdruck, Hologramm, Handmerkmale - Provokationen gegen die Bürger und gegen Ausländer!

Seit einigen Jahren haben wir den sog. fälschungssicheren Ausweis, und jetzt reicht das schon wieder nicht mehr, jetzt muß wieder ein neuer Ausweis her mit höherer Technik - aber in der Zeit des sog. fälschungssicheren Ausweises ist nicht bekannt geworden, daß irgendwelche Effektivität im Kampf gegen die organisierte Kriminalität erreicht wurde. Denn diese kann selbstverständlich den sog. fälschungssicheren Ausweis fälschen. In all den Jahren, in denen diese Kontrollmechanismen immer weiter ausgebaut worden sind, hat sich die organisierte Kriminalität, Rauschgiftverbreitung, Menschenhandel sowohl in ihren gesellschaftlichen Netzstrukturen als auch auf Straßen und Parks öffentlich ausgebreitet. Das ist schon Erfahrung, das ist Widerlegung genug. Und jetzt kommen Fingerabdruck, Handmerkmalerfassung und computergestütztes Gesichtshologramm gegen den Bürger hinzu. Das ist die Behandlung des Bürgers wie auch des Ausländers, des ausländischen Arbeiters, Geschäftsmanns und Studenten, als Krimineller, während die Ursachen der organisierten Kriminalität damit natürlich nicht bekämpft werden.

Solche Gruppen wie El Kaida, die mit vielen Millionen aufgebaut wurden und lange Zeit beste Beziehungen zum CIA und seinen Bundesgenossen unterhielten, werden auch in anderer Form weiterhin existieren und auf derartigen Grundlagen natürlich auch neue Fälschungsmöglichkeiten haben.

Es ist die Behandlung des Bürgers als Verbrecher, während gleichzeitig die Verbrecher hier freien Lauf haben. Dieser Staat muß eine große Angst vor der eigenen Bevölkerung haben, Angst auch vor der ökonomischen Offenbarung, die sich in den nächsten Jahren zeigen wird. Die ökonomische Selbstzerstörung, die bereits im Gange ist, wird er mit der Aufrüstung der Bürokratie nicht aufhalten, sondern nur noch beschleunigen.

Alle die üblen Sachen, die sich hier auftun, haben wie immer auch etwas Gutes. Die Erfahrung, daß sich der in der Bundesrepublik so breitgestreute Opportunismus bereit zeigt, solch eine Gesetzgebung zu akzeptieren, daß sog. demokratische Parteien Schrittmacher bei dieser Gesetzgebung sind, wird weitere Aufklärung nach sich ziehen. Die Grünen, die in typischer anarchistischer Manier "gegen jede Art von Staatskontrolle" aufgetreten sind und damit geködert haben, sind bei dieser Art von anmaßender Ausspähung der Bevölkerung voll mit dabei. Interessant ist auch, daß die sog. Menschenrechtler aus der früheren DDR in ihrer überwiegenden Mehrheit beweisen, daß sie keineswegs "gegen Diktatur" sind, wie sie vorgegeben haben, sondern allenfalls gegen eine bestimmte Diktatur waren und vor allem etwas gegen Revolution haben, und heute voll dabei sind, diese Form von Diktatur und Schnüffelstaat zu begünstigen, von der selbst die Stasi nur träumen konnte.
Der monströse Anschlag von New York und der nachfolgende "Krieg gegen Terrorismus" wirken wie eine neue große Reichstags-Brandstiftung. Unser System nimmt dieses neue Stichwort auf und erfüllt sich "im Schweinsgalopp" alles das, was früher völlig unmöglich war!

Das Schnüffelgesetz muß vollkommen weg, einschließlich der früheren Schnüffelgesetze wie erweiterter Lauschangriff usw. Was den Kampf gegen Organisierte Kriminalität und Terror angeht, so müssen sie an der Wurzel bekämpft werden, und das heißt ganz besonders, daß ihre verdeckte Unterstützung aus Behörden heraus und ihre dortige aktive Duldung bekämpft werden müssen. Bei klaren sozialen Kriterien und unter Anwendung ganz normaler bürgerlicher Gesetze wird man damit fertig, auch ohne derartige bürokratische Anmaßung, wie hier jetzt beschlossen.
Sie aber wollen damit gar nicht fertigwerden, sondern weiter damit herumspielen, und sich gleichzeitig Instrumentarien schaffen, mit denen sie den allergrößten Teil der Bevölkerung unter Druck setzen können.


Geben Sie dieses Flugblatt weiter! Akzeptieren Sie diese Schnellgesetzgebung nicht, sprechen Sie mit ihren Kollegen über den vorwändigen Charakter der Gesetze! Sagen sie nicht, es hat keinen Zweck dagegen zu sein. Diese Kräfte rennen sich weiter fest. Die Losung: Weg mit den Schnüffelgesetzen und der Anmaßung des Staates! wird bleiben. Dies Gesetz muß gestrichen werden.

Redaktion Neue Einheit
2.Auflage                                                                                                       (1. Aufl. 12.12.01)

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