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Statement 2006-01
Zum Neuen Jahr
1.Januar 2006
Zum Neujahr 2006 grüßen wir all unsere Leser und Mitarbeiter,
befreundeten Organisationen und Einzelpersonen und insbesondere alle Organisationen
auf der Welt, die mit uns durch Grundsätze, historische Anschauungen
und die kommunistischen Ziele verbunden sind.
Hinter uns liegt ein bewegtes Jahr, in dem es aber durchaus auch Erfolge
und die Erreichung guter Ausgangspositionen zu vermerken gilt. Wir wünschen
allen Organisationen einen standfesten Kampf in der schwierigen Lage,
in der wir alle uns zur Zeit befinden. Die komplizierte Lage erfordert
ein großes Beharrungsvermögen und den unbedingten Willen, die
zahlreichen neuen Probleme zu bewältigen. Wenn der Austausch unter
den Organisationen aber verbessert wird, wird auch das Vermögen der
Organisationen in dieser Hinsicht steigen.
Im letzten Jahr veröffentlichten wir zum 1. Januar eine Erklärung
„Sich auf den Klassenkampf im eigenen Land werfen!“, die zugleich
eine kleine Grundsatzerklärung der Gruppe Neue Einheit war. In ihren
wesentlichen Punkten ist diese Erklärung nach wie vor aktuell. Die
Frage der Produktionsverlagerungen, die Infragestellung der industriellen
Arbeiterklasse in diesem Land, die Entrechtung und Erpressung mit internationaler
Konkurrenz werfen unwillkürlich die Fragen des Klassenkampfes wieder
auf und rücken die Forderung, uns mit allen Mitteln auf die Aufgaben
des Klassenkampfes in unserem eigenen Land zu werfen, in den Mittelpunkt.
Im Laufe des Jahres mußten selbst bürgerliche Kräfte das
- wenn auch schwache - Wiederaufleben des Marxismus zugestehen.
Aus der Lage zu Ende 2004 ergab sich zwingend: die Schröder-Regierung
muß gestürzt werden. Diese Forderung der Erklärung vom
1.Januar 2005 hat sich im Laufe des Jahres erfüllt. Schon zu Beginn
des Jahres 2005 schwoll der Widerstand gegen die Schröder-Regierung
immer mehr an. Mit der Wahl in Nordrhein-Westfalen erlebte sie ihr Debakel,
und selbst die raffiniertesten Manöver und die Zusammenarbeit mit
bestimmten konservativen Kräften konnten den Sturz der SPD-Grünen-
Koalition nicht verhindern. Dieser Sturz wurde zu einer Notwendigkeit,
weil die Schröder-Regierung seit 1998/99 eine Politik in Szene setzte,
die in eine Katastrophe führte. Sie inszenierte vorsätzlich
die weitere Ausdünnung der industriellen Produktion in diesem Lande,
die Schwächung der arbeitenden Klasse auf allen Gebieten, und setzte
die Schimäre in die Welt, daß das Land mehr oder weniger ausschließlich
von Dienstleistungen leben könne. Diese Schimäre existiert nach
wie vor. Der Aberwitz der sog. rot-grünen Politik auf den verschiedensten
Gebieten spitzte sich immer mehr zu, und der Sturz wurde tatsächlich
unvermeidlich. Der zentralste Angriffspunkt war die langsame Liquidierung
der Kernenergie bei gleichzeitiger Stärkung und Konzentration der
großen Energiekonzerne, die ihrerseits auch verstärkt an ausländische
Interessen, namentlich an die Rußlands angebunden wurden. Der schnelle
beabsichtigte Gang Schröders in den Aufsichtsrat des gemeinsamen
Gaspipelinekonzerns durch die Ostsee mit Gasprom war alles andere als
ein Zufall.
