Internet Statement 2006-91

 

Das Bleiberecht - bei Unterwerfung unter mieseste Arbeitsbedingungen

Walter Grobe, 21.11.2006   

Der Kernpunkt des Kompromisses über das Bleiberecht derjenigen Migranten, die bisher unter der ständigen Drohung der Abschiebung standen, ist nach der Darstellung von SPD und CDU die Kopplung an den Nachweis eines Arbeitsplatzes bzw. an Fristen, innerhalb derer ein Arbeitsplatz gefunden werden soll. Dabei soll die bisherige Einschränkung fallen, daß ein Arbeitsplatz nur dann mit einem Migranten von außerhalb der EU besetzt werden darf, wenn Bewerber aus der BRD bzw. anderen EU- Ländern nicht vorhanden sind.

Natürlich sind die Fragen der Migration und des Ausländerrechts komplex und tangieren eine Fülle sozialer und individueller Probleme, die teilweise in der laufenden Diskussion auch angesprochen werden. Es gibt Fälle, in denen die Forderung nach Bleiberecht unterstützenswert ist, wo z.B. auch Teile der Bevölkerung gegen die Abschiebung voll intergrierter ehemaliger Flüchtlinge aufgetreten sind. Verwunderlich ist allerdings, daß das Interesse des Kapitals an dieser neuen gesetzlichen Regelung nicht zum Thema gemacht wird. Auch von der sog. Linken ist nichts dazu zu vernehmen. Aber ist es denn nicht so, daß nunmehr die Migranten unter der definitiven Drohung mit Abschiebung noch stärker gezwungen sind, unterwürfigst mit den Arbeitsagenturen zu kooperieren und mieseste Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, die noch schlechter sind, als sie den Arbeitslosen mit deutschem Paß derzeit noch zugemutet werden können?

Das Kapital drängt permanent darauf, die Löhne noch weiter zu senken und die Rechte der Arbeitenden zu nullifizieren, und es könnte durchaus sein, daß im Lauf der nächsten Jahre Kapitalvertreter darauf verweisen werden, daß inzwischen zigtausende Menschen sich zu Stundenlöhnen im unteren Bereich des „Niedriglohnsektors“, zu 60-Stunden-Wochen usw. bereitgefunden hätten, natürlich „freiwillig“. Kirchen, Migrantenorganisationen und ihnen verwandte Kräfte in der Linken vergessen bei ihren Forderungen nach mehr Bleiberechten völlig, nach den Auswirkungen auf die große Masse der Lohnabhängigen und Arbeitslosen in diesem Lande zu fragen. Dabei ist doch wohl klar, was die Folgen für die Allgemeinheit sind, wenn die herrschenden Kreise mit solchen Maßnahmen beträchtlichen Teilen der Reservearmee das Ultimatum stellen: unterschreib jede Bedingung des Kapitals, sonst fliegst Du raus!

Das dürfte in mancher Hinsicht auch für viele Migranten eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Situation des Durchwurstelns in rechtlichen Grauzonen bringen, wie es bisher wohl in zahllosen Fällen praktiziert wurde. Mit den rechtlosen bzw. rechtlich unklaren Verhältnissen der abgelehnten Asylbewerber und sonstigen illegalen Migranten hat das Kapital bereits jahrzehntelang Druck ausgeübt und den Arbeitsmarkt in seinem Sinne beeinflußt. Millionen von Illegalen waren ihm in diesem Sinne sehr willkommen, und es bestand in Wirklichkeit kein Interesse an rechtlicher Klarheit. Mit dem jetzigen Kompromiß der großen Koalition wird diese Politik fortgesetzt und verschärft, auch wenn manche Migranten und ihre Familien die Regelung begrüßen mögen.

 

 

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