Facetten der Situation
Das Jahr 2002 ist das Jahr des Zusammenbruches kapitalistischer Illusionen.
Über zwanzig Jahre wurde dieser Kapitalismus gefeiert, als Sieger,
der alle wesentlichen Probleme lösen könne. Der degenerative
Verfall sozialistischer Staaten und ihr Aufrollen von innen sowie die
Entwicklung des Kapitalismus in einer Reihe neuer Länder waren der
Anlaß. Heute vermehrt sich auch in unserem Land die Unruhe in den Betrieben. Eine schleichende Verschlechterung haben viele zu spüren bekommen, ständig sind die Belastungen gestiegen. Deshalb gibt es Hoffnung auf vermehrten Widerstand. Aber man muß sich immer gegenwärtig sein, daß die internationale Ausbeutung mit ihren Milliarden an Extraprofiten sich immer noch auf die Gesellschaft auswirkt, auch auf die Arbeiter. Schnell wird der Kampf untergraben, sobald nur für einen Teil die Forderungen befriedigt werden. Wir sehen heute, wie die Bundesregierung ohne jedes Gegenwort der Gewerkschaften und vieler, die sich sonst als "links" bezeichnen, verkünden kann, daß die Bundesrepublik die Führung der Marineverbände am Horn von Afrika übernimmt. Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Terrorismus werden hier die Interessen der reichen Staaten, des Imperialismus gegenüber den armen Ländern gefestigt, unter unmittelbarer Beteiligung der Bundesrepublik. Dagegen ist Widerstand in der verschiedensten Art gerechtfertigt, gerade auch hier in der Zentrale Berlin. Die internationale Ausbeutung ist das zentrale Thema jeder Art von Arbeiterbewegung, weil ohne dies anzugreifen, hier auf die Dauer nichts behauptet werden kann. Das Beispiel Argentinien: Hier fällt ein Land, das jahrelang unter den Direktiven von IWF und Weltbank stand, ins Bodenlose. Das gesamte Finanzsystem ist zusammengebrochen. Und was machen die Regierenden mit Unterstützung der internationalen Institutionen der "demokratischen" Welt? Sie konfiszieren de facto die Sparguthaben sämtlicher Bürger, stehlen sie, um auch nur einen Moment eine Atempause zu haben. Gerade Argentinien zeigt, daß die Nationen, und die Arbeiter insbesondere, zuletzt nur den Weg des eigenständigen Aufbaus wieder gehen können, das heißt der Sozialismus kommt wieder auf die Agenda. Und Argentinien ist erst der Anfang, es gibt eine Reihe von Ländern, die auf einer ähnlichen Kippe stehen. Ganz Lateinamerika befindet sich in der Unruhe. In Kolumbien und Venezuela gibt es tiefe soziale Unruhen und Volksbewegungen. Korrupte Putschisten der USA wurden hinweggefegt, die Machinationen funktionieren nicht mehr. Man braucht nicht in die Ferne zu sehen. Der Zusammenbruch der Finanzen
ist auch für die entwickelten Länder typisch. Man
siehe Berlin. Und was wagte dieses Regime hier: Die Mehrheit des Abgeordnetenhauses
beschloss, die Interessen von Käufern zweifelhafter Immobilienfonds,
die in Wahrheit keine Geschäfte im bürgerlichen Sinne, sondern
gesetzwidrige Geschenke im Milliardenumfang an bestimmte Personen darstellen,
abzusegnen und sogar noch zusätzlich zu garantieren. In der Stadt
sollen Kindertagestätten verteuert und Schwimmbäder und Sportanlagen
geschlossen werden, damit diese Pfründe gesichert bleiben. Die Forderung
lautet klar: diese gesetzwidrigen Immobilienfonds müssen für
ungültig erklärt werden. Die Krise erreicht inzwischen das Land, von dem die kapitalistische Welle
nach dem Umsturz Ende der siebziger Jahre ausging. Am 29.April meldete
zum Beispiel dpa: "China
droht die schlimmste Arbeitslosigkeit der Geschichte, die Zahl der Arbeitslosen
könne leicht mehr als 20 Millionen erreichen..." Dabei ist
nur von den Arbeitslosen im industriellen Bereich die Rede. Die 150 Millionen
freigesetzten Menschen aus den ländlichen Gebieten existieren obendrein.
Skrupellos operiert der Kapitalismus mit der Arbeitslosigkeit und Ruinierung.
Von Streiks und handfesten Widerstand in verschiedenen Regionen war die
Rede. Und es kann auch gar nicht anders sein. Dabei ist es egal, ob China
1,4 Milliarden oder 700 Millionen Einwohner hat, unter den Bedingungen
des Kapitalismus wird immer eine entsprechende Freisetzung betrieben und
Arbeitslosigkeit existieren. Die Ereignisse im Mittleren Osten - Palästina sind nur die Widerpiegelung des Zusammenbruches, den diese Art von "Ordnung" durchmacht. Wie sicher galt doch die Lage. Israel war ohnehin ein Vorposten der USA. Die Arafat-Führung verließ sich ebenfalls auf die USA und Europa. Und die islamischen Fundamentalisten hatten trotz ihres Anti - USA Geschreis ihre Verbindung mit dem westlichen Kapital, auch mit den USA. Schließlich wurden sie vorwiegend aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten finanziert. Man sollte meinen, alles war unter Kontrolle. Und was ist jetzt! Die verschiedenen reaktionären Kräfte machen einen Strich durch die Rechnung. Israel existiert dort nicht, um die Situation zu konsolidieren, sondern um einen permanenten Druck zu schaffen, existiert nur auf der Grundlage der Expansion. Der islamische Fundamentalismus kann überhaupt keine Normalisierung der Situation gebrauchen. Die Situation ist den Initiatoren komplett außer Kontrolle geraten und wird weitere Umwälzungen nach sich ziehen. Aber die Entwicklungen im Mittleren Osten sind nur ein Aufsatz auf dem Ganzen. Die Grundlage bilden Veränderungen, die die gesamte Welt erfaßt haben. 1.Mai 2002
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