Internet Statement 2006-97
Mannesmann-Prozeß:
26.11.06 Gegenwärtig reiht sich eine Meldung über Willkürpraktiken an die andere. Überraschend haben sich, den Pressemeldungen zufolge, Staatsanwaltschaft und Verteidigung abgesprochen, das Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf gegen die Manager Josef Ackermann von der Deutschen Bank, Klaus Esser und andere, darunter auch den ehemaligen Vorsitzenden der IG Metall, Klaus Zwickel, niederzuschlagen. Sie stehen unter schweren Anklagen wegen korrupter Absprachen im Zusammenhang mit der feindlichen Übernahme des Mannesmann-D2-Konzerns durch Vodafone. Es handelt sich um eine sogenannte Freikaufaktion, und daher gibt es auch viele Überschriften wie „Ackermann kauft sich frei“. Angewendet werden soll ein § 153 der Strafprozeßordnung, der unter dem Stichwort „Nichtverfolgung von Bagatellsachen“ firmiert und einen Ergänzungsparagraphen 153a unter den Stichworten „Vorläufiges Absehen von Klage – Vorläufige Einstellung im Falle von Wiedergutmachung“ hat. Ein solcher Paragraph, der auf Lappalien wie den Diebstahl von einem Pfund Erdbeeren gerichtet ist, wird angewendet auf den zu vermutenden Fall der Bestechung in Höhe von Beträgen von -zig Millionen für ein Nachgeben in der feindlichen Übernahme eines Großkonzerns. Das ist Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist auch nicht das erste Mal. Es ist ganz einfach so: wenn Reiche sich freikaufen können und letztlich für „peanuts“ der Strafverfolgung entgehen können, kann von einer auch nur irgendwie gearteten bürgerlich-demokratischen Justiz nicht die Rede sein. Daß die Justiz in vielen Fällen Dinge abbiegt und unterdrückt, ist längst Allgemeingut. Und dennoch ist die offene Erklärung: es wird gegen Geld ein Verfahren eingestellt, weil es sich um wichtige Persönlichkeiten handelt, einfach Feudaljustiz reinsten Wassers, so wie sie früher existiert hat. Nicht umsonst waren die kleinen Feudalherren sehr bemüht, die Gerichtsbarkeit unter ihrer Herrschaft zu halten, so daß sie nicht verurteilt werden konnten. Es gibt einige erstaunliche Seiten an dem Ablauf, dazu einige interessante
Meldungen, die durch die Presse gingen. Zunächst endete der erste
Prozeß mit einem Freispruch vor dem Landgericht Düsseldorf.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, und der Bundesgerichthof schickte
am 21. Dezember 2005 das Verfahren zurück an das Landgericht Düsseldorf.
In diesem zweiten Prozeß agierte laut Presseberichten eine neue
Staatsanwaltschaft, die gegenüber dem ersten Verfahren ausgewechselt
worden war. Da muß öffentlich die Frage gestellt werden: wer
war dafür verantwortlich? Ist dies unter der jetzigen neuen Justizministerin
Müller-Piepenkötter (CDU) geschehen? Diese neue ausgewechselte
Staatsanwaltschaft hat diesem Deal zugestimmt. Sollte sich bestätigen,
daß die frühere Staatsanwaltschaft von oben her abgesetzt worden
ist, so wäre dies ein weiterer Beispielfall, wie sehr die Polit-Oberkaste,
die mit der Banken-Oberkaste eng verschmolzen ist, hier in diesem Staate
regiert wie in ihrem eigenen Laden, in dem sie sich bedienen und schalten
und walten können, wie sie wollen – so meinen sie jedenfalls.
Und wer verfolgt jetzt die Veruntreuung des Prozesses? Aber diese Frage wird man vorläufig wohl in diesem Land umsonst stellen. Es ist ein Merkmal der gegenwärtigen Periode, daß die Bourgeoisie und ihre Spitzenvertreter auf den Rechten herumtrampeln, wie sie wollen. Man kann nur appellieren, z.B. an alle Schüler: tragt diesen Fall z.B. in den Gemeinschaftskunde-Unterricht und fragt einmal einen deutschen Lehrer, der dort die Demokratie lehren soll, was das für eine Demokratie sei, in der sich Reiche von der Anklage freikaufen können. Das soll er einmal erklären. Geheimes Durchpauken von Gesetzen, öffentlichkeitsscheues Handeln der Regierenden und Einkauf bei der Justiz - das sind die in letzter Zeit immer stärker hervorstechenden Merkmale in diesem Land. Massenweise ging völlig zu Recht eine Welle der Empörung über dieses ganze Vorgehen durch die Chaträume und Diskussionsgruppen in diesem Land. Es sollte nicht so schnell vergessen werden, wenn wieder einmal jemand davon redet, daß hier alles nach demokratischen Prinzipien vor sich gehe. RedNE
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