Internet Statement 2012-29 Warum sollten wir denselben
Umweg wie der Revisionismus noch einmal gehen? Maria Weiß 29.09. / 4.10.2012Schafft man mit einer Förderung eines so genannten „freien Unternehmertums“ bessere Voraussetzungen für die Überwindung des Kapitalismus? Dies ist eine des Öfteren unter Arbeitern als auch innerhalb der Linken, diskutierte Frage. Ich denke nicht, dass man es tun würde. Warum sollten wir denselben Umweg wie der Revisionismus noch einmal gehen? Warum sollten wir beispielsweise die Bürokraten absetzen und stattdessen so genannte „echte“ Kapitalisten fördern, (ein so genanntes „freies Unternehmertum“) fördern, damit dieses hernach eben genau diese selben Bürokraten wieder erzeugt? Warum nicht versuchen, es gleich richtig zu machen, einen anderen Staat erkämpfen und eine sozialistische gesellschaftliche Ordnung, eine gesellschaftliche Leitung, die der gesellschaftlichen Produktion entspricht und diese verwirklicht, versuchen und verteidigen, wenn die Situation dafür reif ist? Lenin sagt zu Recht, die Kleinbourgeoisie erzeugt tagtäglich und in Massenumfang Kapitalismus und (große) Bourgeoisie, und aus letzterer entsteht eben dann auch wieder Staatskapitalismus, bzw. staatlicher Bürokratismus, ja sie erzeugt diesen selbst. Das ist eine Gesetzmäßigkeit, die da drin liegt, die selbst aus dem Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat resultiert. Und diese existiert sowohl unter kapitalistischen Bedingungen als auch kann sie innerhalb eines sozialistischen Systems unter bestimmten Bedingungen noch eine ganze Zeit lang weiter existieren, je nachdem wie schnell die Umwälzung vonstatten gehen kann.. Vereinfacht könnte man es für das kapitalistische System so charakterisieren: Da das Proletariat vom Kapital selbst erzeugt wird und in Massenumfang existiert (inzwischen auf der ganzen Welt) und die Entwicklung niemals gleich ist (gleichmäßig von statten geht) und es immer wieder riesige arbeitslose Massen in diesem (kapitalistischen) Wirtschaftsmechanismus geben wird, so muß es grundsätzlich auch immer einen Staat geben, der diesen Widerspruch ausgleicht. Und wenn es einen Staat gibt, der diesen Widerspruch ausgleicht, lässt er sich das eben auch etwas kosten und rafft selbst Kapital zusammen oder macht Schulden und beteiligt sich selbst an der Spekulation, und das ist eben das Ergebnis, was wir heute haben in Form dieses bürokratischen Kapitalismus überall auf der Welt. Auch im Sozialismus existiert diese Gesetzmäßigkeit noch teilweise weiter, sofern sie nicht durch die Umwälzung sämtlicher Produktions- und Eigentumsverhältnisse bereits generell für die gesamte Gesellschaft aufgehoben werden kann. Warum aber zurückgehen zum angeblichen Konkurrenzkapitalismus, anstatt vorwärts gehen zum Sozialismus, da wo es möglich ist, und zugleich natürlich aus den bisher gemachten Erfahrungen der bisherigen Ansätze einer sozialistischen Ordnung und vor allen Dingen aus ihren Fehlern, subjektiven wie objektiven, eben aus den Erfahrungen des Revisionismus, zu lernen? Warum soll das nicht möglich sein? Vertreter der
Bourgeoisie behandeln dieses Problem auf ihre Weise Das ist ja fein, was dieser Schreiberling in dem FAZ-Artikel von sich gibt, lautet: „Die Bürokraten der Wirtschaft“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 23.09.2012). Darin steht zum Beispiel, das Unternehmerische sei das eigentlich kapitalistische, und dagegen stehen die Bürokraten. Da wird ein schönes Bild aufgestellt von einem Schlaraffenland, was in der Nachkriegsgesellschaft von Westeuropa beispielsweise – daran denkt der wahrscheinlich – aufgebaut worden ist, bei dem alles auf eine Karte gesetzt wird um politisch (gegenüber dem damaligen Sozialismus gut da zu stehen) und die Bänker liefern gegen gute Zinsen die Kohle, mit der dann dieser globale Vergnügungsdampfer beheizt wurde. Ja fein. Bloß was die globale Ausbeutung betrifft, die diesen Vergnügungsdampfer angeschoben hat, davon ist hier nicht die Rede. Stattdessen wird hier behauptet, „die Krisen sind das Produkt der