Internet Statement 2002-10
Der Senat will am kommenden 9. April 2002 ein Gesetz beschließen lassen, mit dem er die Garantie für sämtliche Schulden der Bankgesellschaft in den kommenden 30 Jahren übernimmt. Zusätzlich zu den Milliarden an Steuergeldern, die in dieses Unternehmen schon gepumpt wurden, würden dadurch etliche weitere Milliarden in diese Kanäle geleitet werden! Dies alles, damit dieses Unternehmen weitermachen kann, an dem sich mehrere zehntausend "Betuchte" und "Prominente" mit schwindlerischen Geschäften gesund gestoßen haben, die vor allem Steuergelder in ihre Taschen leiten sollten, und damit der ganze Umfang des Raubes am öffentlichen Vermögen nicht zutage tritt. Wie es heißt, sollen auch 200 "Banker" aus dem ganzen Bundesgebiet unter den Profiteuren dieser Machenschaften sein. Stattdessen müssen diese Schwindelgeschäfte für Null und nichtig erklärt werden und die Verantwortlichen und die Profiteure müssen zur Rechenschaft gezogen und für den Schaden haftbar gemacht werden! Anfangs versuchte man aus Senats- und Bankkreisen zu beschwichtigen, daß es sich wahrscheinlich "nur" um 3,73 Milliarden handelt, später kamen höhere Zahlen und jetzt ist die Rede von 21 Milliarden Euro innerhalb der nächsten 29 Jahre! Der "worst case" seien sogar über 35 Milliarden Euro. Auf jeden Fall, so oder so, sollen in den kommenden Haushalten jährlich mehrere hundert Millionen Euro für diese Zwecke eingeplant werden! Ursprünglich sollte das Gesetz schon vor Ostern in aller Stille durchgezogen werden, aber viele Abgeordnete bemängelten zu Recht, daß sie überhaupt nicht richtig informiert wurden. Inzwischen sollen die Abgeordneten entsprechende Unterlagen in speziellen Räumen einsehen dürfen, ohne sie nach außerhalb dieses Raumes mitnehmen oder kopieren zu dürfen. Das ist überhaupt nicht ausreichend für eine solche folgenschwere Entscheidung, deren Folge unter Umständen die Verdopplung der jetzt schon alles erdrückenden Schulden Berlins sein könnte, soweit die Folgen in den nächsten Jahren überhaupt heute schon übersehbar sind. Gleichzeitig macht das Aufsichtsamt für das Kreditwesen Druck, daß es die Bank innerhalb von Stunden auflösen müsse, wenn das Gesetz nicht zustande kommt. Braucht man das Gesetz vielleicht auch, um die eigene Verantwortung zu vertuschen? Immerhin hat auch diese Instanz erst reagiert, als der Bankrott unmittelbar bevorstand. Was die Abgeordneten bei Einsicht in die betreffenden Akten zu sehen bekamen, ließ bei manchen Entsetzen und Zweifel darüber aufkommen, ob der Bankrott überhaupt noch abzuwenden ist und ob nicht weitere Milliarden vom Senat den Bankrott nur aufschieben, damit er dann um so schlimmer hereinbricht. Bisher wußte man schon Einiges von umfangreichen betrügerischen
Geschäftspraktiken: daß mit erheblicher Überbewertung
von Immobilien, mit üblen Tricks und mit regelrechten Schneeballsystemen
bei Spekulationen mit Immobilienfonds "betuchten Anlegern" saftige
Gewinne ermöglicht und sogar für 30 Jahre, unabhängig vom
tatsächlichen Ertrag, vertraglich garantiert wurden, dazu gehören
auch enorme Steuerabschreibungen, die nur bei Anlegern mit entsprechend
hohen Einkommen greifen.. Beim berühmt-berüchtigten "Gardelegen"-Fonds
z.B., der Bankern und Prominenten angeboten wurde, war die Einlage schon
nach drei Jahren allein durch die Steuerersparnis finanziert.
