Internet Statement 2006-85

 

 

Große Teilnehmerzahl auf DBG-Kundgebung in Berlin

 

21.10.06                      

Die DGB-Kundgebung in Berlin gegen den Sozialabbau unter dem Motto " Das geht besser - aber nicht von allein!" und die dazugehörige Demonstration hatten eine bemerkenswert große Teilnehmerzahl. Die Kundgebung füllte den gesamten Raum zwischen dem Brandenburger Tor und der Entlastungsstraße aus. Die Schätzung von 80.000 Teilnehmern ist wahrscheinlich eher untertrieben. Dazu kamen noch Teilnehmer hinter der Tribüne und im angrenzenden Gelände des Tiergartens. Dies ist ein deutliches Zeichen für einen wieder wachsenden Widerstand gegen Hartz IV und die sozialen Maßnahmen, die von der Regierung getroffen werden. Immer mehr Menschen spüren, was Hartz IV, die Veränderungen durch die "Gesundheitsreform" auf lange Sicht bedeuten, spüren immer stärker den Effekt dieser Maßnahmen.

Von den auf der Hauptkundgebung gehaltenen Reden waren die von Frank Bsirske und der Vertreterin der Arbeitsloseninitiative "Dau wat" Antje Steinke besonders bemerkenswert. Von Antje Steinke wurden eine Reihe von Einzelheiten gebracht, wie die Realität von Menschen, die von Hartz IV betroffen sind, heute aussieht. In den verschiedenen Beiträgen wurde politisch immer nur wiederholt, daß dies nicht die richtige soziale Politik sei, daß man das doch ändern müsse. Man hängt sich an die offizielle Politik hinten an, damit sie es richtet. Genau damit kann natürlich auf die Dauer nichts erreicht werden. Lang und breit ließ sich Frank Bsirske über die soziale Lage aus, aber es bleibt natürlich vollkommen unklar, wie denn etwas durchgesetzt werden soll.

Interessant war seine kurze Wiedergabe einer Äußerung des Chef-Volkswirtes der Deutschen Bank Norbert Walter. Dieser habe gesagt, daß in Zukunft das Einkommen eines Lohnabhängigen nicht  mehr zum Lebensunterhalt ausreichen wird, sondern daß in einer  Familie mindestens drei Familienmitglieder zugleich arbeiten müssen, um diese zu ernähren. Da wurde gefragt, wer denn der  dritte sein soll, wahrscheinlich das Kind oder die  Großmutter. In der Tat zeigen solche Äußerungen eines arroganten bourgeoisen Vertreters der großen Konzerne in diesem Land, was sie mit der großen Mehrheit hier  vorhaben, und mit Klageliedern kann man solchen Leuten nicht kommen.

Es ist doch so: wenn man von der "Gesundheitsreform" spricht oder der Hartz IV-Gesetzgebung oder von dem Druck auf die Arbeitnehmer, dann spricht man vor allem über die Dinge an der Oberfläche. Wenn man aber nicht darauf eingeht, daß Jahr für Jahr weiter Kahlschlag betrieben wird und die Erpressung erhöht wird, daß das Kapital selbst eine rücksichtslose Politik gegenüber den arbeitenden Massen hier betreibt, dann vernebelt man mehr als daß man aufdeckt. Ohne an den Grundlagen zu rühren, an der Ordnung, die hier nämlich eine immer größere Masse der arbeitenden Klasse einfach verwirft, kann nichts erreicht werden.

Der Nachteil einer solchen Veranstaltung ist  und bleibt, daß man bislang die zahlreichen Teilnehmer, die ihren Protest ausdrücken, im Rahmen dieser Ordnung, innerhalb der sie nichts wesentliches mehr erreichen können, festhält. In den Reden wird schön behauptet, man wolle sich verstärken, der Kampf ist nur ein Auftakt, man soll den Kollegen aus dem Betrieb mitbringen, aber in welch einem Kontrast steht dies alles dazu, daß in der  Nacht zuvor hier von der IG-Metall-Führung in Gemeinschaft  mit der Geschäftsleitung der BSH-Streik quasi per Diktat  abgebrochen wurde. Hier schöne Worte und dort konkretes Abwürgen. Dennoch ist es gut, daß so viele Gruppen und Kräfte im ganzen Land an der Fortsetzung dieser Bewegung arbeiten. Es wird zu  einer Vertiefung der Erfahrungen kommen und es wird sich unweigerlich aufdrängen, daß hier ein Bruch mit diesem Hinterherlaufen erfolgen muß.

 

Redak-NE -hd

 

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