Internet Statement 2011-09
Wassili Gerhard 12.03./13.03.2011 Japan wurde von einer Naturkatastrophe heimgesucht, die wohl die gewaltigste Naturkatastrophe in der bisher bekannten Geschichte Japans darstellt, denn dieses Erdbeben ist das stärkste bisher dort gemessene und wurde dann noch von einer 10 Meter hohen Tsunamiwelle gefolgt, die sich z.T. kilometerweit ins Landesinnere schob und Häuser, Schiffe und Lastwagen wie Spielzeuge vor sich herschob. Inzwischen ist von vielen tausend Toten die Rede und es werden ständig mehr. Seitdem gibt es immer wieder heftige Nachbeben und ist auch die Gefahr weiterer Flutwellen nicht gebannt. Dies bedeutet auch für ein Land, das wie das heutige Japan ständig auf Katastrophen vorbereitet ist, einen sehr schweren Schlag. Wie sich nun hierzulande manche Politiker gleich wie die Geier auf die Gelegenheit stürzen, die friedliche Nutzung der Kernenergie zu verdammen, die schnellere Abschaltung der Kernkraftwerke zu fordern, und die Naturkatastrophe dabei bisweilen sogar in den Hintergrund gerät, ist schon negativ herausstechend. Und wenn Frau Künast nun sagt: “In Erdbebengebieten hat Atomkraft nichts zu suchen“, dann ist das ein Ausspruch, der letztlich darauf zielt, den Japanern eine ganz wesentliche Stütze ihrer wirtschaftlichen Potenz zu entziehen und damit möglicherweise eine noch größere Katastrophe zu bescheren als die Naturkatastrophe, die sie gerade heimgesucht hat. In Japan werden eine große Zahl Kernreaktoren (54) betrieben. Die Regierung plant, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung von derzeit etwa 30 % auf über 40 % zu steigern. Natürlich hat man in Japan dabei auch an die Gefahr starker Erdbeben gedacht, schließlich gibt es sie dort regelmäßig in bei uns ungekannter Stärke. (Ein Vergleich mit der Rheinebene, wie er hierzulande bisweilen vorgenommen wird, ist wirklich unpassend) Jetzt gibt es aber eine Katastrophe wie sie selbst für dieses Land ungewöhnlich ist. Die Verwüstungen erreichen außerordentliche Ausmaße. Es brachen auch viele Brände aus, vornehmlich in Industrieanlagen. Wegen der gleichzeitigen Verwüstung durch die Überflutung wurde der Einsatz der Kräfte des Katastrophenschutzes natürlich ebenfalls extrem behindert, so daß Gegenmaßnahmen nur mit Verzögerung anlaufen konnten. Als ein Generatorengebäude eines Kernkraftwerks brannte, wurde das schon gleich in auffallender Weise in der hiesigen Berichterstattung hervorgehoben. Dieser Brand wurde aber anscheinend unter Kontrolle gebracht. Als aber die Explosion in Fukoshima 1 sich ereignete, verdrängte das schlagartig andere Ereignisse in den Hintergrund. Beim Erdbeben hatte offenbar die Notabschaltung der Kernkraftwerke allgemein funktioniert. Die Brennstäbe entwickeln aber danach noch einige Zeit große Hitze und müssen deshalb weiter gekühlt werden. Zum Herunterkühlen des Reaktors wegen der sogenannten „Nachwärme“ gibt es Pumpen, die bei Reaktoren der betreffenden Bauart Kühlwasser hineinpumpen. Nun fiel aber, wahrscheinlich durch das Erdbeben oder den Tsunami, beim Kraftwerk Fukoshima 1 die Stromversorgung aus, die für die Kühlung notwendig ist. Im Fall vom Fukoshima 1 wurden dann offenbar ebenfalls die Notstromaggregate funktionsuntüchtig. Es ist natürlich zu klären, wie dies sein konnte, denn bei diesem Ende der sechziger Jahre gebauten Kraftwerk, das direkt am Meer liegt, hätten sowohl für Erdbeben