Internet Statement 2005-16

 

4.März 2005

Inwieweit macht es Sinn, von der jetzigen Regierung das Verbot der Neofaschisten zu fordern?

 

Es gibt verschiedene Organisationen, die in in Fragen des Faschismus betont mit der Forderung nach dem Verbot der Neofaschisten durch die jetzige Regierung hervortreten. Welchen Sinn macht das aber, wenn wir beobachten können, daß die jetzige Regierung selbst mit den Neofaschisten operiert, daß die Verfassungsschutzorgane dieses Landes in vielfältiger Weise mit Aktionen und Propagandaauftritten der NPD wie anderen neofaschistischer Gruppierungen verbunden sind und sich sogar der Anstiftung besonders schlimmer rassistischer Ausfälle schuldig gemacht haben? Was zeigt sich an diesem Punkt?

Wir verfügen schon über eine beträchtliche Reihe an Erfahrungen mit dem Neofaschismus seit der Zeit des Umbruchs von 1989/90. In den 90er Jahren kam es zu den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen und anderswo, schon damals konnte man feststellen, daß bestimmte staatliche Organe und Medien diesem Neonazismus eine Menge Publicity zuschanzten und ihn hochspielten. Schon damals mußte man aufgrund der politischen Zusammenhänge sehen, daß Organe dieses Staates selbst in der Förderung des Neonazismus stecken, der dann mit der Forderung der Unterdrückung von "rechter und linker Gewalt" bzw. "rechtem und linkem Extremismus" hervortritt.
Es gab z.B den üblen Bombenanschlag im Jahre 2000 in NRW, in dessen Folge es zu einer ganzen langen Lawine von Beschuldigungen des "latenten Antisemitismus" und "allgemeiner Fremdenfeindlichkeit" angeblich beim Gros der deutschen Bevölkerung kam. Und was ist jetzt in den letzten Jahren herausgekommen? Es kam im Zusammenhang mit dem Antrag auf Verbot der NPD heraus, daß ungefähr 15% der Kader in allen Leitungsorganen der NPD vom Verfassungsschutz gestellt sind. Der "Verfassungsschutz" in NRW wird dabei häufig erwähnt. Es gibt eine regelrechte Grauzone von Leuten, die mit Wissen von beiden Seiten sowohl dem Verfassungsschutz als auch der neonazistischen Szene offensichtlich mit Überzeugung angehören.
Das Begründung des Bundesverfassungsgerichts zur Ablehnung des Verbotsantrags gibt darüber deutliche Aussage. Es geht nicht nur darum, daß Beobachter von seiten der Staatsorgane in die NPD oder die anderen neofaschistischen Organisationen gesteckt werden, sondern es geht um "V-Leute", die aktiv neofaschistische Propaganda und praktische Aktionen vorantreiben. Jetzt kommen solche Gesetzesvorstöße, die in der Öffentlichkeit als Verbotsmaßnahmen gegen Neofaschisten ausgegeben werden, und tatsächlich viel mehr sind, die gesetzliche Grundlage schaffen sollen, gegen revolutionäre, linke Propaganda vorzugehen.

Es ist eben so, daß der Neofaschismus in dieser staatlichen Ordnung selbst verankert ist, und nicht nur darin, sondern auch in dem, was über dieser staatlichen Ordnung steht, d.h. in der Herrschaft der USA und derjenigen Kräfte der Bourgeoisie, die damit besonders eng verwoben sind. Die Neonazis werden zur Deckung der herrschenden Verhältnisse eingesetzt, und die Regierung benutzt diese Kräfte ziemlich ungeniert. Im Zentrum der Handlungen der linken unbd revolutionären Organisationen muß die Entlarvung dieses Operierens mit der NPD und anderen Organisationen stehen. Ausgerechnet an diese selbe Bundesregierung zu appellieren, sie solle mit Verbotsmaßnahmen die NPD bekämpfen, wer kann das wirklich annehmen? Appellieren wir damit nicht an diejenigen, die die NPD selbst zu einem erheblichen Teil betreiben?

Es gibt auch geschichtliche Erfahrungen mit Verboten. Mehrfach wieder war es schon in der Weimarer Republik so, daß es Verbote faschistischer Organisationen gegeben hat, aber sie waren immer eine halbe Sache und sie haben nicht lange vorgehalten. In letzter Konsequenz werden immer bevorzugt die linken, revolutionären Organisationen verboten.
Um den Neofaschismus zu bekämpfen, muß er vor allen Dingen inhaltlich bekämpft werden. Daß der Faschismus sich in den Jahren von 1919-1933 ausbreiten konnte, hängt maßgeblich damit zusammen, daß die KPD und überhaupt revolutionäre Organisationen in diesem Land die internationale Lage, die internationale Ausbeutung und Unterdrückung Deutschlands, also die nationale Frage falsch einschätzten. Von den Faschisten wurde eiskalt dieser Mangel genutzt. Auch damals wurde die Bevölkerung z.T. in die Verzweiflung getrieben, und der Faschismus von internationalen wie vom eigenen Kapital eiskalt zur Anknüpfung an die Not und das Elend genutzt.
Alles muß daran gesetzt werden, diese Regierungsmaßnahmen, diesen Betrug zu entlarven und öffentlich zunichte zu machen. Das muß jedenfalls das zentrale Kettenglied sein. Hoffnungen auf die Regierung sollte man lieber nicht setzen. Wir haben uns der Realität zu stellen und die Realität zu predigen.

RedakNE
-hd

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