Internet Statement 2010-19

 

Wahl in NRW
Die Arroganz der vermeintlichen Wahlsieger

Uwe Müller  10.Mai 2010       

Der Wahlabend verlief im großen und ganzen genau so, wie es sich im Vorfeld abgezeichnet hatte. Es wurde ein Kopf an Kopf-Rennen zwischen der seit 2005 amtierenden CDU/FDP-Regierung und der damals abgewählten SPD/Grünen-Koalition.

War es bei der Wahl 2005 den Wählern in allererster Linie darum gegangen, die wirtschafts- und industriefeindliche SPD-Grünen-Regierung abzuwählen, wovon damals die CDU fast ohne eigenes Zutun am meisten profitieren konnte, so ging es dieses Mal offensichtlich darum, die CDU/FDP-Regierung abzuwählen. Das ist nicht überraschend, denn die Regierung konnte oder wollte die Erwartungen ihrer damaligen Wähler in punkto Re-Industrialisierung und Schaffung neuer, vollwertiger Industriearbeitsplätze in den 5 Regierungsjahren nicht erfüllen. Nichts von dem, was sich die Menschen damals vor allem von der CDU bezüglich der Entwicklung der Wirtschaft erhofft hatten, ist in Erfüllung gegangen, ganz im Gegenteil. Der Niedergang des einstigen industriestärksten Bundeslandes setzt sich weiter fort. Die CDU und auch die FDP haben verdientermaßen dafür die Quittung bekommen. Die betretenen Minen dieser beiden direkten Wahlverlierer sprachen Bände – und von Arroganz war zumindest am Wahlabend bei diesen Parteien ausnahmsweise einmal nichts zu sehen.


Die SPD allerdings konnte von deren Schwäche nicht wirklich profitieren. Sie erreichte lediglich 34,5% der gültigen Stimmen, sogar 0,1% weniger als die CDU, und verlor gegenüber ihrer Abwahl 2005 noch einmal weitere 2,6%. Die SPD fuhr damit das seit 1954 schlechteste Wahlergebnis in NRW ein!
Was für eine Arroganz dieser Hannelore Kraft, die sich dennoch nun als die große Siegerin aufspielt und vollmundig bekundet, daß der Wähler ihr bzw. der SPD den Auftrag zur Regierungsbildung gegeben habe. Dabei ist die SPD hinter der CDU – wenn auch nur hauchdünn - doch nur die zweitstärkste Fraktion.

Im Gegensatz dazu liegt der Kommentator der ARD, Herr Schönenborn, schon richtig, wenn er feststellt, daß beide sog. großen Volksparteien auch die großen Verlierer dieser Wahl seien. Die Gewinner an Prozentzuwächsen der Wahl sind die Grünen wie auch die Linken, die erstmalig ins Parlament einziehen.

Aber auch die Grünen sind an Arroganz nicht zu überbieten, wenn ihre Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann verkündet, sie hätten mit diesem guten Wahlergebnis nun den Blankoscheck der Bevölkerung für ihre sog. „Energiewende“ bekommen, die die Bevölkerung unzählige Arbeitsplätze und Mrd. von Euros kosten würde.

Was diese beiden Damen wie auch die meisten Kommentatoren und die anderen Parteien so gerne und so geflissentlich übersehen, ist die niedrige Wahlbeteiligung.

Denn berücksichtigt man die Wahlbeteiligung, so hat die SPD lediglich 20,2 % der Stimmen von allen Wahlberechtigten bekommen. Und die Grünen kommen gar nur auf 7,1 % !

Auf dieser dürren Grundlage nun zu posaunen, wie es die beiden vermeintlichen Wahlsiegerinnen tun, man hätte einen deutlichen Wählerauftrag für dieses und jenes bekommen – was ist das anderes als Arroganz und Abgehobenheit?! Und was offenbart das für ein Demokratieverständnis, selbst bloß an den bürgerlichen Maßstäben gemessen?

Ganze 41 % aller Wahlberechtigten, das sind 5.511.608 Wahlberechtigte (von insgesamt 12.270.933), sind der Wahl ferngeblieben oder haben ungültig gewählt! Und das, obwohl doch diese Wahl auch hohe Auswirkung auf das Kräfteverhältnis im Bundesrat hat, und die deswegen auch zu einer angeblich enorm wichtigen Richtungswahl hochstilisiert worden ist.

Die weitaus größte Fraktion ist auch bei dieser Wahl die der Nichtwähler: Satte 41 % ! Das drückt einiges aus, und es ist kein Zufall, daß das bei den meisten Politkern wie auch in den Medien so gut wie keine Rolle spielt.


Die ökonomische und soziale Lage wird sich indes nicht bloß in NRW aufgrund der kapitalistischen Krise und der noch zusätzlich forcierten Öko-Liquidationspolitik nahezu aller Parteien in diesem Lande weiter zuspitzen. Die Schulden explodieren nicht bloß in Griechenland, sondern auch bei uns in Deutschland. Dann aber ist es mit passiver Wahlenthaltung nicht mehr getan, da sind dann wirkliche, aktive Gegenwehr und auch Gegenkonzepte gefragt.


Ein gutes hat der Wahlabend außer der Abwahl der CDU/FDP-Regierung schließlich noch gehabt. Das von so etlichen Vertretern des Finanzkapitals und aus den Medien gewünschte „Rot-Grün“ ist erstmal auch nicht durchgekommen.

Man wird sehen, ob es sich im weiteren Verlauf in Richtung „Rot-Rot-Grün“ oder in Richtung „Große Koalition“ hin entwickelt.
Beide Optionen können aber eines auf keinen Fall für sich reklamieren: Daß sie den Willen der großen Mehrheit repräsentieren würden. Denn selbst die sog. „Große Koalition“ aus CDU und SPD käme nur auf lediglich 40,4 % der Stimmen aller Wahlberechtigten. Und „Rot-Rot-Grün“ käme gar nur auf 30,5 %.

 

 

 

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