Inrenet Statement 2007-20

 

Wie ein Günter Nonnenmacher in der „FAZ“
die USA in Afghanistan retten will

Walter Grobe, 28. 2. 2007      

In der Ausgabe vom 28.2.2007 bringt die „FAZ“ einen Kommentar eines ihrer Herausgeber, Günter Nonnenmacher, der angesichts der Lage in Afghanistan über diejenigen in der Bundesrepublik herfällt, die den USA nicht die geforderten Verstärkungen zur Verfügung stellen wollen.

Der Kommentar macht einmal mehr in geradezu grotesker Weise deutlich, wie bestimmte rechte Kräfte in der Bundesrepublik vor den Realitäten in Afghanistan, in denen sich in der Tat viele internationale Spannungen ausdrücken, die Augen verschließen und den Leser aufs Glatteis zu führen suchen. Sie befürworten genau die verkehrte Politik, die vermehrte Verwicklung der Bundesrepublik in die afghanische Katastrophe der USA.

Nonnenmacher bläst das angebliche Selbstmord-Attentat auf den US-Vizepräsidenten Cheney [1] als alarmierendes Ereignis auf:

„Das Selbstmordattentat vor den Toren eines amerikanischen Stützpunktes in Afghanistan, in dem an die neuntausend Soldaten der internationalen Afghanistan-Sicherheitstruppe stationiert sind, davon fünftausend Amerikaner, während eines streng geheim gehaltenen Besuches des Vizepräsidenten Cheney zeigt, wie fragil die Lage in dem Land am Hindukusch ist.”

In der Tat ist die Lage für die USA in Afghanistan prekär, aber sie hat ganz andere Hintergründe, als sie in dem simplen Weltbild Nonnenmachers auftauchen. Nonnenmacher zufolge ist die NATO in Afghanistan nun mehr denn je gefordert, und wer in der Bundesrepublik schon Tornado-Einsätze problematisiert, geschweige denn die Entsendung größerer Bundeswehr-Kontigente an die Seite der USA im sog. Kampf gegen die Taliban, ist ein Provinzpolitiker, der von den internationalen Spannungen nichts versteht. Denn, so Nonnenmacher, jenseits der afghanisch-pakistanischen Grenze gibt es zwar einen Verbündeten der USA, den Präsidenten Musharraf, dem es bedauerlicherweise aber von den starken Kräften der Taliban-Sympathisanten in seinem Geheimdienst und seinem Militär verwehrt wird, so recht USA-treu zu sein und den Nachschub für die Taliban wirksam zu unterbinden - und wenn der brave Musharraf es nicht ganz schafft, dann muß eben auch Deutschland ran, um die NATO-Truppen zum Kampf gegen die Taliban in Afghanistan zu verstärken:

„Die Nato bereitet sich auf eine Offensive der Taliban im Frühjahr vor; die amerikanischen Geheimdienste glauben, dass sich die Al-Qaida-Führung im Grenzgebiet zu Pakistan reorganisiert habe und auch operativ wieder handlungsfähig sei. Weil der Schlüssel zur Eindämmung dieser Gefahren in Islamabad liegt, hatte Cheney vor seinem Abstecher nach Afghanistan Präsident Musharraf bedrängt, die Grenze abzudichten, über die der Nachschub der Taliban kommt, und energischer gegen die Ausbildungslager von Terroristen in dem selbstverwalteten Stammesgebiet Waziristan vorzugehen – im Gepäck hatte er die Drohung, der Kongress könne sonst die amerikanische Pakistan-Hilfe kürzen. Die Frage ist jedoch, wie viel Spielraum Musharraf hat, der zwar Bushs Verbündeter im ‚Krieg gegen den Terror’ ist, aber mit den Sympathien für die Taliban und Al Qaida im eigenen Land (sowie in der Armee und in den Geheimdiensten) rechnen muss.“

Schande  über die Bundesregierung , die nur ungern ihre kleckerhaften Tornado-Angebote macht und sich noch immer vor der Entsendung von tausenden Kampftruppen drückt! So sieht es jedenfalls Nonnenmacher. Es stehe schlimm um uns alle, wenn selbst der US-Vizepräsident, von seinem Freund Musharraf kommend zu Besuch in einem der stärksten US-Stützpunkte, nur knapp einem Anschlag entgeht! 

Nonnenmacher hat anscheinend noch nie davon gehört, daß die verheerende Dominanz der Islamisten in Afghanistan das beabsichtigte Ergebnis einer Kooperation zwischen eben diesen USA und dem pakistanischen Geheimdienst ist, die von der US-Regierung schon vor 1979 begonnen worden war. Systematisch wurde unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die sowjetische Okkupation jedwede demokratische oder linke Kraft, die der islamistischen Würgerei Widerstand entgegensetzen könnte, zerstört.  Nonnenmacher weigert sich zuzugeben, daß auch die Art der Kriegführung der USA in Afghanistan seit dem 11. Sept. 2001 ein Neuaufkommen der Taliban provozieren muß. Er hat auch anscheinend noch nie an die Möglichkeit gedacht, daß dem Bush-Cheney-Regime in den USA die Renaissance der Taliban, die selbstverständlich nicht ohne die Unterstützung des eng befreundeten Musharraf-Regimes in Pakistan erfolgen kann, aus politischen Gründen sogar wünschenswert sein könnte. Denn mit dem Riesenlamento über die neue Gefährlichkeit der Taliban soll offensichtlich die verstärkte Verwicklung anderer, bspw. europäischer Länder, in die USA-Machenschaften in Afghanistan und anderswo über das NATO-Bündnis herbeigezwungen werden.