Die Abrechung mit diesen verschiedenen Komponenten der Schröderschen
und Fischerschen Politik steht zum Teil noch aus. Die neue große
Koalition stützt sich schon einmal auf die gleiche Partei und setzt
in verschiedenster Weise die Politik, die vorher betrieben wurde, fort;
sie bereitet sich sogar auf verschärfte soziale Angriffe im Inneren
vor. Wichtig aber ist auch: seit langem wurde zum ersten Mal eine Regierung
aufgrund des Massenwiderstandes gestürzt. Dabei war nicht die Frage
der Hartz-Gesetze und der sozialen Verschlechterungen für diesen
Regierungswechsel entscheidend, welche von Herbst 2003 bis in den Herbst
2004 zu großen Demonstrationen führte. Denn es weiß im
Grunde jeder, daß eine konservative Regierung oder eine große
Koalition es auf diesem Gebiet nichts anders machen würden, wenn
sie es nicht gar schlimmer machen. Das Hauptmoment, das zu diesem Regierungssturz
führte, war die zunehmende Unruhe über die forcierte Verlagerungspolitik,
der Generalangriff auf faktisch alle Rechte der arbeitenden Klasse und
die sich abzeichnende finanzielle Katastrophe, die selbst in den bürgerlichen
Kreisen diese Regierung isoliert hat. Es handelt sich um eine tiefgehende
Strukturkrise des gesamten Kapitalismus in Deutschland, die in über
30 Jahren herangewachsen ist und von der letzten Regierung auf die Spitze
getrieben worden ist. Die neue Regierung setzt die alten Dinge weitgehend
fort, will die Verletzung der Interessen aller herrschenden Gruppen vermeiden,
und vor allem auch den Druck gegen die breite Bevölkerung unweigerlich
vermehren. Ohne daß den Hauptfeldern der Liquidationspolitik der
Kampf angesagt wird, können noch nicht einmal elementare Verbesserungen
erreicht werden.
Zwei Ebenen hat der Kampf nach wie vor: den Kampf zwischen Lohnarbeit
und Kapital und den demokratischen Kampf.
Der Kampf zwischen Lohnarbeit und Kapital, der früher sich auf die
großen industrialisierten Länder konzentrierte, wird vom Kapital
selbst, in einer Art Flucht vor den Widersprüchen der hochindustrialisierten
Länder, auf die gesamte Welt übertragen. Wir haben heute einen
weltweiten Kapitalismus und eine weltweite Herausbildung des Widerspruches
von Lohnarbeit und Kapital. Aber nach wie vor ist es äußerst
schwierig, das Zusammenkommen der Proletarier aller Länder faktisch
in die Wege zu leiten. Erhebliche Unterschiede zwischen den Arbeitern
in den armen und in den reichen Ländern existieren nach wie vor.
Die Korrumpierung durch die internationale Ausbeutung hinterläßt
in den reichen Ländern nach wie vor ihre Spuren. Diese internationale
Spaltung aufzuheben ist eines unser allerersten Anliegen. Obwohl das ganze
Jahr 2005 gezeigt hat, daß diesbezüglich die Aufgaben nicht
richtig wahrgenommen werden und z.B. die Verbindungen nach Osteuropa völlig
unterentwickelt sind, hat sich bisher auf diesem Sektor wenig getan. Die
ganzen alten Strukturen in der Gewerkschaftsbewegung und auch in vielen
linken Organisationen arbeiten dem entgegen.
Im Jahre 2005 hat sich im ganzen Land der Kampf in den Betrieben intensiviert.
Aber es sind nur noch stark verminderte Belegschaften, die heute kämpfen,
und nicht selten mit dem Rücken zur Wand. Es ist endlich notwendig,
daß der Kampf auf eine höhere Ebene gebracht und nicht erst
dann begonnen wird, wenn die Betriebe auf der Liste der Liquidation stehen.
Die Demonstrationen und zahlreichen Einzelaktivitäten, zu denen die
Belegschaften dann greifen, reichen nicht. Es ist endlich an der Zeit,
daß politische Diskussionen innerhalb der Arbeiterklasse in Deutschland
wie in anderen europäischen Ländern geschehen, die die systematischen
Verlagerungen, das internationale Ausspielen gegeneinander zur Grundsatzfrage
für das ganze Vorgehen machen. Wer die Produktion in der Hand hat,
kann dann kämpfen, wenn er ökonomisches Gewicht hat. Man muß
auch in der alltäglichen Auseinandersetzung des Landes, in dem man
lebt, sich gegen die Kräfte zur Wehr setzen, die ganz bewußt
und gezielt die Zerstörung hier betreiben und die Ausspielung der
Arbeiter untereinander auf die Spitze treiben wollen.
