Internet Statement 2008-20
Liebe Trauergäste, Wir haben uns heute hier versammelt, um gemeinsam Abschied zu nehmen von Hartmut Dicke, der so plötzlich und unerwartet binnen weniger Wochen buchstäblich aus dem Leben gerissen wurde. In den frühen Morgenstunden des 18. April ist Hartmut im Krankenhaus im Beisein seiner beiden Kinder, Janina und Sebastian, seiner Lebensgefährtin Maria und einiger seiner Genossen im Alter von nur 60 Jahren verstorben. Geboren wurde er am 11. Mai 1947 in Oldenburg als 3. Sohn. Nach bestandenem Abitur kam er im Juni 1966 nach Berlin, wo er mit großer Begeisterung und Intensität Mathematik und Physik studierte. Und hier an der FU in Berlin kam er auch in direkte Berührung mit der revolutionären Jugend- und Studentenbewegung, die sich schon seit 1966 angebahnt hatte. Erst letzten Juni hat Hartmut anläßlich des 40. Jahrestags des 2. Juni 1967, der Ermordung von Benno Ohnesorg, seine ganz persönlichen Eindrücke aus der damaligen Zeit geschildert. Jener 2. Juni war einer der Ausgangspunkte für eine revolutionäre Bewegung in der Bundesrepublik, die in ihrer Tiefenwirkung in der Geschichte ihresgleichen sucht. Und Hartmut war mittendrin. War er auch schon vorher interessiert an gesellschaftlichen und politischen Fragen, so engagierte er sich nun auch zunehmend, nahm teil an den sit ins, an den nächtelangen politischen Diskussionen und an der Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Er organisierte sich in der sog. Rozmath, der Roten Zelle Mathematik an der FU. Und wie das bei vielen Studenten und Jugendlichen damals der Fall war, saugte er die Grundlagen des Marxismus-Leninismus und der Mao Tsetung-Ideen förmlich auf, und erkannte in ihnen die Grundlage für den weiteren Kampf um den sozialen Fortschritt, für den Kampf um die proletarische Revolution. Diese aufwühlende und revolutionäre Zeit sollte seinen weiteren Lebensweg zentral bestimmen. Hartmut entwickelte sich in rasend schneller Zeit von einem politisch unerfahrenen Studenten zu einem glühenden Verfechter des Marxismus-Leninismus und der proletarischen Revolution. Das Studium trat mehr und mehr in den Hintergrund, bis er es schließlich ganz aufgab, um seine ganze Kraft und sein ganzes Können dem Kampf für die soziale Revolution, dem Kampf für den Kommunismus und dem Kampf für den Aufbau einer proletarisch-revolutionären Partei widmen zu können. Er stand dabei nicht alleine. Von einem Mitkämpfer entwickelte sich Hartmut aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeiten und seines selbstlosen Einsatzes schnell zu einer der treibenden Kräfte und Organisatoren der damaligen ML-Bewegung. Er mitbegründete den KJVD-Neue Einheit, er wurde schließlich Vorsitzender der KPD/ML-Neue Einheit und deren Fortsetzerin, der heutigen Gruppe Neue Einheit.
Dies war auch der Anspruch von Hartmut an sich selbst, und er ist ihm bis an sein so plötzliches Lebensende vollauf gerecht geworden. Er war Revolutionär durch und durch. Und jeder, der mit ihm zusammen arbeitete, ihn näher kennenlernte oder ihm auch nur bei seinen vielfältigen Aktivitäten, z.B. bei öffentlichen Veranstaltungen, begegnete, konnte dies fühlen und spüren. Für viele war er ein Vorbild und wir haben alle viel von ihm gelernt.
