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Internet-Statement 2003-32

 

Streikaufgabe von oben vorgegeben

IGM-Führung bringt damit Kolleginnen und Kollegen um den Erfolg

Während in den Medien viel über eine Niederlage des Streiks und der IG Metall geredet wird, während sofort über personelle Konsequenzen geschrieben wird, die jetzt Peters und Düvel zu ziehen hätten, sollte man lieber festhalten, daß die Kolleginnen und Kollegen, vor allem diejenigen, die den Streik geführt haben, im Grunde um einen Erfolg gebracht worden sind. Und zwar von der eigenen Führung.

Gerade als der Streik an einem entscheidenden Punkt angelangt war, wo er begonnen hatte, seine Auswirkung auch auf Betriebe im Westen zu entfalten; wo entgegen verschiedenen Betriebsratsfürsten aus Automobilwerken im Westen, die sich  in unerhörter arbeiteraristokratischer  Art gegen die Streikenden und die Forderungen zu stellen begannen, Solidarität und  Unterstützung von verschiedenen anderen Automobilwerken im Westen angesagt wurde, wurde der Streik ziemlich plötzlich und abrupt aufgegeben. Und zwar von der IGM-Führung selbst von ganz oben, namentlich Zwickel ging voran. Noch ehe ein Gremium der IG Metall darüber beraten hatte, trat Zwickel damit an die Öffentlichkeit.Also wäre  auch er erstmal derjenige, der die Sache zu verantworten hat und Konsequenzen ziehen müßte.

Was trieb denn Zwickel dazu, so schnell nach den gescheiterten Verhandlungen am 29. 6. in die Öffentlichkeit zu gehen und für den Abbruch des Streiks aufzutreten? Noch hatte die IG Metall gar nicht ihre Möglichkeiten ausgespielt und alle zur Verfügung stehenden Kräfte, die sich anboten, mobilisiert.
Warum nicht das ZF-Werk Brandenburg erstmal wieder in den Streik gehen lassen und den Druck erhöhen? Warum nicht den Streik weiter ausdehnen, wie die IG Metall es selbst für den Fall des Scheiterns der Verhandlung bereits angekündigt hatte? Und warum dann nicht erstmal in der IG Metall in die Diskussion mit den Gremien gehen, warum nicht mit der Tarifkommission, mit den Streikenden diskutieren: wie weiter? Und warum nicht diesen Betriebsratsfürsten bestimmter Automobilwerke öffentlich offensiv entgegentreten, und zwar während des Streiks, auch um dessen Schwächung entgegen zu wirken, nicht erst hinterher?

Es ist schon bezeichnend, nichts dergleichen wird getan, und Zwickel wendet sich stattdessen gerade an die Medien, an diejenigen, die den Streik die ganze Zeit über verhetzt und verteufelt haben wie noch nie. Mit denen hält es Zwickel, mehr als mit der eigenen Organisation. Noch bevor irgendein Gremium sich dazu geäußert hatte, gibt er die „Empfehlung“ zur Streikaufgabe über die Medien vor, und die verkünden dann umgehend, daß der Streik zu Ende sei. Also: Aufgabe von ganz oben vorgegeben.

Daß dies im direkten Interesse und Zusammenhang mit den hier herrschenden Kreisen steht, geht auch aus Meldungen wie in der „Welt“ hervor: „Am Freitag bestellte der Kanzler IG-Metall-Chef Klaus Zwickel ins Amt. Das Gespräch dauerte 30 Minuten. Wen würde es wundern, wenn Schröder den Gewerkschaftsboss ultimativ aufgefordert hätte, mit dem unsinnigen Streik sofort aufzuhören.“


Jetzt wird versucht, alle möglichen Punkte anzuführen, die den Abbruch des Streiks noch rechtfertigen sollen. Angeblich war die IG Metall nicht in der Lage, der ablehnenden Haltung des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie noch etwas entgegen zu setzen. Es ist schon lächerlich, wenn die IG Metall dem Arbeitgeberverband, der ja Gegner ist, vorwirft, er hätte die Sache an die Wand gefahren. Was erwarten die Leute eigentlich, daß das Kapital ihnen heute noch etwas schenkt? Haben sie noch nicht begriffen, daß die Äußerungen, die gegen sie gehen und immer frecher werden, ernst gemeint sind?

