Internet Statement 2002-21

 

Flut und Politik

Klimafrage und Öko-Szenarien

Während die Reste der Flut sich endlich verlaufen, stellen sich ein paar politische Fragen immer dringender, die das Fernsehen und die Parteien allerdings nicht gerne zu Wort kommen lassen. Nur am Rande, wenn überhaupt, haben sie ein paar Hinweise auf schwere Widersprüche passieren lassen. Die unmittelbar betroffene Bevölkerung in Sachsen und den übrigen Bundesländern sieht diese Widersprüche wahrscheinlich viel deutlicher, sie werden sich jedenfalls auf die Dauer nicht weiter verdrängen lassen.

Haben die zuständigen höheren Behörden die Gefahr rechtzeitig erkannt, rechtzeitig gewarnt und eine angemessene Katastrophenbekämpfung organisiert? Die Hilfswerke und die Bundeswehr wurden im Lauf der Krise immer stärker eingesetzt, und die Helfer haben viel geleistet, jedoch scheint die Frage berechtigt, ob die Behörden gerade am Anfang diese Kräfte ausreichend angefordert und kompetent organisiert haben. Wurden die großen technischen und finanziellen Potentiale dieses Landes ausreichend eingesetzt? Daneben hat die Bevölkerung sich zunehmend selbst organisiert und viele Dinge in die Hand genommen, was als eine der positiven Erfahrungen dieser Wochen besonders hervorgehoben worden ist. Sind die Kritiken von Betroffenen, daß sie überhaupt nicht oder zu spät gewarnt wurden, nur Einzelfälle? 'Wir haben noch nie etwas von irgendeinem Krisenstab gehört', hieß es aus der Bevölkerung während der selbstorganisierten Deicharbeiten in einer ländlichen Region elbabwärts von Dresden.

Der Wetterjournalist Kachelmann sagte in der Christiansen-Sendung der ARD am 18.8., daß der Staatliche Wetterdienst am 11.8. (Sonntag) angesichts der katastrophalen Niederschlagsmengen statt der erforderlichen Warnung nur eine Vorwarnung herausgegeben habe, die nicht ernst genommen wurde. Die eigentliche Warnung habe er um einem Tag verzögert, und selbst diese sei von den zuständigen Behörden dann nicht richtig zur Kenntnis genommen worden. Überhaupt hätten diese dann weiter immer nur die optimistischste Variante zugrunde gelegt und damit voll danebengelegen. Immerhin waren ja auch bereits am 9.8., vier Tage vor der Überflutung Dresdens, bedrohlich steigende Elbpegel vom tschechischen Hochwasser her gemeldet worden.

Nicht nur die unmittelbare Reaktion der Behörden dürfte ein Thema für die anstehende öffentliche Diskussion sein - wobei man es natürlich anerkennen muß, daß es auch Beispiele von Engagement und Tatkraft gibt -, sondern auch ihre langfristige Vorsorge gegen Überschwemmungen.  1847 hatte es bereits einmal ein Hochwasser in Dresden gegeben mit 8,70 m Pegelstand, und seitdem noch mehrere weitere heftige Hochwasser. Von der Möglichkeit einer solchen Höhe und mehr mußte also ausgegangen werden, die 9,50 m, die jetzt erreicht wurden, sind kein absoluter statistischer Ausreißer. An der Nordsee haben die Deiche grundsätzlich eine Höhe, die das höchste bisher bekannte Hochwasser um 20-30 % übersteigt, so daß man eine Sicherheitsreserve hat. Ist es in Dresden etwa unmöglich, solche Berechnungen anzustellen und sich etwas zum Schutz der Stadt einfallen zu lassen? Sind Katastrophen des jetzigen Ausmaßes unabwendbares Schicksal? Budapest hat mit Deichen von 10 m Höhe die Flut unbeschadet an sich vorbeiziehen lassen können.

