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Statement 2003-52
Die große
Demonstration und wie weiter
Am 1. November demonstrierten 100.000 Teilnehmer gegen
den Sozialkahlschlag, gegen die soziale Entrechtung. Das wichtigste aber
ist, daß diese Demonstration von unten angeregt und organisiert
worden war und gegen den öffentlichen Druck behauptet wurde. Sie
wurde von uns von Anfang an unterstützt und gegen verschiedenste
Widerstände durchgesetzt. Die soziale Entrechtung wird von einem
politischen System betrieben, das sich mit eigener Verschuldung in den
Bankrott gewirtschaftet hat und die Folgen seiner eigenen Handlungsweise
auf die eigene Bevölkerung, auf die Arbeitenden wie auf die Freigesetzten
abwälzen will. Deshalb kommt dieser Demonstration eine Pilotbedeutung
zu. Alle Beteiligten sind sich darüber einig, daß die vorwändigen
Phrasen der Gewerkschaftsführer, die bisher behauptet haben, es sei
nicht möglich, gegen die 'Hartz'-Konzeption zu mobilisieren, öffentlich
zunichte gemacht worden sind. Diese Demonstration ist ein wichtiger Schlag
gegen alle, die die soziale Entrechtung ohne Widerstand, ohne daß
die Bevölkerung ihren Widerstand überhaupt nur artikulieren
kann, durchsetzen wollen. Sie sind aber darauf angewiesen, ihre Konzeption
möglichst ohne Widerstand durchzusetzen.
Die Demonstration zeigt auch, daß es
nun weitergehen muß mit anderen Aktionen, die Zugang und Verstärkung
in der gesamten Bevölkerung haben können. Die Demonstration
hatte neben einer Großzahl von Teilnehmern aus der ganzen Bundesrepublik
auch einen unmittelbaren Zulauf aus der Bevölkerung in Berlin. Je
weiter die konkreten Maßnahmen der sogenannten "Reformen"
nun greifen werden, desto größer wird der Druck und der Wille
zu Gegenaktionen werden. Auf all denen, die diese nun organisieren, lastet
daher eine große Verantwortung. In der Tat können wir uns jetzt
nicht ausruhen.
Die Berichterstattung der Medien versuchte
vor allem, Attac als den Träger dieser Demonstration in den Mittelpunkt
zu bringen. Auf dem Bild der Demonstration aber zeigt sich, daß
sie vor allem gewerkschaftlich geprägt war. Überraschend war
eigentlich die starke Beteiligung von Betrieben auch aus dem produzierenden
Gewerbe (Metallsektor), die noch auffälliger war als die ebenfalls
starke Beteiligung von Ver.di.
Manche der vorherigen Auseinandersetzungen um Redner traten angesichts
der überwältigenden Entwicklung in den Hintergrund. Die inhaltlichen
Fragen, die sich allerdings in diesen Fragen verbergen, werden uns weiter
beschäftigen, ob wir das wollen oder nicht. Auch um die Frage des
Inhaltes des Kampfes muß und wird es Diskussionen geben, das ist
selbst Bestandteil lebendiger Demokratie der Linken. Man kann nicht gegen
"das Parteiengezänk" agitieren, das ist eine rechte Losung.
Inhaltlicher Streit unter Linken, auch die Auseinandersetzung mit falschen
Phänomenen in den eigenen Reihen, gehören nun einmal zu einer
wirklichen Massendemokratie, und sie führen auch weiter.
Der gewaltige Erfolg dieser Demonstration zeigt auch die Richtigkeit der
Konzeption. Dieser Erfolg wäre nicht zustande gekommen, wenn eine
bestimmte Partei sich in den Vordergrund geschoben hätte, die noch
zudem äußerst unpopulär unter allen übrigen Linken
ist, und die aufgrund ihres Charakters vollkommen zurecht als dominierender
Träger der Abschlußveranstaltung abgelehnt wurde. Ohne diese
Korrektur hätte diese Demonstration nicht den Zuspruch gehabt.
Der außerordentliche Zulauf beweist, daß das Konzept, sich
auf möglichst breite Faktoren zu stützen, richtig war. Meldungen
aus den Betrieben zeigen auch, daß die vorherige in den Vordergrund
geschobene Beteiligung der MLPD und ihrer Seitenorganisationen benutzt
worden ist, um im Vorfeld die Demonstration zu behindern und genau das
zu verhindern, was jetzt eingetreten ist: eine große Demonstration.
Der Erfolg ist das Ergebnis auch des gemeinsamen Bemühens verschiedener
Kräfte, eine solche Demonstration gegen alle Widerstände durchzusetzen.
Dabei mußten auch Kompromisse eingegangen werden, so wird es auch
in der Zukunft sein. Sowohl Streit als auch Kompromißbereitschaft
- jedenfalls innerhalb eines gewissen Rahmens - sind die Grundlage einer
vorwärtsführenden Bewegung.
Das Konzept der Demonstration war diesmal
noch äußerst allgemein. Internationale Zusammenhänge standen
wenig oder kaum im Vordergrund, aber es ist im Wesen einer solchen Demokratie
begründet, daß durch die weitere Entwicklung selbst auch solche
Themen wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Es kommt nun darauf an, möglichst bald eine Auswertung der Demonstration,
und zwar von dem Kreis, der diese Demonstration von Anfang an getragen
hat, vielleicht am besten in Berlin selbst, zu organisieren und das weitere
Vorgehen zu beraten. Davon ausgehend kann eine neue Konferenz vorbereitet
werden, denn das Potential, von Organisationen und gewerkschaftlichen
Kräften, die diesen Protest tragen können, ist bei weitem noch
nicht ausgeschöpft.
Hartmut Dicke
Gruppe Neue Einheit
3. November 2003
www.neue-einheit.com
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