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Statement 2003-50
Warum Harald
Rein nicht Redner der Demo am 1.11. werden darf
Welche Vorstellungen vertritt H. Rein, und wie steht er wirklich
zur Protestbewegung gegen die soziale Entrechtung?
Eine kurze Dokumentation
23.10.03
I.
Anti-Hartz-Koordination, bundesweites Treffen am 19.7.03 in Frankfurt
am Main:
Harald Rein von der Bundesarbeitsgemeinschaft der unabhängigen Arbeitslosengruppen
(BAG-E) muß sich gegen Vorwürfe verteidigen, daß der Runde Tisch der Erwerbsloseninitiativen
eigenmächtig den Plan einer zentralen Veranstaltung der bundesweiten Anti-Hartz-Koordination
im Juni abgesagt hatte. Er sagte u.a.: "Wir hatten den Eindruck,
daß keine Basis für die Organisation einer zentralen Veranstaltung in
den Bündnissen vorhanden ist." Damit steht er in dieser Runde
weitgehend allein.
Sie beschließt später in der gleichen Sitzung mit allen Stimmen gegen
eine einzige Enthaltung, nicht nur eine zentrale Veranstaltung, sondern
ein Treffen im August zwecks Organisation einer zentralen Demonstration
gegen die sozialen Angriffe zu veranstalten, die später so genannte Aktionskonferenz
vom 16.8.03. H. Rein gehört in der Diskussion zu den Gegnern dieses Vorhabens.
Er erklärt: "Wir werden keinen Massenprotest von Arbeitslosen
bekommen." Zur Mobilisierung in den Betrieben hat er nur verächtliche
Äußerungen übrig.
II.
Bei der Aktionskonferenz am 16.8. 03 in Frankfurt am Main unterläßt H.
Rein Wortbeiträge, macht aber durch sein Verhalten deutlich, daß er weiterhin
dem Plan einer zentralen Demo nichts abgewinnen kann, der dann mit überwältigender
Mehrheit beschlossen wird.
III.
In einem Beitrag in "linksnetz" unter dem Titel "Erwerbszentrierung
- und kein Ende!" tritt Rein für das sog. "Existenzgeld"
ein. Er führt eine "Diskussion" an,
"in der seit einiger Zeit, nicht nur unter Arbeitslosen- und
Sozialhilfeinitiativen, die bisherigen traditionellen Vorschläge, Wege
aus der Arbeitslosigkeit zu finden, kritisiert werden und die Alternative
eines bedingungslosen, existenzsichernden Einkommens aufgezeigt wird."
An anderer Stelle des Beitrags bezieht sich Rein ausdrücklich lobend auf
Äußerungen aus der Evangelischen Kirche Deutschlands, in der die Provokation
gegenüber den Arbeitern auf die Spitze getrieben wird und es faktisch
heißt: wer gar nicht arbeiten will und die Last der Produktion anderen
überläßt, ist diesen gegenüber der Gönner und der moralisch Überlegene:
"Logische Konsequenz aus dem bisher Gesagten ist die Forderung
nach einem ausreichenden und bedingungslosen Einkommen für Alle. Vorschläge
in diese Richtung gibt es bereits von Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen
(Existenzgeld), und auch in anderen gesellschaftlichen Feldern wird
diskutiert. So findet sich in der jüngsten Ausgabe des evangelischen
"Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt" (kda) unter
der Überschrift "Wer nicht arbeitet, soll trotzdem essen"
folgende Ausführung:
"Moralisch gut ist eher der zu nennen, der die knappe Ressource
Erwerbsarbeit anderen überlässt und auf dieses Privileg verzichtet...
Das Grundeinkommen kann dann als eine Art 'Ausstiegsprämie'
für den Verzicht auf einen Erwerbsarbeitsplatz verstanden werden."
Und:
"In dieser Situation weist ein staatlich garantiertes Grundeinkommen,
das die Existenz des einzelnen sichert ohne diskriminierende Bedingungen
wie Bedürftigkeitsprüfung und Arbeitsverpflichtung, einen Ausweg, der
als sozial gerecht zu bezeichnen wäre."