Nach wie vor herrscht auch in vielen Organisationen eine Unklarheit über
die Frage der sog. ökologischen Politik, die von dem größten
Teil der Bourgeoisie weltweit propagiert wird, die auf eine zusätzliche
Erpressung der arbeitenden Klasse unter dem Deckmantel von Umweltschutz
hinausläuft.
Vor einigen Tagen ging eine Meldung aus China durch die Weltpresse. Wieder
einmal kam es zu massiven Repressionen gegen Arbeiter und Bauern in diesem
Land, das heute eine radikale kapitalistische Entwicklung unter einer
noch sich kommunistisch nennenden Partei hat. Es gab einen bewaffneten
Angriff mit Toten gegen eine Versammlung von Bauern, die gegen die Enteignung
ihres Landes zugunsten von Windgeneratoren auftraten. Die Errichtung von
Windgeneratoren wird auch gerade deswegen von China forciert, weil „Ökologie“
als eines der obersten Kriterien bei den großen kapitalistischen
Weltvereinigungen gilt, wie der UNO, den Banken, der Weltbank usw. China
versucht, „ökologisches Ansehen“ durch die Aufnahme dieser
Energieform zu gewinnen. Dieses brutale Vorgehen muß entschieden
verurteilt werden. Es zeugt davon, welch eine Widersprüchlichkeit
in China heute herrscht.
Eine große Zahl von Kohlegruben mußte in China geschlossen
werden, weil über Jahre hinweg schwerste Unfälle sich dort ereignet
haben.
Aber solche Vorgänge sind nur die Spitze des Eisberges – es
ist insgesamt die Ausbeutung in China, wie auch in einigen anderen Ländern
Asiens, die als Konkurrenzdruck heute auf fast allen Arbeitern der Welt
lastet. Darüber sich zu beklagen, führt zu nichts; der Kapitalismus
ist der Kapitalismus, und nur die Beseitigung des kapitalistischen Systems
kann endgültig auch diese Phänomene bewältigen.
Die andere Ebene des Kampfes ist der demokratische Kampf. In zahllosen
Ländern herrscht mit und ohne Parlament die Diktatur von Militärs
oder oligarchischen Klüngeln, und die Wiederherstellung elementarer
demokratischer Rechte ist ein elementares und notwendiges Ziel aller revolutionären
Organisationen. Aber es gibt auch etwas, was darüber steht: das ist
das internationale Gebäude der Diktatur des Kapitals, das sich auf
ganz bestimmte Länder konzentriert. Mit der Entwicklung der beiden
Weltkriege, mit dem revisionistischen Umsturz in der Sowjetunion und dem
Umsturz in China in den 70er Jahren ist eine Grundlage für die zeitweilige
Vorherrschaft der USA entstanden. Neue Rivalitäten entwickeln sich,
etwa in der möglichen Entstehung einer Supermacht China, und auch
Rußland bildet nach wie vor eine Großmacht, wenn man seine
beherrschende Stellung aufgrund von Atomwaffen und von Exporten von Öl
und Gas in Betracht zieht. Die USA - und früher beide Supermächte
- haben so etwas wie einen Club der Atommächte begründet, den
sie zum allmächtig beherrschenden Faktor auf der Welt machen wollen.
Sie erpressen Staaten, werfen ihnen vor, angebliche Massenvernichtungswaffen
zu entwickeln, obwohl sie selber in unübersehbarer Fülle solche
besitzen, und maßen sich an, unmittelbare Aggressionen gegen solche
Staaten zu begehen. Diese „Ordnung“ muß von allen revolutionären
Organisationen bekämpft werden. Es gibt keine Demokratie auf der
Basis der Akzeptanz etwa des Atomwaffen-Sperrvertrages oder der Hegemonie
bestimmter Staaten und ihrer Lakaienmächte, und die Diktaturen in
bestimmten Staaten müssen im Zusammenhang mit der Aushebelung jedes
demokratischen Rechtes, mit der internationalen Erpressung durch eine
Supermacht oder mehrere daran anhängende Mächte gesehen werden.
Unter dem Deckmantel des Kampfes für „allgemeine Menschenrechte“
versuchen sie in Wirklichkeit, das Recht auf Demokratie international
wie in den Ländern selber, wie auch das Prinzip der Gleichberechtigung
der Staaten zu untergraben.
