Internet Statement 2002-26

Die Protestbewegung muß weitergehen

Ein erfolgreicher "Grunewaldspaziergang" zu den Villen der Banker

Die lange geplante Grunewalddemo unter der Losung "Legal, illegal, Bankenskandal? - Es reicht!" der Initiative Berliner Bankenskandal übertraf viele Erwartungen. Ein langer, lauter und bunter Demonstrationszug schob sich durch die schmalen Straßen des wohlhabenden Villenviertels, wo mehrere Manager der Bankgesellschaft sich feudal eingerichtet haben bzw. hatten. Vorneweg wurde ein Transparent getragen mit der Aufschrift: "Euer privater Reichtum beglückt uns mit öffentlicher Armut". Schwer war die Teilnehmerzahl zu überblicken, die Schätzungen liegen zwischen 1000 und 3000.

Auffallend war auch die wirklich bunte Zusammensetzung des Zuges, bei dem ein breiter Querschnitt der Bevölkerung repräsentiert war. Altersmäßig reichte die Palette etwa von 15 bis 85. Auch Menschen, die sonst nicht auf Demonstrationen gehen, hatte das Thema hingezogen. Hatte es im Vorfeld von interessierter Seite den Versuch der Stimmungsmache gegeben mit Äußerungen wie "Pöbel", "Aufhetzung der Straße", "Pogromstimmung vor den Villen", so zeigte sich statt dessen, daß selbst in dieser wohlhabenden Gegend die meisten Passanten dem Anliegen der Demo wohlwollend begegneten. Die Buntheit hatte allerdings ihre Grenze; als am Anfang eine Hand voll NPD'ler mit Transparent sich in die Demo mischen wollten, wurden sie mit Bestimmtheit aus dem Zug gewiesen.

Gleich beim Treffpunkt S-Bahnhof Grunewald lag der Wohnsitz von Landowski in Reichweite. Näher ging es nicht heran, da der Demo untersagt worden war, den Villen näher als 100-200 Meter zu kommen. Für seine Bemühungen um Filz und Korruption wurde ihm in Form einer Büste des "Alten Fritz" mit seinen Gesichtszügen ein Denkmal gesetzt. Leider konnte er seine "Ehrung" nicht einmal aus der Ferne verfolgen, denn er war vorsichtshalber geflüchtet. Es folgten Villen von Bankmanagern, wobei die ehemalige Villa des früheren Bankchefs Rupf den Höhepunkt bildete. Dieser hatte die Villa für rund zwei Millionen kaufen lassen und noch einmal für mehrere Millionen umbauen lassen und sich jeden Schnickschnack erfüllt, Geld spielte offenbar keine Rolle. Da fehlt nicht das eigene Schwimmbad, der temperierte Weinkeller usw. Sogar Bäume hatte er umdrehen lassen, weil sie nicht so gewachsen waren, wie er es haben wollte. Dafür zahlte er dann eine "Miete", die nicht einmal die Zinsen deckte. An dieser Villa wurde dann auch die Abschlußkundgebung abgehalten und die Demo, die nach ihrem Zeitplan bereits am Ziel hätte angekommen sein sollen, beendet.

Die Protestbewegung muß weitergehen

Hier wurde ein deutliches Zeichen gesetzt gegen die Machenschaften der Berliner Bankgesellschaft und des Filzes aus Politik und Wirtschaft, der dahinter stand und steht. Immer mehr Berliner sind erbost darüber, daß sie mit empfindlichen Kürzungen im öffentlichen Bereich und sogar bei der elementaren Grundversorgung für die Machenschaften dieser Kreise bezahlen sollen.

Es ist nicht wahr, wie erneut gestreut wird, daß da einfach nur ein wenig zu gewagt auf Boom spekuliert wurde, damit spielt man die Sache nur herunter. Als die Bankgesellschaft 1994 gegründet wurde, konnte schon realistischer Weise niemand mehr hier, mitten in den "Neuen Ländern" auf Boom spekulieren. In Wahrheit wurde vor allem seit 1996 mit den Immobilienfonds ein Ausweg aus der schwierigen Lage gesucht, in der man sich befand, auch weil man hohe Kredite an alte Filzkumpane vergeben hatte, die nun notleidend wurden. Nach Art von Schneeballgeschäften rettete man sich über die Zeit, indem man Beteiligungen an Immobilien mit in Wahrheit uneinlösbaren hohen Gewinngarantien für die nächsten 25 Jahre verkaufte, und sie verkauften sich gut, weil die Anleger voraussetzten, daß über die beteiligten öffentlichen Banken am Ende der Steuerzahler für die Erfüllung der Versprechen stand. Da kam es auf die Qualität der Immobilien, auf die sich die Fonds gründeten, auch nicht mehr an und Problemimmobilien taten es auch, die sich mancher, der sich verspekuliert hatte, gerne abnehmen ließ. Warnende Stimmen wurden abgebügelt oder über die Möglichkeit besonders lukrativer Beteiligung am Raubzug zum Schweigen gebracht. Das Ganze stand insgesamt vor dem Hintergrund der allgemeinen Plünderung der öffentlichen Kassen, der Freistellung der Vermögenden und der großen Unternehmen von öffentlichen Lasten und deren einseitiger Verschiebung auf den einfachen Bürger, der zunehmenden Umleitung der öffentlichen Mittel in private Taschen der Vermögenden.

