Internet Statement 2005-34

 

Bosch-Siemens will Produktion im Hausgerätewerk Berlin einstellen
Belegschaft und Betriebsrat haben Widerstand angekündigt

5.5.05, Klas Ber

Bosch-Siemens will die Produktion im Hausgerätewerk Berlin Gartenfeld bis Ende 2006 einstellen, dies wurde am Mittwoch offiziell mitgeteilt. 600 KollegInnen sollen davon betroffen sein. Einzig Entwicklung- und Servicebreich mit rund 400 Beschäftigten soll verbleiben, wird gesagt. Eine Entwicklungsabteilung ohne Fertigung aber macht letztlich wenig Sinn, darüber sollten man sich im Klaren sein. Die Verlagerung auch dieser Arbeiten in Billiglohnländer wird längst auch schon von Siemens in anderen Sparten praktiziert.

Von ca. 90 Millionen Euro, die bis 2009 neu investiert werden sollen, ist die Rede. Sie sollen in die Entwicklung und Fertigung einer neuen Waschmaschinenreihe, die dann im 1994 gebauten Werk Nauen, Brandenburg gefertigt wird, fließen. Neue Stellen werden dabei nicht geschaffen werden.

Aus der Belegschaft, vom Betriebsrat wurde massiver Widerstand angekündigt. Bereits in den letzten Tagen haben Versammlungen der in der IGMetall organisierten sowie der ganzen Belegschaft stattgefunden und bereits für den kommenden Montag, den 9.Mai sind Protestaktionen und eine Kundgebung um 11:30 Uhr vor dem Werkstor angekündigt worden.
Eine sog. "betriebliche Tarifkommission" wurde gewählt. Die KollegInnen stellen sich auf eine lange harte Auseinandersetzung ein.


Produktionsverlagerungen, Teilverlagerungen, vor allem ins Ausland, z.B. nach Lodz in Polen, wo Arbeitskräfte billiger sind und weniger Rechte haben, sind seit 2002/2003 für das Werk bekannt. Weitere neuere Produktionstandorte neben Lodz in Polen hat BSH z.B. auch in La Cartuja in Spanien und Çerkezköy in der Türkei.

Wurde 2002/2003 noch beteuert "Keine Schließung ist geplant"‚ ‚nur' eine Halbierung der Belegschaft bis 2006 und ‚nur' eine Teilverlagerung von Produktion nach Lodz soll stattfinden, so kann heute wohl jeder sehen, daß von solchen Aussagen des Kapitals aber auch garnichts zu halten ist. Auch vor diesem Hintergrund sollte man die Aussage der Firma zum angeblichen Verbleib der Entwicklung in Berlin sehen.

Vor allem aber ist diese Politik von Bosch-Siemens keine Ausnahme, sondern Produktionsabbau, Verlagerung, Erpressung von Belegschaften, um ihren Lohn zu drücken, all das kann man im ganzen Land bei vielen Firmen sehen. Man muß also zu einem gemeinsamen und politischen Widerstand im ganzen Land kommen. Daraufhin muß man arbeiten.
Es geht bei BSH um ein Werk hier, es geht um Hunderte Arbeitsplätze, aber es geht darüber hinaus um viele Werke und Belegschaften im Land, die genauso betroffen sind, es geht um eine Politik, die das ganze Land betrifft. Da darf der Widerstand nicht auf einzelne Werke beschränkt werden, sondern muß sich auf andere Werke erstrecken, muß sich im ganzen Land ausbreiten. Und man muß sich dabei mit dieser Regierung konfrontieren, die selbst eine solche Politik sozialer und ökonomischer Verwerfungen praktiziert, die ein größtes Hindernis ist, die jeder fortschrittlichen Entwicklung hier regelrecht entgegensteht.

Bosch-Siemens, die wie viele andere Konzerne mit der Arbeit ihrer Belegschaften über die Jahrzehnte sehr gut verdient haben dürften, werfen große Teile ihrer Belegschaften hier praktisch weg und suchen sich zunehmend Länder und Standorte, wo die Bedingungen für die Arbeiter schlechter sind als hier und diese gezwungen sind, ihre Arbeitskraft billig, billiger, am billigsten zu verkaufen. Gleichzeitig versuchen sie auch hier, die Bedingungen für die Arbeiter zu verschlechtern und herunterzudrücken. Und diese gesamte Politik des Kapitals, das, was fast alle Unternehmen treiben, hat auch entsprechend negative Folgen für das Land, in der Deindustrialisierung und den sozialen Verwerfungen, die immer mehr Menschen an den Rand der Armut oder regelrecht in die Armut treiben.

Daß auch der Zusammenschluß der Arbeiter, der konkrete praktische Internationalismus der Arbeiter, vorangetrieben werden muß, liegt hier bei BSH geradezu auf der Hand. BSH hat es schon immer verstanden, Arbeiter aus aller Herren Länder hier am Standort in Berlin selbst und in anderen Ländern (Polen, Türkei, Spanien usw.) für sich arbeiten zu lassen. Verstehen wir es also, uns über die Landesgrenzen hinaus im Interesse der Arbeiter, der Länder und ihrer Menschen zusammenzuschließen.


Noch kürzlich zum 1.Mai hatten der hiesige DGB und die IGMetall Berlin in ihrem Aufruf eine aktive Industriepolitik gefordert, und mit Recht wurde die Regierungspolitik gegeißelt: "Es war einer der schwersten Fehler der Berliner Politik und der Bundespolitik nach der Wende, den Zusammenbruch der Industrie in der Stadt als unvermeidlichen ‚Strukturwandel' zu betrachten und ganz im Sinne des pseudomodernistischen Geredes über die postindustrielle Gesellschaft die Zukunft der Stadt allein im Dienstleistungssektor zu sehen. Letztlich stillschweigend wurde die Industrie abgeschrieben und dies öffentlich noch als Modernität hingestellt."
Dies ist durchaus richtig. Eine aktive Industriepolitik aber muß gegen die Vertreter dieser Politik auch durchgekämpft werden, und die bestehenden Werke müssen mit allen Mittel verteidigt werden. Da ist der ganze Einsatz der Gewerkschaften gefordert. Da können sie gleich mal zeigen, ob sie bereit sind, sich zu ändern. Es kann nicht so gehen, wie das bisher läuft, daß der Widerstand immer nur auf den einzelnen Betrieb eingeschränkt wird, daß die Sache mit Abfindungen, Sozialplänen und Beschäftigungsgesellschaften endet und so abgebogen wird. Das deckt sich dann letztlich doch im entscheidenden Punkt wieder mit der herrschenden Politik.
Der Widerstand muß auch von den Gewerkschaften aus auf die anderen Werke ausgedehnt werden, und zwar mit Kampfmaßnahmen. Solidaritätsdelegationen und - schreiben haben letztlich nur Sinn, wenn dem Taten folgen.

 

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