Verflechtung von Politik und Industrie“. Von wegen, das mag zwar auch stimmen, dass diese Verflechtung die sowieso aufkommenden Krisen verschärft, aber sie ist nicht die Ursache. Die Ursache ist der Kapitalismus, genau dieses so genannte freie Unternehmertum, was hier glorifiziert wird und was es in dieser reinen Form, wie es hier dargestellt wird, eigentlich gar nicht gibt und nie gegeben hat. Vor allen Dingen im Weiteren wird es dann noch viel absurder, indem die Zielgruppen, für die dieser ganze Zauber von Bänkern und Politikern veranstaltet wurde, selbst heute, mitten in der tiefsten Krise, die Fortsetzung genau jener Politik fordern. In der Tat, die Revisionisten fordern das. Revisionisten können nicht vom bestehenden Staat lassen. Sie sind ihm hörig. Und wenn dieser in Gefahr ist, dann ruft sie das auf den Plan. Das war schon zu Lassalles Zeiten so und das ist heute immer noch so. Das heißt aber noch lange nicht, dass es keine echte Alternative zu diesem bestehenden staatlichen Bürokratensystem geben würde. Das ist Quatsch. In der tat gibt es sie und sie muß entwickelt werden und erzwungen werden. In dem o. g. FAZ- Artikel steht weiter, daß „Pleiten und grenzenloser Transferstaat zusammengehören, wird verdrängt“. In der Tat gehört das zusammen, aber das ist nicht endlos. Das ist Quatsch. Genau deswegen muß eben ein anderer Staat herbei und auch eine andere ökonomische und gesellschaftliche Struktur und Organisation. Es wird in dem Artikel auch ein schönes geschichtliches Beispiel über die Fugger dargestellt, das hochinteressant ist. Da wird zum Beispiel gesagt, dass im Unterschied zu einem Vorgänger, der daran gescheitert war, weil er etwas verkehrt gemacht hatte, dieser Jakob Fugger aus Augsburg es richtig gemacht habe, denn er habe politischen Einfluß verlangt. Es wird dann im Weiteren dargestellt, warum es dann funktioniert hat und auch immer noch funktioniert. Er vergisst aber dabei, dass natürlich diese Einzelbeispiele ja kein Widerspruch sind zu dem was insgesamt passiert, dass es aber so ist, selbst wenn jetzt kein Fugger solche Politik machen würde, trotzdem ein solcher Staat im Kapitalismus entstehen würde, schon allein auf Grund der einzelnen verschiedenen Fugger, die sich sonst gegenseitig fertig machen würden, was die ganze Gesellschaft zerreißen und überhaupt nicht lebensfähig erhalten würde. Deswegen existiert dieser Staat, um die Kräfte auch im Gleichgewicht zu halten und nicht deswegen, damit jetzt ein einzelner Kapitalist mit dem Staat gemeinsam uneingeschränkt herrschen kann und die anderen alle sozusagen keine Sonne mehr sehen. Das mag in Einzelfällen auch der Fall sein, in dieser Extremität wahrscheinlich überhaupt nicht, aber in den allermeisten Fällen sind es immer eine ganze Reihe von „Unternehmern“, die sich auf diese Weise in der Gesellschaft freischaufeln, mit Hilfe des bestehenden Staates oder auch durch gewisse Veränderungen, ihr Ausbeutungssystem garantiert. Am Schluß des Artikels wird dann ein gewisser (US-amerikanischer Ökonom) Milton Friedman verherrlicht, der angeblich gesagt haben soll: „I am not pro business“ – also für das vorherige beschriebene Konglomerat an Wirtschaftsmagnaten und Banken und Schuldensystem, was hier zusammenbricht, gegenwärtig, „I am not pro business, I am pro free enterprise“, also für das freie Unternehmertum, was eben ein Unterschied sei. Ja sicherlich ist das ein Unterschied, jedenfalls zunächst mal, aber es ist eben so, dass das so genannte freie Unternehmertum erstens nicht allein existieren kann und ebenfalls Banken braucht und einen Staat braucht und zweitens es sich genau in diese Richtung wieder entwickeln wird. Das Gegenteil anzunehmen ist ein Irrtum. Auch das so genannte freie Unternehmertum braucht gewisse Mittel. Es braucht Grund und Boden, es braucht Geld (Kapital), es braucht den Kredit und die Banken, die diesen liefern, es braucht die Arbeiter, die für es arbeiten und so weiter und so fort, und schon sind wir mitten in der Gesellschaft drin, mitten in der gesellschaftlichen