Internet Statement 2014-24
Maria Weiß 27.08.2014 Wenn man sich das Interview mit dem syrischen Präsidenten Assad heute durchliest, welches in der FAZ vom 18. Juni 2013 abgedruckt ist, dann staunt man, was dort alles vertreten worden ist. Ein Säkularismus im gesamten Mittleren Osten! Das dürfte einigen Reaktionären nicht nur dort absolut nicht in den Kram gepaßt haben (und passen)! Dann versteht man auch, woher diese unsägliche Feindschaft beispielsweise des USA-Imperialismus gegenüber Assad und Syrien resultiert. Und man versteht noch mehr. Man versteht, warum genau dieser Imperialismus hinter ISIS steckt und selbst diese ganze Richtung eines extremen Islamismus mit einer extrem reaktionären Zielsetzung der Errichtung eines Kalifats gefördert hat. Das ist auf keinem anderen Mist gewachsen als auf eben diesem des Imperialismus selbst.
Wenn man dieses Interview durchliest, merkt man, daß es dort eben auch ganz andere Kräfte gab (und dank ihres kontinuierlichen und beharrlichen Widerstandes immer noch gibt), die etwas Gegensätzliches vertreten und mit dieser Art von wirklich archaischer Reaktion nichts am Hut haben.
Richtig interessant aber wird das Ganze in der gegenwärtigen Situation, wo sich diese archaischen Kräfte nun dank der massiven Unterstützung durch eben jene o. g. Macht vor allem, neben gewissen anderen regionalen Potentaten, die auch hineingefeuert haben aus ihren eigenen rivalisierenden reaktionären Interessen, sich in verschiedene Staaten des Mittleren Ostens, nicht nur in Syrien sondern auch im Irak und weiteren, ausbreiten konnten und Positionen dort erobern konnten, was nun auf einmal ihren ursprünglichen Mentoren in die Quere zu kommen scheint, und die Hauptursache für das gegenwärtige von deren Medien international angestimmte Empörungsgeschrei darstellt. Das führt zu folgender interessanter Konstellation, daß nämlich der USA-Imperialismus, welcher letztes Jahr trotz intensiver Unterstützung dieser Kräfte vor allem in Syrien gescheitert ist, nun über diesen Schachzug erneut in Syrien einzufallen droht, indem er nun eben genau die Kräfte, die er im letzten Jahr gegen das „Assad-Regime“ gefördert und vorangetrieben hat, nun eigentlich mit der Assad-Regierung zu bekämpfen verdonnert ist. Wie kommt man bloß aus dieser mißlichen Lage heraus? Das ist das Problem, welches gegenwärtig der Obama- Regierung zu schaffen macht.
Präsident Assad hat inzwischen den USA ein gemeinsames Vorgehen gegen ISIS vorgeschlagen, was die Sache noch peinlicher für die US-Regierung macht, steht doch nunmehr dieser „Erzfeind“ im Kampf gegen die Islamisten auf einmal auf der gleichen Seite wie sie selber.
Der Artikel in der FAZ mit Assad-Interview lautet übrigens: „Der Hinterhof Europas wird terroristisch“. Unterüberschrift: „Der syrische Präsident Baschar al-Assad über Waffen für die Rebellen, den Einsatz von Giftgas, die Rolle ausländischer Mächte und die Genfer Konferenz.“Er ist hochinteressant, ein hochinteressantes Interview, welches von einem Korrespondenten der FAZ namens Rainer Herrmann vor etwa mehr als einem Jahr geführt worden ist.
Man muß also festhalten, daß hinter der Förderung und Finanzierung von ISIS niemand anderes steckt als verschiedene imperialistische Cliquen, allen voran die USA-imperialistische Regierung, egal ob dort die Konservativen verstärkt mit am Werk sind oder ob es die Obama-Regierung selbst ist. Ersteres ist wahrscheinlich, weil diese Kräfte seit über einem Jahr oder länger versuchen, die Obama-Regierung in ein schlechtes Licht zu rücken und aufs Glatteis zu führen. Letzteres ist ebenfalls klar, denn diese Regierung steht selbst in der Verantwortung ihrer Handlungen.
