Internet-Statement 2003-39
21. August 1968 – Vor
35 Jahren besetzten die UdSSR und vier weitere Warschauer Vertragsstaaten
die CSSR 21.August 2003
Kein Wunder also, daß sich Risse im sozialistischen Lager zeigen mußten, und daß der Widerstand der Völker und Nationen und des Proletariats in diesen Ländern sich auf verschiedene Weise kanalisieren mußte. Die revisionistischen Parteien kontrollierten die Arbeiterbewegung
und ließen keine Kritik an dem Revisionismus innerhalb ihres Landes zu,
im Gegenteil, sie unterdrückten alle diejenigen, die mit dieser Kritik
auch nur anfingen. In der Tschechoslowakischen
Sozialistischen Republik kam es Anfang 1968 zu einem gewissen Umsturz,
als Alexander Dubcek mit seiner Gruppe auf Grund der Unzufriedenheit die
Führung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei gewann und versprach,
„demokratische Reformen“ im Lande durchzuführen, die gegenüber dem Bürokratismus
und der Willkür, wie sie sich in der Chruschtschow-Ära breitgemacht hatten,
angeblich einen Ausweg boten. Die Erstarrung galt auch für die CSSR. Noch
Anfang der fünfziger Jahre war die Sowjetunion dort sehr populär gewesen,
jetzt hatte sich das erheblich geändert. In ihrem Wesen aber waren es
liberale Reformen, was die Dubcek-Leute propagierten. Als ein Herausscheren der Tschechoslowakei aus dem Warschauer Vertrag und dem COMECON drohte, als die Sache sich zuspitzte und die Kritik immer weitere Formen innerhalb der Tschechoslowakei annahm, griffen die UdSSR, die DDR, Ungarn, Polen und Bulgarien zum Mittel der Besetzung der Tschechoslowakei. Damals gab es in ganz Europa eine beginnende heftige Diskussion um den Sozialismus, ein neues Studium des Marxismus, das sich auch zunächst einmal in solchen „demokratischen sozialistischen“ Formen vollzog, eine Hinwendung zum Marxismus und Leninismus erfolgte anhand der Realität alsbald. Zweifellos weisen die
Vorgänge um die CSSR äußerst unterschiedliche Seiten auf. Hätte nicht
ein Ausscheren der CSSR damals schon ein Roll-Back und eine kapitalistische
Offensive, wie wir sie heute auf der ganzen Welt spüren, bedeutet? Nun,
die USA standen damals mehr auf Abgrenzung der Bereiche in Europa, sie
verfolgten vorrangig andere Ziele in dieser Zeit. Der Status Quo war auch
für sie günstig, gerade er war eine Grundlage für eine dauerhafte Infiltration.
Es mag sein, daß so mancher
Kommunist und Offizier in der DDR der Ansicht war, daß man zu diesem
Schritt 1968 greifen mußte, um
einen weiteren Zerfall zu verhindern. Nicht die Position der KPdSU mit ihren Formen des Revisionismus und ihrer Kritik an dem „tschechoslowakischen Modell“ bildete einen Ausweg, sondern nur die grundsätzliche Kritik an diesen gesamten Richtungen selbst. Wobei die kreative Anwendung der marxistisch-leninistischen Theorie, daß man sich der Wirklichkeit in ihrem Facettenreichtum stellt, ein unabdingbares Muß für die Entwicklung einer tragfähigen Linie ist. Diese Ereignisse des August 1968 aber bahnten der politischen
Diskussion und der politischen Auseinandersetzung in ganz Europa den Weg. Die Besetzung der Tschechoslowakei durch die Warschauer-Pakt-Staaten war somit unfreiwillig auch ein Motor sich verstärkt mit dem Marxismus zu befassen; auch die tschechoslowakische Bewegung selbst lehnte die Befassung mit dem Marxismus nicht ab, wenn auch in einer ganz bestimmten Form, und man nach neuen Wegen, wie es damals hieß, suchte. Man muß unbedingt auch die Vielschichtigkeit der damaligen Ereignisse sehen. Es kam zum Beispiel in Berlin(West) zu einem unvergeßlichen
Ereignis. Wenige Tage nach der Besetzung gab es eine große Schülerdemonstration
in Berlin, die die Besetzung durch die UdSSR und ihre verbündeten Staaten
entschieden verurteilte. Dies war nicht der, aber einer der Impulse, warum die ML-Bewegung in der Folgezeit radikal emporschnellte. Den Revisionismus und den sogenannten Demokratischen Sozialismus, den Dubceks Leute vertreten haben vergaß man sehr schnell, man sah, daß dies keine Möglichkeit bietet, im Gegenteil: die Klassiker des Marxismus begriff man, und man begriff zunehmend die Unversöhnlichkeit des Widerspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital und zwischen kapitalistischem Staat und breiter revolutionärer Massenbewegung in den kapitalistischen Ländern. Die weiteren Ereignisse gingen dann dahin, daß das Kapital versuchte, die Folgen dieser Bewegung in den Jahren 69, 70, 71 , als sie immer stärker anschwoll, mit allen Mitteln zu bekämpfen. Die soziale Entwicklung innerhalb der kapitalistischen Länder, etwa der Bundesrepublik, mit der Ersetzung großer Teile der Arbeiterklasse durch Ausländer und dann der radikalen Wegänderung in Richtung Export der Arbeitsplätze nach außen, die bis heute anhält und deren soziale Folgen wir jetzt erst ganz und gar zu spüren bekommen werden, wurde in die Wege geleitet. Man sieht daran ,wie wichtig diese ganze Epoche von 1967 bis 1975 für unsere eigene Weichenstellung heute ist. Deswegen lohnt es sich, auch noch einmal an dieses singuläre Ereignis vom 21. August 1968 zu erinnern. Interessanterweise findet dieser Jahrestag kein großes Echo in der bürgerlichen Presse. Das ist auch unangenehm. Hat man nicht früher Breschnjews Theorie der begrenzten Souveränität angeprangert? Was ist aber schon die Theorie der begrenzten Souveränität im Vergleich zu dem heutigen Interventionsanspruch der USA und deren Leugnung der nationalen Unabhängigkeit auf der ganzen Linie, was ist sie im Vergleich zu dem Interventionsanspruch, den fast alle größeren kapitalistischen Staaten heute erheben, der zum Standard der Anschauungen werden soll? Aller sogenannter Befreiungsanspruch, den diese Kräfte vortäuschten, hat sich in Luft aufgelöst, und an die Stelle ist der nackte unmittelbare Kapitalismus getreten. Redaktion Neue Einheit
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