Internet Statement 2015-04



Herr Putin hat kürzlich mit einigen Entscheidungen eine Art internationale Rochade vollführt. Der König (natürlich er selber) tritt vorübergehend in den Hintergrund und läßt die Dame (in diesem Fall Herr Erdogan) vor, damit diese in seinem Sinne dort agieren soll, gegenüber Europa. Die Frage, ob das funktionieren wird, ist allerdings eine, die sich durchaus stellt.

 

Europa sollte nicht zum Spielball der Rivalitäten internationaler Großmächte werden. Das ist in der Tat eine Gefahr, die sich momentan immer weiter zuzuspitzen scheint.

Maria Weiß   03.01.2015

Was bedeutet es, wenn Putin sich in seinen Reden und Vorträgen immer wieder auf Metternich und den Wiener Kongreß bezieht? Es bedeutet, daß er die russische Position innerhalb Europas als auch gegenüber Europa zu verstärken trachtet und diese auf Kosten der übrigen Staaten (z.B. Ukraine) abzusichern bestrebt ist. Daß ein Derartiges Vorgehen mit Revolution, mit revolutionären Erhebungen der Masse der Völker nichts am Hut hat, liegt dabei auf der Hand. Eher ist das Gegenteil der Fall. Schaut man sich die Forderungen und Beschlüsse des Wiener Kongresses und Metternichs an, dann sieht man, daß diese vor allen Dingen auf eins hinausliefen, nämlich es zukünftigen revolutionären Bewegungen, auch nationalen Bewegungen in Europa möglichst schwer zu machen. Genau das ist es auch, was Putin (und andere europäische Kräfte) heutzutage im Sinn haben. Die USA nutzen das ihrerseits für ihre eigenen Ziele. Natürlich kann man nicht deren Rolle bei dem langsamen Vorrücken Richtung Osteuropa übersehen. Aber auf der anderen Seite muß man sich auch fragen, gegen was da eigentlich vorgerückt wurde und wird. Und man kann nicht übersehen, daß es sich hierbei ebenfalls um eine stockreaktionäre Macht handelt, eine Kombination von dem Überbleibsel des früheren revisionistisch-sozialimperialistischem Systems mit neozaristischen Ambitionen, welches sich, nach seiner strategischen Niederlage gegenüber dem herkömmlichen Imperialismus vor 25 Jahren, nunmehr seit einiger Zeit wieder aufzurichten bestrebt ist. Und diese Macht ist bestrebt sich zu tarnen, und nicht nur das, sie versucht auch, sich mit früheren Erfolgen und Errungenschaft des sowjetischen Sozialismus zu schmücken und auf diese Weise Massen und Völker zu täuschen. Mit echten revolutionären, emanzipativen Bestrebungen und einer gesellschaftlichen Entwicklung Richtung Fortschritt für die Masse der Bevölkerung hat dieses Regime wesensmäßig eigentlich wenig bis gar nichts am Hut. Eher ist das Gegenteil der Fall. Daher muß man sehr stark aufpassen, daß man sich in dieser komplizierten gegenwärtigen Lage nicht unfreiwillig zum Instrument des einen reaktionären Rivalen gegen den anderen machen läßt. Diese Gefahr ist ganz offensichtlich vor allem bei bürgerlichen Vertretern innerhalb Europas nicht zu unterschätzen, aber auch bei sich als links und fortschrittlich verstehenden Kräften vorhanden.

Um diese Dinge richtig zu übersehen und zu handhaben, braucht man sowohl Geschichtskenntnisse als auch Übersicht über die momentane politische Situation - beides ist notwendig und unabdingbar.

Die gegenwärtig in Russland herrschende Schicht, zu deren Anwalt und Fürsprecher sich Putin vor allem macht, ist überhaupt in gar keiner Weise weniger reaktionär und ausbeuterisch als die in den USA herrschende Schicht als auch die in dem heutigen China als auch in den meisten Staaten auf der Welt. Auch in den europäischen Staaten sind selbstverständlich Vertreter ausbeuterischer, reaktionärer Klassen und Schichten an den politischen Schalthebeln ansässig. Sie alle fürchten eine Erhebung der Massen wie der Teufel das Weihwasser, sowohl im eigenen Land als auch international (vor allem letzteres, da die hauptsächliche Ausbeutung heute seit langem international vonstatten geht) und dagegen, gegen diese in ihren Augen hauptsächliche Bedrohung, wappnen sie sich in verschiedenster Form, in verschiedenen, wechselnden Koalitionen.