Wenn man bedenkt, daß genau das, was Präsident Assad damals vertreten hat, „Der Hinterhof Europas wird terroristisch“, nunmehr seit längerem einzutreffen droht und an einigen Stellen eingetreten ist, worüber sich alle reaktionären Cliquen in Europa aufregen, jedenfalls extrem beunruhigt sind und Überlegungen anstellen, ob sie nun Waffen an deren Gegner liefern sollen oder nicht, dann ist das im Grunde absurd: Das haben sie sich doch selber herangezogen! Aus keinem anderen Grund als um den Fortschritt im Mittleren Osten, welcher dort versucht sich Bahn zu brechen, zu unterminieren und aufzuhalten.
Und die Europäer sind jetzt gezwungen, im Grunde auch noch einen Mehrfrontenkrieg zu führen, denn inzwischen hat sich auch noch eine Ukraine-Krise entwickelt, die man vor einem Jahr noch keineswegs absehen konnte und die ebenfalls Europa zu destabilisieren droht.
Daher ist es vorrangig, genau diese Heuchelei, wie sie gegenwärtig vor allem von US-imperialistischen, aber auch europäischen Kreisen vorangetrieben wird, zu zerschlagen. Sie selbst sind es, die die ganze Zeit diesen Islamismus gefördert haben, über die sogenannten Ölstaaten, über Saudi-Arabien, über die Emirate, die das Geld dafür gezahlt haben. Sie selbst sind es, die sich diese archaischen Kräfte herangezogen haben, mit dem Ergebnis, daß sie diese Geister nicht nur nicht mehr los werden, sondern das Ganze auch zu einem Bumerang zu werden droht. Deswegen können sie sich ihr Geheule sparen und damit aufhören, weitere Verbrechen gegen die Völker Arabiens zu planen, die dadurch ebenso wie die europäischen Völker diese Verbrechen auszubaden auserkoren sind.
Einige Vertreter der ISIS bestätigten vor kurzem, daß sie auch sogenannte Kämpfer aus Tschetschenien und anderen osteuropäischen Staaten bei sich untergebracht hätten. Das Ganze verdichtet sich zu einer riesigen Vorwandarmee sowohl des USA-Imperialismus als auch potentiell anderer rivalisierender imperialistischer Mächte gegen die Volksmassen im Mittleren Osten als auch Europas, die ihnen bei dem Versuch helfen sollen, gewisse Pläne, die im letzten Jahr nicht zum Durchbruch gekommen sind, jetzt erneut zu verwirklichen.
Man muß den Zusammenhang verstehen, in dem Chuck Hagel, der sog. Verteidigungsminister der USA, jetzt schwätzt, wenn er sagt: „Kampf gegen ISIS erfordert auch Angriffe in Syrien.“ Hat er denn die syrische Regierung gefragt, ob sie damit einverstanden ist? Natürlich nicht. Aber zugleich war doch genau das ihr Ziel im letzten Jahr schon gewesen. Und ihr Problem ist, daß in Syrien immer noch Assad Staatspräsident ist und jetzt sogar auf der gleichen Seite steht wie sie selber, nämlich im Kampf gegen ISIS. So ein Pech aber auch! Was für eine ironische Wendung der Geschichte. Man darf gespannt sein, was jetzt passiert. Auf's erste scheint jedenfalls der Vorwand, den sie sich selber geschaffen haben, nach hinten losgegangen zu sein.
