Internet Statement 2007-42
Zu Fragen der Religion und Philosophie - Antwort an einen angehenden
Physiker Auf unsere Internetseite erreichen uns immer wieder Anfragen mit zum Teil grundsätzlichem Charakter. Die folgende Anfrage zu philosophischen Fragen kam von einem jungen Physikstudenten an uns, die von Hartmut Dicke ausführlich beantwortet wurde.
Die Anfrage von Christian vom 12.Januar 2007
lautet wie folgt:
Ich erzähle Dir hiermit sicher nichts neues, ich wollte Dir nur
erst einmal meinen Standpunkt verdeutlichen. Ich beschäftige mich
also zur Zeit hauptsächlich mit dem Materialismus, mit der Grundfrage
der Philosophie, mit erkenntnistheoretischen Sachen, natürlich meist
mit besonderem Bezug auf die Physik, Chemie oder Mathematik. Wir (Kommunisten) würden mit einer ständigen Einteilung der philosophischen Richtungen in Idealismus und Materialismus, sowie in irgendwelche "Ismen" (bsp: Positivismus usw.) die Philosophie (als Ganzes) zu einseitig betrachten und ihrer nicht gerecht werden. Ich erwidere darauf, das man im Endeffekt jede philosophischen Richtung auf eine idealistische oder materialistische Beantwortung der Grundfrage der Philosophie (so wie sie von den Klassikern formuliert wurde) reduzieren kann, und das daher diese Einteilung ihre Rechtfertigung hat. Mir ist als Physiker völlig klar, das man eine Sache in Bezug auf verschiedenste Schwerpunkte darstellen kann (physikal. Bsp: Orts-,Impuls-Darstellung der Quantenmechanik). Im Materialismus ist dieser Schwerpunkt auf das Primat der Materie oder des Bewusstseins gelegt, und danach werden die Philosophien hauptsächlich kategorisiert. Es ist sicher möglich einen anderen Schwerpunkt zu wählen, aber gerade diesen sehen wir als den Wesentlichen an. Mein Freund erwidert darauf, dass eine solche Einteilung ein typisches Beispiel europäischer Objektphilosophie sei, und dass (einige) fernöstliche Philosophien diese Unterscheidung in Materie und Bewusstsein gar nicht machen. Damit kann man dann die Grundfrage so gar nicht stellen, weil es dann nicht mehr DIE MATERIE und DAS BEWUSTSEIN gibt, sonder beides ununterscheidbar EINS ist. Auf diese Sache habe ich bisher keine befriedigende Antwort. Ich habe zu Hause einiges an Literatur, aber die macht immer einen Bogen darum, bzw. klären das Problem nicht wirklich. Ich möchte Dir ein Beispiel geben: Aus "Grundlagen der marxistisch-leninistischen Philosophie" Dietz Verlag 1971, nach der 2. russ. Ausgabe besorgt von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Institut für Philosophie. Seite 20 (Kapitel 1.2 "Grundfrage der Philosophie"): "Heute versuchen bürgerliche Philosophen oftmals zu beweißen, daß es die Grundfrage der Philosophie überhaupt nicht gebe, daß sie ein Scheinproblem sei. Einige sind der Auffassung, daß die Trennung von Geistigem und Materiellem nur bedingt, wenn nicht gar rein verbal sei. So ist es vom Standpunkt des englischen Philosophen Arthur William Bertrand Russell (1872-1970) angeblich völlig unbewiesen, ob das existiere, was man mit den Worten "Materie" und "Geist" bezeichnet. Geistiges und Materielles sind nach Russells Auffassung lediglich logische Konstruktionen. Alle Versuche der bürgerlichen Philosophen, die Grundfrage der Philosophie für gegenstandslos zu erklären, erweisen sich jedoch als unhaltbar, denn der Unterschied zwischen Denken und Gegenstand des Denkens (zum Beispiel einem physikalischen Prozeß), zwischen der Empfindung und dem, was empfunden wird, das heißt dem, was man sieht, hört, usw. kann man nicht wegdiskutieren. Eines ist die Vorstellung vom Gegenstand, etwas anderes der Gegenstand selbst, so wie er unabhängig von der Vorstellung existiert. Gerade dieser Unterschied zwischen Geistigem und Materiellem, zwischen Subjektivem und Objektivem wird durch die Grundfrage der Philosophie fixiert." Die Erklärung in diesem Absatz finde ich persönlich nicht schlecht, allerdings kann sie meiner Meinung nach den oben verdeutlichten Standpunkt nicht richtig aushebeln, denn in der Argumentation ist das erst noch zu Beweisende bereits integriert, Zitat: "...denn der Unterschied zwischen Denken [Bewusstsein] und dem Gegenstand des Denkens [Materie] ... kann man nicht wegdiskutieren". Ich würde dazu sehr gern Deine/Eure Meinung wissen. Die Argumentation in so ziemlich allen Büchern, die ich besitze, ist die im wesentlichen die Folgende: Die Arbeiterklasse hat die historische Mission, die