Putin eiert in seiner Argumentation herum. Was ist denn nun die Annexion der Krim? Die berechtigte Zurückholung eines „urrussischen Gebietes“, welches für die russische Nationalität und für die orthodoxe Kirche von essentieller Bedeutung ist? Wie kann man es dann mit dem Kosovo vergleichen? Abgesehen davon daß das damalige militärische Eingreifen des Westens zugunsten einer Unabhängigkeit dieses zu Serbien gehörenden Gebietes auch nicht gerechtfertigt war, selbst wenn der Westen damals ebenfalls durch angeblich freie innere Volksabstimmung in diesem Gebiet seinen Vorwand für den Eingriff überwiegend selbst gebastelt hat. Und ein weiterer Punkt ist: Wo wird denn mal von Putin kritisiert, daß der Exponent des russischen Revisionismus, Nikita Chruschtschow, eigenmächtig und selbstherrlich just nach dem Ableben von Stalin (den Putin angeblich ja schätzt), diese Krim der damaligen Sowjetrepublik Ukraine geschenkt haben soll? Das gehört doch auch dazu, wenn man in dieser Sache die Revision verlangt. Übrigens nebenbei, es gibt ein Sprichwort, welches da sagt: „Einmal geschenkt bleibt geschenkt, wiederholen ist gestohlen“. Das darin ausgedrückte Prinzip, welches willkürlichen Verhaltensweisen einen Riegel vorschieben soll, scheint Herrn Putin ebenfalls fremd zu sein.

 

Zu der gegenwärtigen Politik von Merkel

Wenn man sich die Politik der Angela Merkel ansieht, dann überkommt einen zuweilen das Grausen. Sie verprellt zunehmend den Koalitionspartner, den sie unbedingt haben wollte- man weiß inzwischen auch warum- und in dem Moment wo er in ihren Augen nicht mehr spurt, da wird einfach gemacht was man will. (Das gleichzeitige Liebäugeln mit den Grünen soll an anderer Stelle gewürdigt werden.) Warum die Koalition mit den Grünen nicht gleich zustande kam, hängt eher mit inneren Faktoren zusammen -in dieser Hinsicht können sich die Grünen eher von Merkel noch eine Scheibe abschneiden. Im Augenblick dominieren allerdings die äußeren und da sieht die Sache anders aus. Wenn die SPD auch nur ein bißchen Rückrat besitzt, läßt sie sich davon nicht einschüchtern.


Es muß auch nicht sein, daß man Märchen über die Krim verbreitet. Die enge Bindung der gesamten Ukraine, großer Teile jedenfalls, mit Russland ist historisch gar nicht anzuzweifeln, sondern es ist reiner zweckorientierter Unsinn, der da verzapft wird. Und die Bewegung des sogenannten Westens in Richtung Osten, also Stück für Stück sich vorwärts zu schieben, natürlich mit dem Ziel das Ganze zu erobern, ist seit etlichen Jahren unübersehbar. Das kann nicht geleugnet werden. Natürlich liegt von der anderen Seite her ebenfalls eine Rivalität vor. Das System des heutigen Rußland ist ebenfalls überhaupt nicht akzeptabel, aber das steht auf einem anderen Blatt, es ist an den russischen Volksmassen, das zu ändern, und nicht etwa eine Aufgabe für die Nato, im Verbund mit einigen damit liebäugelnden Regierungen einiger osteuropäischer Staaten.

Weil dem aber so ist, kann man nicht akzeptieren, daß hier seit einiger Zeit auch von Westeuropa und den USA vor allem eine erhebliche Verschärfung der Rivalität gegenüber Rußland um sich greift. Diese Rivalität, wie auch schon im Zusammenhang mit der Ukraine festgestellt worden ist, geht auf Kosten der Bevölkerungen vor allem, und das ist nicht akzeptabel. Das ist in gar keiner Weise hinzunehmen und da muß Widerstand entfaltet werden. Wie man sieht, gibt es auch einiges an Widerstand. Allerdings ist der auch kritisch zu betrachten, denn er hat teilweise schlechte Bundesgenossen.

