Internet Statement 2005-32

 

Kurze Betrachtung zum 1. Mai

Uwe Müller                         

Massive Proteste gegen Müntefering und Steinbrück:

Völlig zurecht erntete Müntefering wütende Proteste und Eier auf der Maikundgebung in Duisburg. Auch Steinbrück wurde in Gelsenkirchen mit schrillem Pfeifkonzert empfangen. So schreibt z.B. "Die Zeit":

"...Der SPD-Vorsitzende erntete bei der Kundgebung in Duisburg schwere Proteststürme. Seinen Parteikollegen ging es bei den traditionellen Veranstaltungen zum 1. Mai nicht viel besser. Applaudiert wurde meist nur den Gewerkschaftern, die die Reformpolitik Schröders kritisieren

Seine Kapitalismus-Schelte nützte ihm diesmal wenig. Mit lauten Buh-Rufen und einem schrillen Pfeifkonzert wurde Franz Müntefering am Sonntag von rund tausend aufgebrachten Arbeitern, Arbeitslosen und Gewerkschaftern in Duisburg empfangen. Unter dem Glasdach der Gießerei im Landschaftspark-Nord brodelte es, als der SPD-Vorsitzende zur Maikundgebung des DGB-Niederrhein hinter das Mikrofon und vor ein Meer aus Protestplakaten trat.

Vereinzelter Beifall und »Münte, Münte«-Rufe wurden immer wieder von Trillerpfeifen und »Lügner, Hau ab«-Sprechchören übertönt. Auf Transparenten forderten Teilnehmer »Mehr Arbeitsplätze für Jugendliche« und Solidarität unter den Beschäftigten: »Duisburger reiht Euch ein, jeder kann der nächste sein.«

Drei Polizisten mussten das Rednerpult mit Schutzschildern abschirmen. Einige Eier flogen aus dem hinteren Teil der Menge Richtung Bühne und zerplatzten auf dem Plexiglas. Verschwitzt und erschöpft gab sich Müntefering nach seiner halbstündigen Rede kämpferisch. »Es sind schwierige Zeiten, aber ich gehe nicht an die Seite.« Von Duisburg aus fuhr Müntefering nach Bonn, wo er am Abend bei einer Rede von einer Kirchenkanzel aus auf einen freundlicheren Empfang hoffte.

Ein schweren Stand hatte auch Peer Steinbrück in Gelsenkirchen. »Märchenonkel, Märchenonkel« und »Lügner« schallte es dem NRW- Ministerpräsidenten drei Wochen vor der Landtagswahl entgegen. Der SPD-Regierungschef versuchte das gellende Pfeifkonzert soweit wie möglich zu ignorieren. Er nahm Unternehmen in die Pflicht, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Beim Publikum gab es hitzige Diskussionen. Vor allem die Jüngeren protestierten lautstark, während die Älteren lieber zuhören wollten..."

Das sind gute Nachrichten und läßt hoffen, daß die SPD mit ihrer scheinheiligen, heuchlerischen und zugleich ablenkenden "Kapitalismuskritik" nicht durchkommen wird. s.a. Münteferings Kapitalismuskritik - es gibt nichts Lächerlicheres als das!

 

Bemerkenswerter Maiaufruf:

Der DGB Bezirk Berlin-Brandenburg und die IG Metall Verwaltungsstelle Berlin haben eine bemerkenswerten Maiaufruf herausgegeben. Anbei seien die wesentlichen Passagen und Aussagen zitiert:

"Industrie im Abseits?
Wir fordern eine aktive Industriepolitik, menschenwürdige Arbeit und guten Lohn - Innovation statt Billiglohn

Berlin wird keines seiner Arbeitsmarkt-, Sozial- und Haushaltsprobleme lösen, wenn die wirtschaftliche Basis der Stadt nicht gesundet, das heißt insbesondere, wenn die industrielle Basis der Stadt nicht wieder stabilisiert und entwickelt wird.
Es war einer der schwersten Fehler der Berliner Politik und der Bundespolitik nach der Wende, den Zusammenbruch der Industrie in der Stadt als unvermeidlichen "Strukturwandel" zu betrachten und ganz im Sinne des pseudomodernistischen Geredes über die postindustrielle Gesellschaft die Zukunft der Stadt allein im Dienstleistungssektor zu sehen. Letztlich stillschweigend wurde die Industrie abgeschrieben und dies öffentlich noch als Modernität hingestellt.
...
Dienstleistungen als tragende Säule einer regionalen Wirtschaftsstruktur entstehen nicht ohne Industrie. Alle wirtschaftspolitische Erfahrungen zeigen: starke Dienstleistungssektoren entstehen nur dort, wo auch starke Industriesektoren bestehen.
...
Industriepolitik hat zur Voraussetzung, dass die Verantwortlichen in Politik und Betrieben diesen Sektor überhaupt als Gegenstand von Politik begreifen. Nur wenn dies gegeben ist, können Strategien gegen Stilllegungen und Verlagerungen, für Sanierungen von Betrieben und Ansiedlungen wirksam entwickelt werden, um zu stützen und zu stärken.
...
Wirksame Industriepolitik braucht wirksame politische Führung. Der Fisch stinkt vom Kopfe her...."

s.a. Thesen zur Industriepolitik in Berlin von DGB, Bezirk Berlin-Brandenburg und IG Metall, Verwaltungstselle Berlin


Es wäre zu wünschen, wenn breitere Teile der Gewerkschaften sich dieses Themas annehmen würden. Dieses Gerede von "postindustrieller Gesellschaft", "Dienstleistungsgesellschaft" usw. und eine massive Deindustrialisierung trifft schließlich nicht nur auf Berlin zu.

2. Mai 05

 

 

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