Eine Gelddruckmaschine für Reiche auf Kosten des Steuerzahlers,
Schwindelgeschäfte zum Abzocken von Steuergeldern. Dazu wurden nach
Gefälligkeit und gegen Spenden Kredite an Parteifreunde vergeben,
was allein im Falle der Aubis-Gesellschaft einen Schaden von 800 Millionen
Euro verursacht hat.
und es bleibt die Frage, ob damit schon alles ans Tageslicht gekommen ist. Insgesamt ist unklar, ob dieses Bankinstitut überhaupt noch sanierbar
ist, abgesehen von der Frage, ob das angebracht ist. Die ehemalige Senatorin
Krajewski, so Insider aus der SPD, soll sich schon 1996 intern geäußert
haben, die ganze Bankenwelt der Bundesrepublik wisse, daß die Fonds
der Bankgesellschaft nur Verluste machen könnten. Da haben also dann
die vielen Banker und anderen "Insider", die angeblich so zahlreich
unter den Fondszeichnern zu finden sind, genau gewußt, daß
sie bei ihrem "prächtigen Geschäft" letztlich die
Steuerzahler berauben. Kein Wunder, daß die Machenschaften so lange
getrieben werden konnten, daß die Kontrolle so ungenügend war,
daß so lange angeblich keiner was merkte, bis der Bankrott vor der
Tür stand.
Und um solche Leute nicht in Verlegenheit kommen zu lassen, soll die sowieso schon unerträgliche Sparschraube weiter angedreht werden? Nein! Diese Leute müssen für die verursachten Schäden haftbar gemacht werden!
Der Berliner Filz ist im Fall der Landesbank Berlin, die sich passenderweise
besonders auf Immobiliengeschäfte verlegt hat, im Stil seiner gewohnten
Mentalität vorgegangen, die ihm zumindest in solchen Machenschaften
einen Spitzenplatz in der Republik sichert. Durch die Konstruktion einer
Holding als Dachgesellschaft, die sowohl öffentlich-rechtliche als
auch private Unternehmen überspannt, leitete eine Koalition von Abzockern
aus Politik und Wirtschaft sowie anderen Privilegierten Steuergelder in
großem Umfang in den unkontrollierten privatrechtlichen Bereich
und in die eigenen Taschen und wälzte auf der anderen Seite die Verluste
und Risiken auf die Steuerzahler ab. Es wurden für den betuchten
Anleger die besagten Anlageformen mit vertraglich garantierten Gewinnen
geschaffen, während für Verluste der Steuerzahler aufkommen
muß. So lange diese Führungsschicht hier am Ruder ist, kann hier keine wesentliche Besserung erwartet werden. Eine Erhöhung der Subventionen für Berlin, wie sie schon als angeblicher Ausweg genannt wurde, würde ihnen nur noch mehr in den Hals werfen, während große Teile der ansässigen Bevölkerung hier keine nennenswerte Verbesserung zu erwarten haben. Schließlich haben diese Leute doch überhaupt kein wirkliches Konzept! Mehr Subventionen sind mit Sicherheit keines. Und so lange die Deindustrialisierung kein Ende hat, ist hier sowieso keine Lösung in Sicht. Gerade auch in West-Berlin ist über Jahrzehnte ein Filz entstanden, der sich auf das Abziehen von Subventionen spezialisiert hat. West-Berlin wurde jahrzehntelang erheblich subventioniert. Weit über die Hälfte des Westberliner Haushalts bestand Jahrzehnte lang aus Subventionen. Aus politischen Gründen wurde eine Insel aufrecht erhalten und dies wirkte sich auf die Dauer negativ auf die Struktur aus. Die ehemalige große Industriestadt, die lange von einer großen Arbeiterbevölkerung geprägt war, begann schon frühzeitig ihren Charakter zu ändern, wenn auch nicht gleich so offensichtlich. Die Betriebe der vorher hier prägenden Industriezweige, z.B. der Metallindustrie, Elektroindustrie, Textilindustrie verließen mehr und mehr die Stadt, (was allerdings z.T. auch im Rahmen der allgemeinen Deindustrialisierung in West-Deutschland und der Produktionsverlagerungen gesehen werden muß). Als Ersatz dafür wurden in West-Berlin Betriebe angelockt, die vor allem gut von den hohen Subventionen profitieren konnten, z.B. Tabakwaren, Kakao, Kaffee, die nach dem Ende der hohen Subventionen auch meistens schnell wieder weg waren. Berühmt-berüchtigt sind auch die sogenannten "verlängerten Werkbänke": So gingen Betriebe oder Teile davon nach Berlin, wo sie teurer produzierten oder zusätzliche Frachtkosten in Kauf nahmen, weil dies durch die Subventionen, die sich manchmal in Höhe der Lohnkosten bewegten, bei weitem wieder übertroffen wurde. Auch solche Unternehmen gingen natürlich wieder weg, als West-Berlin seine Rolle als "Schaufenster des Westens" ausgespielt hatte und die Subventionen zusammengestrichen wurden. Der öffentliche Dienst wurde in Jahrzehnten immer weiter aufgebläht und wurde zum größten Arbeitgeber in dieser einstigen Industriestadt. In den letzten Jahren wurde die Zahl der Beschäftigten in diesem Sektor schon erheblich reduziert, aber die hochdotierte Führungsebene, wo Jahresgehälter von Hunderttausenden gezahlt werden, wurde gleichzeitig ausgebaut. Es entwickelte sich auf der Grundlage der hohen Subventionierung auch
