Internet Statement 2005-27

 

 

Die Regierung muß weg!

 

Diesen Ruf hörte man in den letzten Monaten im ganzen Land, und die Verschlechterung der Lage für die Bevölkerung, die bürokratische Drangsalierung, das Beladen der gesamten Bevölkerung und der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion mit bürokratischen absurden Gesetzen läßt den Ruf nach dem Sturz der Regierung im ganzen Land immer lauter werden. Die Regierung und die dahinter stehenden gesellschaftlichen Kräfte versuchen, auch angesichts der wieder näher heranrückenden Bundestagswahlen 2006, nach allen ihren asozialen Schandtaten sich wieder den äußeren Anstrich einer sozial bemühten Regierung zu geben. ´Schröder, der sich in dieser oder jener Frage noch weitergehenden sozialen Verschlechterungen verweigert, Schröder, der Partner der Gewerkschaften`, usw. Aber diesmal darf die soziale Maske, die nun schon zum wievielten Male sich als Betrug erwiesen hat, nicht mehr zählen. Die Regierung muß weg, und dabei muß es bleiben!


Bereits seit Ende 2003 gab es eine umfangreiche soziale Bewegung, die den Protest gegen die Hartz-IV-Gesetzgebung und gegen alle übrigen sozialen Verschlechterungen dieser Regierung zum Ausdruck brachte. Dann wurde diese Bewegung zum Schein von den Gewerkschaften mit unterstützt, um sie alsbald schmählich im Sande verlaufen zu lassen. Dies ist die Gesetzmäßigkeit, die man immer erneut an den gewerkschaftlichen Spitzen beobachten kann und die wohl auch garnicht anders sein kann, denn sie sind mit dem ganzen Staat aufs engste verbunden.

Die Schröder-Regierung muß weg! Dieser Ruf erschallte auch schon im Zusammenhang mit den Demonstrationen in der zweiten Hälfte des Jahres 2004. Für sich genommen war dieser Ruf garnicht falsch. Allerdings war es eine Illusion, daß es besser werde, wenn diese Regierung nur wegen Hartz IV gestürzt wird. Von der CDU/CSU oder gar der FDP ist keinerlei Besserung in puncto Hartz IV oder ähnlichen Gesetzen zu erwarten. Solche Gerüchte und Erwartungen in Umlauf zu setzen, würde nur letztlich rechten Trends entsprechen. Die NPD konnte kurzzeitig auf dieser Welle reitend gewisse Erfolge bei Landtagswahlen erzielen

Die Regierung kann nicht gestürzt werden mit der Losung: "Hartz IV muß weg!", und stillschweigend dahinter: "das Alte muß bleiben!" Die ökonomische Politik der Bundesrepublik Deutschland, die seit 30 Jahren auf verschärfte Verlagerung und Liquidation der Produktion im Inneren hinauslief, und zugleich den Kapitalexport förderte, verbunden mit der Hoffnung, Dienstleistungen und Entwicklung und Forschung würden sich hier konzentrieren, ist bankrott. Ähnliches haben auch die Kapitalisten in anderen Ländern gemacht, aber der Bruch in der Bundesrepublik war am extremsten. Wenn wir verhindern wollen, daß dieser Bankrott in solche Kanäle läuft wie Stärkung von Rechtsradikalismus und absurde Neonazi-Auftritte oder wahnwitzige grüne Verweigerungspolitiken oder noch größere Verschärfungen des sog. Neoliberalismus, dann muß eine Konzeption dagegen gesetzt werden, die von einer großen Mehrheit getragen werden kann und die gegen diesen Trend der Liquidation im Inneren gerichtet ist.
Uns geht es nicht nur darum, daß die Regierung wegen Hartz IV gestürzt wird, sondern sie muß weg wegen der gesamten Lähmung der Produktion, der Liquidationspolitik nach innen, die von der SPD-Grünen-Regierung das grundsätzliche Programm ist, die von ihr mehr forciert worden ist als von jeder anderen Regierung zuvor. Zugleich repräsentiert die Regierung auch die größte Politik der internen Schnüffelei, des Abbaus demokratischer Rechte und der willkürlichsten Ausbreitung der Rechte bürokratischer und staatlicher Organe gegenüber allen Bürgern im Dienste der extremsten und radikalsten und verkommensten Cliquen des Finanzkapitals. Gegen alles das muß das Feuer der Propaganda eröffnet werden.

Die Losung "Weg mit Hartz IV!" in Verbindung damit, daß man an dem alten System hier festklebt und den sog. Sozialstaat, der von der kapitalistischen Entwicklung überholt worden ist, rekonstruieren will, verbreitet eine Illusion. Aber wenn dieser Ruf "Weg mit der Regierung!" mit dem Angriff gegen die Liquidationspolitik verbunden wird, ist das durchaus in Ordnung. Der Sturz der SPD-Grünen-Regierung muß einhergehen mit dem Ruf nach dem Ende der Liquidationspolitik, die vorwiegend unter dem Deckmantel des "Umweltschutzes" und bürokratischer Hindernisse und unsinniger juristischer Vorschriften betrieben wird.