Es ist auch gelegentlich zu hören, daß an vielen anderen Orten Deiche schlecht instandgehalten waren und ihre Aufgabe daher nicht erfüllen konnten. Bereits 1997 war der schlechte Zustand der Deiche an der Elbe ein öffentliches Thema, was auch zu der Frage führt, ob da nicht in der früheren DDR schon Versäumnisse vorliegen. Aber es stellt sich auch die Frage, was wurde seither unternommen? Daß die Hausratversicherungen, die nach der Wende abgeschlossen wurden, Flutschäden im Unterschied zu den alten Verträgen größtenteils unter den Tisch fallen lassen, ist eine Perfidie. Sollte man nicht fordern, daß die Versicherungskonzerne wie die Allianz, die mit den Kern des deutschen Finanzsystems bilden und sowieso wie niemand sonst aus der deutschen Einheit profitieren, jedenfalls mit einigen Milliarden jetzt zur wirtschaftlichen Hilfe herangezogen werden?
Alle diese Fragen sollten von der betroffenen Bevölkerung mit Experten und in den bundesweiten Fernsehkanälen behandelt werden!

Während die kritischen Fragen -  jedenfalls bisher - kaum zur Geltung kommen, sprechen Politiker und Journalisten umso mehr von einer ang. „Klimakatastrophe“, und daß diese angeblich „vom Menschen“ verursacht werde. „Die Natur schlägt zurück“ ist eine beliebte Schuldzuweisung. Solche Behauptungen sind wissenschaftlich von Grund auf fragwürdig und unbewiesen, aber es läßt sich damit, wie sie meinen, ablenken von dem, was der Staat, die Parteien und die Behörden eigentlich zu verantworten haben. 

Starke Klimaveränderungen, in deren Verlauf es auch immer wieder zu heftigen Katastrophen kommt, gehören zur Natur der Erde. Globale und auch regionale Erwärmungen um mehrere Grade und ihre Gegenbewegungen sind absolut nichts Neues in der Erdgeschichte, ohne jedes menschliche Zutun. Immerhin kamen in den letzten Wochen gelegentlich auch Wissenschaftler zu Wort, die bspw. aussagten, daß dieselben Temperaturen wie derzeit schon einmal um 1790, vor jeder modernen Industrialisierung, in Mitteleuropa festgehalten wurden, oder daß die Veränderung der Sonnenfleckenaktivitäten zu zwei Dritteln für den derzeitigen globalen Erwärmungsvorgang verantwortlich sei. Es geht demnach vor allem darum, die Eigenbewegungen der Natur zu erkennen und die Einwirkungen der menschlichen Gesellschaft dazu in ein richtiges Verhältnis zu setzen. Diese Äußerungen waren manchen Moderatoren aber offenbar unwillkommen und wurden ziemlich ungnädig abgefertigt.

Während bei den dominierenden Kräften des deutschen Politiker- und Medienfilzes die Fähigkeit zu Vorsorge und Hilfe sowie das Interesse an der wissenschaftlichen Behandlung der Klimafrage nicht besonders ausgeprägt zu sein scheinen, leistet derselbe Filz wieder einmal Großes darin, aus allen Hälsen nach neuen Steuern, EU-Mitteln (die ja ebenfalls aus Steuern aufgebracht werden) usf. zu schreien, nach Mitteln, die zunächst natürlich wieder einmal in seine eigenen Hände gelangen sollen.

Was soll das beispielsweise heißen, die Ökosteuer beibehalten und noch ausbauen, wie es der UNO-Umweltkommissar Töpfer, ein früherer CDU-Minister, fordert? Diese Steuer auf die elementaren Bedürfnisse des Haushalts und Verkehrs trifft doch von vornherein schon gerade die wirtschaftlich Schwächsten, z.B. Familien mit Kindern, während Infrastruktur und Rentensystem seit der Einführung der Ökosteuer noch rascher als zuvor verfallen, die doch angeblich für ihre Sanierung verwendet werden sollte. Mit einer Staatsquote von weit über 50% schafft es dieser Staat nicht mehr, elementare Dinge wie Schulen und Deichsysteme richtig in Gang zu halten. Warum sollte er es mit einer noch höheren Quote besser schaffen? Es wird vielmehr mit Sicherheit so sein, daß er noch mehr verbrät und noch weniger dafür leistet. Natürlich muß den betroffenen Gebieten jetzt wirtschaftlich geholfen werden. Aber daß die Mittel für diese Hilfe vor allem über einen Apparat laufen, dessen eigene Verantwortung für das Ausmaß der Schäden und dessen Fähigkeit, öffentliche Mittel in die Kanäle der Korruption zu leiten, äußerst interessante Themen sind, muß in der öffentlichen Auseinandersetzung einen besonderen Platz bekommen. 

