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Statement 2010-07
METROPOLIS
– Kritik am Kapitalismus - aber von welcher Seite?
Ein
Kommentar
Klas Ber, 13./14. Feb. 2010
Am Freitag (12. Febr.) wurde mit großem Pomp und Lob eine in Teilen
neu restaurierte Langfassung von Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis"
im Rahmen der diesjährigen Berlinale gezeigt. Gleichzeitig wurde
der Film aufgeführt im Friedrichstadtpalast, wo er live vor High
Society Publikum durch das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin nach der
Originalpartitur begleitet wurde, dann auch vor dem Brandenburger Tor
in Berlin, dort bei eisiger Kälte, in Frankfurt und bei arte.
Meist wird lediglich die technisch filmische Seite hervorgehoben, die
für die damalige Zeit etwas neues war und auch heute noch ihren Reiz
hat, über den Inhalt des Films, die Propaganda die der Film transportiert,
ist weniger zu hören. Aber es lohnt sich, einmal darüber zu
diskutieren und vor allem ihn einer Kritik zu unterziehen.
Dieser Film ist eine Art Dauerbrenner, was mit Sicherheit auch inhaltliche
Gründe hat und warum ihm auch heut noch so viel Lob von offizieller
Seite zuteil wird.
Dieses Event im Rahmen der Berlinale ermöglichte es einem, sich diese
neu restaurierte Metropolis-Langfassung auch bei arte anzusehen Hier einmal
einige Eindrücke, die man sofort gewinnt, wenn man den Film sieht.
Man kann ihn nicht aus dem Zusammenhang der damaligen gesellschaftlichen
Entwicklung und politischen Auseinandersetzung loslösen. Es wurde
sehr viel Geld in den Film investiert und Metropolis hatte 1927 Premiere,
das Drehbuch wurde schon Jahre vorher begonnen, also alles in einer Zeit,
als in Deutschland die Klassengegensätze scharf aufeinander prallten,
wobei die Arbeiter- und Kommunistische-Bewegung die Herrschaft des Kapitals
damals ernsthaft in Frage stellte.
Als Science-Fiction-Film gepriesen, ist der Film inhaltlich doch eher
konservativ, wenn nicht sogar rückwärtsgewandt, voll von Kulturpessimismus,
dem Unbehagen gegenüber dem gesellschaftlichen wie technischen Fortschritt.
Parallelen ziehend zum Turmbau zu Babel und warnend vor einer Apokalypse.
Eigentlich muß man sagen, stellt sich der Film im Grunde der ganzen
fortschrittlichen Entwicklung entgegen.
In einer Zeit gedreht, in der die Klassengegensätze auch in Deutschland
wie weltweit aufeinanderprallten, in Rußland 1917 eine proletarische
Revolution sich durchgesetzt hatte und auch hier nach der Novemberrevolution
und dem Januar 1918 alles weiter dahin drängte, propagiert der Film
die Vision einer Aussöhnung zwischen Proletariat und Kapital, christlich
vermittelt.
Ohne die Filmhandlung ausführlich wiederzugeben, kann man sagen:
die Kernthese des Films, die, wie bei Stummfilmen üblich, als Zwischentext
auftaucht, bringt’s auf den Punkt: „Der Mittler zwischen
Hirn und Händen muss das Herz sein“
Das ist es, was der Film in dieser gesellschaftlichen Lage sagen wollte.
Wobei das „Hirn“ der Visionär und Erbauer von Metropolis,
der Kapitalist Joh Fredersen ist. Die „Hände“ sind die
Arbeitermassen aus der Unterstadt und der „Mittler“ ist der
Sohn des Kapitalisten. Dieser wirft schon mal am Anfang die Frage auf:
Was wird, wenn die Arbeitermassen, die in der Unterstadt leben und am
Paradies der Oberstadt keinen Anteil haben, gegen seinen Vater aufstehen?
Der dann, auf der Suche nach seiner Liebe, der christlichen Maria, auch
zeitweilig sogar selbst zum Arbeiter und letztlich dann zum „Mittler“
zwischen dem Kapitalisten und den Arbeitern wird.
Der Film bringt einen ziemlichen Pessimismus über die gesellschaftliche
Zukunft zum Ausdruck, beinahe in fast allem, was darstellt wird.
Das „wirklich Böse“ verkörpert wohl der Erfinder
der ganzen Technik, Rotwang, dessen übelstes Werk die Schaffung eines
Maschinenmenschen, einer Maschinenfrau, ist, die dann auch noch im Auftrag
des Kapitalisten die Arbeiter zur Revolution (im Film Maschinenstürmerei)
aufhetzt, weil der Kapitalist dann als Antwort darauf zum Gegenschlag
gegen die Arbeiter ausholen will.
Während die „Gute“ eine christlich gekennzeichnete Maria
ist, die den Arbeitern das Kommen eines Erlösers, im Film der „Mittler“,
predigt. Auch ansonsten gibt es recht häufig den Bezug zum Christentum
und zur Bibel. Sei es der Turmbau zu Babel, mit dem Metropolis verglichen
wird, sei es die Offenbarung des Johannes (Apokalypse), vor der gewarnt
wird, sei es der Altar mit den Kreuzen in den Katakomben, wo Maria den
Arbeitern vom Kommen des „Mittlers“ predigt.