notwendige soz. Revolution durchzuführen und den Sozialismus aufzubauen usw. Einige Bsp.: "...die Arbeiterklasse führt die Menschheit auf den Weg der Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft" "...diese [Arbeiterklasse] ist historisch dazu berufen, die Herrschaft der Bourgeoisie zu beenden...und... den Kommunismus aufzubauen" Derartige Formulierungen kann man in fast allen Vorworten lesen. Was mich daran arg stört, ist, das hier von einer "Mission" oder "Berufung" usw. geredet wird. Mir drängt sich da die Frage auf: Von wem oder was ist sie denn Berufen? Wer hat ihr diese Mission verpasst? Ich finde diese Formulierung nicht geeignet, weil es metaphysisch klingt. Wenn ein nicht-Kommunist das liest, glaubt er, wir Kommunisten glauben die Arbeiterklasse hätte eine Mission, gottgegeben oder was weiss ich noch alles. Wenn das so wäre, brauchen wir Kommunisten ja gar nichts mehr zu tun. Alles erledigt sich praktisch von allein, da die Arbeiterklasse diese Mission hat und daher notwendigerweise den Sozialismus aufbaut. Wir müssen also nur warten, bis es soweit ist. Ich habe diese Formulierung so verstanden: die Arbeiterklasse hat (aufgrund ihrer sozialen, ökonomischen Situation) die Möglichkeit, unter der Führung der Kommunisten und mit einer Marxistischen Weltanschauung den Sozialismus zu errichten. Das ist in meinen Augen auch nicht zwangsläufig. Die Entwicklung kann auch in eine ganz andere Richtung verlaufen, wenn der Kapitalismus zerfällt. Ich glaube nicht an eine "Mission" oder "Berufung" der Arbeiterklasse. Diese Bezeichnungen halte ich für höchst ungeeignet, fast schon religiös. Bitte schreib mir dazu Deine/Eure Meinung. --------------------------------------------------------- Antwort von Hartmut Dicke zum vorstehenden Brief vom 4.März 2007
Lieber Christian! Hier erfolgt die Antwort auf Deinen Brief vom 12.Januar 2007, die ich schon seit längerem angekündigt hatte. Ich gehe nicht auf Deine anfänglichen Feststellungen ein, die ich durchaus unterstützen kann, wie, daß man viel Wert auf die Wissenschaftlichkeit legen muß. Die Theorie muß immer wieder an der Wirklichkeit gemessen werden, jede Theorie ist immer nur ein Abbild und muß als solches auch hinterfragt werden, was nicht heißen darf, daß die historischen Erfahrungen und die gewonnen Erkenntnisse, die sich viele Male im konkreten Leben bestätigt haben, leichtfertig beiseite geschoben werden dürfen. Ich gehe viel mehr auf die erste entscheidende Entgegnung ein, die meiner Ansicht nach in der folgenden Passage zum Ausdruck kommt.
Vorweg, was soll eigentlich der Begriff „fernöstliche Philosophien“ heißen. Sowohl China als auch Indien verfügen über eine äußerst abwechslungsreiche Geschichte philosophischer Anschauungen über Tausende von Jahren, die nicht weniger gegensätzlich sind, als die in Europa. Dort gab es hervorragende Philosophen, die mit großer internationaler Wirkung materialistische Erkenntnisse entwickelt haben. „Die“ fernöstliche Philosophie gibt es gar nicht. Dein Freund meint vermutlich bestimmte religiöse philosophische Richtungen, die heute eine gewisse Verbreitung haben und mit asiatischer Philosophie gleichgesetzt werden, ohne daß dies eine Berechtigung hat. Jetzt zu dem angesprochenen Kernpunkt: „Die Materie und Das Bewußtsein“ soll es gar nicht mehr geben, sondern beides ununterscheidbar eins sein? Wie das? In der Tat ist richtig, daß Bewußtsein auch Materie ist. Es sind nämlich elektrische und elektrochemische Vorgänge in unserem Gehirn. Jede Erkenntnis, jede Erfassung der Wirklichkeit ist ein materieller und energetischer Vorgang. Daraus folgt aber noch lange nicht, daß Materie im allgemeinen und Bewußtsein beim Menschen dasselbe sind. Materie und materielle Vorgänge, etwa bei der Gesteinsbildung oder der Umwandlung der Materie in verschiedene Formen, haben kein Bewußtsein. Die überwiegende Masse der Materie des uns bekannten Kosmos hat kein Bewußtsein, auf Grund der Entwicklung auf der Erde haben sich mannigfache Formen des Lebens herausentwickelt, die – in unterschiedlichem Grad - Bewußtsein haben. Das Leben und das damit verbundene Bewußtsein sind ein Sonderfall der Materie. Sonderfall der Materie und Materie im allgemeinen können nicht identisch sein. Bewußtsein ist also auch Materie, aber Materie ist keineswegs immer Bewußtsein. Infolgedessen ist die obige Behauptung, daß beides ununterscheidbar eins ist, falsch.
