Internet Statement 2011-11

 

Atomenergie -

Wie die MLPD durch das Erzählen von Märchen aus einer (aktuellen) Zwickmühle kommen will

Wassili Gerhard  21.3.2011      

Die MLPD versucht in einer primitiven und lächerlichen Weise das Geschichtsbild zu retuschieren und ihren kriecherischen (sozialdemokratischen) Ökologismus dreist als „Marxismus“ zu verkaufen.. Unter der Überschrift: „Verantwortlicher Umgang mit der Atomtechnik“ schreibt sie in der Roten Fahne vom 18.März 2011 auf Seite 5:

„Solange die Atomenergie nicht sicher und ohne Jahrtausende strahlenden Abfall möglich ist, kann sie deshalb auch nicht Bestandteil einer sozialistischen Energiepolitik sein.
Dem entsprach auch die Praxis in den ehemaligen sozialistischen Ländern, so lange sie noch nicht bürokratisch entartet waren. Ein 1949 in der Sowjetunion beschlossenes Atomprogramm sah vor allem die experimentelle Erforschung und Erprobung zehn verschiedener Reaktortypen sowie verschiedenster Antriebsmöglichkeiten für Schiffe und Flugzeuge vor.
Als 1956 eine neue Klasse von bürokratischen Kapitalisten an die Macht kam, wurde auch von der experimentellen Erprobung auf profitable Nutzung der Kernenergie umgestellt.“

1954, lange vor dem 20. Parteitag der KPdSU, ging das erste zivile Kraftwerk mit einer Leistung von 5 Megawatt in Betrieb. Die Sowjetunion lehnte niemals die zivile Nutzung der Kernenergie ab, sondern bahnte ihr den Weg. Unmißverständlich wird das z. B. im Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees an den 19. Parteitag der KPdSU vom 5. Oktober 1952, gehalten von G. Malenkow, zu Ausdruck gebracht. Dort heißt es:

„Eine äußerst wichtige Errungenschaft der Sowjetwissenschaft während dieser Zeit war die Entdeckung von Methoden zur Erzeugung von Atomenergie. Damit hat unsere Wissenschaft und Technik der Monopolstellung der USA auf diesem Gebiet ein Ende gemacht und den Kriegstreibern, die das Geheimnis der Atomenergieerzeugung und den Besitz der Atomwaffe als Mittel zur Erpressung und Einschüchterung anderer Völker zu benutzen suchten, einen schweren Schlag versetzt.
Im Besitz realer Möglichkeiten zur Erzeugung von Atomenergie ist der Sowjetstaat zutiefst daran interessiert, daß diese neue Art Energie für friedliche Zwecke, zum Wohl des Volkes verwendet wird, denn eine solche Ausnutzung der Atomenergie erhöht die Macht des Menschen über die elementar wirkenden Naturgewalten ins Grenzenlose und erschließt der Menschheit kolossale Möglichkeiten zur Entwicklung der Produktivkräfte, zum technischen und kulturellen Fortschreiten, zur Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums. (Hervorhebung von mir )

Die Planung für das erste zivile Kernkraftwerk der SU, das erste weltweit, muß noch in die Zeit von Stalin gefallen sein, der in der letzten Zeit von der MLPD immer wieder auffallend hervorgehoben wird. Und vorher betrieb die Sowjetunion natürlich bereits militärische Kernkraftwerke zum Zweck der Gewinnung von Plutonium für Atombomben. Wie man weiß, waren die keineswegs den heutigen Sicherheitsanforderungen entsprechend. Wie sehr hätte damals jemand mit den Positionen, wie sie heute die MLPD vertritt, das angreifen müssen, und was wäre wohl solchen Leuten passiert? Und wofür betrieb die SU die sicher sehr teuren Experimente? Nur so aus Neugierde? Die MLPD erzählt hier einfach Märchen, um die krassen Widersprüchlichkeiten in ihren politischen Aussagen zu vertuschen.