Die Verantwortlichen müssen voll zur Rechenschaft gezogen werden und mit ihrem Vermögen haften. Jegliche Haftung des Landes Berlin für solche Machenschaften ist abzulehnen. Keine Steuergelder für diese Fonds! Die Anleger, die für ihr "unternehmerisches Risiko" Steuervorteile geltend machen konnten, sollen dieses Risiko jetzt auch tragen, und wenn sie sich an Schrottimmobilien beteiligt haben, dann sollen sie eben auch mit den Erlösen von Schrottimmobilien vorlieb nehmen. Auch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, das hier seiner Aufgabe nicht nachgekommen ist, muß mit dafür geradestehen.

Dem wachsenden öffentlichen Unmut muß weiter Ausdruck verliehen werden. der sich auch in den wachsenden Teilnehmerzahlen an solchen Aktionen ausdrückt, von einigen Hundert vor dem ICC im Juli auf nun eine Zahl im Tausenderbereich. Und nur mit Druck erreicht man etwas. Den Stimmen unter den Politikern, daß man ja tätig werde und nun der Druck aufhören könne, darf man kein Gehör schenken. Je mehr man sich darauf verläßt, daß sie etwas unternehmen, desto weniger werden sie unternehmen.

Ein wirkliches Kompliment machte die Berliner Morgenpost, als sie davon sprach, daß die 68'er wieder da seien. In ihren Kommentaren versuchte sie auch, Anschluß an ihren damaligen Hetzstil zu finden, mit dem sie früher gegen die "Außerparlamentarische Opposition" vom Leder zog. Sie zeigten sich als Sprachrohr der Kräfte, die den "Einbruch in die Privatsphäre der Banker und Politiker" als unerhört beklagten - und was ist mit dem Einbruch in das Leben von Millionen, den diese Leute mit zu verantworten haben!? Diese Kräfte haben nur bei der Bereicherung Kreativität und besonderes Können gezeigt, aber die Stadt haben sie gründlich ruiniert, überwiegend hängt alles am Subventionstropf, während die industriellen Arbeitsplätze zu Hunderttausenden reduziert sind, und das bekommt fast jeder Einwohner zu spüren.

Wir sollen erst mal die offiziellen Untersuchungen abwarten, bevor wir die Dinge überhaupt klar aussprechen? Die Aktionen haben also wirklich getroffen, wenn manche Leute sich so getroffen fühlen. In dieser Richtung muß weitergemacht werden und die Basis muß möglichst noch verbreitert werden. Alle Expertenkommissionen und juristischen Bemühungen werden nur vor einem solchen Hintergrund etwas ausrichten, so sehr sie auch zur Widerlegung der angeblichen Unmöglichkeit anderer Wege als der vom Senat eingeschlagenen dienen, wobei sowieso die Gefahr besteht, sich im Gesetzesdschungel zu verirren und am Ende zu große Kompromisse einzugehen, insbesondere wenn man der Justiz das letzte Wort läßt.

Den Versuch einer unfähigen Politiker- und Wirtschaftsmafia, gestützt auf öffentliches Eigentum für sich und ihresgleichen dicke Pfründe zu erschließen, Global Player zu spielen, später dann ihre Stellung trotz heraufziehenden Bankrotts mit Schneeballgeschäften und dergleichen weiter zu halten, wobei der Schaden immer mehr in die Höhe getrieben wurde, stellt ein riesiges Verbrechen dar. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden Sie und die Profiteure müssen für die Begleichung des Schädens herangezogen werden.

Wassili Gerhard

14. 9. 02

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Fotos zum "Grunewaldspaziergang" der Initiative Berliner Bankenskandal auf Indymedia