Denken ist nicht nur ein materieller Vorgang, mit elektrochemischen Vorgängen im Gehirn und im ganzen Nervensystem. Das ist zunächst einmal die Basis. Dieses Denken, diese Fähigkeit des lebenden Körpers, ist durch die Auseinandersetzung, die Tier und Mensch im Laufe von Hunderten von Millionen Jahren mit der konkreten materiellen Wirklichkeit geleistet haben, entstanden. Es gibt im Weltall Gestirne, sagen wir andere Planeten im Sonnensystem, die aus nichts als Gestein und Energie bestehen, die aber kein Denken haben. Wie soll das Denken gleich der toten Materie sein? Das Leben beginnt mit Formen der chemisch hochkomplexen Nukleinsäuren, die die Fähigkeit zur Selbstreproduktion entwickeln. In dem Moment, wo diese Materie sich mit anderen Bedingungen der Materie außerhalb ihrer selbst auseinandersetzt, beginnt sie einen Erkenntnisprozeß. Die Tiere beginnen ihre Auseinandersetzung mit der Natur. Sagen wir Einzeller, die sich zusammenschließen zu einer Kolonie, um widerstandsfähiger gegenüber der Umwelt zu sein, sie haben auch auf dieser Ebene einen Erkenntnisprozeß vollzogen, haben schon gelernt, selbst wenn diese ersten Schritte Millionen von Jahre gedauert haben. Dieser Erkenntnisprozeß hat sich im Laufe der Zeit immer höher entwickelt, bis sich daraus die vielfältige Flora und Fauna entwickelte. Weiter ging dieser Prozeß bis hin zu den höchsten Tierarten, darunter den Primaten, die schon zu einer Auseinandersetzung mit der Natur befähigt sind, aus denen der Mensch mit seiner Reflektion der Natur hervorgegangen ist. Man muß die Sache aber auch in ihrer gesellschaftlichen Dimension betrachten. Diejenigen, die behaupten, daß Bewußtsein und Materie dasselbe seien, leugnen damit die Höherentwicklung, sowohl die der Materie mit der Entwicklung des Lebens im allgemeinen, wie die Entwicklung der Materie und des Lebens zum Menschen im Besonderen. Damit wird letztendlich der Wert der gesamten Höherentwicklung, der qualitative Sprung in Frage gestellt. Um einen Punkt klarzustellen, der eigentlich ohnehin klar ist, das folgende.(Es ist manchmal besser etwas zusätzlich zu erwähnen, um Mißstände zu vermeiden) Wenn wir sagen, daß das Bewußtsein auch in den Bereich der materiellen, elektrischen und chemischen Vorgänge gehört, dann bedeutet das nicht, dies als einen primitiven Vorgang zu sehen. Das Gehirn ist ein äußerst komplexes System, das die Erkenntnis und Analyse der Welt ermöglicht, das den Umgang des Menschen und seine sozialen Eigenschaften ermöglicht. Das Gehirn des Menschen ist unendlich höher stehend als irgendein einfacher materieller Vorgang, hunderttausendfach höher stehend als jedes primitive Lebewesen, unvergleichlich höher als selbst das höchstentwickelte Tier. Mit dem Bewußtsein tritt die Wirklichkeit in höherer Potenz auf. Das macht das Leben mit seinen faktisch unendlichen Perspektiven in der Zukunft erst zu einer eigenständigen Sache. Aber wir kommen aus der Erde, genauer aus der sich widersprüchlich entwickelnden Materie, das ist wesentlich. Die Denunziation durch die östliche idealistische Philosophie greift dieses Bewußtsein, diese Kenntnis über die Materie und über das Bewußtsein selbst an.
