Internet Statement 2008-47

 

Metall-Tarifrunde

Streik abgeblasen – Kollegen sollen die Zeche bezahlen

Uwe Müller  12.11.2008  

Die ersten Reaktionen in den Medien auf den Abschluß in der Metall- und Elektroindustrie waren deutlich: „Streik verhindert“, „Beifall von den Arbeitgebern“. Südwestmetall-Verhandlungsführer Roell sprach von einem „guten Tag“, der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt begrüßte das Ergebnis „uneingeschränkt“.

Was sich nach den kriecherischen Äußerungen von IG Metall-Chef Huber vom Wochenende schon abgezeichnet hatte, ist nun eingetroffen. Das ausgehandelte Ergebnis ist meilenweit von der ursprünglichen Forderung entfernt, geschweige gegenüber dem, was eigentlich gefordert werden müßte. Dieses Ergebnis ist ein Schlag ins Gesicht aller IG Metaller. Die IG Metall-Verhandlungsführer haben in allen Punkten der Kapitalseite nachgegeben. Für sie stand nur eines im Vordergrund.

So sagte Jörg Hofmann wörtlich:

"Es ist uns gelungen, einen Arbeitskampf in letzter Sekunde abzuwehren.“

Und wie man es schon kennt, selten aber so frech und provokativ, versuchen Hofmann und Co. nun auch noch, die Mitglieder für dumm zu verkaufen und sprechen von einem Gesamtvolumen von 4,2%. Glatt gelogen. Man muß nicht einmal sonderlich gut rechnen können, um diesen miesen Trick zu durchschauen.

Oder man schaue sich nur mal an, wie Gesamtmetall dieses Ergebnis vorstellt:

„Im Bundesdurchschnitt belastet der Tarifabschluß die Betriebe im Kalenderjahr 2009 – je nach wirtschaftlicher Situation – mit 1,4 bis 2,9 Prozent und in den ersten vier Monaten des Jahres 2010 mit 3 Prozent. Über die gesamte Laufzeit gerechnet, beträgt das Volumen aus den Einmalzahlungen und Tabellenerhöhungen 4,1 Prozent, das entspricht einer Jahresrate von 2,6 Prozent.“

Von dieser Jahresrate von 2,6% (und das ist das Gesamtvolumen aufs Jahr bezogen, wie es sich gehört) ist bei der IG Metall aber kein Wörtchen zu finden!


Damit sollen sich die IG Metaller nun abspeisen lassen? Und dann auch noch für dumm verkaufen lassen?

Die über 500.000 warnstreikenden Kollegen haben sich weit mehr erhofft. Sie haben dies bei den Warnstreiks auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Vorbereitungen auf die Urabstimmung liefen auch schon auf Hochtouren.
Die berechtigte Wut der Kollegen über die immer größere Unverfrorenheit der Banker, Manager und des Staates, die mit den Millionen und Milliarden nur so um sich schmeißen, die aber, wenn es um die Löhne der Arbeiter geht, knausern und drücken ohne Ende, kam dabei deutlich zum Ausdruck, die Streikbereitschaft war trotz - und bei etlichen auch wegen - der Krise hoch.
Es ist ja nicht nur die Höhe des Ergebnisses eine Provokation und ein schlechter Witz, auch die Laufzeit von 18 Monaten und mehr noch die Öffnungsklausel für alle Betriebe, die wirtschaftliche Probleme anmelden können (und das werden viele sein). Diese können die geplante zweite Erhöhungsstufe von 2,1% ab Mai 2009 sogar um 7 Monate verschieben bis zum 1.12.2009.

Geht es nach Bertold Huber und Jörg Hofmann ist damit die Sache nun gelaufen. Der „soziale Frieden“ bleibt gewahrt, der Streik ist abgewendet, eine Zuspitzung der Auseinandersetzung ist im Interesse des Kapitals und des Staates verhindert worden. Die IG Metaller durften bei den Warnstreiks Dampf ablassen, mehr soll aber nicht sein, das war’s dann. Die IG Metaller werden abgespeist. Das Kapital kann jubeln und wird im weiteren den Druck auf die Belegschaften noch weiter erhöhen.

Es bleibt zu hoffen, daß die IG Metaller dies nicht (mehr) so einfach hinnehmen. Protest und Widerstand gegen diesen Duckmäuser-Abschluß ist berechtigt und angesagt. Und kann auch erfolgreich sein…

…denn noch ist der Abschluß nicht gültig.

Die Große Tarifkommission hat die Entscheidung darüber heute offen gelassen, und die Entscheidung auf den 20. November vertagt. Wie die Diskussion dabei verlief, ist uns bislang leider noch nicht zu Ohren gekommen.

Fakt ist: Entgegen allen Jubel-Meldungen in Presse und Fernsehen ist dieser Abschluß noch nicht durch. Das ist er formal erst dann, wenn die Große Tarifkommission dem Abschluß zustimmt.


Es ist höchste Zeit, daß die Kollegen, nicht nur die der IG Metall, endlich die Augen aufmachen und erkennen, welche Rolle und Funktion die hiesigen Gewerkschaftsapparate eigentlich ausüben. Sie vertreten nicht wirklich die Interessen der Arbeiter und Arbeitslosen, sondern haben ihre primäre Aufgabe darin, den sog. sozialen Frieden aufrecht zu erhalten.
Das hat sich schon in vielen Tarifauseinandersetzungen und Kämpfen gegen Betriebsschließungen usw. gezeigt und zeigt sich in der jetzigen Krise um so deutlicher.

Es ist doch zu augenscheinlich. In der jetzigen voranschreitenden Krise des Kapitalismus, in der selbst kapitalistische Vertreter seine schwerste Krise seit 1929 eingestehen müssen und ihn, punktuell zumindest, kritisieren und teilweise gar in Frage stellen, verfolgt die IG Metall um so mehr den Kurs des Stillhaltens und der Vermeidung jeder ernsthaften Konfrontation mit dem Kapital und dem Staat. Man vergleiche dazu einmal den harten und monatelangen Arbeitskampf der kleinen Gewerkschaft GDL.

 

 

www.neue-einheit.de     www.neue-einheit.com