Internet Statement 2005-26
Die Diskussion in den Parteien und Medien über Mindestlohn „Der
Klassenkampf ist vorbei, Herr Bsirske!“ - ?? Im Lande finden jetzt viele Diskussionen statt über die gezielte Verdrängung von Arbeitskräften durch preisgünstigere Arbeitskräfte vor allen Dingen aus Osteuropa. Obwohl dieser Vorgang nichts Neues darstellt und prinzipiell schon seit 25 Jahren auf der Tagesordnung steht, gewinnt dieses Thema eine immer erheblichere Brisanz, weil in immer größeren Kernbereichen der noch verbliebenen Produktion, der Lebensmittelindustrie und dem Dienstleistungsgewerbe diese Praktiken Einzug finden. Heute setzt selbst die Deutsche Bank ihre bis dahin noch relativ gut bezahlten Angestellten in die Arbeitslosigkeit, um die Profite des Bankwesens zu maximieren. Es sind die gleichen Angestellten, die bei der Verwaltung des Bankwesens an der Vernichtung unzähliger andere Betriebe und der Übervorteilung von Sparern mitgewirkt haben. Das hat selbst bei der SPD zu einem Aufschrei geführt. Am Sonntag, 17.4. 05, gab es z.B. in der ARD gleich zwei Sendungen, die sich mit dieser Frage befaßt haben. Jene Diskussionssendungen, die oft schon nur noch durch Langeweile glänzen, wurden durch diese Thematik noch zu gewissen Streitforen, am Mittag der „Presseclub“ und am Abend die schon oft mit Spott überzogene Sendung der Sabine Christiansen. Was sich hier die verschiedenen Vertreter an den Kopf warfen, ist gewissermaßen von Interesse. Keiner hat einen Rat, wie die Dinge gelöst werden können, aber immerhin vermögen sie sich untereinander in der Falschheit ihrer Positionen etwas aufzuzeigen. Es geht jetzt um das Thema Mindestlohn. Ganz sicher kann durch ein solches Gesetz nichts Wesentliches an dem gegenwärtigen Verfall der Löhne und dem systematischen Absenken der Löhne, die die Arbeitskräfte in diesem Land faktisch zu einem Nichts verurteilen, ihnen die Existenz zerstören, aufhalten, es sei denn es gelingt, zu gemeinschaftlichen Aktionen etwa in Osteuropa mit den dortigen Arbeitskräften zu kommen. Es mag sein, daß in diesem oder jenem Punkt das Gesetz gegen einen völligen Absturz der Löhne etwas greift, an dem Wesen der Sache kann es nichts ändern. Und es werden sogar eine Reihe von Argumenten angeführt, warum zu erwarten ist, daß in vielen Fällen sogar ein Mindestlohn unterlaufen wird, gerade durch die Gesetze, die die Schröder-Regierung selbst geschaffen hat, wie Ich-AGs oder ganz einfach durch Schwarzarbeit, die dann diejenigen, die den verbrieften Mindestlohn haben, aus der Arbeit herausdrängt. Die in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen machen klar, wie sehr diese Fragen die ganze Nation, alle sozialen Schichten bewegen, wenn auch aus ganz verschiedenem Gesichtswinkel. Denn es merken alle auf ihre Weise, daß hier grundlegend etwas umgewälzt wird. Wenn die Grünen-Vertreterin Antje Hermenau selbst einem Mann wie dem Ver.di-Vorsitzenden Bsirske, der vielleicht eine gewisse soziale Einstellung hat, vorwirft: „Der Klassenkampf ist vorbei, Herr Bsirske!“, dann zeigt das, wo diese Leute heute stehen, und gleichzeitig weist sie mit dem Finger darauf hin, worauf es ankommt. Der Klassenkampf ist allerdings nicht vorbei, er findet nämlich voll statt, die Bourgeoisie und die besitzenden Klassen überhaupt führen ihn rund um den Globus, und die andere Seite ist dabei, zu ihm auch bewußt und auf einer neuen Ebene zurückzukehren. Die Grünen stehen in ihrer Mehrheit auf der Position der Antje Hermenau, daß eine bestimmte Periode größten Wohlstandes ’etwas absackt’, wie sie meinte. Was meint sie wohl, wie die Leute, die heute für halbe und Drittel-Gehälter die gleiche Arbeit machen oder den Zehnstunden-Tag haben, so etwas sehen, wenn diese auf dem Parasitismus schwimmenden Vertreter dieser Partei so etwas vertreten? Sie sagt nur aus, was andere in den Parteien genauso empfinden. Steinbrück z.B. sagte ebenso deutlich, ’das alte Wohlstandsparadigma zieht nicht mehr zu Anfang des 21. Jahrhunderts.’ In der Tat, der revolutionäre Druck ist weg, die Bourgeoisie meint, sie kann machen, was sie will. Sie pfeift auf den sog. sozialen Charakter des Staates, den sie nur zugestanden hat, solange dieser Druck existierte. Infolgedessen wird die Rechtlosigkeit wachsen, bis wieder grundsätzlich da angepackt wird, was den Druck wiederherstellt. Das Kapital produzierte unweigerlich und mit großer Geschwindigkeit eine Bewegung zur Ablösung des Kapitals und seiner Herrschaft, und heute reproduziert sich das Gleiche auf internationaler Ebene. In der anderen Diskussion „Presseclub“ tat sich ein gewisser Autor, Frank Sieren, hervor und spielte den Realisten und erklärte, diejenigen, die die Arbeit verlieren, müßten sich mit den Gegebenheiten der internationalen Ökonomie abfinden, sich bemühen, erst mal ein klares Bild der Lage zu beschaffen. Auf die Fragen, was ihnen das nütze, konnte er auch keine Antwort geben, aber es war interessant, was er hier dem Lande empfiehlt. Letztlich wollte Sieren damit sagen: der chinesische Staat wird mit der gegenwärtigen Situation fertig, weil er es ideal versteht, seine massenhaften Arbeitskräfte zum Spottpreis zu verkaufen. Solche Journalisten sind zu direkten Bewunderern des heutigen China geworden. Das ganze Konzept der heutigen chinesischen Führung, dieser Umstürzler des Sozialismus der früheren Zeit beruhte darauf, daß man die Arbeitskraft im eigenen Land zu Billigstpreisen an das internationale Kapital verkauft, zugleich aus der Zusammenarbeit mit dem ausländischen Kapital den eigenen Gewinn zieht, das Know-how ins eigene Land zieht und versucht, mit dieser eigenen Produktion neue Weltmachtbestrebungen aufzubauen. Bei all den Diskussionen wurde weggelassen, daß hier die Entwertung der eigenen Arbeitskräfte, die Produktionsverlagerungen und zum Schluß der Billigimport von Arbeitskräften, gezielt vorangetrieben worden ist und nicht etwa nur über die Länder gekommen ist als unabänderliches Schicksal. Alles wurde getan, damit die Arbeiter und Angestellten in diesem Land sich selbst nicht wehren, damit nach Möglichkeit ihnen Sand in die Augen gestreut wird. Man mußte keineswegs ohnmächtig in der ganzen Situation sein. Wenn die Arbeiter schon vor zehn Jahren begriffen hätten, daß dies auf sie zukommt, dann hätte man einige der extremsten Entwicklungen verhindern können. Das gilt für alle Länder, sowohl für die in den USA, den Niederlanden, Deutschland, Japan usw. Das Problem, daß das Kapital sich internationalisiert und einen rücksichtslosen Angriff gegen die Arbeitskräfte in den früheren industrialisierten Zentren führt, zeichnete sich schon vor zehn Jahren deutlich ab, und nicht nur vor zehn, sondern schon vor zwanzig und dreißig Jahren. Gewerkschaftliche Kräfte in der Bundesrepublik hätten durchaus eingreifen können, dagegen etwas unternehmen können. Alleine die Tatsache, daß im unmittelbar angrenzenden Bereich Osteuropa Volkswirtschaften haben entstehen können, in denen es faktisch keine gewerkschaftlichen Rechte gibt, während große Gewerkschaften in Ländern wie Frankreich, Deutschland, Großbritannien dabei zuschauten und nur davon redeten, hier einzelne Regelungen zu behalten, die Tarifautonomie beizubehalten usf., und sich vor allen wirklichen Problemen drückten, veranschaulicht doch das Wesen dieser Organisationen. Es ist ihre enge Staatsverbundenheit, ihre partielle Eingebundenheit in die herrschenden Klassen selbst , die die Ursache dafür ist. Die jetzige Debatte um den Mindestlohn kommt jedenfalls von jenen Parteienvertretern, die an der Unterminierung der Position der arbeitenden Klasse deutlich mitgewirkt haben. Wenn sie davon ablenkt, daß endlich von unten und in gemeinsamer Aktion mit den Kollegen in Osteuropa und dann auch darüber hinaus die Gegenwehr in Angriff genommen wird, dann ist sie sogar von Schaden. Jede Weckung eines Vertrauens auf die, die die systematische soziale Demontage betreiben, bewirkt das Gegenteil von dem, was vorgeblich das Ziel ist. Vergeblich versuchte Bsirske dagegen zu halten: ’wollen Sie wirklich, daß die Leute für 3 oder 4 Euro arbeiten, für am Schluß 650€, alles in allem unter Sozialhilfeniveau?’ Ja, sie wollen, und sie sagen es der Bevölkerung, die sie mit ihren Phrasen über Jahre belogen haben, immer deutlicher frech ins Gesicht. Sie wollen einen großen Teil der Bevölkerung in Zustände versetzen, in denen die Menschen gezwungen sind, Raubbau an sich selbst zu treiben. Und wenn man verfolgt hat, wie die Grünen entstanden sind, was ihre Motive sind, dann braucht man sich über diese Partei auch nicht zu wundern. Die Kampagne gegen die Industrialisierung, die Kampagne gegen die Atomenergie, für die Rückkehr der Handarbeit verbunden mit Vorwürfen an die Massen, daß sie nach „Reichtum“ streben, stand an ihrem Beginn. Man befindet sich auch nur mit einer sozialen Einstellung bei den Grünen in der falschen Partei, die schon als Gründung, von ihrer gesamten Einstellung her stockreaktionär ist. Red NE- hd
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