Internet Statement 2010-05

 

„Nie wieder dürfen blutrünstige Diktatoren ignoriert werden…“  -  Kommentar zum Peres-Besuch im Januar

Maria Weiß   10.2.2010        

„Nie wieder dürfen blutrünstige Diktatoren ignoriert werden, die sich hinter demagogischen Masken verbergen und mörderische Parolen von sich geben.“ So lautete es kürzlich wieder mal in Zeitungen dieses Landes anläßlich des Besuches des israelischen Präsidenten Peres. Israel wolle „mit seinen Nachbarn in Frieden leben“ und sei „auch zur Aussöhnung mit den Palästinensern bereit“.
Dazu hieß es noch: „Der Iran ist eine Gefahr für die Welt - ein Regime, was mit seinen Nuklearraketen Israel und andere Länder terrorisiert“.

Man muß an diesem Punkt wirklich mal fragen: Wer macht denn hier was in der Praxis? Wer terrorisiert z.B. die Bevölkerung von Gaza mit immer neuen Maßnahmen? Wen terrorisiert das iranische Regime, es sei denn seine eigene Bevölkerung auf Grund seines Klerikalfaschismus? Dieser wird aber nicht angegriffen, sondern die angeblichen Nuklearraketen, von denen bis jetzt nicht eindeutig klar ist, ob der Iran solche überhaupt besitzt. In der Praxis gibt es gegenwärtig keinerlei aktive praktische Bedrohung von seiten dieses Staates. Im Gegensatz zu Israel, welches permanent die palästinensische Bevölkerung nicht nur bedroht, sondern regelrecht terrorisiert und schikaniert.

Wer solche Reden hier schwingt, der muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß er ein Paradebeispiel für einen Heuchler abgibt.

Wer so etwas aber hier nur anschneidet, der bricht damit ein Tabu, denn es gibt hier eine enge Verknüpfung zwischen dieser Art öffentlich zur Schau gestellter Heuchelei und dem Regime der Bundesrepublik Deutschland.

Man muß sich an diesem Punkt wieder einmal klar machen, was hier überhaupt für ein Regime existiert. Dieses Regime existiert seit dem Ende des zweiten Weltkriegs und ist davon geprägt, daß diejenigen Mächte, die diesen Weltkrieg für sich entschieden haben, sei es zu recht oder teilweise zu recht, dieses Land in Abhängigkeit halten, zunächst durch Spaltung und auch noch nach der sog. Wiedervereinigung durch Auflagen, die nach wie vor dieses Land in gewisser Weise in Abhängigkeit halten und wesentliche Ressourcen für die ökonomische und soziale Entwicklung unterdrücken. Wenn zum Beispiel ein Bundespräsident Köhler folgende Äußerung macht, anläßlich dieses Peres-Besuches, daß die Verantwortung für die Shoah ein "Wesensmerkmal deutscher Identität" bilde, dann muß man sich mal überlegen, was das eigentlich heißt. Wer ist verantwortlich für die Shoah, sofern man von einer solchen überhaupt ausschließlich sprechen kann, denn die Nazifaschisten ermordeten keineswegs nur Juden, sondern sie ermordeten alles was ihnen im Weg stand, was oppositionell war, nämlich in erster Linie Kommunisten und andere fortschrittliche Menschen, die sich ihrem verbrecherischen rassistischen Regime entgegenstellten. Diese wurden ebenfalls in den Konzentrationslagern ermordet. Das wird zumeist geflissentlich übersehen, wenn von diesen Massenmorden die Rede ist,. Wenn man also postuliert, daß die Verantwortung für die Shoah Teil der deutschen Identität sei, dann sagt man damit, daß die Verantwortung für die verbrecherischen rassistischen Morde eines einzelnen konterrevolutionären Regimes zur Identität einer ganzen Nation gehört. Das ist nicht nur eine Absurdität, das ist selbst verwerflich, denn es zieht eine ganze Nation und obendrein noch die eigene in einer unsäglichen Weise in den Dreck. Wenn ein Bundespräsident eines Landes so etwas sagt, zeigt es die extreme Unterwürfigkeit und im Grunde fungible Instrumentalisiertheit durch bestimmte ausländische Mächte. So etwas kann auf die Dauer nicht hingenommen werden. Aber wenn man solche Themen hier aufgreift und in einer korrekten Weise behandelt, dann läuft man in der Tat Gefahr, hinterrücks und klammheimlich aus dem Weg geräumt zu werden (wie geschehen im April 2008 beispielsweise).