In seiner nahezu 40 jährigen politischen und publizistischen Tätigkeit hat Hartmut Dicke die Politik der Neuen Einheit maßgeblich geprägt, die unter seiner Leitung ihre revolutionäre Politik gegen alle Repression seitens des Staates und der Justiz, gegen alle Anfeindungen, Verleumdungen und gegen alles Totschweigen seitens der Pseudo-Linken und Revisionisten sowie gegen alle ökonomischen Widrigkeiten konsequent fortgeführt und weiterentwickelt hat. Und auch weiterführen wird. Mit seiner integrierenden Art - zwar in der Sache hart zu diskutieren und zu streiten, niemals aber persönliche oder gar hinterhältige Angriffe zu führen – hat Hartmut es als Vorsitzender verstanden, allen Widrigkeiten zum Trotz, die Einheit und Geschlossenheit der Gruppe Neue Einheit über all die Jahre hinweg zu bewahren. Ein weiteres herausstechendes Merkmal seines politischen Wirkens war das allseitige Erfassen der jeweiligen politischen und ökonomischen Lage, das Aufsuchen und das Anstreben von Bündnissen mit tatsächlichen Kräften, die fortschrittliche Bestrebungen auf verschiedensten Gebieten vorantreiben wollen.
Insbesondere ist es das große und bleibende Verdienst des Genossen Hartmut, die marxistisch-leninistischen Grundlagen nicht bloß statisch angewandt und verteidigt zu haben, sondern sie vielmehr einer permanenten und gewissenhaften Überprüfung an der Realität unterzogen, sie in gewissen Punkten kritisiert und weiterentwickelt zu haben. Seine vielen grundlegenden theoretischen Artikel zu Fragen der russischen, chinesischen und deutschen Revolution, zur Geschichte, zu Kulturfragen, zur Zivilisationsfrage, zur nationalen Frage, zu ökonomischen Fragen, zu Religionsfragen, zur Frage des technischen Fortschritts usw. stellen einen riesigen Fundus dar, dessen theoretische und praktische Auswirkung und Umsetzung sich noch entfalten wird.
Hartmut hat die ganze Zeit über gegengehalten und auch unter den schwierigsten Bedingungen und unter dem größten Druck den Kampf fortgeführt - es hat ihn dies aber unendlich viel Kraft und Energie gekostet und letztlich seine Gesundheit ruiniert und womöglich auch seinen viel zu frühen Tod herbeigeführt.
Die eigentliche und beste Würdigung wird sowieso die sein, unsere gemeinsame Sache, die Arbeit und den Kampf für die proletarische Revolution, gestützt auf die maßgeblich von Hartmut weiterentwickelten Grundlagen, fortzuführen. Ich denke, das wäre ganz in seinem Sinne. ---------------------------------------
Er war stolz auf seine beiden Kinder, Janina und Sebastian, die derzeit beide mit Zielstrebigkeit ihr Studium betreiben, und hat sie nach Kräften in ihrer Entwicklung unterstützt. Hartmut war ein hochgebildeter und ein auf nahezu allen kulturellen, wissenschaftlichen und historischen Gebieten interessierter und begeisterungsfähiger Mensch. Er liebte die Musik, insbesondere die Oper, und gab selber einen ganz guten Tenor ab. Er liebte die Literatur, und man konnte sich stundenlang mit ihm über Werke der Weltliteratur unterhalten. Er studierte und beschäftigte sich mit der Geschichte und Kulturgeschichte nicht nur Europas sondern des ganzen Kontinents. Auch sportlich war er sehr aktiv. Er hat so manchen Marathon gelaufen und nicht wenigen jüngeren Läufern dabei die Hacken gezeigt. Er war ein offenherziger Mensch, der auf die Menschen um ihn herum zuging, der sie mit seinem Charme, Witz und seinem geballten breitgefächertem Wissen für sich einzunehmen wußte. Er hatte stets auch ein offenes Ohr für deren Sorgen und Probleme. Hartmut konnte Menschen begeistern, er konnte argumentieren und überzeugen wie kaum ein anderer. Er hatte eine Energie, ein Durchsetzungsvermögen und eine Selbstdisziplin, wie sie sehr selten anzutreffen sind.
Sein Tod bedeutet politisch einen großen Verlust nicht nur für seine Mitstreiter der Gruppe Neue Einheit, sondern für die gesamte internationale revolutionäre Bewegung.
Unsere Trauer und der Verlust sind riesengroß. Hartmut wird uns sehr fehlen. Hartmut wird jedoch durch sein Lebenswerk, durch sein Beispiel, durch seine Taten und Gedanken sowie durch unzählige Erinnerungen in uns und mit uns weiterleben. Verwandeln wir unsere Trauer in Kraft, um seine Sache – die auch die unsrige ist - weiterzuführen.
|