| Internet Statement 2006-94 
 Ungarn  
          1956  und  heute
 
 
- Einige Überlegungen  
          
           
          
           Ungarn hat in seiner Geschichte wichtige Revolutionen erlebt. In der 
          Revolution von 1848-49 war Ungarn eines der Hauptschlachtfelder, in 
          das schließlich der russische Zarismus einfiel, um die demokratische 
          Bewegung zu vernichten. 1919 gab es einen wichtigen Versuch einer Räterevolution 
          in Ungarn, der kaum vorbereitet war, durch bürgerliche und sozialdemokratische 
          Kräfte hintergangen wurde und zum Scheitern verurteilt war. Ungarn war 
          ein Herzzentrum revolutionärer Entwicklungen in Südosteuropa, das ist 
          unzweifelhaft. Gleichzeitig gab es neue große Bewegungen wie die russische 
          Revolution, die eine Zeit lang einen beherrschenden, ja überwältigenden 
          Einfluß auf die revolutionäre Bewegung in der ganzen Welt und erst recht 
          in Europa ausübte. Wir wissen die Pionierrolle dieser Revolution zu 
          schätzen und gleichzeitig wissen wir, daß sie auch nachteilige Seiten 
          hatte wie etwa die mangelhafte Auseinandersetzung mit dem russischen 
          Chauvinismus, die mangelhafte Beachtung zahlreicher Analysen und Forderungen, 
          die bereits der damalige Marxismus vor der Revolution von 1917 deutlich 
          formuliert hatte.
 
          
           
          
           Heute kommt es in 
          Ungarn wieder zu  einer Bewegung 
          breiter Volksmassen, die es allmählich lernen, den unter liberalem Deckmäntelchen 
          auftretenden radikalen und brutalen Kapitalismus zu durchschauen und 
          gegen ihn vorzugehen. Und es melden sich verschiedene Kräfte zu Wort, 
          die dieser Bewegung in Ungarn übelwollen. Deutsche und andere westliche 
          Kapitalisten sind gestört in ihrem Bemühen, Ungarn sich als Ausbeutungsfeld 
          vollkommen unterzuordnen. Als Land für Verlagerungen der Produktion 
          rückt Ungarn wahrscheinlich schon wieder in den Hintergrund, weil man 
          „preiswertere“ Alternativen weiter östlich findet, und man droht den 
          Ungarn jetzt mit der völligen sozialen Entrechtung. Mit dabei sind Politiker, 
          die als Fortsetzer der revisionistischen „Ungarischen Sozialistischen 
          Arbeiterpartei“ voll in die Rolle von kapitalistischen Schurken geschlüpft 
          sind, die die mieseste und radikalste Politik der Entrechtung betreiben 
          wollen.  Es treten auch rechte 
          Kräfte innerhalb der Demonstrationen auf. Wir können von hier aus nicht 
          einschätzen, wie stark sie sind. Die Erfahrung sagt aber, daß immer, 
          wenn wirkliche Bewegungen gegen den völlig maroden und dreisten Kapitalismus 
          aufkommen, irgendwelche anderen, vom Ausland oder einheimischen Reaktionären 
          gesponserte Kräfte auftreten und vermeintlich im Lager der Aufständischen 
          agieren, um die Sache zu diskreditieren und zu schädigen.  Es ist sehr wichtig, 
          daß möglichst viele Informationen über die Auseinandersetzung, die die 
          heutige Linke und die Gruppen, die diese Opposition in Ungarn lenken, 
          führen, in übersetzter Form zu uns herüberkommen.  
          