Die Politik der jetzigen Bundesregierung, immer mehr Flüchtlinge in dieses Land hineinzustopfen, koste was es wolle, ohne jedes erkennbare Konzept, wie das vernünftig geregelt werden kann, ist so auch nicht zu ertragen. Daß sich dagegen Widerstand regt, das konnte man sich an zehn Fingern abzählen. Aber vielleicht ist es ja sogar gewollt, daß sich an dieser Frage wieder eine verheerende Spaltung entwickelt, wie sich das bereits in einigen Großstädten des Ostens ankündigt. Und es ist der Verdacht nicht fernliegend, daß genau dies von gewissen (auch internationalen) Treibern gewollt ist, weil sie anders mit dem Widerstand nicht mehr fertig werden. Auch das muß zurückgewiesen werden.

Überhaupt ist eine gewisse Wahnwitzigkeit seitens der Reaktion nicht zu übersehen. Das Thema Energie ist das nächste Thema. Was da passiert, ist sowieso wahnwitzig, und die Politik der Angela Merkel ist auch Ausdruck einer Art Abdämpfungspolitik des internationalen Großkapitals, natürlich sämtlicher rivalisierender Richtungen. Abhängiger kann man ein Land ja im Grunde kaum machen. Wie soll denn das hier funktionieren mit den sogenannten Erneuerbaren? Das funktioniert jetzt schon kaum und erst recht nicht, wenn man dann die ganzen übriggebliebenen Atomkraftwerke auch noch stillgelegt hat und abwracken muß. Wohin denn mit dem Müll? Das geht ja dann erst richtig los mit den ganzen Blockaden, der ganze wohlbekannte grüne Zirkus nach dem Motto: nein das nicht, aber das andere geht auch nicht, bis man sich soweit selber in den Boden gestampft hat, daß sich die ganze Energiefrage mangels menschlichem Bedarf von alleine regelt. Makaber!

Diese Entscheidung (von 2011) bzgl. der Kernenergie war überhaupt nicht notwendig! Fukushima war ein Vorwand, und das ganze war eher schon vorher abgesprochen und wurde dann bei der ersten sich anbietenden Gelegenheit aus der Tasche gezogen, wofür einiges spricht. Schröder hatte ja bereits vorher den Grundstein gelegt, mit dem besagten Memorandum, was schärfstens zurückzuweisen war, und womit wir leider ziemlich allein auf weiter Flur standen. Und Merkel hat dem dann vorschnell die Krone aufgesetzt mit ihrer Verfügung der sofortigen Stillegung sämtlicher Atomkraftwerke innerhalb einer kurzen Frist von wenigen Jahren - ein wahrlich „ alternativloser “Idiotismus! Das kann die Bevölkerung hier noch teuer zu stehen kommen und wird es auch, wenn dazu noch eine Einschränkung der Gaslieferungen beispielsweise aus Rußland kommt, was sich bereits ankündigt. Man glaube doch nicht, daß die russische Regierung damit zögern wird, wenn es ihr politisch opportun erscheint. Mit der Einstellung der South Stream Pipeline ist schon ein Anfang in eine solche Richtung eröffnet. Und auch noch weitere Schritte sind denkbar. Macht deswegen Angela Merkel jetzt verstärkt Druck in Richtung TTIP? Schon möglich. Allerdings gibt’s dagegen Widerstand von der SPD, und daher wird auf einmal auch der Koalitionspartner kritisiert und Andeutungen seitens Merkel fallen, daß sie eigentlich ja am liebsten mit den Grünen koaliert hätte, diese jedoch nicht gewollt haben, letztes Jahr. Und weil ihr auch die Rußlandpolitik der SPD momentan nicht paßt. Nun ja, Frau Merkel ist eben so flexibel, daß sie am liebsten in alle Richtungen gleichzeitig mit dem Kopf nicken würde, was allerdings anatomisch nicht möglich ist, da geht’s eben nur nacheinander.

 

Das heutige Russland ist keine Alternative – auch das heutige China nicht
Notwendig sind grundlegende soziale Umwälzungen auf der ganzen Welt

Putins größte Schwäche besteht in der völligen Verleugnung der russischen Revolution von 1917. Das heutige Russland ist keine Alternative. Und der russische Chauvinismus schon gar nicht, den er wieder ausgräbt.

