Internet Statement 2002-11

 

Das Abgeordnetenhaus hat es gewagt, das provokative berüchtigte Gesetz zur Absicherung der Immobilienfonds durchzubringen

                                                                                                                                                10.April 2002

Wie zu erwarten war, und doch in seiner ganzen Tragweite erst jetzt hervortretend, hat das Abgeordnetenhaus von Berlin am Dienstag das sog. Absicherungsgesetz verabschiedet, das den Abnehmern der berüchtigten Immobilienfonds der Berliner Bankgesellschaft  auf dreißig Jahre hin die Gewinne und Einnahmen aus diesen zweifelhaften Fonds garantiert. Die Summen, die jetzt angegeben werden, die das verarmte, im Grunde genommen bankrotte Berlin zahlen muß, belaufen sich zwischen 6 und 21 Milliarden. Auf rund 30 Jahre hin, wenn man dem Buchstaben des Gesetzes folgt, haben die Abgeordneten die Berliner Steuerzahler, und das sind ja vor allen Dingen die Berliner Lohnabhängigen, verpflichtet, diese Zahlungen zu leisten.

Wie schon oft berichtet, hatte die Bankgesellschaft verschiedene Fonds herausgebracht, die den Käufern mit Garantien von bis zu dreißig Jahren für hohe Gewinne, für verlustlose Rücknahmen usf. Vorteile einräumten, die im realen Immobiliengeschäft der Bankgesellschaft überhaupt keine Grundlage hatten. Diese Fonds hatten von vornherein den Rückgriff auf die Steuermittel Berlins zum Ausgleich ihrer Defizite notwendig gemacht. Außerdem wurden Beziehern hoher bis höchster Einkommen enorme Steuergutschriften aus solchen Fonds ermöglicht. Allerdings gab es darunter auch eine Reihe von Fonds, bei denen die Verpflichtung des Landes Berlin zur Absicherung nicht klar war, aber auch für diese Fonds ist die Absicherung jetzt vollzogen worden.

Dabei ist keineswegs sicher, ob die Bankgesellschaft jetzt von dem Bankrott verschont bleibt. Aber selbst wenn sie bankrott geht, bleiben die Abnehmer dieser Fonds im Trockenen. Wird die Bank aber verkauft, haben die Neubesitzer die Bank, die Steuerzahler aber die Verpflichtungen.

Bei diesem Gesetz haben SPD, PDS und CDU eng zusammengearbeitet. Das ist ein sehr interessantes Merkmal. Obwohl dieses Gesetz mit allen Mitteln durchgedrückt werden sollte, hatte es doch Schwierigkeiten gegeben, es zu beschließen, und es bestand zum Schluß noch die Möglichkeit, daß es auf Ablehnung stößt. Es gab Initiativen, eine partielle Insolvenz für die entscheidenden Immobiliensektoren der Bankgesellschaft zu erklären und auf diesem oder jenem Wege sich wenigstens von Teilen der Verpflichtungen zu befreien. Alles das wurde durch verschiedene Machenschaften von seiten der regierenden Parteien zunichte gemacht. Unterlagen wurden den Abgeordneten, nach den öffentlichen Äußerungen verschiedener Abgeordneter, erst spät und völlig unzulänglich zur Kenntnis gegeben, d.h. erneut mußten auch bei dieser Entscheidung viele Abgeordnete ihr Votum geben, obwohl sie die Materie gar nicht richtig kannten. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, das selber in diesen Skandal verstrickt ist, stellte ein Ultimatum, daß, wenn dieses Gesetz nicht durchgebracht wird, es die BBG “binnen Stunden” als bankrott schließen würde, eine völlig unglaubwürdige und maßlose Erpressung, die in krassem Gegensatz zu dem Treiben dieser Aufsichtsbehörde zuvor steht.

Aber nicht genug damit. Um noch einmal klar zu machen, worum es bei dieser Entscheidung geht, muß man sich das Prinzip vor Augen halten, das mit dieser Entscheidung praktiziert wird: die Interessen der etwa 70.000 Abnehmer dieser zweifelhaften Fonds, denen der Staat den Gewinn auf jeden Fall auf dreißig Jahre garantiert, was außerhalb jeder realen geschäftlichen Möglichkeit eines solchen Bankgeschäftes steht und nur durch Steuerplünderung und Steuerverschacherung  von Anfang an erklärt werden kann, gehen vor den Interessen von Millionen von Steuerzahlern, und das heißt vor allem von Millionen von Lohnabhängigen.

