Internet Statement 2005-55 Köhlers Spruch
Erwartungsgemäß hat der Bundespräsident Köhler den Bundestag aufgelöst aufgrund des vermeintlichen Mißtrauensvotums gegen die bestehende Regierung. Er entsprach damit der Vorwegnahme durch alle im Bundestag vertretenen Parteien, die die schnellen Neuwahlen befürworten. Man muß sehen, daß jetzt ein Wahlkampf beginnt, der letztendlich die Erpressung gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung bedeutet. Zweifelsohne ist durch die Wahl in NRW und durch den offenkundigen Bankrott der Regierung Schröder-Fischer-Eichel Bewegung in die bundesdeutsche Politik gekommen, sodaß man nicht alles an der jetzigen Entwicklung als negativ sehen kann. Auch wird man erst in einigen Monaten sehen, in welche Richtung diese ganze Entscheidung auch auf dem Hintergrund internationaler Faktoren sich entwickeln wird. Wenn der Bundestag-Präsident Thierse erklärt, daß damit klar werde, daß die Inszenierung des Mißtrauens"-Votums rechtmäßig war, dann muß man dem allerdings deutlich widersprechen, denn seit wann ist denn das Urteil eines Bundespräsidenten unfehlbar und sagt an sich aus, daß damit etwas rechtens ist? In der Rede von Horst Köhler wurde die NRW-Wahl mit keinem Wort erwähnt, obwohl sie den eigentlich ausschlaggebenden Grund für die Ansetzung der Neuwahl darstellt. Wenn es heißt, daß Schröder der eigenen Fraktion nicht mehr sicher gewesen sei, dann bleibt doch die Frage, warum er dann seine eigenen Minister und seine eigene Fraktion anweist, gegen ihn zu stimmen, um ein fiktives Mißtrauensvotum zu erzeugen, um mit einer Wahl das Votum der Bevölkerung zu bekommen, die er mit seiner Politik doch vorher vergrault hat. Er spekuliert darauf , daß eine CDU unter Angela Merkel ebenfalls eine deutliche Bedrohung für einen Großteil der Bevölkerung darstellt und gefährliche außenpolitische Komponenten für das ganze Land beinhaltet, sodaß sich Schröder von daher wieder Chancen ausrechnet, die bankrotte Politik noch einmal legitimiert zu bekommen. Schon vorher war durch die Presse gegangen, daß Köhler sich in dieser Weise entscheiden würde. Auch hier wurde wieder die Entscheidung vorweggenommen, Stimmung für eine bestimmte Entscheidung gemacht, sodaß möglichst kein Zurück davon möglich ist. Und jetzt geht die Sache weiter. In einem Kommentar der ARD hieß es, wenn das Bundes-Verfassungsgericht diesen Entscheidungen anderer verantwortlicher Organe widersprechen würde, ergebe sich daraus die Staatskrise". In der Vergangenheit haben die Medien sehr oft akzeptiert, wenn die höchsten Gerichte in der Bundesrepublik sich in wesentliche Gesetzesfragen eingeschaltet haben und de facto zu einer zusätzlichen Legislative wurden, sodaß der Einfluß der Justiz auf die Regierung und Gesetzgebung dieses Landes einen außerordentlichen Umfang erhielt. Jetzt ist es umgekehrt, jetzt wird Druck auf das Verfassungsgericht ausgeübt, damit es so entscheidet, wie jetzt die führenden Kräfte des Landes gehen wollen. Der einzige Strich durch die Rechnung wird durch die WASG/PDS-Linkspartei gemacht, die möglicherweise einen außerordentlichen Anteil der Stimmen bekommen wird und dadurch die Lage innerhalb des ganzen regierenden Systems verändert. Durch die kurze Vorbereitungszeit bis zur Wahl am 18. September ist keine wirkliche Auseinandersetzung über die Ursachen des Schröderschen Bankrotts möglich. Das ist das Negative daran. In der Wahl in NRW wurde deutlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere auch der arbeitenden Klasse, die Politik der Schröder-Fischer-Regierung entschieden ablehnt, weil diese zur Liquidation der inneren Ökonomie in immer größeren Umfange führt und ausschließlich dem ganz großen Kapital, dem großen Bankenkapital und dem ausländischen Kapital in die Hände arbeitet, gewissermaßen die Hinausverlagerung der Produktion turbomäßig beschleunigt. Es bestanden die Hoffnungen, daß die CDU dies in gewissem Umfang ändern würde, z.B. die völlig wahnwitzige Liquidierung der Kernenergie beenden würde und ebenso den Weg frei machen würde für einen Neuanfang auf den verschiedensten bedeutenden Wissenschaftsgebieten. Aber was diese Forderung betrifft, ist das CDU-Programm vollkommen vage und vollkommen offen. Die sog. Linksparteien und erst recht selbstredend die Grünen aber stellen auf diesem Sektor die reaktionärsten Thesen auf, die im Grunde darauf hinauslaufen, daß die internationalen Profite, die in dieses Land hineinwandern, einen größeren Teil der Bevölkerung mit anheben. Die Politik der WASG verhindert, daß eine gründliche Auseinandersetzung mit den Ursachen der heutigen wirtschaftlichen Misere und des verschärften Konfliktes auf der Welt zwischen der arbeitenden Klasse und dem Kapital auf den Tisch kommt. In einer neuen weltweiten Form entwickelt sich nämlich der Kampf zwischen der arbeitenden Klasse und dem großen Kapital, der früher schon in Europa begonnen hatte. Zwar sind diese Formen in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich und das Niveau auch sehr verschieden, aber es entwickelt sich durch den internationalen Zusammenhang ein neuer Kampf in dieser Hinsicht. Wer diese Einsicht verstellt und glaubt, er könne mit einer Steuerpolitik den alten sog. Sozialstaat erhalten, der verbreitet Illusionen. Würde die Schröder-Regierung tatsächlich doch aus irgendwelchen Gründen an der Macht bleiben, so würde sie schnurstracks und in einer für das ganze Land katastrophalen Weise in den vollständigen ökonomischen Bankrott hineinmarschieren. Unsere Organisation hat in einem Grundsatzartikel zum 1. Januar dieses Jahres bereits festgestellt, daß der Sturz der Schröder-Regierung in den Mittelpunkt der Bemühungen kommen muß. Aber auch im gegenwärtigen Programm von CDU/CSU und FDP kann man nicht erkennen, wie sie irgendwie eine Besserung selbst innerhalb des bürgerlichen Lebens erreichen können. Die wichtigste Meldung von diesem 21.7. war übrigens nicht die Entscheidung Köhlers, sondern die Meldung, daß China seine Währung vom Dollar abkoppelt und allmählich dem internationalen Handel freigeben will.*) Das wird weiter die Internationalisierung der Produktion vorantreiben, zugleich wirft es Fragen auf bezüglich der internationalen Handels- und Finanz-Ungleichgewichte, die zu großen Erschütterungen führen können, und es kann durchaus sein, daß man in einigen Monaten diese Wahl nur noch als nebensächliches Ereignis in der Erinnerung hat. Auf jeden Fall ist die Hektik, die jetzt mit dem kurzfristigen Wahltermin unvermeidlich wird, eher etwas, was von vielen anderen wichtigen Fragen ablenkt. Redaktion NE -hd 21.07. 05 *) siehe als aktuelle Meldung z.B. "China
löst den Yuan vom Dollar", FAZ v.22.7.05 |