Internet Statement 2010-02

 

Abschaltung des Kernkraftwerks in Litauen

Maria Weiß 1. Januar 2010      

Folgende Meldung kam aus Inforadio vom 1.1.2010: Aufgrund einer EU-Bestimmung hat Litauen sein einziges Kernkraftwerk abgeschaltet, angeblich weil es den von der EU festgelegten Sicherheitsbestimmungen nicht Genüge getan hätte. Dieses Kernkraftwerk deckte 70 Prozent des Strombedarfs Litauens ab. Wie es dazu auch gleich lautete, soll Litauen jetzt stärker auf Energieversorgungen aus dem Ausland, namentlich aus Rußland angewiesen sein. Strom soll 30% teurer werden.

Es stellt sich hier zunächst die Frage: wie kommt es, daß in Litauen aufgrund der Vorgabe eines EU-Verlangens auf den Schlag 70 Prozent der Stromversorgung außer Kraft gesetzt werden kann? Was für ein Licht wirft das auf derartige EU-Bestimmungen und deren Kompetenzen? (Anm.) Was bedeutet es, wenn durch eine EU-Bestimmung ein Mitgliedsland auf den Schlag in eine nicht zu unterschätzende Abhängigkeit vom Ausland, in diesem Fall von Rußland, gebracht werden kann? Wie weit ist denn hier die Unterwanderung schon gediehen? -  still und lautlos läuft das ab und macht sich nur bemerkbar, wenn an einem ganz bestimmten Punkt die Auswirkungen offensichtlich werden. Nicht uninteressant ist dies auch im Zusammenhang mit noch vor zwei Jahren  ganz offen vorgetragenen Bestrebungen Rußlands, europäische Staaten in die Abhängigkeit von seinen Energielieferungen zu bringen, sowie Staaten aus seinem eigenen früheren Verbund mit plötzlichen drastischen Energiepreiserhöhungen zu erpressen und zu drangsalieren, wie es zum Beispiel unverhohlen gegenüber Weißrußland als auch der Ukraine geschehen ist und geschieht.

Man sieht daran, daß es keineswegs nur die hegemonialen Bestrebungen der USA sind, die zuweilen hier als Drahtzieher im Hintergrund in Erscheinung treten, sondern eine ganz andere Macht, welche in letzter Zeit eher mit Leisetreterei und angeblicher Unauffälligkeit in Erscheinung getreten ist:  der alte und neue Revisionismus, der sich  mitsamt seinen Expansionsbestrebungen  hier wieder mal bemerkbar macht. Darauf sollte durchaus das Augenmerk weiterhin konzentriert bleiben.

Dieser Fakt ist auch nicht uninteressant im Zusammenhang mit dem vor kurzem mit lautem Propagandarummel und Getöse abgezogenen sogenannten „Klimagipfel“ in Kopenhagen und dem Bestreben gewisser Staaten, bzw. deren Regierungen, weltweit CO2-Ausstoß-Vorgaben durchzusetzen, ja sogar eine weltweite Energieagentur, die alles kontrollieren soll - ein wirklich wahnwitziger Vorstoß, der an den Widersprüchen unter den Kapitalisten und Imperialisten als auch am Widerstand vieler Entwicklungsländer wie eine Seifenblase zerplatzt ist. Auch bei dieser Veranstaltung zeichnete sich Rußland durch Leisetreterei aus, Medwedew reiste bereits zwei Tage vorher ab. Das hat sie offenbar gar nicht besonders interessiert. Wenn man sich dieses Ergebnis hier (mit Litauen)  in der Praxis ansieht, dann kann man sich denken warum. Da arbeiten einfach gewisse Kräfte praktisch weiter und das Ergebnis fällt ihnen dann irgendwann wie eine  reife Frucht in den Schoß.

Das ganze läuft obendrein unter dem wohlwollenden Blick der Obama- USA-Imperialisten, was sich auch schon vorher abzeichnete, daß nämlich eine schleichende Abhängigkeit europäischer Staaten durch Einflußnahme Rußlands auf die Energieversorgung durchaus toleriert wird, solange es den hegemonistischen Interessen der USA nicht zuwiderläuft, die im Augenblick ihre Gedanken mehr auf Asien konzentriert halten. Und wenn bei einigen Menschen hier vielleicht Illusionen bestehen, was denn daran so schlimm sei, wenn dieser Prozeß hier sich weiter fortsetzt und die energiemäßige Abhängigkeit europäischer Staaten z.B. von Rußland verstärkt wird, das läuft doch alles ganz gut, dann muß ma sagen:  Ja, vielleicht eine zeitlang, aber keineswegs immer. Man hat gesehen:  sobald sich ein Konflikt auftut wie z. B. mit Weißrußland, sieht die Sache ganz anders aus. Dann kann auf einmal die blanke Erpressung hier stattfinden, von heute auf morgen. Ein echter Verbund, ein echter Austausch existiert immer nur auf Grund von Gleichberechtigung und gegenseitiger Kontrolle. Davon kann aber auch in diesem Fall nicht die Rede sein.

 

 

 

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Anmerkung:

Es wurde vereinbart Ende der neunziger Jahre, als Bedingung bei der Aufnahme Litauens in die EU (!), daß die zwei Blöcke des Kernkraftwerks Ignalina, einst von der Sowjetunion errichtet, abgeschaltet werden, und zwar der erste 2005 (ist auch dann erfolgt) und der zweite im Jahr 2009. Damals produzierte Ignalina 80% des benötigten Stroms. Begründung ist, daß es sich um Kraftwerksblöcke des gleichen Typs wie in  Tschernobyl handelt. Es ist längst öffentlich bekannt, u.a. auch durch den einige Zeit später herausgekommen Bericht, daß bei diesem sog. Unfall vor allem eine ganze Kette von unzulässigen Eingriffen in die Sicherheitssysteme eine Rolle gespielt hat und nicht etwa konstruktionsbedingte Mängel. Litauen hat sich später um eine Verlängerung der Laufzeit des zweiten Blocks bemüht, und zwar wenigstens so lange, bis ein neues Kernkraftwerk errichtet ist, aber die EU bestand auf dem Termin 2009.  Litauen will aber an der Kernenergie festhalten und plant in Zusammenarbeit mit Estland und Lettland ein neues Kernkraftwerk am Standort des KKW Ignalina. Offenbar stößt das Vorhaben aber auf Schwierigkeiten, inzwischen ist auch die wirtschaftliche Lage des Landes eine andere. Das neue Kernkraftwerk ist noch in der Planungsphase und soll nicht vor der zweiten Hälfte des Jahrzehnts fertig sein. (zurück)

 

 

 

 

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10. Jahrestag der Tschernobyl- Katastrophe:
Die entscheidenden Fakten gehören endlich in die Öffentlichkeit

NEUE EINHEIT Extrablatt Nr.25 vom 7.04.1996

Die Fragen zu Tschernobyl bleiben - Sie müssen geklärt werden
IS 2006-29 - 22.4.06

 

Aus der NEUE EINHEIT Nr.5/86:
Die Veröffentlichung des Tschernobyl-Berichts - Zur Verlogenheit der Medienhetze gegen die Kernenergie
10. Oktober 1986

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Die Bedeutung des sog. Konsenses über die Stillegung der Kernenergie
Memorandum von Hartmut Dicke

7. Juli 2000

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zur Frage der Kernenergie