Wenn Obama jetzt, angesichts des brutalen Aktes der Enthauptung eines US-Journalisten durch diese Kräfte die Erkenntnis verlauten läßt, das passe nicht ins 21. Jahrhundert, dann muß man sagen, daß ihm das reichlich spät einfällt, denn letztes Jahr wurden gerade eben diese Kräfte mit eben denselben Praktiken gegen das in den Augen der USA und ihrer Presse „üble und unbedingt zu beseitigende Assad-Regime“ eingesetzt und unterstützt! Es ist im Grunde eine uralte Geschichte, die sich hier wiederholt: Die USA haben damals 1979 auch das Khomeini-Regime im Iran unterstützt, weil sie den Schah loswerden wollten, weil dieser eine in ihren Augen zu selbständige Entwicklung des Iran in die Wege zu leiten drohte. Und jetzt ist es ganz ähnlich. Syrien als säkularer Staat, in dem u.a. auch die verschiedenen Religionen gleichberechtigt miteinander leben, das paßt ihnen auch nicht. Es paßt ihnen nicht, daß die syrische Regierung den Säkularismus, jedenfalls in verschiedenen grundlegenden Fragen, vertritt und diesen verteidigt. Da mußte etwas anderes unterstützt werden, dagegen, wobei sie natürlich selber niemals zugeben würden, daß sie hinter diesen Islamisten stecken. Sie tun es aber, sie finanzieren sie, auch über Saudi-Arabien und andere Golfstaaten, welche natürlich selber ihre eigenen reaktionären Ziele damit zu verwirklichen trachten. Beide vereint das Ziel daß in dieser Region der Fortschritt, wenn überhaupt, nur so weit sich entwickeln darf, wie es ihren Ausbeuterinteressen, den Interessen des US-Kapitals und des internationalen Finanzkapitals nicht nur nicht allzu sehr in die Quere kommt, sondern nach Möglichkeit zu Diensten ist. Und europäische Staaten, sofern sie nicht selbst die gleichen Interessen damit verbinden, sollen ihnen möglichst dabei zu Diensten sein und möglichst noch als ihre Handlanger aktiv werden.
Europäische Staaten sollten hingegen überlegen, ob ihnen diese Rolle, die ihnen zugedacht ist, wirklich zusagt, oder ob sie nicht lieber eine andere Politik verfolgen sollten. Nehmen wir als Beispiel die Frage der Waffenlieferung. Wie wär's denn damit, anstatt zu überlegen, ob man auch noch an andere ethnische Gruppierungen im Mittleren Osten, die jetzt gegenwärtig auch bedroht sind, Waffen liefern sollte, zum Beispiel an bestimmte Teile der Kurden, übrigens gerade an solche, die ihren eigenen separatistischen Bestrebungen in diesen Ländern Vorrang verleihen, was wiederum den Keim für neue Auseinandersetzungen in der Zukunft legen würde, oder ob man nicht statt dessen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien oder Israel vollkommen einstellt. Das könnte vielleicht einen gewissen positiven Effekt erreichen, jedenfalls mal wirklich ein Zeichen setzen, daß man diese ganzen Konflikte dort nicht auch noch selber mit Waffen unterstützt und anheizt. Wobei man allerdings einschränkend bemerken muß, daß Kriege letztendlich eh nicht vorrangig durch Waffen entschieden werden, sondern durch die Menschen und das, wofür sie stehen.
Schaut man sich verschiedene Dokumente von uns aus der Zeit der Jahrtausendwende und danach an, dann sieht man, daß die gegenwärtige Entwicklung durchaus ihre Vorläufer hat, daß gewissermaßen „alles schon mal da gewesen ist“ und sich eben zwischendurch in einer ganz bestimmten Weise ausdifferenziert hat. Die Machtansprüche globaler Art von Seiten der USA in Verbindung mit europäischen Staaten sind damals im Zusammenhang mit der Bush-Regierung hervorgetreten. Dann hat in Rußland keine Revolution stattgefunden, statt dessen hat sich da was anderes wieder hochgerappelt, nämlich gewisse neo-zaristische Züge. Eins von beidem ist eben der Fall. In Rußland hat sich eben auf der entgegengesetzten Seite eine Form von Konsolidierung mit ebenfalls gewissen expansionistischen Bestrebungen in Richtung Europa etabliert. Aber Widerstand gibt es allemal, auch dort, und was wir jetzt sehen ist eine erhebliche Verschärfung der Rivalität, die gegenwärtig vor allem auf dem europäischen Kontinent in Erscheinung tritt, indem genau diese beiden verschiedenen Kontrahenten verstärkt hier zusammen prallen, wobei die Dummen wieder einmal gewisse europäische Staaten sein sollen.