Ich habe dieses Buch hier nicht unmittelbar vorliegen, deshalb will ich mich mit den Äußerungen zurückhalten. Es ist jedenfalls nicht falsch, festzustellen, man könne den Unterschied zwischen Denken und dem Gegenstand des Denkens nicht wegdiskutieren. Die Bücher aus der früheren Sowjetunion und der DDR liefern zwar ein gewisses Grundwissen an Philosophie, aber sie leiden auch an einer gewissen Einseitigkeit und mangelnden Behandlung des Widerspruchs in der Sache. Das kann ich nur bewerten, wenn ich das gesamte Kapitel sehe.
Zur zweiten Frage
Niemand! Es ist damit gemeint, daß die moderne Arbeiterklasse innerhalb einer jahrtausendelangen historischen Entwicklung, in der es immer eine Auseinandersetzung zwischen den historisch nach vorne strebenden Massen und überkommenen Ausbeuterklassen gab, nunmehr den letzten Abschnitt beschreitet, den der Überwindung des Kapitalismus und aller Formen der Ausbeutung. Innerhalb dieses geschichtlichen Weges sieht man die Rolle der Arbeiterklasse als die treibende Kraft, als die Grundlage, um die nunmehr letzte sich nun entfaltende Ausbeutergesellschaft zu überwinden. Es ist doch berechtigt, bei einer solchen historischen Rolle, bei der die Menschen sich von überkommenen Verhältnissen und Bedrängung befreien auch mal von historischer Mission zu reden, ohne dabei irgendwie an ein übernatürliches Wesen zu denken. Der gewaltige Kampf der Arbeiterklasse setzt auch Gefühle frei, und dies zu Recht. Gerade diejenigen, die die Welt in ihrem Wert verleugnen (und die Entwicklung hat einen Wert), die den Progress in der Entwicklung nicht wahrhaben wollen, fallen manchmal über den Marxismus her, er würde durch derartige Formulierungen hier einen neuen Glauben kreieren. Das ist Ablenkung, und in seinem Wesen ist es Verachtung des realen Kampfes. Warum sollte man denn innerhalb eines langwierigen Prozesses einer Kraft, die diesen zu einem gewissen Ende bringt (keineswegs zu einem Ende der Entwicklung überhaupt), nicht eine historische Rolle oder Mission zubilligen.
Ein Faktor schlägt allerdings materiell derzeit für die Bewahrer der alten Ordnung zu Buche. Nachdem 150 Jahre Auseinandersetzung der Arbeiterbewegung mit Schwerpunkt in Europa und den USA stattgefunden haben und dieser Kampf die Weltgeschichte vorangetrieben hat, wie auch zu harten Gegenmaßnahmen der besitzenden maßgeblichen Klassen geführt hat, ist jetzt eine Situation entstanden, die durch die weltweite Verlagerung und Umgruppierung der Produktion gekennzeichnet ist. Diese Verlagerungen schwächen zunächst die Arbeiterbewegung, bringen ihr eine vorübergehende Niederlage ein, zugleich bereiten sie aber den Boden für eine weitere Internationalisierung der revolutionären Arbeiterklasse vor. Gegen diese werden alle Waffen der unmittelbar materiellen Unterdrückung wie der ideologischen Korrumpierung eingesetzt werden. Karl Marx zeigte in seinen Schriften die historische Zwangsläufigkeit der Entwicklung zum Sozialismus und der proletarischen Revolution auf. Sie ist, wie ich meine, auch heute noch plausibel. Und hatte er nicht in vieler Hinsicht schon Recht behalten. Nach Marx Tod kam es binnen weniger Jahre zum Aufschwung der revolutionären Arbeiterbewegung in einem Umfang, den Marx noch nicht einmal erträumt hatte. Die Arbeiterklasse in Europa kam im Laufe der nächsten 30 Jahre in eine revolutionäre Epoche, erreichte einen Organisationsgrad, einen Einfluß auf die Gesellschaft, den man Mitte des Jahrhunderts sich noch nicht einmal vorstellen konnte. Daß Rußland zu einem neuen weiteren Zentrum wurde, aus der eine große politische Revolution hervorgehen konnte, ahnte Marx bereits, und wurde von Engels in der Zeit 1880 bis 1895 schon sehr konkret gesehen. Daß China zu einem überragenden Zentrum der Revolution werden würde, konnten sie sich allerdings noch nicht konkret vorstellen, dennoch war es nur 40 bis 50 Jahre nach ihnen bereits Realität. Mit dem Umsturz in China und der völligen Auflösung der Sowjetunion und der schon seit Jahrzehnten betriebenen Schwächung und Korrumpierung der Arbeiterbewegung in den früheren Kernländern ist es zu einem Rückschlag, sogar zu einer Auflösung gekommen. Na und? Steht bei diesen Denkern des 19. Jahrhunderts, die Entwicklung werde sich innerhalb weniger Jahrzehnte vollziehen und dann können sich die kommenden Generationen auf die faule Haut legen, weil alles fertig ist. Mitnichten. Auch wenn der Sieg in großen weltweiten Maßstab erreicht wird, kann es noch eine ganze Weile zu Rückschlägen kommen, die Gewohnheiten und Beschränktheiten der Menschen bringt das unbedingt mit sich. Eine automatische Durchsetzung haben Karl Marx und Friedrich Engels, wie auch der nachfolgende Kommunismus mit Sicherheit nicht vertreten. Gerade weil die überkommene Gesellschaft Probleme schafft, gerade, weil sich die Widersprüche in immer unhaltbarerer Weise verschärfen, kommt es dann zu dem notwendigen Handeln der Menschen, welches die Veränderung bewirkt. Dies kann allerdings auf verhältnismäßig geradem oder auch auf sehr umständlichem Weg erreicht werden. Unsere Aufgabe besteht darin, daß dieser Weg in einer möglichst intensiven schnellen und damit den menschlichen Erkenntnisprozeß fördernden Weise geschieht.