Und was soll das, jetzt wieder „die Menschheit“ anzuklagen, daß sie durch ihre moderne wirtschaftliche Entwicklung die Natur überfordere, und ihr eine Wende rückwärts aufzudrücken? Es ist doch nicht die Menschheit, die die Ressourcen verschwendet und künstlich verknappt, es ist nicht die Menschheit, die nach dem Prinzip des Profits die Umwelt  versaubeutelt, sondern es sind die beherrschenden internationalen Kapitalstrukturen mitsamt ihren bürgerlichen Politikerscharen, die der Menschheit das alles aufzwingen. Es sind die gleichen, die auch ein wirtschaftliches System der Spaltung der globalen Arbeiterklasse und der Länder verteidigen, in dem es immer Milliarden Menschen geben soll, die, von der kapitalistischen Gesellschaft ins Abseits gestellt, bereit sind, alle Bedingungen anzunehmen, in dem gerade auch Länder, die einmal große Fortschritte aufzuweisen hatten, industriell und sozial wieder nach unten gestoßen werden, wie derzeit das unsrige und auch einige wichtige andere, z.B. Russland (ohne daß allerdings deren eigene herrschenden Kreise eine Verminderung ihrer Teilhabe an der internationalen Ausbeutung hinzunehmen bereit wären). Die ökologistische Rückwärtslehre ist eines ihrer Werkzeuge, mit dem sie die Unter- oder Rückentwicklung schönzureden versuchen, die sie aus ganz anderen Gründen als dem Schutz der Natur betreiben. Ist es nicht so auf den Punkt zu bringen, daß die größten Raffkes, Vergeuder, Bremser und Umweltschädiger ihr System mit der Behauptung verteidigen, sie seien berufen, die "gierige Menschheit" an Vergeudung, Rückständigkeit und Umweltschäden zu hindern? Wäre es nicht angebracht, dem Verdacht nachzugehen, daß die Flutschäden als Argument benutzt werden, um ein völlig einseitiges Bild zu zeichnen, in dem politische Mißstände fast gar nicht, sog. Klimafragen aber umso mehr vorkommen, die in einer Art gedreht werden, daß sie als Keule gegen die wirtschaftliche und soziale Weiterentwicklung in einzelnen Regionen, aber auch global taugen?

Die gleichen Parteien, die die Politik betreiben, daß die Kernenergie hier wegkommt - und möglichst auch überall sonst, wobei sie wissen, daß die USA zumindest militärisch niemals darauf verzichten werden -, und daß stattdessen umso mehr Öl, Kohle usf. verbrannt werden, malen der Bevölkerung das CO2 als den größten Feind aus und phantasieren über Windmühlen, die in Wirklichkeit ohne staatliche Subventionen den Strompreis noch einmal auf das Achtfache treiben würden. Statt die Staatsquote zu senken, würden sie sie im nächsten Schritt ganz schnell auf 60% und mehr bringen, noch viel mehr die Ökonomie abwürgen und die öffentlichen Mittel statt zu einem Sechstel auch gern zu einem Drittel für uferlos wachsende Schulden den Banken in den Hals werfen. Sie sind offenbar mental gar nicht mehr in der Lage, aus ihrer Spirale von industriellem Abbau im eigenen Lande, Ökologismus, Staatsverschuldung und staatlich gefördertem Parasitismus einen Ausstieg zu finden. Nichts fällt ihnen mehr ein, als den Druck vor allem auf diejenigen noch weiter zu erhöhen, die noch auf eigene Arbeit und auch auf Nachwuchs setzen, wie das auch jetzt gerade in aller Härte durch die Hartz-Politik sich zeigt.

Bei manchen Äußerungen in den Medien gerade am Anfang spürte man irgendwie, daß solchen Propheten die Katastrophen und die Ohnmacht der Bevölkerung gar nicht groß genug sein können, um mehr Druck für ihre miesen Konzepte zu erzeugen.Kein Wunder, daß die Frage keinen Raum bekommt, wieso nicht genügend geschieht, um die Katastrophen zu minimieren! Kein Wunder auch, daß die Bevölkerung, die von den Medien zu Anfang gelegentlich als eine verzweifelte passive Masse dargestellt wurde, diese Denunziation praktisch widerlegt und manche Dinge selbst in die Hand nimmt.

W. Grobe
29.8.2002

 

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