Neue Einheit  - Internet Statement 2003-25

 

Die Protestdemonstrationen sind ein Anfang

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise ist viel tiefer und grundsätzlicher als jede bisherige Krise seit 50 Jahren. Sie wird aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Monaten noch ganz andere Formen annehmen als bisher. Zusammenbrüche großen Ausmaßes, umfangreiche Betriebsschließungen und Zahlungsverweigerungen staatlicher Kassen rücken in den Bereich des Möglichen.

Die Parteien, die das Kapital verteidigen, vor allem die CDU/CSU und FDP wie auch die Regierungsparteien, überbieten einander in aggressiven Vorstößen gegen die Lohnabhängigen und die Arbeitslosen. Wenn das durchkommt, was das Kapital jetzt fordert, z.B. die rot-grüne ”Agenda 2010” oder die Konzepte von Merkel, Stoiber und Westerwelle, wird der wirtschaftliche Abwärtstrend noch verstärkt, und die schleichende Verarmung von Millionen und die Entrechtung der Lohnarbeiter - arbeitende wie arbeitslose - wird massiv weiter vorangetrieben.
Diese Konzepte müssen zu Fall gebracht werden. Von sich aus werden alle diese Parteien nur den Kurs gegen die große Mehrheit verschärfen.

Es führt kein Weg vorbei am eigenen Kampf der Arbeiter und Angestellten. Den Widerstand gegen die vielen einzelnen Betriebsschließungen und Massenentlassungen zur gemeinsamen Sache aller Belegschaften zu machen, das wäre jetzt angebracht. Zusammenschluß im ganzen Land (und in Europa und darüber hinaus) und gemeinsame Gegenwehr gegen die neuen Entlassungswellen, die schon unterwegs sind! Schluß mit der Desindustrialisierung dieses Landes! Statt Lohnsenkungen und staatlicher Unterschlagung der Sozialversicherungsleistungen: Bessere Löhne, Ausweitung und Modernisierung der Produktion!

Das würde zu zeitweisen Besserungen der sozialen Bedingungen im Kapitalismus führen können, wobei allerdings die grundsätzliche Notwendigkeit der Beseitigung dieses ausbeuterischen krisenhaften Systems sich immer stärker bemerkbar macht.

Die aktuelle Krise hat viele Ursachen. Der gesamte internationale Kapitalismus hat in der vergangenen Periode rücksichtslos die internationale Ausbeutung gesteigert und weltweit die Armut von Milliarden Menschen verschärft, so daß er selbst seine Absatzmärkte verkleinert hat. In der Asienkrise sind -zig Millionen Menschen innerhalb kurzer Zeit arbeitslos geworden, großenteils buchstäblich ins Nichts gefallen, weil für sie keine Sozialversicherungssysteme wie hierzulande existieren.

In Deutschland und ähnlich in vielen anderen entwickelten Ländern, die bereits seit Jahrzehnten von Massenarbeitslosigkeit belastet sind, wurde weiter ein harter Kurs der Verschmälerung der industriellen Basis, der Einschränkung des Wachstums, der Energieverteuerung und der Blockierung bestimmter moderner Technologien gefahren. Dieselben Parteien, die jahrzehntelang dem Verfall der Geburtenrate billigend zugesehen haben, zweigen Jahr um Jahr steigende Beträge von den Löhnen für ein Rentensystem ab, das so nie mehr funktionieren kann, das zusammenbrechen muß, wenn immer weniger junge, arbeitende Menschen immer mehr ältere versorgen müssen.

In diesen Monaten bekommen wir nun aus allen offiziellen Mündern genau den Bankrott der Staats- und der Sozialkassen verkündet, der aus ihrer Politik zwingend folgt. Faktisch ist er schon längst da, wurde aber bisher mit irrwitzigen Staatsschulden überdeckt. Dies kann nicht fortgesetzt werden, zumal diese Schulden ihrerseits die Ökonomie erwürgen. Die Vorstellung, man könne mit noch höherer Verschuldung an den grundlegenden Problemen rütteln, ist von vorgestern.