Als Hauptpunkt erscheint hier:
In welche denn? Zurück zum Feudalismus? Dann würden alle Widersprüche,
die im früheren Feudalismus existierten, auch wieder wirken, und
dies würde den Kapitalismus wieder erzeugen. Wenn solch ein außergewöhnlicher
Extremfall einträte, würden die Menschen auch ungemein daraus
lernen, und der Sozialismus stünde erneut auf der Tagesordnung. In eine Phase des allgemeinen langwierigen Zerfalls? Davon träumen manche als „Alternative“, vor allem Mitprofiteure der internationalen Ausbeutung, die ihre erbärmliche privilegierte Stellung auf Kosten von hunderten Millionen gerne noch ein Zeitlang länger hätten. Aber da gibt es die ökonomischen Zwänge des Kapitalismus. Waren müssen gekauft werden, der Kapitalismus macht das Wachstum immer wieder notwendig. Die Reaktionäre träumen gerade von dieser „gleichmäßigen“ „friedlichen“ Vernichtung von revolutionären Potenzen und der Zerstörung und dem Selbstverschleiß der Menschen. Da gibt es zum Glück die Konkurrenz der großen Mächte, die Entfaltung der Gegensätze, die eine solche abscheuliche Gesellschaft verhindert. In eine Gesellschaftsordnung mit verschiedenen der vorgenannten Komponenten, die durch eine alles lähmende Bürokratie gedeckelt wird? Auch dagegen werden die Kräfte der Konkurrenz ein zerstörerisches Werk begehen. Jede Lähmung einer bestimmten Region auf der Erde wird diese einem erbarmungslosen Konkurrenzdruck durch andere Regionen aussetzen, und somit die Aufhebung solcher Verhältnisse erzwingen. Haben nicht Marx und Engels diesen Vorgang im Kommunistischen Manifest in dem viel kleineren Rahmen der europäischen Nationalstaaten beschrieben?! Wo soll der prinzipielle Unterschied liegen? Nein, die historische Notwendigkeit des Sozialismus ist durch die Niederlage in einer Epoche nicht aufgehoben. Die Gesellschaft hat keine Alternative zur Übernahme der Produktionsmittel mit allem was dazu gehört durch die arbeitende Klasse mit allem was heute dazu gehört. Auch die Verwissenschaftlichung der Produktion drängt doch eher dahin, diese Produktion auch insgesamt einer demokratischen Kontrolle zu unterstellen. Eine neue Proletarisierung und gesellschaftliche Verschweißung der Produktion vollzieht sich doch vor unser aller Augen. Wie sich das im Detail entwickeln wird, kann bis jetzt niemand vorhersagen, dabei wird sich manche Schwierigkeit und damit die Notwendigkeit von Umgehungen und Kompromissen geben. Für uns ist es aber nicht egal, ob sich entscheidende Fortschritte sagen wir innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre vollziehen, oder ob sich das Ganze innerhalb eines „(alt-)asiatischen“ Weges von 2000 Jahren dahinschleppt. Auf eine solche Sinisierung und Umsetzung von „fernöstlicher“ Philosophie wollen wir gerne verzichten. Das möchte ich zunächst an Hauptsächlichem zu Deiner Anfrage sagen. Hartmut Dicke
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