           
          
           
          
           
          
           In diesen Monaten 
          vermischt sich die Bewegung mit den Erinnerungen an den Aufstand von 
          1956. Dieser Aufstand fand damals auch in einer komplizierten Lage statt 
          und hat sehr viele Facetten und unterschiedliche Seiten. Die Lage 1956 
          war aber noch fast völlig von dem noch nicht lange zurückliegenden Sieg 
          über den Hitlerfaschismus und seine Bundesgenossen geprägt. Viele Revolutionäre 
          kämpften noch bedingungslos an der Seite der Sowjetunion, selbst weltweit, 
          und die Kritik an bestimmten Phänomenen sollte erst im weiteren ausformuliert 
          werden.  In diesem ungarischen 
          Aufstand spielten zweifellos auch ganz rechte Kräfte eine Rolle, die 
          ein massives roll-back im Sinne der alten faschistischen Garde und des 
          amerikanischen CIA, der damit in Verbindung stand, in ihren Ideen hatten.  Es ist auch die Frage, wie sich die Sache weiterentwickelt 
          hätte, wenn diese Erhebung zum Erfolg gekommen wäre. Sukzessive wären 
          dann wohl verschiedene weitere Länder des Warschauer Paktes abgefallen. 
          Dann hätte sich allerdings im Innern des sog. Ostblocks eine Auseinandersetzung 
          entwickelt, die man derzeit nicht abschätzen kann. Auf jeden Fall wäre 
          aus der ganzen Sache aber auch ein Versuch erwachsen, den radikalen 
          Kapitalismus, den wir jetzt am Werke sehen, unter den ganz anderen Bedingungen 
          der fünfziger Jahre mit Gewalt durchzusetzen. Eine rechte Entwicklung 
          mit möglicherweise neuen Kriegsentwicklungen in Europa elf Jahre nach 
          dem Zweiten Weltkrieg wäre nicht ausgeschlossen gewesen. Das wollte 
          fast niemand. Das hatte damals keine Basis, und deshalb blieb auch der 
          Appell der kapitalistischen Kräfte in Ungarn, der westliche Kapitalismus 
          möge ihnen helfen, vollkommen ungehört.  Solcherlei Bewegungen 
          und „demokratische Revolutionen“ erlauben zumeist nur einen kurzen „demokratischen 
          Frühling“, wie es heißt, denn ein solcher „demokratischer Sozialismus“ 
          kann nicht existieren, er kommt sofort zwischen die Fronten. Unweigerlich 
          schieben sich ganz rechte und faschistische Kräfte vor, weil die „Reformer“ 
          sie nicht bändigen können, und schaffen jene kapitalistische Sphäre 
          herbei, gegen die sich auch heute wieder die Massen richten.  
          
           
          
           Konterrevolutionäre 
          Elemente spielten bei dieser Bewegung zweifelsohne eine bedeutende Rolle. 
          Wir wissen heute allerdings - das ist viel belegter als es damals war 
          -, wie stark der russische Chauvinismus sich in die internationale kommunistische 
          Bewegung hineingemengt hatte, die Dinge verzerrt hatte, viele Gegensätze 
          gegen sich hervorgebracht hatte. Man muß sich auch fragen, warum im 
          Falle solcher Unruhen es immer gleich solche Rechtsschwenks gab. Das 
          hat sicherlich auch damit zu tun, daß rechte Demagogen ein leichtes 
          Spiel hatten, an derartigen Widersprüchen anzuknüpfen. Und die Ungarn 
          waren sicherlich empfindlich gegen vorhandene untergründige panslawische 
          Strömungen, die von der KPdSU noch vollkommen mangelhaft oder garnicht 
          kritisiert wurden. Auf jeden Fall ist klar: dadurch, daß solche Fehler 
          in dem sowjetischen Kommunismus steckten, konnten sich auch solche Bewegungen 
          entwickeln. Ungarn selbst hat 
          seit 1918 eine nationale Frage, als die Versailler Vertragsmächte dieses 
          Land in völlig gestutzter Form aus der Taufe gehoben haben. 1956 waren 
          auch die Anhänger der faschistischen Bewegung, die 25 Jahre lang, von 
          1920 bis 1945 Ungarn regiert hatte, mit Sicherheit noch zahlreich und 
          einflußreich in der ungarischen Gesellschaft vorhanden. Sie konnten 
          im Oktober 1956 schnell das Blatt unter ihren Einfluß bringen und konterrevolutionäre 
          Bestrebungen durchsetzen.  
          