Der gemeinsame Nenner aller dieser ”Agenda 2010” und ihrer Varianten bei der CDU/CSU und anderen Parteien lautet: Weiter nach unten mit den Löhnen, weiter nach unten mit den Leistungen der Arbeitslosen- und Krankenversicherung etc. - aber rauf mit den Beiträgen, den Steuern und den Staatsschulden! Ausweitung von Billig-, Leih- und Zwangsarbeit - aber keine Abstriche bei der Korruption der Behörden und der staatlichen Förderung der Korruption in der Gesellschaft. Hohle Versprechungen von wirtschaftlicher Belebung durch weitere Kredite. Und alles, damit das große Geld in aller Ruhe seine Profite sanieren und die internationale Ausspielung der Arbeitenden gegeneinander weiter steigern kann.

Der Streit unter den Parteien geht bis jetzt darum, welche die arbeitenden Menschen wirksamer einspannen und unterdrücken kann, damit sie den Bankrott des Kapitals bezahlen. Dabei verfolgen bestimmte Kräfte die Absicht, die Schröder-Regierung zu stürzen und zu einer neuen Regierung unter dominanter Beteiligung der CDU/CSU zu kommen, z.B. einer Merkel-Stoiber-FDP-Regierung, oder auch einer schwarz-grünen Regierung oder auch einer Großen Koalition. Darin liegt eine besondere Gefahr, nicht etwa weil die SPD-Grünen-Regierung weniger aggressiv für die Kapitalinteressen kämpfen würde, sondern weil Deutschland dann leichter in die Kriegskoalition der USA eingegliedert werden könnte und der internationale Oppositionsblock mit Frankreich und Rußland - und China im Hintergrund – zerfiele, der bisher das Vorgehen der USA gehemmt und behindert hat. So bekämen wir umso rascher die nächsten Aggressionkriege, diesmal mit deutscher Beteiligung, und die entsprechende Unterdrückung nach innen. Daß Leute wie der CDU-Fürst Koch, der Bush unterstützt, Verständnis für polizeiliche Folterandrohungen im eigenen Land bekunden, läßt die Richtung ahnen.

Es wäre ein Wunder, wenn die USA nicht auch die unmögliche sozialpolitische Stellung der Schröder-Regierung nutzen würden, um sie doch noch zur außenpolitischen Anpassung an ihren Kriegskurs zu erpressen. Es gibt Kräfte in der SPD und natürlich bei den Grünen, die für solch einen Regierungssturz ihre Rolle zu spielen bereit wären, indem sie auf der Oberfläche eine ”linke” Kritik an der Sozialpolitik ihrer Regierung üben. In Wirklichkeit würden sie dem rechtesten und faschistischsten Teil des internationalen Kapitalismus zuarbeiten. Wer so handelt, wird zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem gibt es natürlich auch in der deutschen und europäischen Bourgeoisie eigene Tendenzen, dem Bankrott durch Kriegsabenteuer auszuweichen.

Wir fordern alle, die sich zum Eintreten für Arbeiterforderungen bekennen, auf, ihre Möglichkeiten jetzt zu nutzen, um Kämpfe der Arbeiter und Angestellten und Arbeitslosen zu unterstützen.

Die Gewerkschaftsapparate könnten ganz anders für bedrohte Belegschaften eintreten als bisher. Und warum wird denn keine breite öffentliche Auseinandersetzung gegen die Politik ökonomischer Verwerfungen im Lande und die Produktionsverlagerungen geführt? Und die Linken in den verschiedenen politischen Gruppen und sozialen Initiativen, warum beziehen die nicht endlich dagegen Stellung? So könnten auch vergangene Fehler überwunden werden.

Protestdemonstrationen allein genügen nicht. Kampfmaßnahmen, die dem Kapital die Grenzen zeigen, sind an der Zeit, d.h. Streiks gegen den Abbau, große koordinierte Kampfmaßnahmen bis hin zum Generalstreik!

-wgr-
16.5.03

 

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