Hierzu kann ein Beispiel genannt werden aus NRW aus der Zeit Ende des Jahres 2002. Hier wurde längere Zeit durch die zu erwartende Energieverteuerung die Aluminiumindustrie mit Liquidation bedroht. Wegen zu hoher Strompreise drohte die gesamte Produktion ins Ausland verlagert zu werden. Bestimmte Kräfte aus den Gewerkschaften intervenierten und argumentierten dagegen. Die Grünen-Vertreter in NRW rechtfertigten diese Liquidation und sprachen sogar von einem "deutschen Sonderweg", der dieses Land leiten müsse. Die andere Seite argumentierte, daß z.B. wenn die Produktion nach Polen oder nach Osteuropa verlagert wird, dann dort auch keine besseren Umweltschutzbedingungen existieren würden als hier. Dazu erklärte die NRW-Vertreterin Löhrmann von den Grünen, daß wir hier in Deutschland einen Sonderweg gehen, der eine solche Industrie vermeidet und zum Verschwinden bringt. Sie war sich bewußt, daß eine solche Industrie mit vermeintlichen oder tatsächlichen schlechten Umweltbedingungen in den anderen Länder existiert, vielleicht mit noch schlechteren als hier, aber dennoch müßten wir hier in Deutschland einen sauberen Umweltschutzweg gehen, und zwar auch um den Preis, daß die gesamten Arbeitskräfte hier freigesetzt werden. Daß dies zu entsprechendem Unmut führte, kann nicht überraschen. Und es zeugt von dem Geist, der eigentlich innerhalb der Grünen so charakteristisch ist, aber der auch in anderen Parteien durchaus verbreitet ist, nämlich faktisch der arbeitenden Klasse in diesem Land den Krieg zu erklären und ihre Existenzvernichtung zu betreiben.
Dies ist in diesem Umfang nicht nur ökonomisch bedingt, sondern auch immer noch die Reaktion darauf, daß in früheren Zeiten diese Arbeiterklasse der revolutionäre Kern der europäischen Arbeiterbewegung war, auch wenn es inzwischen schon lange her ist. Die immer wiederkehrende Renaissance des Marxismus in Deutschland ist für das Kapital und derartige reaktionäre Schleppenträger der Anlaß, hier noch weitergehende Produktionsverlagerungen zu betreiben, als es in früheren Jahren der Fall war.

Die Linke ist jahrzehntelang hinter der Anti-AKW-Bewegung und anderen sog. Umweltschutzbewegungen hinterhergelaufen, ohne den sozialen reaktionären Gehalt und den vorwändigen Charakter dieser Bewegungen zu erkennen. Sie waren nicht bereit, diese Bewegungen in einen Bezug zur sozialen Situation, zu den Klassenverhältnissen innerhalb dieses Landes zu setzen, obwohl es absolut geboten war und auch für revolutionäre und demokratische Bewegung nicht neu gewesen wäre, denn die Stellungnahmen, die die frühere Sowjetunion oder auch die Kommunistische Partei Chinas bis 1977 zu diesen Fragen gegeben haben, laufen in genau die gleiche Richtung. Auch die SPD hat wie die CDU lange Zeit die Kernenergie verteidigt, bis es zu einem angeblichen "Paradigmenwechsel" kam, nämlich jenem Umschwung, der überhaupt die Berechtigung der sozialen Forderungen der Massen in Frage stellte, und die absolute Gier des Kapitals im Zusammenhang mit dem Umsturz in China (1978) und der endgültigen Auflösung der Sowjetunion(1991) zum Maßstab aller Dinge machte.

Die Politik des Sturzes der Regierung muß die Industrialisierung, die Re-Industrialisierung, wenn man so will, die Verwendung der Arbeitskraft in diesem Land bejahen und nicht bekämpfen. Das ist eine wesentliche Frage der Demokratie. Eine Stellung, wie sie z.B. die sog. WASG einnimmt, die voll den bisherigen Trend der Liquidation der Produktion unter dem Vorwand des angeblichen Umweltschutzes weiterreitet, ist stinkend reaktionär, noch reaktionärer als so manche der bürgerlichen Parteien, und sie wird auch keinerlei wesentlichen Erfolg haben. Es ist deswegen auch kein Wunder, daß linke Gruppen, selbst wenn sie noch so vorsichtig darin arbeiten wollen, in dieser Organisation nicht geduldet werden.
Die Frage des Verhältnisses zur materiellen Basis, zur Entwicklung der Produktion und zur Vergesellschaftung der Produktion ist die Prüffrage, ob eine Organisation wirklich links ist oder nicht.


