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Statement 2005-35
Presseschau:
Eine Krise zieht tiefer an!
Alle paar Monate versucht das Handelsblatt auf Optimismus zu machen,
"den Aufschwung" herbeizusehnen und zu -reden, um dann nach
wenigen Wochen der Realität statt zu geben. Das Spiel hat sich nun
in den letzten 5 Jahren viele Male wiederholt. Sie stellen jetzt fest,
daß es noch nicht einmal eine echte Konjunkturerholung gibt.
Das Problem des deutschen Kapitalismus liegt tiefer und hat etwas mit
der Politik der ganzen letzten Jahrzehnte zu tun, mit einer Deindustrialisierung
und Verlagerung in kolossalem Umfang und den Hoffnungen auf eine sog.
Dienstleistungsgesellschaft, mit den Attacken, die gegen die hier in diesem
Lande lebenden Arbeiter und Angestellten damit gefahren worden sind. Dieser
abenteuerliche Kurs "zahlt" sich gewisserweise aus, und die
Meldungen darüber verdichten sich langsam immer mehr. In der Ausgabe
des Handelsblattes vom 4.5. 2005 waren gleich mehrere Artikel, die sich
mit einem drohenden Absturz befassen.
"In den Unternehmen wächst die Angst: Kippt die Konjunktur?"
lautet ein Hauptaufmacher dieser Finanzzeitung. Wir lesen darin:
"Der Konsumgüterhersteller Henkel meldet zwar Wachstum
in Deutschland. Aber dies führt Henkel-Chef Ulrich Lehner auf neu
eroberte Marktanteile zurück. Die Deutschen halten sich beim
Konsum nach wie vor zurück', sagte Lehner gestern anlässlich
der Vorlage der Quartalszahlen. Der Düsseldorfer Handelskonzern
Metro konnte seinen Umsatz im ersten Quartal gerade halten. Mit einer
Konjunkturerholung rechnet Metro-Chef Hans-Joachim Körber frühestens
in der zweiten Jahreshälfte.
Diese Hoffnung könnte jedoch trügerisch sein. Die aktuellen
Werte des Handelsblatt-Frühindikators signalisieren ein langsameres
Wachstum im dritten Quarta.l'Vor allem die Inlandsnachfrage ist wieder
in ihren alten Trott zurückgefallen und lag zuletzt in der Industrie
erstmals sogar wieder unter ihrem entsprechenden Vorjahresstand', sagt
Ulrich van Suntum, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität
Münster."
Und die Reaktion auf diese Entwicklung, die in dieser Form absolut nicht
neu ist, ist auch immer wieder die gleiche. Im gleichen Artikel heißt
es:
"Auch das Forschungsinstitut Allensbach rechnet mit einer anhaltend
schwachen Binnennachfrage. Die Bevölkerung verhalte sich völlig
rational, wenn sie derzeit vor allem spare und Konsumausgaben verschiebe,
schreibt Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts
für Demoskopie Allensbach, in einem Gastbeitrag der "Wirtschaftswoche".
Sie rechne nicht mit einem kurzfristigen Anstieg der Binnennachfrage.
Angesichts der deutschen Konsumflaute setzen die Unternehmen verstärkt
auf Auslandsmärkte. So will Metro-Chef Körber weiter international
expandieren. Der größte Teil der geplanten Investitionen
von 1,9 Mrd. Euro soll ins Ausland fließen - mit Schwerpunkten
in Osteuropa und Asien. Ohnehin trägt das Ausland schon knapp die
Hälfte zum Umsatz bei.
Ähnlich stellt sich die Lage bei Henkel dar. Das Wachstum kommt
vor allem aus Osteuropa, Lateinamerika und der Region Asien/Pazifik.
Zudem hat sich Henkel im vergangenen Jahr unter anderem mit dem milliardenschweren
Zukauf des US-Konsumunternehmens Dial verstärkt. In Deutschland
macht Henkel mittlerweile nur noch knapp ein Fünftel seines Umsatzes."
Die Gewinne, die jahrzehntelang zu einem erheblichen Teil aus der arbeitenden
Klasse in diesem Land gezogen worden sind, wandern nun mit dem deutschen
Kapital rund um die Welt, um Expansion anderswo zu betreiben, die Entwicklung
aber hier wird nach wie vor heruntergetreten. Die gleiche Metro-Group
kann in der Ausgabe stolz verkünden: "Russland wächst
und wächst und wächst und wir sind dabei." Nur: Russlands
Wachstum steht selbst auf auf sehr abhängigen internationalen Faktoren,
denn es ist sehr stark durch Einnahmen aus Bodenschätzen bisher gespeist.
Aber es entspricht der ganzen Denkweise und Ideologie, die die meisten
großen Konzerne hier betreiben. Egal, ob es sich um einen Handelskonzern,
oder um einen industriellen Konzern handelt, oder um das finanzielle Kapital,
alle operieren in dieser Weise und lassen die Katastrophe im Land Katastrophe
sein. Etwas anderes ist allerdings auch von Kapitalisten prinzipiell nicht
zu erwarten. Von solchen Phänomenen sprechen solche Politiker wie
Müntefering nicht, die bestimmte Einzelphänomene aufgreifen,
um von der eigenen Politik der Liquidation im Inneren ablenken.
Das ganze System eines aufgeblähten, parasitären Staatsapparates,
der zu diesem sog. neoliberalen Kapitalismus gehört, funktioniert
nur dadurch, daß die Einkommen und der Besitz der breiten Bevölkerungsschichten
immer stärker belastet werden. Und es ist deshalb kein Wunder, wenn
ganz trocken und nüchtern unweigerlich der Niedergang auf den verschiedensten
Gebieten festgestellt werden muß. Und noch mehr: auch eine internationale
Schwäche zeichnet sich ab. Allmählich verketten sich die Dinge.
So z.B. in einem anderen Artikel der gleichen Ausgabe:
"Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe (Gewicht:
zwölf Prozent) sind im Februar erneut um 2,1 Prozent im Monatsvergleich
gesunken. Es wurden vor allem weniger Vorleistungsgüter bestellt.
Die Nachfrage aus dem Ausland ging um zwei Prozent und damit ähnlich
stark wie die Inlandsnachfrage (minus 2,2 Prozent) zurück.
Die Nachfrage im Bauhauptgewerbe (Gewicht: 24 Prozent) ist nach
dem deutlichen Rückgang im Januar im Februar erneut gesunken und
hat damit einen Tiefstand erreicht. Für den Rückgang haben
vor allem der Tiefbau und der Wohnungsbau gesorgt, die um 8,5 und ein
Prozent zurückgingen."
So kommt der Experte, der für das Handelsblatt das Indikatorensystem
entwickelt hat, zur Schlussfolgerung: "Das Zwischenhoch im vergangenen
Dezember erweist sich dann immer mehr als eine Eintagsfliege, die nicht
die erhoffte Konjunkturbelebung gebracht hat."
Redaktion NE 5.5.2005
-hd
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