Es fragt sich bei alledem eigentlich: wem liegt soviel daran, dieses Land niederzuhalten und abzuschleifen, daß dieser Widerspruch in dieser Form immer noch existiert? Derartige Jahrestage, wie sie hier begangen werden und durchaus auch eine Berechtigung haben, werden hier regelrecht mißbraucht zur Demütigung einer ganzen Nation, und das ist nicht in Ordnung. Man kann nur hoffen, daß sowohl die jetzige junge Generation als auch zukünftige Generationen sich das nicht gefallen lassen werden. Und es gibt eine ganze Reihe Anzeichen, die darauf hindeuten, daß es auch nicht der Fall ist. Sehr viele von den ganz jungen Menschen sagen, daß sie sich dafür (für die nazistischen Verbrechen) nicht verantwortlich fühlen, und das ist auch völlig korrekt. Man kann nicht und schon gar nicht über Generationen hinweg eine ganze Nation dafür verantwortlich machen, was gewisse ausgeflippte degenerierte Henker, die obendrein zusätzlich mit massiver Hilfe des internationalen Kapitalismus hochgepuscht wurden, an Verbrechen begangen haben. Das ist ein Unding, und kein anderes Land auf der Welt würde sich so etwas gefallen lassen. Was würden wohl Nordamerikaner sagen, wenn man sie beispielsweise für gewisse Verbrechen ihrer damaligen Regierungen gegenüber den Völkern Asiens verantwortlich machen würde – die Entlaubungsaktionen in Vietnam und Kambodscha waren auch nicht gerade „zimperlich“ - wenn man die Verantwortung dafür als Teil der amerikanischen Identität postulierte?

Rassismus, egal in welcher Form, ist immer und überall zu verurteilen und zu bekämpfen, das steht außer Frage. Aber die Verantwortung für daraus resultierende Verbrechen und Morde sind selbstverständlich ihren Urhebern anzulasten, und zwar egal aus welcher Nation sie stammen, nicht aber den Nationen oder Staaten. Das gilt sogar auch für Israel. Nicht jedoch für den Zionismus, der andere Nationen wie zum Beispiel die palästinensische wie willfährige Sklaven behandelt und ihnen im Grunde sogar jegliches Existenzrecht bestreitet, wenn man sich die jahrzehntelange gängige Praxis dort vor Augen führt, die dominiert. Aber auch dort ist es so, daß die Dinge sich weiter entwickeln, und man kann heute sagen, daß diese Praktiken nicht mehr uneingeschränkt von der Mehrheit der Bevölkerung Israels unterstützt werden. Es deutet durchaus einiges darauf hin, daß vor allem die jungen Menschen, sowohl in unserem Land als auch in Palästina und Israel darauf hinarbeiten, zu anderen Lösungen zu finden.
Es ist auch nicht im Interesse der Mehrheit der israelischen Bevölkerung, ewig in Konfrontation mit den Palästinensern zu leben. Deswegen kann man nur empfehlen: ran an die Probleme, die kniffligen Fragen angepackt und nach der historischen Verantwortung und dem gesellschaftlichen Fortschritt gerecht werdenden Lösungen suchen!

Geschehen ist geschehen, geschehenes Unrecht muß verurteilt werden und darf nicht im Nachhinein gerechtfertigt werden. Das ist vollkommen klar. Aber es ist überhaupt nicht Aufgabe und auch nicht das geringste Recht von Vertretern der internationalen Klassenherrschaft, egal aus welcher Nation sie stammen, bis auf alle Zeiten hier eine Nation oder gar zukünftige Generationen derselben dafür verantwortlich zu machen, was die internationale Reaktion zu bestimmten Zeiten bezüglich eines bestimmten Landes in die Wege geleitet und damit selbst mitzuverantworten hat.

Was die permanent strapazierte angebliche „Einmaligkeit“ nazistischer Verbrechen angeht, so ist dazu zu sagen: in gewisser Weise waren diese sicherlich bis zu dem Zeitpunkt, wo sie geschahen, einmalig. Das heißt aber überhaupt nicht, daß sie in der Zukunft nicht überboten werden können. Man darf nicht vergessen, daß die Etablierung dieses rassistischen Regimes in Deutschland ein Produkt des Klassenkampfes, und zwar eines von seiten der äußersten Reaktion international wie national dargestellt hat, um der revolutionären Arbeiterbewegung in Deutschland und damit zugleich auch in anderen Ländern wie auch der damaligen Sowjetunion einen strategisch vernichtenden Schlag zu versetzen. Und was reaktionäre, massenfeindliche, rechte Elemente von heute mit ihren ökologistischen Programmen gegenüber den Massen vorhaben, da ist noch sehr die Frage, ob nicht auch solche die nazistischen Massenverbrechen noch in den Schatten stellen werden.

  (geschrieben am 27.1.2010)

 

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