Internet-Statement 2003-38

 

Aktionskonferenz will bundesweite Demo gegen die soziale Entrechtung

Am Samstag, den 16.8. fand in Frankfurt/M. eine lebendige und ergebnisorientierte Aktionskonferenz zur Vorbereitung bundesweiter Protestaktionen gegen die Vorstöße des Kapitals, der Regierung und der parlamentarischen Parteien zur sozialen Entrechtung statt - gegen „Agenda 2010“, gegen Hartz und Rürup, gegen die Lohnsenkungspolitik, gegen sozialen Kahlschlag, gegen die soziale Kriegserklärung, und wie das sonst noch ausgedrückt wurde.

Aufgerufen von der bundesweiten Anti-Hartz-Koordination, von dem Netzwerk für eine demokratische und kämpferische ver.di und der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken, waren weit über 100 Vertreter von Arbeitsloseninitiativen und anderen Bündnissen der sozialen Gegenwehr, Gewerkschafter und Vertreter von linken politischen Organisationen zusammengekommen, um die Lage, die Widerstandsmöglichkeiten zu diskutieren und konkrete Aktionen zu beschließen.

Unmittelbares Ergebnis war der mit über 95%-iger Mehrheit gefaßte Beschluß, für den 1. November eine bundesweite Demonstration in Berlin auf die Beine zu stellen, die durch regionale und betriebliche Aktionen, insbesondere am 20.10., vorbereitet werden soll. Auf diese Weise soll der bereits in Ansätzen spürbar werdende Druck in der Bevölkerung, daß etwas gegen die Entrechtung passieren muß, einen Ausdruck und wiederum Verstärkung erfahren. Darüberhinaus will man die Bewegung weiter entwickeln, und einen langen Atem dazu. Interessant in diesem Zusammenhang, daß nur der Vertreter der Attac-Führung zusammen mit mehreren weiteren Attac-Rednern bzw. ein oder zwei Anarchos und ein PDSler von der Demo abrieten und z.T. mit absurden Gegenvorschlägen dagegen auftraten (während auch Attac Berlin und Hamburg dafür waren).

Für das politische Klima der Konferenz war u.a. die Betonung der gemeinsamen Interessen von Arbeitslosen und Arbeitenden kennzeichnend, dementsprechend befaßten sich viele Redebeiträge mit der Frage, wie die Belegschaften und die Gewerkschaftsorganisationen dafür gewonnen werden können, den Protest mitzutragen und mit ihren Kampfmöglichkeiten, mit Streiks, Druck auszuüben. Der Angriff auf die Sozialleistungen ist gleichzeitig Angriff auf die Löhne, wurde festgestellt.

In einer ganzen Reihe von Stellungnahmen wurde ganz klar das Kapital und seine politischen Vertreter als der Gegner bezeichnet. Ein Vertreter unserer Organisation wies auf den Zusammenhang der Angriffe des Kapitals mit seiner internationalen Ausbeutung hin, die in den letzten Jahrzehnten weltweit ausgebaut und intensiviert wurde. Er forderte die Protestbewegung auf, in der anstehenden Entwicklung ihrer Politik ins Auge zu fassen, daß man sich international mit dem Kampf gegen die globale Ausbeutung verbindet, und reichte dazu einen kurzen Ergänzungsvorschlag für den Aufruf ein. Die internationale Struktur mit dem Gegensatz einiger weniger relativ wohlhabender und einer großen Mehrzahl armer Länder, in denen Proletariermassen von hunderten von Millionen einer barbarischen Ausbeutung unterliegen, für deren Interessen wir mit eintreten müssen, kann von der Bewegung hier nicht unangegriffen bleiben, weil sie in der Konsequenz auch uns selbst hier zerstört.

Die Orientierung auf reine Protestaktionen und Losungen wie: „Geld ist genug da, gebt es endlich heraus!“ (wobei niemand sagen kann, wie das Kapital durch Demonstrationen dazu gezwungen werden soll), wird zumindest von einem Teil der Anwesenden im Ansatz als unzureichend empfunden. Das wurde spürbar. Wenn jetzt die Aktionen breiter und öffentlich wahrnehmbarer werden, kann auch die politische Debatte in der Bewegung mehr in die Tiefe gehen, und unsere Gruppe wird weitere Anstrengungen dazu unternehmen. Weg vom kleinbürgerlichen Sozialstaats- und Besitzstandsdenken, hin zur Orientierung am tatsächlichen Klassenkampf, an der internationalen Wirklichkeit, und Entwicklung einer progressiven Politik im Lande, das ist unserer Meinung nach notwendig.

Walter Grobe
18.08.03

 

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