           
          
           Aber auch die Rolle 
          der Chruschtschowschen Sowjetunion muß behandelt werden. Chruschtschow 
          und seine Richtung  förderten 
          selbst den sog. Reformkommunismus, reizten zum Widerstand auf, führten 
          Bedingungen herbei, die dann schließlich den Einsatz ihres eigenen großen 
          militärischen Apparats zur Unterdrückung der Unruhen unvermeidlich werden 
          ließen. Aus dieser ganzen sowjetischen Politik und Einflußnahme ging 
          Janos Kadar, der dann über dreißig Jahre lang den ungarischen Revisionismus 
          führte, hervor. Er war einer der härtesten Parteigänger des modernen 
          Revisionismus. Dieser sog. Kommunismus, der dann in Ungarn herrschte, 
          arrangierte sich schnell mit dem westlichen Kapitalismus. Man erinnere 
          sich an die vielen Lobgesänge, die dem „Gulaschkommunismus“ in Ungarn 
          gezollt wurden, bei dem alles nicht so schlimm sei. 
          
           
          
           Und heute? Heute 
          sind diejenigen, die die 1956er Bewegung ganz groß haben hochleben lassen, 
          die rechten und liberalen bürgerlichen Kräfte, keineswegs begeistert, 
          wenn das ungarische Volk erneut aufsteht, selbst wenn es sich um die 
          Gedenkfeierlichkeiten für den Aufstand von 1956 handelt. Dieser Kapitalismus 
          hat gesiegt, und er wünscht keinen Aufstand.  
          
           
          
           Über die Vergangenheit 
          kann und soll man auch weiterhin Untersuchungen anstellen, auch um die 
          einzelnen Aspekte in dieser Auseinandersetzung. In der Gegenwart ist 
          auf jeden Fall klar, daß solche Bewegungen gegen den Kapitalismus unweigerlich 
          größere Konflikte nach sich ziehen müssen. Heute ist der Kapitalismus 
          in Europa z.B. eng mit dem russischen Chauvinismus verbündet. Die deutschen 
          Banken und Putin verstehen sich sehr gut, sie machen gewaltige gemeinsame 
          Geschäfte, sie agieren auch gegen die deutsche Nation und die überwiegende 
          Mehrheit in diesem Land. In Osteuropa dringt amerikanisches und deutsches 
          Kapital ein, aber sie bringen absolut keine Freiheit, sondern nur die 
          rigidesten Formen der Ausbeutung hervor, wobei meistens die alte Bürokratie 
          noch weiterleben kann. Da kann man sehen, was es mit diesen sog. „demokratischen 
          Aufständen“ und „friedlichen Revolutionen“ auf sich hat. Was nach der 
          "Revolution" kommt, ist garnicht friedlich, sondern äußerst 
          brutal gegenüber dem eigenen Volk. Leute wie Gyurcsany sind Ausdruck 
          dieser kapitalistischen Kräfte, die sich frech hinstellen und sagen: 
          wir haben gelogen und werden in Zukunft noch viel mehr lügen und werden 
          jetzt voll zur Sache gehen und euch aller sozialen Rechte berauben. 
          Solche Leute haben eben enge Beziehungen zum deutschen, zum amerikanischen 
          Kapital, aber auch zur neuen russischen Großmacht der Bodenschätze, 
          der alten Bürokratie und des KGB. Dieser Rückenwind verleitet sie dazu, 
          so frech und offen gegenüber dem Volk aufzutreten. Die Ungarn haben 
          vollkommen recht, wenn sie weiter dagegen vorgehen. Sie sollten auch 
          darauf achten, was in den Nachbarländern passiert. Auch hier gilt wieder: 
          die konzertierte Aktion revolutionärer Kräfte aus verschiedenen Ländern 
          ist immer wirksamer als nur an einem Punkt vorzugehen.  
          
           
          
           Redaktion NE – hd 
                        Oktober 2006
 
 
 
 
 
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