Diese Verschärfung zeigt bereits Konsequenzen in einzelnen Ländern. In Frankreich ist die Regierung zurückgetreten, was nicht verwunderlich ist. In Deutschland treibt Merkel gegenwärtig eine recht waghalsige und idealistische Politik, die darin besteht, das Land aus den übrigen Zusammenhängen herauszulösen, selbst wenn es nicht gewollt ist, ist es de facto der Fall, sodaß wieder mal verschiedene Länder hier gegeneinander ausgespielt zu werden in Gefahr sind. Das Ganze paart sich noch mit einer vollkommen ausgeflippten Linie der CSU, welche bei den Koalitionsverhandlungen zu kurz gekommen ist und das jetzt auf eine ziemlich unsinnige Weise kompensieren will. Ein besonders absurdes Beispiel dafür ist das Beharren auf der sogenannten PKW-Maut.
Man kann allerdings hier nicht auslassen, daß auch die alten europäische Staaten, bzw. deren Regierungen an dieser absurden Lage überhaupt nicht unschuldig sind. Es gibt auch hier vielfältige Belege dafür, dass die faschistischen Banditen der sogenannten ISIS auch aus diesen Reihen Unterstützung erfahren haben . So ist zum Beispiel inzwischen bekannt, dass ISIS vor allem durch den Verkauf ergaunerten Erdöls und antiker Kulturgüter reich geworden ist. Es existiert dort offenbar eine Art Mafiastruktur, welche es denen ermöglicht, unter einem pseudoreligiösen Deckmantel und unter nicht unbeträchlicher Mithilfe nicht nur der USA, sondern auch gewisser kleiner und großer Ölstaaten, sowie etlicher anderer sich ein inzwischen in die Milliarden gehendes Vermögen für ihr sogenanntes „Kalifat“ anzulegen. In Europa tritt besonders Großbritannien in diesem Zusammenhang hervor, auch Frankreich, aber auch gewisse erst vom Westen kreierte neue Balkanstaaten wie Kosovo oder Bosnien, um nur zwei Beispiele zu erwähnen, haben da ebenfalls ihre Finger mit drin.
All diese Staaten, ein großer Teil davon, hat bespielsweise im letzten Jahr den Ölboykott gegen Syrien mit unterstützt, angeblich um die syrische Opposition zu unterstützen. Nun ja, so haben sie damit in ihrem Bestreben, die Regierung Assad zu schädigen, zugleich eben gerade die jetzt hervortretenden islamistischen kriminellen Kräfte der sogenannten ISIS dort schon in ihren kriminellen Praktiken zumindest indirekt massiv unterstützt.
Ein weiteres Beispiel ist die Rolle der Türkei. Bekanntlich wurden die Patriot-Raketen dort auf dringlichen Wunsch Erdogans angeblich zum Schutz vor Übergriffen aus Syrien an der Grenze stationiert, Syrische Rebellen brauchten bloß mal rüberzuschießen, um eine solche Maßnahme seitens der Nato zu installieren. Für die syrische Armee allerdings wurde es zu einer erheblichen Gefahr, sich der türkischen Grenze zu nähern, auf der Jagd nach ISIS und CO.
Wenn man mal auf die Karte sieht, welche Gebiete in Syrien
von ISIS und deren Verbündeten beherrscht werden, so sind das zum großen
Teil Wüstengebiete. Die wirklich dicht bevölkerten Gebiete, da dominiert
immer noch im größten Teil die Regierung. Hat man nicht die Wahlen zur
Farce erklärt, weil Assad das Territorium nicht beherrschen würde? Aber
von der Bevölkerung lebt ein sehr großer Teil in dem Gebiet, das von der
Regierung kontrolliert wird. So etwas Verlogenes wie die hiesige Kriegshetze
in puncto Syrien, das musste man erst mal hinbekommen. Das Ergebnis, was
jetzt dort aus dem Ei geschlüpft ist, sieht entsprechend aus.
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