Um so bemerkenswerter ist, was sich hier im Berliner Abgeordnetenhaus getan hat. Am Abend vor dieser Entscheidung tritt der stellvertretende PDS-Vorsitzende Wolf in der Berliner Abendschau vor die Kamera und macht sich zum Verstärker des Drucks des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen: wenn nicht so entschieden werde, kämen unglaubliche Belastungen auf die Berliner Bevölkerung zu. Wolf hatte schon vor Monaten erklärt, daß die Käufer der Fonds nicht zur Verantwortung gezogen werden sollten. Wie charakterlos muß man sein, als angeblicher Sozialist derartiges Zeug zu verzapfen? Bei der Verteidigung der Korruption halten PDS, CDU und SPD zusammen, das ist ein ganz wichtiges Merkmal des ganzen Vorgangs. Die  Gewerkschaft ver.di tritt in der gleichen Weise auf. Die CDU, tief verwickelt in den von vornherein dubiosen Aufbau der Bankgesellschaft Berlin und ihre korrupten Praktiken, eine Partei, die ja auch in ihrem politischen Gehabe schon früher der Käuflichkeit bezichtigt werden mußte, enthält sich bei dieser Abstimmung der Stimme und gibt damit den Weg für dieses Gesetz frei, denn bei ihrem Nein wäre die Chance, es zu blockieren, noch dagewesen.

Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die dafür stimmten, sind sicher der Ansicht, daß sie niemals selbst dafür belangt werden können, was sie hier entschieden haben. Das wird sich erst noch zeigen. Sie meinen vielleicht, daß man die Steuerzahler weiter beuteln kann, und es passiert nichts. Aber gemach! Die “Firma”, die diesen Sumpf der Bankgesellschaft bisher betrieben hat, bleibt im großen und ganzen am Drücker, und die Chancen stehen nicht schlecht, daß das nächste wirtschaftliche Desaster nachkommt, und wie diese Leute  es dann noch rechtfertigen wollen, bleibt abzuwarten.

Warum werden nicht diese Fonds für ungültig erklärt?

Das ist die wesentliche Frage, die dabei steht. Die Bedingungen dieser Fonds weisen derartige Fragwürdigkeiten auf, daß man die beiden Seiten eines solchen Kaufvertrags durchaus belangen kann wegen Abschlusses eines Vertrages, der von vornherein auf Mißbrauch von Steuergeldern ausgeht, also sittenwidrigen und gesetzwidrigen Charakter trägt. Wenn diese zweifelhaften Fonds für ungültig erklärt würden, bräuchte auch keine Bürgschaft von Staats wegen gegeben zu werden. Eine solche Feststellung wäre angebracht gewesen, und dann wäre man bezüglich der Schulden solcher Immobilienfonds aus dem Schneider. Aber eine solche Entscheidung kann das Abgeordnetenhaus nicht fällen, denn der Sumpf, der mit diesen Fonds ausgehalten wird, sitzt auch in den Parteien selbst und bildet ihre entscheidende Stütze, d.h. sie können sich nicht selbst weh tun.

Völlig aberwitzig sind solche Töne, die in vielen Beiträgen im Fernsehen und Zeitungen mehrheitlich gebracht werden, daß die Bank nun vor einem Neuanfang stehe, oder daß nun der Weg frei sei für die Sanierung der Bank. Hier wird der Bürger gänzlich für dumm verkauft. Vielmehr ist mit einer Steigerung der Korruption zu rechnen, und die Abwegigkeit dieser Entscheidung angesichts der vorhandenen Haushaltslage, wo Schulen und Kitas noch weniger Geld bekommen und Schwimmbäder geschlossen werden sollen, wird die Kluft innerhalb Berlins noch viel stärker aufreißen. Kurz, das kann auf die Dauer keinen Bestand haben.

Redaktion Neue Einheit
-ks-

 

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