Gegensätzlichkeit, in dem System der heutigen Herrschaftsverhältnisse, welches die Krisen immer wieder hervorruft. Das ist eine Verherrlichung, die nach hinten guckt, erstens, und zweitens Illusionen erweckt, die von der Wirklichkeit längst widerlegt worden sind. Der so genannte freie Unternehmer, der sich entfalten will, der existiert ja nicht im luftleeren Raum, der braucht eine Werkstatt, der braucht Maschinen (heutzutage auch Computer), der braucht Menschen, mit denen er zusammenarbeiten kann, der braucht ein gewisses Anfangskapital und er braucht Energie vor allen Dingen auch zum Beispiel, und gewisse Rohstoffe usw. usf, um arbeiten zu können. Und wie kommt er daran? Ja, das ist die Frage. Und wenn man sich das anguckt, wie sich das entwickelt hat mit so genannten Aufsteigern, wie Bill Gates oder anderen Typen, ja was haben denn die gemacht? Es ist doch eine Illusion zu denken, die hätten alles alleine auf die Beine gekriegt und alle übrigen Einrichtungen des amerikanischen Finanzkapitals und des amerikanischen Staates gar nicht nötig gehabt. So ein Blödsinn. Was sich dahinter wirklich verbirgt, sind nichts anderes als kleinbürgerliche Illusionen. Ich möchte nur an das o. g. Zitat Lenins erinnern, das ist vollkommen richtig analysiert. Das entspricht übrigens auch Marx, wenn der zum Beispiel sich über die ursprüngliche Akkumulation auslässt. Daran hat sich überhaupt nichts geändert. (Man nehme nur das aktuelle Beispiel der russischen Akkumulation durch die heutigen Oligarchen in trauter Verschmelzung mit dem jetzigen Staatsapparat, nach der endgültigen Aufrollung des Sozialismus Anfang der neunziger Jahre.) Es ist klar, dass solche kleinbürgerlichen Illusionen natürlich gerade in Krisenzeiten verstärkt auftauchen und versuchen Nährboden zu gewinnen. Das bringt aber gesellschaftlich betrachtet nichts ein, bringt keinen Fortschritt.. Es ist eine Illusion, die allerdings nicht bloß unter bürgerlichen Kräften verbreitet ist, die eben nicht haltbar ist, dass der „freie Unternehmer“ allein auf seiner Ideenvielfalt, seiner Arbeitsenergie und seiner schöpferischen Fähigkeiten all das zustande bringt, was er zuweilen zustande gebracht hat. Natürlich spielt das alles eine Rolle, natürlich darf man auf keinen Fall diese Bestrebungen einschränken, auch ein Sozialismus darf das nicht und da gibt es noch viel zu hinterfragen und auch zu ändern und Neues zu schaffen, um das zu garantieren. Aber zu glauben, dass in dem hiesigen System (brutaler Ausbeutung) ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse, ohne Änderung des Prinzips, dass das Privateigentum alles andere sozusagen in Schach hält und der Staat dieses garantiert, ohne Änderung des Charakters wichtiger Produktivkräfte, der Energie, des Grund und Bodens usw. in Volkseigentum (Gemeinschaftseigentum), ohne das ist es überhaupt völlig blödsinnig anzunehmen, dass man hier in großem Umfang die schöpferischen Kräfte der Massen entfalten kann. Das ist eine blanke Illusion und führt nach hinten und nicht nach vorne. Die schweizerischen Eidgenossen beispielsweise, die vielleicht irgendwann einmal solche Illusionen verfolgt haben bei ihrer Gründung, was ist denn daraus geworden? Das ist heutzutage im Grunde nichts viel Anderes als eine Genossenschaft von internationalen Steuerhinterziehungsverwaltern, krass gesagt, jedenfalls was die dort herrschende Klasse betrifft. Mal abgesehen von den sicherlich nicht zu unterschätzenden gastronomischen Dienstleistungen, die man der international „besser verdienenden“ Schicht auf der Grundlage gewisser zugegebenermaßen außergewöhnlich schöner natürlicher Gegebenheiten angedeihen lässt. Wobei man natürlich auch hier in der Regel die „wertbildende Arbeit“ , was die Masse angeht, lieber international angeworbenen sogenannten „schlechter Verdienenden“ überlässt. „Die echten Kapitalisten sind längst bedrohte Arten“. So lautet es in diesem FAZ-Artikel. Wirklich eine recht gelungene Glossierung dessen, was sich in der Realität vollzieht.
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