ein besonders parasitärer Immobiliensektor, der sich darauf spezialisierte,
so zu bauen, daß die höchstmöglichen Subventionen abgeschöpft
werden konnten. Insgesamt sind wir heute bei einer hochgradig von Subventionen abhängigen Struktur angekommen, bei der nur jeder dritte Arbeitsplatz sich selbst trägt und nicht von Transferleistungen abhängig ist. (Aussage des früheren Senators Stölzl in einem Interview, gesendet in ntv am 26.3.02) Diese Verhältnisse haben ihren Anteil daran, daß Berlin in dem allgemeinen grünen antiindustriellen Trend eine Vorreiterrolle spielte, der die politische Begleitmusik zur De-industrialisierung in West-Deutschland darstellt, zur Verlagerung großer Teile der industriellen Produktion in die damals so genannten "Billiglohnländer". Was sollte man denn den industriellen Arbeitsplätzen nachweinen, wenn die "industrielle Großtechnik" doch sowieso nur "die Umwelt zerstörte". Berlin war wegen seiner Insellage auch ein geeignetes Experimentierfeld für diesen Trend. Hier, wo immer mehr von Subventionen und Transferleistungen lebten, konnten die grünen Luftschlösser von einer Gesellschaft ohne industrielle Großproduktion besonders gut blühen, denn die Verhältnisse, in denen die rauhe Wirklichkeit deutlich ans Tageslicht tritt, daß die Versorgung mit materiellen Existenzmitteln noch immer überwiegend durch harte Arbeit unter Bedingungen der Ausbeutung geschieht, daß Millionenheere von Lohnarbeitern in Fabriken und auf Feldern dafür schuften müssen, verlagerten sich immer mehr in andere Regionen. Die Bundesrepublik lebt derweil zu immer größeren Teilen von internationaler Ausbeutung, befindet sich (noch) auf der Sonnenseite der heutigen Weltordnung. Daß die Grünen heute bei der Verteidigung dieser Weltordnung an der Seite der USA, bei neuen Kolonialkriegen angekommen sind, ist von dieser Seite her gesehen ein völlig logischer Entwicklungsgang, der eigentlich nicht verwundern darf. Das eine sind die schönen Phrasen, die eine politische Richtung verbrämen und das andere ist ihr tatsächlicher materieller Gehalt. Nach der "Wende" hat man dann, auf die Hauptstadtrolle setzend,
auf Boom spekuliert, was aber völlig hirnrissig war, denn der tatsächliche
Boom dauerte nur kurz und machte einem heftigen Kater platz. Trotzdem
riß eine Art Größenwahn ein, der im deutlichen Gegensatz
zur realen Entwicklung stand. Dabei wurden die Schulden gerade nach 1994
gemacht, als schon klar war, daß die Träume von einer boomenden
"Global City" nicht in Erfüllung gehen würden. Hier wird nun aber der alte Frontstadt-Westberliner von der Tatsache eingeholt, daß West-Berlin heute nicht nur von dem Gebiet der ehemaligen DDR umgeben ist und sogar mit einem Teil davon vereinigt wurde, sondern bereits mehr zu den "Neuen Bundesländern" als zum Westen gehört. Das "Schaufenster des Westens" hat seine Funktion erfüllt. Und nach dem Kahlschlag der Industrie im Osten hängt auch dieses Gebiet seit längerem am Tropf. Und Null plus Null ergibt am Ende wieder Null. Nichts ist mit Boom! Das alles hat mancher einfache berufstätige Berliner viel früher verstanden, als die Politiker hier, weil er es eher zu spüren bekam und sich schon früher gefragt hat, wer denn in die vielen neuen überteuerten Büropaläste und Luxuswohnungen einziehen soll. (Für deren Leerstand auch nicht unerheblich der Steuerzahler aufkommt). Aber diese Kräfte können anscheinend gar nicht mehr anders vorgehen, als sie es Jahrzehnte lang gewöhnt waren. Die Verantwortlichen für das Desaster müssen dafür zur
Rechenschaft gezogen werden! W. Gerhard |