Die deutsche Frage ist mit diesen internationalen Fragen, die alle Völker
und Nationen angehen, eng verbunden. Mit dem Jahr 1918 beginnt die Einflußnahme
des US-Imperialismus in Deutschland, die nach 1945/49 endgültig konsolidiert
wurde und 1989-91 schließlich zu der vorübergehenden alleinigen
dominanten Macht der USA führte.
Im Jahre 2005 gab es wichtige Diskussionen über die nationale Frage,
die sich an dem Dresdener Bombardement entzündeten und notwendige
langanstehende Klärungen nach sich zogen. Es liegt ganz klar der
Versuch vor, unter dem Deckmantel eines sog. antifaschistischen Kampfes
die Bedeutung der revolutionären Arbeiterbewegung in Deutschland
und damit in ganz Europa in Frage zu stellen und diese Arbeiterbewegung
zu bekämpfen und damit auch ihre Neuentstehung in anderen Teilen
der Welt ebenso zu bekämpfen.
Vor sechzig Jahren, Ende 1945/Anfang 1946, fand der Nürnberger Prozeß
zur Abrechung mit den Nazi-Kriegsverbrechern statt. Er entsprach dem Wunsch
der Mehrheit der Völker aller Länder, insbesondere derer in
Europa, nach Bestrafung für ihre maßgebliche Beteiligung an
dem verbrecherischen imperialistischen und rassistischen Krieg. Diesem
Wunsch hat der Nürnberger Prozeß wenigstens in Teilen entsprochen.
Aber es gab Dinge, die da nicht zur Sprache kommen durften und unterdrückt
wurden. Die Unterstützung des Nazismus durch das US-imperialistische
Kapital wie auch durch Kreise anderer Länder, die mit den deutschen
Reaktionären paktierten und sie unter ihre Vorherrschaft brachten,
durfte dort nicht zur Sprache kommen. Ebensowenig durfte die Rolle der
Sowjetunion, ihr Zusammenspiel mit den Nazis bei der Aufteilung Polens
im Jahre 1939, die von ihr zusammen mit dem Nazismus aufgesetzten Dokumente
hinterfragt werden. Die kritische Hinterfragung der Politik von 1939-1941,
die ihre Vorläufer auch in den zehn Jahren davor hat, durfte nicht
stattfinden und wurde als Gegenstand verboten, obwohl sie mit der Materie
eng zusammenhängt. Die Kompliziertheit und Widersprüchlichkeit
dieser Frage macht es auch für die Arbeiterbewegung seit langem problematisch,
die Sache umfassend zu behandeln. Dies gelingt aber immer besser. Wir
brauchen ganze Aufdeckungen und nicht halbe.
Während der Kritik am modernen Revisionismus kam es auch zur Kritik
am russischen Chauvinismus und Neozarismus der in Verfall und Degeneration
befindlichen Sowjetunion der späten 60er, 70er und 80er Jahre. Chauvinismus,
nationale Einseitigkeit und arrogantes Gebaren zur Unterordnung der Arbeiterbewegung
unter bestimmte nationalen Interessen ist von Seiten jeder Nation und
der Arbeiterbewegung eines jeden Landes falsch. Die nationale Frage muß
in aller Sachlichkeit und Ruhe in ihrer Unterschiedlichkeit und ihrem
Facettenreichtum überall behandelt werden.
Gegen Ende des Jahres 2005 gedachte man auch der vierzigjährigen
Wiederkehr des zweiten ganz großen Verbrechens gegenüber der
kommunistischen Bewegung im 20. Jahrhundert, des Vorgehens gegen die indonesische
kommunistische Bewegung und Partei im Jahre 1965/66. Auch hier handelt
es sich um ein hinterlistiges Vorgehen von seiten der internationalen
Reaktion, die von einem Land, den USA gesammelt und konzentriert wurde,
um eine Partei und Massenbewegung radikal zu überfallen, und Hunderttausende
und Millionen von Menschen, die sich dem Aufbau und der Freiheit Indonesiens
gewidmet hatten, innerhalb kurzer Frist zu vernichten. Es ist nur gut,
wenn die Hintergründe dieses Vorgangs international beleuchtet werden
und das brutale und abscheuliche Geschehen der damaligen Zeit wenigstens
zur nachhaltigen Erfahrung und Warnung revolutionärer Parteien und
Bewegungen auf der ganzen Welt dienlich wird.
Gruppe Neue Einheit
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