Internet Statement 2007-56 Ver.di und Telekom-Führung freuen sich über ein prima Verhandlungsergebnis – Herbe Niederlage für die Streikenden Uwe Müller 20.6.07 Das heute, nach über 5-wöchigem Streik, erzielte Verhandlungsergebnis zwischen Ver.di und der deutschen Telekom bedeutet nach Betrachtung der bisher veröffentlichten Kernpunkte für die betroffenen Beschäftigten der Telekom-Servicebereiche eine deutliche Niederlage. Für die Telekom-Führung ist es ein klarer Erfolg. Sie freut sich darüber, daß die damit erzielten Einsparungen bis 2010 im vorab geplanten Korridor zw. 500 und 900 Millionen Euro liegen. Hier einige der Kernpunkte des Verhandlungsergebnisses, das 40 Seiten umfassen soll:
Angesichts der großen Zahl (50.000) der von den Telekom-Streichplänen betroffenen MitarbeiterInnen, die einen wirksamen und breiten Widerstand ermöglicht, und angesichts der Streikbereitschaft und des Streikwillens der Betroffenen wäre bei entsprechender Streikführung durch Ver.di ein Erfolg sehr wohl möglich gewesen. Hinzu kommt auch noch die sehr breite Solidarität für den Streik in der Bevölkerung, ungeachtet mancher Vorbehalte wegen schlechter Erfahrungen mit dem Telekom-Service und den Praktiken der Telekom gegenüber ihren Kunden. In diesem Streik war richtig Potential drin. Doch schon der Verlauf des Streikes - das nur zeitweise Heraustreten der Streikenden in die Öffentlichkeit durch Demos und Kundgebungen, die Nichteinbeziehung der Beschäftigten der ganzen Telekom, überhaupt die gezielte Begrenzung des Streikes durch Ver.di - haben solch ein Ergebnis schon erahnen lassen. Nichts, aber auch gar nichts, wurde auch von Ver.di unternommen, um die Streikenden durch Solidaritätsstreiks der Belegschaften aus der ganzen Branche, geschweige denn über die Branche hinaus, zu unterstützen. Von vornherein wurde der Streik begrenzt gehalten und über 5 lange Wochen im gleichen Stiefel so fortgesetzt. Daß bei einer solchen Streiktaktik die Streikmoral sinken muß, dürfte wohl klar sein. Die letzten zwei Wochen war der Streik in der Öffentlichkeit schon kaum mehr präsent. Diese Begrenzung des Streiks durch die Ver.di-Streikführung ist aber weder ein Zufall noch ein Fehler. Sie wissen, was sie tun. Für sie war der Streik von vornherein nur darauf angelegt, Druck auf die Telekom-Führung auszuüben, gleichzeitig aber ihn begrenzt zu halten, aus Furcht, er könne sich ausweiten und dann nicht mehr kontrollieren lassen. Streiks ja, aber nur unter der vollen Kontrolle der Gewerkschaftsführung, und ohne daß die Kapitalseite wirklich erschüttert wird. Das ist nicht nur bei Ver.di so. Das ist generell so in der Bundesrepublik. Die massive Anzahl der Betroffenen und Streikenden ließ Ver.di allerdings um so vorsichtiger und behutsamer zu Werke gehen. Die Streikunerfahrenheit der Telekom-KollegInnen kam ihnen dabei entgegen. Aber nicht nur das. Von den Streikenden selbst kamen keine hörbaren Forderungen nach Ausweitung des Streiks. Sie blieben ganz im Schlepptau der Streikführung. Und sie teilen mit dieser auch solche Forderungen wie die an den Staat, er solle doch bitteschön seinen Einfluß bei der Telekom geltend machen, um deren Streich- und Ausgliederungspläne zu mildern. Und eine Bereitschaft, sich mit den Beschäftigten in den Konkurrenzgesellschaften, die teils weit weniger verdienen, oder den Leiharbeitern zu solidarisieren, spielte weder bei Ver.di noch bei den Streikenden mehr als eine kleine Randrolle, mit null praktischer Konsequenz. Kaum überraschend hat die Große Tarifkommission heute schon dem Ergebnis zugestimmt. Die Urabstimmung unter den Streikenden soll erst gegen Ende der nächsten Woche stattfinden. Genug Zeit also für die Ver.di-Führung, für Medien und Politiker, um die berechtigte Wut, die bei vielen KollegInnen aufgrund dieses negativen Ergebnisses wohl aufkochen wird, wieder zu dämpfen. Vor allem gilt wie z.B. bei der IG Metall auch bei Ver.di, daß zum Abbruch des Streiks lediglich 25% der abgegebenen Stimmen benötigt werden, wohingegen zum Beginn des Streiks 75% vonnöten sind. Solche undemokratischen Klauseln ermöglichen es der Ver.di-Führung im Grunde, jeden Streik, sollte er mal wider ihr Erwarten sich ausweiten und ihrer Kontrolle zu entgleiten drohen, auch gegen die Mehrheit der KollegInnen abzubrechen. Und wenn es bei der Abstimmung mal knapp wird, dann wird mit allen üblen Tricks bis hin zur Manipulation gearbeitet, wie z.B. beim Abbruch des Streiks bei AEG in Nürnberg oder der BSH in Berlin. Wenn Obermann und Co. heute verlautbaren, dieses prima Ergebnis würde nun die Wettbewerbsfähigkeit der Telekom stärken, so ist das lächerlich. Die wahren Ursachen, die Unfähigkeit des Telekom-Managements, das Chaos in allen oberen Etagen, die dubiosen und arroganten Praktiken der Telekom gegenüber den Kunden usw. werden durch dieses Ergebnis ja überhaupt nicht angekratzt, es ermuntert eher zum Weitermachen.
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