Auch die Behauptung, daß die VR China unter Mao Zedong es beim vorhandenen Stand von Wissenschaft und Technik „konsequenterweise ablehnte“ Kernkraftwerke zu bauen, ist mindestens bewußt irreführend. Die VR China erprobte Anfang der siebziger Jahre nach einem gewaltigen Kraftakt die erste Atombombe, um sich vor atomarer Erpressung nicht zu beugen. Das ist sicher auch nicht als Ablehnung der Anwendung der Kernenergie zu werten. Ansonsten war es die Politik der VR China, sich vorwiegend auf die eigene Kraft zu stützen und erst einmal von den vorhandenen Möglichkeiten auszugehen. Man baute auch Dämme mit Tragestangen, aber nicht weil man den Einsatz von Baggern ablehnte, sondern weil man mit den Dämmen nicht warten wollte, bis man genug Bagger kaufen oder selbst herstellen konnte, ohne sich bei Imperialisten oder Sozialimperialisten zu verschulden. Es mag ratsam gewesen sein, erst einmal andere Ressourcen auszuschöpfen, vielleicht war die Anwendung der Kerntechnik im zivilen Bereich mit den vorhandenen Mitteln noch zu aufwendig zu realisieren. Für reine Prestigeprojekte Geld auszugeben oder sich gar zu verschulden, war prinzipiell nicht üblich.

Im übrigen war es vor den siebziger Jahren allgemein bekannt, daß eine für Kommunisten irgendwie unterstützenswerte „Anti-Atom-Bewegung“ eine Bewegung zur Beseitigung aller Kernwaffen sein muß. Weil der USA-Imperialismus zuerst einsatzfähige Kernwaffen entwickelt hatte (und sie auch einsetzte und auch im weiteren einzusetzen drohte), mußten die sozialistischen Länder, so wie andere Länder, die sich einer atomaren Erpressung nicht beugen wollten, ebenfalls Atomwaffen haben. Die Sowjetunion und die VR China, als sie noch wirklich sozialistisch waren, haben immer angeboten, ihre Kernwaffen zu vernichten, wenn alle anderen Kernwaffen besitzenden Länder das Gleiche tun. Die kommunistische Bewegung forderte aber damals gleichzeitig die zivile Nutzung der Kernenergie, nannte es zu Recht einen unerhörten Skandal, daß diese ungeheure Energiequelle nur für die militärische Nutzung ausgeschöpft wurde. Davon zeugt auch das oben angeführte Zitat. Von einer Einstellung der zivilen Nutzung war nie die Rede.

Die Volksrepublik China unter Mao Zedong hat niemals die Nutzung der Kernenergie grundsätzlich abgelehnt, auch nicht für kapitalistische Länder. Die chinesischen Revisionisten aber haben die Bekämpfung der Kernenergie hierzulande unterstützt, während sie gleichzeitig selbst Kernkraftwerke entwickelten. Wir haben das damals in Publikationen angegriffen.

Abschließend noch eine Bemerkung zu einer anderen grundsätzlichen Herangehensweise: Die MLPD betreibt hier wieder einmal ihre schematische Herangehensweise, daß mit dem Jahr 1956 die bürokratische Bourgeoisie die Macht übernommen hat, davor war alles OK, danach ist alles übel, als brauchte man nur einen Schalter umlegen. Und das gilt dann automatisch auch für die verbündeten Länder. Also (nach MLPD-Logik) vor 1956 Kernenergie nur so aus wissenschaftlicher Neugierde, danach natürlich aus Profitgier. Und natürlich haben Experimente mit verschiedenen Reaktortypen nicht den Zweck, nur die beste Möglichkeit der Anwendung zu erkunden, das ist doch völlig logisch. (Ist ein solcher Grad der Unlogik Resultat der vielen angeblichen Dialektik-Kurse, die die MLPD veranstaltet?) Im wirklichen Leben findet auch im Sozialismus ein Klassenkampf statt, der hin- und herwogt, alte und neue Bourgeoisie und ihre Anhänger versuchen Machtpositionen zu erobern, offen oder versteckt, bewußt und unbewußt. In allen Bereichen muß sich die revolutionäre Klasse gegen die überwundene reaktionäre durchsetzen. Aber bei der MLPD entscheidet natürlich eine einzelne Geheimrede auf einem Parteitag bereits alles, klick, aus Weiß wird Schwarz? Warum wurde sie dann zunächst geheim gehalten? Die chinesischen Genossen unter der Führung von Mao Zedong setzten sich jedenfalls mit der sowjetischen Führung an einen Tisch und versuchten auch mit geduldiger Überzeugungsarbeit noch eine Weile auf die Führung der Sowjetunion einzuwirken, versuchten die Einheit im sozialistischen Lager wieder herzustellen. Andererseits hatten sie auch vorher schon Anlaß zur Kritik an der sowjetischen Politik gehabt, und damit hatten sie auch recht. Der Verfasser glaubt nicht, daß bei sämtlichen MLPD-Mitgliedern der Marxismus nur ein Tarnmantel ist, manche mögen wirklich daran glauben, daß das, was da verbraten wird, Marxismus-Leninismus sei, aber bei der Führung ist er das aller Erfahrung nach schon.

 

 

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