Wenn auch recht ausdrucksvoll dargestellt ist, wie Arbeiter im Kapitalismus
zum Anhängsel der Maschine degradiert, zur Arbeitshetze angetrieben
und gnadenlos dem „Moloch“ einer alles verschlingenden Macht
geopfert werden, so perspektivlos wird andererseits im Film eine Revolution
der Arbeiter, untermalt mit Klängen aus der Marseillaise, dargestellt.
Sie wird als blinde, dumpfe Maschinenstürmerei verunstaltet, die
auch noch sich selbst und ihre Kinder zu vernichten droht. Eine ziemliche
Verzerrung der Realität, der realen Politik der Revolution, wie sie
damals gerade stattgefunden hatte.. Die Maschinenstürmerei war längst
auch durch die revolutionäre Praxis, Politik und den folgenden Aufbau
widerlegt, z.B. mit der russischen Revolution, aber auch der Novemberrevolution
in Deutschland 1918.
Der Filminhalt, so muß man feststellen, richtet sich ausgesprochen
gegen den Klassenkampf, insbesondere den des Proletariats. Die Revolution
der Arbeiter, der Massen der Unterschicht aus der Unterstadt wird überhaupt
als Maschinenstürmerei, als Zerstörung u.ä., mit der Gefahr
der Selbstvernichtung dargestellt. Das Proletariat im Film erscheint als
eine ziemlich stumpfe manipulierbare Masse, die durch „Anführer“
wie Maria, die „Gute“, entweder vom Kampf abgehalten wird
oder durch die Maschinen-Frau Maria zur Zerstörung der Maschinen
aufgehetzt wird.
Es wird eigentlich deutlich, daß die Kritik am Kapitalismus
in diesem Film eine ist, die von all den Ängsten des Bürger-
und Kleinbürgertums vor einer Revolution der Arbeiter geprägt
ist und die sich der fortschrittlichen Entwicklung, gesellschaftlicher
wie technischer, entgegen stellt. Einer Revolution, die für
die ganze gesellschaftliche Entwicklung notwendig ist, die von der materiellen
Entwicklung der Produktivkräfte objektiv hervorgebracht wird und
von den Widersprüchen, wie sie der Kapitalismus hervorbringt vorangetrieben
wird. Statt dies zu befördern, stellen sich diese Kräfte dem
entgegen und wollen, daß sich das Proletariat mit seinem Ausbeuter,
dem Kapitalismus, aussöhnt.
Das drückt auch die Happyend-Szene des Films aus, bei der sich Joh
Fredersen, der Kapitalist und Erbauer von Metropolis nach dem Aufstand
der Arbeitermassen und der Maschinenstürmerei und Grot, dem ersten
Werkmeister der „Herz-Maschine“ von Metropolis, nach einigem
Hin und Her die Hand reichen. Das Ganze „vermittelt“ durch
seinen Sohn Freder Fredersen, eben jenen „Mittler“, dessen
Kommen Maria die „Gute“ den Arbeitern schon immer gepredigt
hat.
Dieser Film, verpackt unter dem Label Science-fiction, verbreitet platte
Illusionen. Was damit an „Botschaft“ rübergebracht wird,
könnte man so zusammenfassen: Finger weg von der Revolution!, liebe
Arbeiter und Massen, da schadet ihr euch nur selbst. Auch wenn der Kapitalismus
noch so schlimm ist, und er euch als bloßes Anhängsel der Maschinen
und als Unterschicht behandelt, reicht ihm die Hand und versöhnt
euch im Sinne christlicher Nächstenliebe!
Heute würde man das Sozialpartnerschaft nennen. Beides aber ist Heuchelei
und Betrug, die Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. Es folgte
auf die 20ziger Jahre 1933, die Zeit des Nazifaschismus mit all dem Terror
gegen die Massen im eigenen Land wie gegen und in anderen Ländern.
Diese brutale Diktatur, die von der Bourgeoisie an die Macht gebracht
wurde und die längst während der ganzen Jahre, in denen so ein
Filmchen gedreht wurde und seine Illusionen verbreitete, schon vorbereitet
und aufgepäppelt worden war.
Heute steckt der Kapitalismus wieder in der Krise, mehr noch als damals.
Und die sog. Sozialpartnerschaft ist immer noch Fassade und Betrug. Da
kann es einen auch nicht wundern, wenn unter dem Mantel einer Pseudokapitalismuskritik
so manche Illusionen noch mal restauriert und präsentiert werden.
Das paßt vortrefflich zum Kulturpessimismus hiesiger gesellschaftlich
eigentlich überholter Klassen und Schichten, der immer wieder hochgekocht
wird und sich mit Ökokram und –hysterien, Kernkraftfeindlichkeit
und ähnlichem ausdrückt.
Es ist bezeichnend für Blätter wie den „Focus“,
daß sie diesen Film als „eine glänzende Kapitalismuskritik
– und damit aktuell wie vor 83 Jahren.“ belobigen.
www.neue-einheit.de
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