Wenn Merkel behauptet, die so genannte Annexion der Krim durch Rußland sei ein Verstoß gegen die sog. „europäische Friedensordnung“, dann stellt sich die Frage: Was ist hier eigentlich gemeint? Die Nachkriegsordnung? Dann trifft das nicht zu. Die europäische Nachkriegsordnung (Jalta) hat die Krim als Teil der damaligen Sowjetunion gar nicht aberkannt. Natürlich nicht. Das stand damals überhaupt nicht zur Debatte. Es war der Revisionist Chruschtschow, welcher die Krim der Ukraine zueignete, allerdings offenbar auch nur auf der damaligen Grundlage des bestehenden Staatenbundes Sowjetunion. Oder meint Merkel die (auf der Grundlage des chinesischen Umsturzes von 1977 ermöglichte) von den USA inspirierte und zum Teil mit Kriegsgewalt vorangetriebene Neusortierung Ost-Europas vom Ende der Neunziger Jahre (Dayton etc)? Woher stammt überhaupt dieser Begriff: europäische Friedensordnung?

Der wesentliche Punkt der Entwicklung ist doch der, daß es seit dem Umsturz des Sozialismus in China im Jahr 1977, seit der Machtergreifung des Revisionismus dort, es einen verstärkten Druck, ein verstärktes Bestreben von seiten der USA Imperialisten gab, wieder zur alleinigen Weltherrschaft zu gelangen. Das zeigte sich verstärkt im Jahr 1979 und hat sich seitdem ununterbrochen fortgesetzt, wenngleich –was die dauerhaften Erfolgsaussichten angeht- inzwischen das vom Revisionismus ergriffene China mit Macht daran arbeitet, den USA diese ach so erstrebenswerte Rolle wieder streitig zu machen.

Die Niederlage des Sozialismus in China spielt bei dieser ganzen Entwicklung ohnehin eine fundamentale Rolle. Man soll doch nicht glauben, daß die heute wieder oft beschworene sogenannte Entspannungspolitik in Europa tatsächlich einen zeitweiligen „Frieden“, richtiger eine Art zeitweiliger „Entspannung“ in dem Gegensatz der USA zur damaligen Sowjetunion, gebracht hätte, wenn nicht das China Mao Zedongs im Hintergrund dabei mit eine Rolle gespielt hätte, durch seine Politik, die Gegensätze zwischen den US-Imperialisten und der damaligen revisionistischen und selbst nach Weltherrschaft, zumindest einer über Europa strebenden Sowjetunion auszunutzen, um die Völker vor einem Krieg zwischen beiden, der damals durchaus verschiedentlich auf der Tagesordnung stand, zu bewahren. China betrachtete damals, nachdem seine langjährige vorherige Kritik am Revisionismus keine Früchte getragen hatte , die Sowjetunion als eine Art von „sozial“- imperialistischer Macht, deren Regierung als in ihrem Wesen eine „von der Art Hitlers“ zu Bezeichnende sei, was damals natürlich zugleich gewissen USA-imperialistischen Ansinnen entgegenkam. (Man braucht dazu bloß mal die Ausführungen eines Henry Kissinger und anderen aus der damaligen Zeit zur Kenntnis zu nehmen, dann wird das recht deutlich.) Ermöglicht wurde eine solche Politik der damaligen VR China allerdings nur auf der Grundlage des wachsenden Druckes, den die Völker der Dritten Welt - Südamerikas, Afrikas und Asiens und in gewisser eingeschränkter Weise sogar Europas, nimmt man mal die revolutionären Jugendbewegungen der damaligen Zeit in vielen europäischen Ländern - auf die Imperialisten insgesamt ausübten. Das darf man dabei überhaupt nicht weglassen, denn es ist die Basis für eine solche Politik Mao Zedongs gewesen. (Heute ist es eher anders herum. Heute ist es China, das auf Grund seiner fortschreitenden auf dem revisionistischen Umsturz fußenden rasanten kapitalistischen Entwicklung dabei ist, sich zu einem ebenbürtigen Konkurrenten der USA zu entwickeln, der zeitweilig geneigt zu sein scheint, sich mit Rußland zusammen zu tun, um den USA Paroli zu bieten, was sich allerdings auch jederzeit wieder umwandeln kann.)
Das Fehlen einer solchen Macht wie das damalige sozialistische China im internationalen Zusammenhang ist aber ein ganz wesentlicher Faktor bei der gegenwärtigen sich gefährlich zuspitzenden Situation in Europa.

 

 

 

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