Internet Statement 2006-55
Am Mittwoch, 2. August, gab es in Berlin einen ersten Versuch, ein Nahostbündnis gegen die israelische zionistische Aggression, gegen den Krieg und seine Auswirkungen zustande zu bekommen. Dies mußte naturgemäß zu einigen heftigen Auseinandersetzungen führen. Am Anfang referierten mehrere Vertreter, die wohl z.T. in irgendeiner Weise der PDS-Linkspartei nahe stehen, aber auch Vertreter der arabischen Vereine. Eingeladen zu dem Treffen hatte die „Achse des Friedens“, die auch die Moderatorin Rim Farha stellte. Ca. 70 bis 80 Teilnehmer waren gekommen. In den Referaten wurde noch einmal Bilanz gezogen über das ungeheuerliche Geschehen im Libanon in den letzten drei Wochen. Es handele sich um einen lange vorbereiteten Angriff, der unter dem Vorwand der zwei entführten Soldaten begonnen worden war, mit der Zerstörung der gesamten Infrastruktur des Libanon, mit nunmehr 800.000 Flüchtlingen, an die 900 Toten und über 3.000 Verletzten. Ein Redner, der die arabischen Vereine hier vertrat, stellte klar, daß der Widerstand einschließlich des bewaffneten Widerstandes des libanesischen Volkes gegenüber der israelischen Militärkamarilla legaler Widerstand ist. In einem weiteren Beitrag versuchte die Bundestags-Abgeordnete Sevim Dagdelen von der Bundestagsfraktion der Linkspartei-PDS ihre Bemühungen darzustellen, im Rahmen des Bundestags und seiner Ausschüsse wenigstens auf einen sofortigen Waffenstillstand hinzuarbeiten. Überhaupt standen bei den Vertretern des Podiums die Überlegungen, wie man die Bundesregierung zu gewissen Schritten beeinflussen könne, stark im Mittelpunkt ihrer Darlegungen. In einem Beitrag von Fanny-Michaela Reisin von der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ kam die Sorge über die Verschärfung der gesamten Lage, über das begangene Unrecht, das zu einer „Verletzung der Herzen“ führt, zum Ausdruck. Es gab allerdings sehr bald Fragen, z. B. warum die PDS-Mitglieder bei den bisherigen Kundgebungen nicht erschienen sind, oder auch die Frage, warum die meisten Organisationen der Friedensbewegung nicht an dem Kampf gegen diesen Krieg, gegen dieses Unrecht teilnehmen. Es war allgemein schon zu Anfang gesagt worden, daß in diesem Fall nur eine schwache kleine Bewegung, die in gesellschaftlichem Maßstab kaum vorhanden ist, zur Verurteilung dieses Kriegs unterwegs ist. Ein Vertreter unserer Gruppe versuchte darzulegen, warum es so schwierig ist, in diesen Fragen zu einer Mobilisierung zu kommen, daß das Bündnis mit Israel fast ein Sanktuarium ist. Die CDU erklärte noch im Jahre 2005 das Bündnis mit den USA und Israel zur „Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland“, und was die CDU offen ausspricht, ist mehr oder minder bei den übrigen Parteien des Bundestages ebenfalls vorhanden. Wenn man sich um ein Nahostbündnis bemüht, stellt sich die Frage, kann es nur ein Bündnis sein, das nach Frieden in allgemeiner Form strebt? Der vorige Zustand war der sog. Frieden, der ständig neue Kriege hervorbrachte und auch die jetzige Situation hervorgebracht hat. Man muß auf die Quellen der Unruhe zu sprechen kommen. Man kann sich nicht nur um die Wiederherstellung eines Friedens bemühen, auch wenn die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand zur unmittelbaren Beendigung des Blutvergießens gerechtfertigt sein kann. Man muß auf die Fragen des Zionismus eingehen. Der Zionismus ist im Unterschied zu dem, was landläufig immer über ihn erzählt wird, in der Vergangenheit eng mit allen möglichen rechten und imperialistischen Strömungen verbunden gewesen, sogar mit dem Nazifaschismus hat der Zionismus zeitweilig zusammengearbeitet, und diese Quelle muß berührt werden. Es muß für ein demokratisches Palästina eingetreten werden. An dieser Stelle, nach etwa dreiminütiger Dauer dieses Beitrags, wurde der Redner unterbrochen und gefragt, was dies mit einem Nahostbündnis zu tun habe – eine merkwürdige Frage, denn genau um den Inhalt eines Nahostbündnisses ging es natürlich dabei. Insgesamt kam heraus, daß zumindest von seiten des Podiums und der Initiatoren nicht gewünscht wird, daß bestimmte tiefergehende Fragen dort diskutiert werden. In der weiteren Diskussion kritisierten Vertreter arabischer Gruppen auch deutlich bestimmte Friedensbewegungen und auch die Bemühung, hier nur die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand aufzustellen oder gar einen indirekten Appell an die UNO nach einem Einmarsch von UNO-Kräften. Zurecht verwies ein weiterer Vertreter unserer Gruppe darauf, wer denn in der UNO das Sagen habe, und was unter diesen Bedingungen die Forderung nach einer Konferenz der UNO oder nach UNO-Truppen im Libanon soll. Hier liegt eine Aggression der israelischen Zionisten vor, und sie muß deutlich kritisiert werden. Überhaupt war es nicht unwesentlich, daß von bestimmten Kräften der sog. Mahnwachen und Friedensbewegung ein Klima der Denunziation linker und revolutionärer Gruppen vorhanden war, oder daß man sich „gegen Emotionen“ wandte. Zurecht wurde von einer Vertreterin des Podiums gesagt, daß jetzt Krieg herrscht, und daß man sich über gewisse Emotionen nicht zu wundern braucht. Insgesamt kommt die Schwäche der sog. Linken in Deutschland zum Tragen, daß sie es nicht vermag, gegen diese eng mit dem Staat verknüpften Kräfte des im Grunde rassistischen israelischen Zionismus vorzugehen und Hemmungen hat, Klartext über eine der brutalsten Aggressionen zu sprechen, die in den letzten Jahrzehnten vorgekommen ist. Die Gründung wurde vertagt, ein Bündnis war noch nicht vorgesehen, nur eine Aktionseinheit soll angestrebt werden. Dies soll in weiteren internen Gesprächen festgestellt werden. Es wird noch eine ganze Menge zu tun sein, um ein solchen Bündnis zustande zu bekommen, das wirksame Propaganda betreiben kann und sich nicht zum Handlanger irgendwelcher parlamentarischen oder Regierungskräfte macht.
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