(kda, Nr. 2/2002)
IV.
Im gleichen Beitrag nimmt Rein zustimmend Zitate aus einen Vortrag von
Erich Ribolits auf. Dieser Vortrag "Die Arbeit hoch? Bildung und
Bildungspolitik für eine menschenwürdige Gesellschaft", gehalten
vor dem "Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschafter" am 21.11.2001,
bringt eine klerikalfaschistische Hetze gegen die Neuzeit, die Bedeutung
der Arbeit in der menschlichen Geschichte überhaupt und insbesondere gegen
die moderne Arbeiterklasse vor und macht sie zur Grundlage politischer
Forderungen. Dies muß noch näher charakterisiert werden. Hier nur als
ein erster Anhaltspunkt:
"Bis an die Schwelle zur Neuzeit hatte die Arbeit im Bewusstsein
der Menschen den Status einer auferlegten bitteren Notwendigkeit, der
sich jeder, der es sich leisten konnte, entzog. Erst danach setzte ein
Prozess ein, in dessen Verlauf sie sukzessive ihren Makel als ein von
Gott auferlegtes Übel
abschüttelte und zur Tugend umgedeutet wurde. Sie erlangte zunehmend
den Status der grundlegenden Bestimmungsgröße des Menschen. Indem das
Besondere am Menschen immer weniger in seiner unsterblichen Seele und
immer mehr in seiner Fähigkeit gesehen wurde, das Schicksal durch Intelligenz
und Willenskraft zu bestimmen, wurde Arbeit zur neuen Definitionsgröße
des Menschen. Sie wurde zu jener Größe hochstilisiert, die - wie es
Friedrich Engels später einmal formulierte - den Affen zum Menschen
gemacht hat."
(Zusammengestellt von Christoph Klein, GNE)
Protestschreiben
von Christoph Klein 23.10.03 gegen die Nominierung von Harald Rein als
Redner für die Demo am 1. 11. an die mailing-Liste „Vorbereitungskreis“
der Demo:
Ich muß entschieden
gegen Absichten protestieren, Harald Rein von der "Bundesarbeitsgemeinschaft
der unabhängigen Arbeitslosengruppen (BAG-E)" zum Redner der Abschlußkundgebung
der Demo am 1.11. in Berlin, oder überhaupt zum Redner dort zu machen.
H. Rein vertritt in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche Deutschland
(EKD) extrem arbeiterfeindliche Forderungen wie "Existenzgeld",
d.h. kurz gesagt die Forderung, daß die Arbeiter all denen in dieser Gesellschaft,
die nicht arbeiten wollen, eine sorgenfreie Grundsicherung garantieren.
Rein und die EKD gehen in gedruckten Beiträgen noch weiter: nicht nur
sollte man die Arbeiter auf diese Weise mehr malochen lassen, sondern
ihnen auch noch bescheinigen, daß derartiges Parasitentum ihnen
moralisch überlegen sei.
Rein gehörte im Lauf der Vorentscheidungen für die Demo zu den deutlichsten
Gegnern der Politik, die Betriebe und Gewerkschaftsorganisationen in die
Bewegung gegen den soziale Entrechtung einzubeziehen, angesichts seiner
grundsätzlichen Position kein Wunder, und hat mehrfach sich überhaupt
gegen zentrale Protestveranstaltungen überhaupt ausgesprochen. Einen derartigen
Vertreter zum Redner zu machen, provoziert nicht nur die arbeitende Bevölkerung
und die gewerkschaftlich Organisierten, sondern alle, die für die Demonstration
sich einsetzen. Es würde die ganze Demo zu einer Absurdität machen, wenn
als ihr Redner jemand auftritt, der Arbeitslosigkeit in Parasitismus transformieren
will, für eine Steigerung der Ausbeutung eintritt und eigentlich gar nicht
will, daß spürbarer Protest organisiert wird.
Christoph Klein
(Mitglied der Gruppe Neue Einheit, ver.-di.-Mitglied, Mitarbeiter der
Ruhrgebiets-AG Soziale Grundrechte)
www.neue-einheit.com |