Was allerdings dabei die Weiterführung und Ausdehnung des Streiks betrifft, so hätte das durchaus geschehen können.
Bereitschaft dazu war in den Streikbetrieben, in andern Betrieben und West-Betrieben vorhanden: "Die Herren aus Düsseldorf haben sich doch einen Scheiss dafür interessiert, was wir wollten", "Fast alle hier wollten weiter streiken, doch hat das Herrn Zwickel interessiert?"(Kollege von DaimlerChrysler Ludwigsfelde).
Und die Betriebsrätevesammlung des VW-Konzerns erklärte ausdrücklich noch, daß ihre Belegschaften in den alten Bundesländern bereit seien, den Arbeitskampf ihrer Kollegen durch geeignete Aktionen zu unterstützen.

Jetzt nach dem 29. Juni behauptet Zwickel: „Wir haben keine Möglichkeit, die Streiks auszuweiten“. Und Hasso Düvel, der vor den Kollegen von ZF Brandenburg noch davon sprach, eine ‚Schippe draufzulegen’, sagt heute im Nachhinein:„Wir beenden den Arbeitskampf an einem Punkt, da wir mit den Arbeitgebern keinen Kompromiss erzielten und den Streik nicht so stark ausweiten konnten, um den erforderlichen Einigungsdruck auf die Arbeitgeber zu entwickeln". Das aber ist widerlegt durch die Bereitschaft der Streikenden und die Unterstützung z.B. der VW-Betriebsräte. Außerdem hatte die IG Metall ja selbst noch vor den Verhandlungen erklärt, sie wolle den Streik im Falle mangelnder Lösungsbereitschaft der Gegenseite ausweiten. "Wenn wir am Wochenende keine Lösung im Sinne eines festgelegten Stufenplans zur Einführung der 35-Stunden-Woche erreichen, wird der Westen den Osten unterstützen - durch außerordentliche Betriebsversammlungen und geeignete demonstrative Maßnahmen." (Jürgen Peters)

Das alles aber war nicht mehr angesagt, nachdem Zwickel öffentlich mit den Medien die Aufgabe des Streiks vorgegeben hatte. Das ist der Punkt. Man wollte selbst nicht mehr weiter gehen.

Dieser Streik hatte sich weiter entwickelt, als es die IG Metall-Führung eingeplant hatte. Mit GKN Zwickau, aber vor allem ZF Brandenburg spitzte sich der Streik zu, und seine Wirkung, eine Druckwelle, traf auch Betriebe im Westen wie VW und BMW. Nun war das aktive Eintreten von Belegschaften aus dem Westen in die Auseinandersetzung auf der Tagesordnung und angesagt. Anders als eingeplant, dümpelte der Streik plötzlich nicht mehr vor sich hin, sondern entfaltete eine Dynamik, die, wenn sie weiterlief, nun auch Belegschaften im Westen mobilisieren würde, und dann aus einem gemeinsamen Kampf zum einem Erfolg führen würde. Damit wäre auch das gegenwärtige Bild durchbrochen worden, es gebe nichts außer Abbau. Das kann den Herrschenden nicht in die politische Landschaft passen, in einer Lage, wo bei ihnen Abbau, nochmals Abbau und Entrechtung auf der Agenda stehen, das mußte abgebrochen werden. Und das tat die IG Metall-Führung, allen voran ihr Mann Zwickel. Wie eng die Spitze der Gewerkschaftsführung mit dieser Herrschaft verbunden ist, hat sich hier zwar nicht zum ersten Mal gezeigt, aber in einer Deutlichkeit wie noch nie. Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden gerade auch für die zukünftigen Kämpfe, und man muß sich davon unabhängig machen.  

Klas Ber,
1/2.7.03

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