Die Regierung muß gestürzt werden, und es muß eine gewisse Re-Industrialisierung stattfinden in dem Sinne, daß auch sog. ältere Arbeitnehmer und viele Fachkräfte wieder einen Job bekommen und allgemein die Zahl der Beschäftigten steigt. Auch unter den Bedingungen, daß in anderen Ländern die Arbeitskraft äußerst preisgünstig ist und in Konkurrenz tritt, kann bei intensiver Anstrengung in diesem Land und bei akzeptierbaren Lohn- und Einkommensverhältnissen für die hiesige Bevölkerung durchaus eine solche Re-Industrialisierung stattfinden, wenn man es will. Die Auffassung, daß man über Jahrzehnte hinweg die Arbeiterklasse hier ausbeutet und dann mit den Gewinnen, die man aus ihr herausgezogen hat, in die internationale Arena steigt und dann die eigene Arbeiterklasse vernichtet, gerade die muß bekämpft werden. Im übrigen ist es äußerst kurzsichtig von der Bourgeoisie, einen solchen Kurs zu verfolgen, denn wer das eigene Land vernichtet, wird am Schluß das Nachsehen haben.

Die Vorstellung, man könne hier die Mehrheit der Bevölkerung zu Würstchenbudenverkäufern, Ich-AGs und Gehilfen auf Tennis- und Golfplätzen degradieren, ist eine absurde Vorstellung gegenüber einer industriellen Nation wie der deutschen, die über eine tausendjährige Geschichte industrieller und agrarischer Kultur verfügt. Dies ist ein Verbrechen gegenüber dem Volk und der deutschen Nation und gegenüber der internationalen Arbeiterklasse, alles zugleich.

Wir fordern also mit dem Sturz der Regierung Schröder zugleich die Wiederingangsetzung industrieller Produktion, die Entwicklung der Kernenergie zum Beispiel in Form neuer Reaktortypen, die sofortige Beendigung des sog. Konsensbeschlusses bezüglich des Ausstieges aus der Kernenergie, die Entwicklung der Gentechnik auf dem neuesten Standard ohne bürokratische Hemmnisse, unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmaßregeln gegenüber dem Leben und der menschlichen Würde, wie die Förderung zahlreicher anderer spezialisierter Branchen, die die Arbeitskräfte sehr wohl anstellen können, wenn man es will.
Jetzt ist es so, daß die besten wissenschaftlichen Kräfte wie auch Fachkräfte außer Landes gejagt werden und in anderen Ländern arbeiten, was hier natürlich den ganzen Entwicklungsgang zusätzlich verschlechtert. Statt das allgemeine Bildungsniveau zu heben, kommt es zu sog. Elite-Universitäten, als wenn das die Lösung des Problems wäre. In Wirklichkeit ist es das Konzept, die große Mehrheit der Bevölkerung abzuschreiben.
Der Trend eines allgemein hohen Bildungsniveaus aber muß das Ideal bleiben und muß im konkreten umgesetzt werden. Alle Pläne, das BAFöG abzuschaffen und es durch ein sog. kreditfinanziertes Bildungssystem zu ersetzen, müssen bekämpft werden. Wir sind keineswegs der Ansicht, daß alle Konzerne, die einmal staatlich waren wie die Telekom, staatlich sein müssen. Solche Raubprivatisierungen aber, wie sie etwa auf dem Gebiet des Wassers stattfinden, bei denen die Bevölkerung zukünftig mit schweren Abgaben beladen wird, um die Staatschulden zu vermindern, müssen entschieden bekämpft werden. Das Bildungssystem muß Aufgabe der Gesamtheit, d.h. unter gegenwärtigen Bedingungen des Staates, unter möglichst intensiver Mitkontrolle und Mitwirkung der gesamten Bevölkerung, bleiben.
Es ist auch klar, daß man das Bildungswesen nicht alleine reformieren kann, wenn nicht im Produktionssektor grundsätzliche Änderungen eintreten. Da, wo keine Menschen gebraucht werden und selbst Akademiker nach der Ausbildung arbeitslos sind, kann auch letztlich kein Bildungssystem sich erfolgreich entwickeln.

Wird z.B. die Wiederentwicklung der Kernenergie in Angriff genommen und auf neue moderne Reaktorlinien abgezielt, die Erpressung auf dem Energiesektor auf diese Weise abgeschwächt und bekämpft, die Physik und die Ingenieurwissenschaften auf den modernsten Stand gebracht, so wird das auch positive Auswirkungen im Bildungswesen haben.

Es gilt also, den ganzen verbrecherischen Trend, der die letzten dreißig Jahre dominant das Land beherrscht hat, zu bekämpfen.
Eine Regierung, die ein solches Programm erfüllt, wird auch von uns eine gewisse Unterstützung erfahren, wenngleich wir selbstverständlich nicht den grundsätzlichen Widerspruch, unter dem diese ganze Gesellschaft in der Welt leidet, vergessen. Letztendlich kann es nur durch eine Ablösung des kapitalistischen Systems und verbunden damit eine Erneuerung der sozialistischen Bewegung, die den Ballast bestimmter Fehlentwicklungen der Vergangenheit überwindet, eine Besserung geben. Dennoch muß unter den gegenwärtigen Bedingungen eine solche ökonomische Erneuerung und eine Bekämpfung des Bürokratismus in Angriff genommen werden, da dies den grundsätzlichen Interessen der arbeitenden Menschen, wie der Mehrheit wie auch der Weltlage entspricht.


Gruppe Neue Einheit
10.April 05