Mit einer Verbesserung der katastrophalen Lage des afghanischen Volkes hat die USA- und NATO-Kriegführung absolut nichts zu tun, sondern sie intensiviert die soziale Verwüstung noch. Die USA haben mit ihren verlogenen, schmutzigen, barbarischen und massenmörderischen Kriegskomplotten in Irak und Afghanistan das NATO- Bündnis, in dem sie nach wie vor die letzte Kompetenz haben, selbst endgültig zum Monstrum werden lassen.

Wer wie Nonnenmacher in dieser Entwicklung sich Sorgen um die Zukunft der NATO macht, steht Bush nicht fern, aber den Interessen der europäischen Länder wie Deutschland und Frankreich sehr. Raus aus Afghanistan, Verweigerung internationaler Einsätze unter der Marke NATO, d.h. letztlich unter Kontrolle und zu Nutzen der angemaßten Supermacht USA, die nicht nur die Niederschlagung und Verwüstung zahlreicher Länder wie Irak, Afghanistan oder afrikanischer Länder betreiben, sondern auch die Verwicklung ihrer Verbündeten in die Verbrechen!

Diejenigen Kräfte in der Bundesrepublik, die trotz allem und gerade in der aktuellen Situation den USA die Stange zu halten predigen, sind nicht irgendwer. Die Unterordnung unter die USA gehört eben zum Kern der bisherigen Staatsräson der Bundesrepublik, wie das die CDU unter Merkel zu betonen nicht müde wird, und wie das die SPD in der gesamten politischen Kontinuität seit 1918 praktiziert hat (trotz gelegentlicher Distanzen wie 2003). Aber die Dinge sind in Entwicklung. Wenn Nonnenmacher schreibt:

 „Angesichts solcher weltpolitischer Spannungen, in denen es auch um die Zukunft der Nato geht, wirken Streitereien im Bundestag über die Entsendung von sechs Flugzeugen ziemlich provinziell.“

dann ist da was dran, aber in anderem Sinn als er meint. Denn die USA sind es vor allen anderen Mächten, die rücksichtslos die Verschärfung der weltpolitischen Spannungen betreiben, und in einer ganzen Reihe internationaler Militäreinsätze der letzten Jahre, beginnend mit dem Jugoslawienkrieg 1999, haben die europäischen NATO-Verbündeten die USA dabei unterstützt. Die USA verfolgen bekanntlich unter den label „Kampf dem Terrorismus“ eine weltweite Interventionsstrategie und unternehmen in dieser Weise noch immer verzweifelte Versuche, sich selbst als die militärisch ausschlaggebende Supermacht zu behaupten, mit immer weniger Erfolgsaussichten. Das Um-sich-Schlagen der USA mag ein Nonnenmacher als Beruhigung der internationalen Spannungen ansehen, aber das Ende dieser Konzepte zeichnet sich jedenfalls ab. Die NATO hat keine Zukunft.  Im weiteren wird dann sicher auch die Auseinandersetzung mit den eigenen imperialistischen Anmaßungen europäischer Länder besser vorankommen.

Laßt die USA im afghanischen Dreck, den sie selbst angerührt haben, steckenbleiben. Keine Cent und keinen Tornado dafür, Bundeswehr raus aus Afghanistan! Und solchen verkalkten rechten Simpeln wie Nonnenmacher, deren eigene Provinzialität keiner überbietet, muß öffentlich mit deutlichster Kritik entgegengetreten werden.



[1] Aus dem Bericht über den Anschlag in der FAZ selbst an anderer Stelle kann man entnehmen, daß Cheney nicht wirklich gefährdet war und auch kaum gefährdet werden konnte. Man bekommt den Eindruck eines bestellten Ereignisses, das propagandistisch verwendet werden sollte. Bei den guten Beziehungen, die die USA zum pakistanischen Geheimdienst und damit zu wichtigen Sponsoren der Taliban unterhalten, dürfte es relativ leicht sein, solche Dinge einzustielen.  Wahrscheinlich hat Cheney mit Musharraf und den pakistanischen Geheimdienstlern auch abgesprochen, wie die sog. Offensive der Taliban geregelt wird, damit sie optimal in die US-Ziele paßt.


 

 

 

www.neue-einheit.com


neue-einheit.com

 

 

 

Wo die USA neue Generationen von Taliban herbeibomben
Walter Grobe 27.01.2007

Der Tornado-Beschluß: Die Regierung verstrickt das Land noch tiefer in die verbrecherische Kriegführung der USA in Afghanistan
IS 2007-18 -8.2.2007

RUBRIK:
Weltweite Kriegs- und Terrorkampagne im Gefolge des 11. Sept 2001
Fakten - Daten - Hintergründe