als auch für Tsunamis Vorkehrungen getroffen werden müssen. Evtl. müssen daraus auch weitere Lehren gezogen werden. Es muß auch geklärt werden, ob hier von dem Betreiberkonzern Tepco, der in der Vergangenheit auch durch Nachlässigkeiten bei den Sicherheitsvorkehrungen von sich reden gemacht hat, Versäumnisse vorliegen. Auch unter den gegebenen Umständen, so wurde am 12.03. von der Expertin Dagmar Röhling im Deutschlandfunk berichtet, gab es noch die Möglichkeit, den Dampf, der durch die Hitze entsteht, zum Betreiben von Pumpen zu nutzen, um die Kühlung weiter zu betreiben, ein Teil des Dampfes mußte dabei abgelassen und radioaktives Material herausgefiltert werden. Dabei mußte ein Teil der notwendigen Anlagen mit Batterien betrieben werden. (Das steckt hinter der zeitweiligen Meldung, daß ein Reaktor nur noch mit Batterien gekühlt werde) Das hat nicht so reibungslos geklappt, (die Ursache, warum es nicht ausreichend gelungen ist, ist bisher nicht genannt worden, auch das sollte noch geschehen) deshalb gab es im Reaktor nach Vermutung von Experten wegen der hohen Temperatur eine chemische Reaktion und in der Folge eine Konzentration von Wasserstoffgas (sog. Knallgas) im Reaktorgebäude, das beim Zusammentreffen mit Sauerstoff explosiv reagiert, und so wurde ein Teil des Reaktorgebäudes weggesprengt. Die innere Reaktorhülle aus Stahl ist aber dem Vernehmen nach noch intakt. (Am Folgetag droht nun dem Vernehmen nach ein solcher Vorgang bei einem weiteren Reaktor) Vorausgesetzt, daß die innere Reaktorhülle intakt bleibt, was nach den Verlautbarungen erwartet wird, kommt es im weiteren auf die ausreichende Kühlung an, dann kann sogar eine Kernschmelze, soweit sie nicht mehr zu verhindern sein sollte, hier sind sich die Experten bisher uneinig, unter Kontrolle gehalten werden. Kernschmelze bedeutet ein Schmelzen der Hülle um die Brennstäbe, was z.B. im Kernkraftwerk Harrisburg schon einmal stattgefunden hat, aber auch noch weiter Fälle haben sich bisher ereignet, die relativ glimpflich abgingen. Wer weiß schon, daß es 1969 in der Schweiz, 1977 in der Tschechoslowakei und 1980 in Frankreich bereits zu Kernschmelzen gekommen ist? Die geschmolzenen Brennstäbe würden dann von einer Betonwanne aufgefangen, bis sie ausgekühlt sind. In Japan will man nun die betroffenen Kraftwerksblöcke mit Seewasser kühlen, um den Prozeß zum Ausklingen zu bringen. Die Fachkräfte vor Ort unternehmen also offenbar auch unter den so erschwerten Bedingungen alles, um diese extreme Prüfung zu bestehen und die Dinge unter Kontrolle zu halten bzw. wieder unter Kontrolle zu bringen. Es wurde auch in der Berichterstattung, neben anderen Stimmen, die von „Supergau“ und anderen Superlativen sprechen und den Vergleich mit Tschernobyl heraufbeschwören, hervorgehoben, daß dieser Vorfall sich doch bisher um einiges von den Ereignissen in Tschernobyl unterscheidet. Dort waren die Notfallsysteme im Rahmen von dubiosen „Experimenten“ willkürlich außer Kraft gesetzt worden, der Störfall mit der Explosion der Reaktorhülle kam daher im vollen Lauf. (Siehe auch unsere Extrablätter) Außerdem wurde der Reaktor durch Graphit gekühlt, also hochkonzentrierten Kohlenstoff, der dann in Brand geriet, und die Rauchwolken trugen die Radioaktivität eine Zeit lang in große Höhe. Das ist bisher doch in Japan anders gelaufen.
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