Internet Statement 2006-100

Zum Thema Justiz:

Freie Anwaltswahl – nicht vor dem Bundesgerichtshof!

Walter Grobe, 13.12.2006     

Wie es auf den obersten Etagen der deutschen Justiz zugeht, dafür bietet ein Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Der Bundesgerichtshof bleibt Expertensache" einen kleinen Einblick.

Der Bundesgerichtshof ist das oberste Gericht der BRD in Zivil- und Strafsachen (daneben ist es interessanterweise auch zuständig für das Berufsrecht der in der Justiz tätigen Personen, hat demzufolge eine hohe Disziplinierungskompetenz gegenüber Richtern, Anwälten etc.) Wer allerdings in einem schwerwiegenden Zivilprozeß sich in letzter Instanz an den BGH wendet und durch die Wahl des bestmöglichen Anwalts seine Chancen zu verbessern sucht, hat sich verrechnet. Er muß dem Anwalt seiner Wahl Adieu sagen und sich jemandem anvertrauen, der einem kleinen exklusiven Zirkel von Anwälten angehört, der vom Bundesgerichtshof selbst ausgewählt wurde. Und die Auswahl ist nicht groß: derzeit 31 Anwälte sind es, die in jährlich etwa 3.000 Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof beschäftigt werden. Sie wurden dem Bundesjustizministerium vom „Wahlausschuß“ des BGH nominiert. In diesem Ausschuß sitzen außer den Präsidenten der 12 einzelnen BGH-Senate auch Vertreter des Präsidiums der Bundesanwaltskammer und der bereits beim BGH tätigen Anwälte.

Hier entscheidet also die Creme der deutschen Justiz, mit wem sie überhaupt bereit ist zu verhandeln, und hier entscheidet ein exklusiver Anwaltszirkel mit darüber, ob andere Kollegen, vielleicht Konkurrenten oder unliebsame Gegner, vor dem Bundesgerichtshof etwas vortragen dürfen oder nicht.
Es ist auch nicht möglich, ad hoc eine Zulassung des eigenen Anwalts für ein Verfahren beim Bundesgerichtshof zu beantragen, gleich welche Qualifikation dieser haben mag. Man ist auf den festgelegten Kreis der Anwälte beschränkt, die die Gunst der Richter genießen.

Und um das Bild noch abzurunden: wenn sich jemand über dieses System beschwert, landet er mit seiner Klage bei eben dem BGH, der es vertritt. Eine Klage eines Leipziger Rechtsanwalts, der die Verfassungsmäßigkeit des Systems bezweifelte, wurde soeben von Anwaltssenat des BGH abgewiesen.

Soweit Hauptpunkte des aktuellen Artikels der „FAZ“ und weiterer Nachrichten zu diesem Thema.

Wenn der Bürger in entscheidenden Rechtsfragen auf höchster Ebene seinen Anwalt nicht selbst auswählen kann, kann man nur von einem elementar undemokratischen, oligarchischen Prinzip im Aufbau der Justiz sprechen. Was dem Bürger als Garant der Demokratie des gesamten bundesrepublikanischen Staates hingestellt wird, die Justiz, zeigt sich in der Praxis von einer ganz anderen Seite. Wenn ein Großteil der Bürger bei der Justiz das Gefühl hat, nicht Hilfe bei der Rechtssuche zu erhalten, sondern Klüngeln ausgeliefert zu sein, dann führt einem das Beispiel der handverlesenen Anwaltschaft des Bundesgerichtshof vor Augen, wie es zu solchen Gefühlen kommen kann. Die Richter, die beauftragt sind, die höchstinstanzlichen Entscheidungen zu treffen, bestimmen in Eigenregie, wer ihnen ggf. widersprechen darf und wen sie mit den - sicher nicht ganz unlukrativen - Mandaten versorgen.

Der abgeschlossene Klüngel auf höchster Ebene, der Gunst und Ungunst dem Bürger zumißt je nachdem, wie es seiner eigenen Machterhaltung günstig scheint, ist kein ganz unbekanntes Phänomen des Systems der BRD. Daran denkt man unwillkürlich schon wieder, wenn man solche Berichte liest.


Geringfügig korrigierte Fasung, 14.12.06

-------------------
Bitte beachten!

Anfänglich wurde aufgrund einer Verwechslung durch einen Mitarbeiter des webteams eine nicht-gültige Vorfassung mit einem Fehler auf die page gestellt. Dieser Fehler wurde nach einigen Stunden korrigiert.
Merkwürdigerweise wurde jedoch die falsche Fassung von Unbekannten, obwohl sie nicht mehr verlinkt war, auf dem Server angesteuert. Wir bitten dies zu berücksichtigen, falls die falsche Version in Umlauf gesetzt wird.
20.12.2006

 

www.neue-einheit.com